Schweitzer Fachinformationen
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So angeheitert wie an diesem Morgen ist die alte Huber schon lang nicht mehr vor ihrem Kosmetikspiegel gesessen, die Lesebrille auf der Nasenspitze, die Pinzette in der Hand.
Ausnahmsweise mit einem Schuss Eierlikör als Mutmacher hat sie das nächste Glas Prosecco verlängert, ihren Philips-Phonokoffer-Plattenspieler von der jahrelangen Last seines Häkeldeckchens befreit und Caterina unter die Nadel gelegt.
Aus rein medizinischen Gründen.
Das einzig patente aller Medikamente gegen trübe Momente ist eben die Valente. Punkt. Da breitet sich die ersehnte Leichtigkeit dann ganz von selbst aus, wie eine hochansteckende Genesung. Obendrein zupft es sich mit Trallala im Blut und Cha-Cha-Cha in den Ohren gleich deutlich leichter.
Bab, bab, bab, bab, ba-bab-bab-bab:
Am Strand von Florida ging sie spazieren
Und was sie trug, hätte keinen gestört.
Nur eine einsame, piekfeine Lady
Fiel bald in Ohnmacht und war sehr empört.
Acht, neun, zehn, na, was gab>s denn da zu seh'n?
Wahrscheinlich deutlich mehr g'sunde Leut', denkt sich Hannelore. Also wäre der frisch abgesetzte Ex-Bürgermeister und Allgemeinmediziner Kurt Stadlmüller nicht schwer gekränkt auf die Idee gekommen, mit seinem Sohn Kurti auf unbestimmte Zeit in den Urlaub abzurauschen.
ORDINATION BIS AUF WEITERES GESCHLOSSEN
Vertretung: Gruppenpraxis Brucknerwirt
So steht es auf seiner Haustür, gefolgt von einem Postskriptum, da muss es der Herr Doktor schon wieder recht lustig gehabt haben.
PS: Wer braucht schon Spritzen und Tabletten,
wenn Schweinebraten und Koteletten,
Gammelfleisch in den Bouletten,
Schnitzel, Pommes und Kroketten,
herausfrittiert in alten Fetten,
Schnaps zum Bier mit Zigaretten
und irgendwann die Sterbebetten
Euch fix vor jeder Krankheit retten?
Gruß an alle Marionetten
von Kurt und Kurti aus Manhattan
»Deine A-A-Reime sind für die Toilett'n - sprich für'n A!«, hat ihm eine anonyme Hand, die dank Schweinsklaue als garantiert männlich identifiziert wurde, daruntergeschrieben. Logisch samt Postskriptum. »PS: Wer A sagt, sollte lieber auch B sagen!«
Inhaltlich leider ein Eigentor. Vor allem für jene, die A) akut einen Arzt brauchen und B) bisher jederzeit mit Kurt Stadlmüllers Hilfe rechnen konnten. Egal ob wochenends oder während seines Urlaubs, den er meist zu Hause verbrachte.
»Und jetzt Manhattan! Nicht grad hinter der nächsten Hügelkett'n!«, blickt die gute Hannelore mit ihrer Pinzett'n in der Hand aus dem Küchenfenster.
Dicht wie ein Betrunkener hängt noch der Nebel vor den Fenstern, stülpt seinen Tarnmantel über die Dächer und lässt die weit in das Land hineinreichenden Höfe der Streusiedlung Glaubenthals verschwinden.
Jedes Kommen, jedes Gehen ein heimliches.
Einzig die Musik trägt es lautstark über die Wiesen und Felder bis in das nahe gelegene Hochmoor hinaus.
Schlagerwelle mit Schwefelduft. Rundum schlohweiße Schleier. Wer sich da verirrt, dem hilft auch die Valente nichts.
Wer hingegen grad bis zur Unterlippe versunken jeden Millimeter seines Lebensweges zu schätzen lernt, dem wird zum Abschied als leises Servus ein würdiger Ohrwurm und letztes schönes Hirngespinst geboten.
Es war ihr Itsy Bitsy Teenie Weenie Honolulu Strandbikini.
Er war schick und er war sehr modern.
Ihr Itsy Bitsy Teenie Weenie Honolulu Strandbikini,
ja, der gefiel ganz besonders den Herr'n.
Eins, zwei, drei, na was ist denn schon dabei?
Und selbstverständlich singt sie längst mit, die angedudelte alte Huber, leise zwar, dafür textsicher, zupft da, zupft dort und hört Carusos verspäteten Morgengruß.
Hannelores stolzer Italiener.
Farbschlag Schwarz-Weiß-Columbia.
So selbstbewusst tiefenentspannt ist das liebe Vieh, da sitzt sie meist schon bei ihrem Frühstückskaffee, schlummert er immer noch auf seiner Holzstange, das Köpfchen unter den Flügeln, den Körper eng an das Federkleid seiner Lieblingshenne, der braunen Adele, gepresst. Ja, und heute ist die alte Huber sogar dem Streber-Gockel des Schusterbauern zuvorgekommen, ein Sulmtaler, blau-silber-weizenfarbig, so früh stand sie bereits unter ihrer obligaten Wechsel-Dusche, heiß-kalt, Blutgefäße und Blutdruck frotzeln, Kreislauf und Stoffwechsel ankurbeln. Alles nur, um gut in Schwung und keinesfalls ins Strudeln zu geraten.
Gut Ding will bekanntlich Weile haben.
Ja, und ungut Ding braucht Zeit.
Richtig viel Zeit.
Gibt schließlich Übungen, da fehlt es ihr mittlerweile gewaltig an Routine. Sie schlägt ja auch keine Räder oder Purzelbäume mehr, durfte weder als dreijährige Hanni die Kreissäge noch als zehnjährige Hannelore das Jagdgewehr bedienen. Wofür also hätte sie sich umgekehrt mit ihren bald fünfundsiebzig wieder als Prinzessin verkleiden sollen?
Und vor allem für wen?
Der in Glaubenthal nach wie vor als erstrebenswert geltende Bund der Ehe liegt bereits erledigt hinter ihr, Gemahl Walter folglich unter der Erde, ja, und so ein Liebhaber, sprich maroder Witwer, wie sich beispielsweise die ehemalige Pfarrersköchin Luise Kappelberger seit Ableben ihres Lebensgefährten Pfarrer Ulrich Feiler einen hält, kann ihr sowieso gestohlen bleiben. Halbwegs reinlich wäre er ja, der Hermann Windisch, und garantiert die bessere Wahl als irgend so ein hatscherter Casanova, dem im plötzlichen Bewusstsein der eigenen Endlichkeit die Sehnsucht nach Ganztagsbetreuung durch seine knirschenden Hüften schießt! Gockel kommt der alten Huber jedenfalls keiner mehr ins Haus, Caruso draußen in seinem Hühnerstall reicht da völlig. Und so ein Hahn lässt sich notfalls ja wenigstens prächtig weiterverarbeiten, weil gut beieinander ist der Hermann Windisch nun wirklich nicht mehr.
Ein Großeinkauf bei HSG sozusagen. Der Shoppingkanal des Alters.
Hört schlecht - Sieht schlecht - Geht schlecht.
»Wenn schon Pflegestufe, dann maximal die eigene, nicht wahr!«, hebt sie ihr Glas und prostet der Dame vis-à-vis entgegen. Reaktion darauf gibt es natürlich keine, was soll aus einem Kosmetikspiegel schon groß zurückkommen außer dem Blick auf sich selbst, und der hat es durchaus in sich.
Cha-Cha-Cha.
Die Caballeros am Copacabana,
die rannten ihr immerzu hinterher,
da lief sie weg und vor Schreck gleich ins Wasser.
Dabei ertrank sie beinah noch im Meer .
Acht, neun, zehn, na, was gab's denn da zu seh'n?
Ihr ansonsten in die Stirn gezogenes schwarzes Kopftuch hat sie gegen ein rosa-grün gestreiftes ausgetauscht, es sitzt locker hinterm Haaransatz; die stets glatt geföhnten, zu einem strengen Knoten geflochtenen Haare, nun luftgetrocknet zu exakt denselben Locken gekringelt wie schon vor siebzig Jahren; ja, und weil sich ihr Prosecco-Spritzer weiter zugunsten des Eierlikörs verbessert hat, ist auch noch das dunkelblaue Kittel- dem altrosa-grün geblümten Wickelkleid mit Bindegürtel gewichen.
Ja, ja, der Übermut.
»Hilft ja alles nix!«, beendet Hannelore Huber folglich die mühselige Prozedur, leert zügig ihr letztes Glas und schlüpft in ihre knöchelhohen Schnürschuhe. Nicht dass ihr noch das Zaudern und schließlich Kneifen kommt.
Denn Spaß wird das jetzt keiner.
Als hätte der unerfreuliche Ausflug am letzten Wahlsonntag nicht schon gereicht, muss sie nun neuerlich ins Dorf hinunter. Und diesmal ist die Aufgabenstellung weitaus komplizierter. Diesmal nämlich heißt es nicht, sich aus zwei angebotenen Übeln für das kleinere zu entscheiden, sondern drei ungute, möglicherweise pikante Aufgaben erledigen.
EINS: Der Kappelberger Luise eins auswischen, weil zum Spaß schmeißt sich die alte Huber ja schließlich nicht so in Schale.
ZWEI: Den hiesigen Märchenprinz besuchen und der Dorfältesten Herta Wohlmuthseder ihren gewünschten Geburtstagskuchen besorgen.
DREI: Den neuen Bürgermeister Toni Bruckner, diesen Muttermörder, aufhussen, vor seiner Nase mit einem fetten Köder die Angel werfen.
Ja, Muttermörder.
Da ist die alte Huber nämlich schon zu lange auf dieser Welt, um sich einreden zu lassen, es könnte ein Zufall gewesen sein, wie da einen Tag vor dem Urnengang das Leben der greisen Brucknerwirtin Antonia justament in ihrem ausgekühlten, heißgeliebten Kaiserschmarrn endet. Und prompt wird auch der Dorftrottel Waldemar Wurm, der wohl glühendste Verehrer des Bürgermeisters a.D. Kurt Stadlmüller des Eintunkens bezichtigt. Grund: Seine im Vorgarten gefundene signierte Peter-Alexander-Uhr. Weshalb indirekt auch Kurt Stadlmüller selbst...
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