Schweitzer Fachinformationen
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Haushälterin sein
"Bei uns kann man vom Boden essen - man findet immer etwas." Dieser Satz beschreibt den Essbereich in unserem Wohnzimmer und unsere Küche in den ersten Jahren mit Kindern ganz gut. Auch jetzt gibt es immer noch Zeiten, in denen ich tagelang eine trockene Nudel unter dem Tisch erspähe, es aber nicht schaffe, sie wegzuräumen. Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen. Da lag zur Erntezeit manchmal ein halber Heuballen verteilt in der ganzen Wohnung, was ist schon eine einzelne Nudel dagegen? Darum ist Ordnung für mich etwas Relatives. Aber ich ärgere mich über das Chaos und mein vollgekrümelter Fußboden ist mir peinlich, wenn Besuch kommt.
Dorothée
Besuch ist ein gutes Stichwort. Ich liebe es, Gastgeberin zu sein. Wir haben zum Beispiel die Segnungsfeier unserer großen Kinder in unserem Garten veranstaltet. Meistens beginnen solche größeren Anlässe schon Wochen vorher in meinem Kopf zu einem Vorbereitungsplan zu reifen: Farbkonzept, Tischdekoration, Sitzgelegenheiten, die passende Bewirtung mit dem dazugehörigen Zeitplan für die notwendigen Einkäufe und Vorbereitungen . Mein Mann kennt mich mittlerweile so gut, dass er mir die Regie an solchen Tagen überlässt und anpackt, wo ich ihn darum bitte. Ich wiederum kenne mich mittlerweile so gut, dass es mir meistens gelingt, nicht mehr zur Vorbereitungsmaschine zu werden, sondern Raum lassen kann für meine Kinder und meinen Mann. Denn leider habe ich in der Vergangenheit öfter die Festtagsfreude dadurch geschmälert, dass ich durch meine hohen Ansprüche an Ordnung und Perfektion die Stimmung in unserer Kernfamilie vermieste, bevor die Gäste kamen.
Lisa-Felicitas
Zum Haushalt gehören neben Aufräumen und Sauberkeit auch die Versorgung der Familie mit Essen und Kleidung, das Wäschewaschen und die Organisation des täglichen Lebens. Was sich so knapp in einem Satz zusammenfassen lässt, entpuppt sich im Alltag als eine fast unendlich lange Liste an Aufgaben und Überlegungen. Viele Dinge führen Frauen bereits automatisch aus und viele Gedankengänge laufen wie von selbst ab, sodass sie sich derer gar nicht mehr bewusst sind. Zur Verdeutlichung kann sich jede Leserin überlegen, welche Gedanken und Handgriffe sie ausführt, wenn es um das Thema Einkaufen geht. Denn bevor man den Laden überhaupt betritt, haben schon eine ganze Reihe Überlegungen stattgefunden.
Kündigt sich Besuch an oder steht ein Feiertag vor der Tür, nehmen die Aufgaben im Haushalt meist deutlich zu. Hier ist besonders das Putzen ein großes Thema. Eine ordentliche Wohnung wird von vielen noch immer unbewusst als äußeres Zeichen dafür gesehen, sein Leben im Griff zu haben und eine gute Hausfrau zu sein. Oder anders formuliert: Ein aufgeräumter und gut strukturierter Haushalt zeugen von einer kompetenten Frau und Mama. Darum stellen viele Frauen diesbezüglich einen hohen Anspruch an sich. Nur wenn das Haus auch in der letzten Ecke glänzt und kataloggleich kein Staubkörnchen zu sehen ist, sind sie wirklich zufrieden. Da dies leider nie der Fall ist, stellt sich auch nie eine völlige Zufriedenheit mit der eigenen Ordnung ein. Zudem ist für manche Frau dieser Anspruch ein Grund, dem Partner oder den Kindern bestimmte Aufgaben nicht abgeben zu wollen.
Neben Ordnung und Sauberkeit führen beim Thema Haushalt noch weitere Themen zu zusätzlichem Druck: Zum Beispiel gesunde Ernährung, "selber machen statt kaufen", oder eine schöne Inneneinrichtung. Nicht selten übersteigen die eigenen Ansprüche irgendwann die Kraft und Zeitressourcen vieler Frauen. Dann folgen Zweifel an ihrer Eignung als Mama, weil unabhängig von den Kindern ihr Haushalt nicht so läuft, wie sie es sich vorgestellt haben.
Obwohl das Bild der Hausfrau und Mutter häufig als überholt angesehen wird, steckt doch genau darin ein Lösungsansatz: Wie wäre es, den Haushalt von der Mutterrolle zu trennen? Denn beide Bereiche überschneiden sich zwar in vielem, sind aber nicht identisch. Eine liebende Mama muss keine gute Köchin sein und eine begnadete Köchin keine perfekte Reinigungskraft.
Haushaltsführung hat, genau wie so viele andere Lebensbereiche auch, etwas mit Begabung und Begeisterung zu tun. Manchen Frauen fällt es einfach leichter, einen Haushalt zu führen als anderen. Oft sind es zudem bestimmte Aufgaben, die man gerne macht und andere eben nicht. Ich sauge zum Beispiel nicht gerne Staub, aber wenn meine Kinder andauernd meckern, dann schmeiße ich den lauten Staubsauger an, habe etwas Ruhe und erledige nebenher noch ein bisschen Hausarbeit. Genauso gut kann die Küche ein willkommener Rückzugsort sein, wenn ein Besuch nicht so angenehm verläuft wie erhofft.
Natürlich erleichtert eine gewisse Grundordnung viele Handgriffe und eine saubere Wohnung schützt vor Krankheiten oder hilft, sich daheim entspannen zu können. Hausarbeit sollte jedoch nicht der Außenwirkung wegen getan werden, sondern die gute und schnelle Bewältigung der alltäglichen Aufgaben für die Familie ermöglichen.
Dabei spielt es gerade am Anfang der Familienzeit keine Rolle, ob im Bücherregal viel oder wenig Staub liegt. Wichtiger ist es, mit sehr wenigen Handgriffen und einhändig Fläschchen, Schnuller, Mulltücher, Windeln und Ähnliches griffbereit zu haben (und dieses Wissen mit dem Ehemann und anderen zusätzlichen Betreuungspersonen geteilt zu haben). Zudem wird mit zunehmendem Alter der Kinder auch die Staubschicht in der Regel dünner, weil man wieder öfter Zeit für die Hausarbeit findet. Auch bei uns kann man sich inzwischen nicht mehr vom Fußboden satt essen.
Blick nach innen: Wer denkt was, wer macht was?
Je nach Begabung und Zeitkapazitäten ist es völlig normal, dass in Familien die Aufgaben zwischen den Erwachsenen und mit zunehmendem Alter auch auf die Kinder verteilt werden. Ein bekanntes und gut untersuchtes Phänomen dabei ist, dass Frauen weltweit deutlich mehr Zeit mit Haushaltsaufgaben verbringen als Männer[1]: Zahlen des Statistischen Bundesamts für Deutschland (veröffentlicht 2024, erhoben 2022) beziffern die von Frauen mehr geleistete unbezahlte Arbeit auf neun Stunden pro Woche, was einer Stunde und neunzehn Minuten täglich entspricht[2]. Forschung in diesem Bereich rund um die Coronapandemie hat zudem gezeigt, dass Frauen ihren Anteil an unbezahlter Arbeit realistischer einschätzen, während Männer ihren Anteil eher überschätzen - wobei Letzteres auch daran liegen könnte, dass mittlerweile etwa die Hälfte aller Familienväter den Wunsch nach einer gleichberechtigten Aufteilung äußern[3].
Ich (Lisa-Felicitas) erwähne diese Statistiken nicht, um das Ideal von zwei in Teilzeit arbeitenden Elternteilen zu vertreten, die beide zu gleichen Anteilen den Haushalt und die Kindererziehung wuppen. Vielmehr glaube ich, dass es sehr wichtig für ein gelungenes Familienleben ist, dass echte Partnerschaftlichkeit besteht. Damit meine ich, dass beide Erwachsenen mit dem gemeinsam gewählten Modell zufrieden sind und keiner sich auf Kosten des anderen verwirklicht. Entsprechend können selbstverständlich die unterschiedlichsten Modelle genau richtig für die jeweilige Familie und deren Lebenssituation sein.
Dass ich die Statistiken trotzdem erwähnt habe, hat seinen Grund in der ganz persönlichen Geschichte unserer Elternschaft als Paar. Denn Eltern zu werden stellte für uns eine echte Lernkurve in Bezug auf die gemeinsam gelebte Verantwortungsübernahme dar, verbunden mit sehr viel Unzufriedenheit und wiederholten Auseinandersetzungen - besonders in den Jahren, als unsere älteren Kinder noch klein waren.
Dazu muss man wissen, dass uns dies so ging, obwohl wir beide direkte und offene Kommunikation schätzen und leben. Weil wir zudem entscheidungsfreudig und flexibel sind, haben wir in den zehn Jahren unserer Ehe und Elternschaft bereits viele unterschiedliche Modelle ausprobiert, die anstehenden Aufgaben zwischen uns aufzuteilen. So war mein Mann bei unserem Erstgeborenen ein Jahr lang in Elternzeit, ich bei unserem zweiten Kind. Mein Mann hat sowohl im Schicht- als auch im Regeldienst, in Vollzeit als auch in Teilzeit gearbeitet. Meine Arbeitszeiten erst als Studentin, dann in einer berufsbegleitenden Weiterbildung und schließlich parallel als Selbstständige haben wir ebenso flexibel immer wieder neu an die Herausforderungen unseres Familienalltags angepasst. Dabei waren für uns regelmäßige ehrliche Bestandsaufnahmen wichtig und trotzdem änderte sich lange nichts an der erwähnten Unzufriedenheit.
Erst als wir das Konzept der mental load zu verstehen begannen, gelang es uns, aus der Unzufriedenheitsspirale auszusteigen. Mental load, damit ist die Last der alltäglichen, unsichtbaren Verantwortung für das Organisieren von Haushalt und Familie gemeint. Es umfasst zudem die Beziehungspflege und das Auffangen der Bedürfnisse und Befindlichkeiten aller Beteiligten[4]. Der Groschen fiel, als ich ein Kapitel aus dem Buch "Mann und Vater sein" von Jesper Juul las, in dem er den Unterschied zwischen Macht und Verantwortung erklärt.
Juul schreibt, dass Väter es als unfair oder beleidigend erleben, wenn Frauen sich wie alleinerziehende Mamas empfinden, obwohl sie genauso viele Aufgaben erledigen wie diese. Juul fährt fort, dass rein auf der Ebene der Aufgabenteilung betrachtet Mamas meistens natürlich nicht recht hätten mit ihrem Empfinden. Allerdings klammere eine rein auf die Aufgabenteilung gerichtete Sicht die allumfassende Verantwortung für ein Kind aus....
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