Schweitzer Fachinformationen
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Sie kam die Gasse entlang und die Hintertreppe herauf, wie sie es immer getan hatte. Doc hatte sie über ein Jahr lang nicht gesehen. Und auch sonst keiner. Damals hatte sie immer Sandalen, ein blumengemustertes Bikinihöschen und ein ausgebleichtes «Country Joe & the Fish»-T-Shirt angehabt. Heute Abend war sie von Kopf bis Fuß in Flachlandklamotten gekleidet und trug das Haar erheblich kürzer, als er es in Erinnerung hatte, dabei hatte sie geschworen, dass sie nie so aussehen würde.
«Bist du das, Shasta?»
«Er glaubt, er hat Halluzinationen.»
«Liegt wohl einfach an der neuen Verpackung.»
Es war nie sonderlich sinnvoll erschienen, Vorhänge am Küchenfenster aufzuhängen, und so standen sie im hereinfallenden Straßenlicht und lauschten dem Donnern der Brandung, das vom Fuß des Hügels heraufdrang. In manchen Nächten, wenn der Wind günstig stand, konnte man die Brandung in der ganzen Stadt hören.
«Ich brauch deine Hilfe, Doc.»
«Du weißt, dass ich jetzt ein Büro habe? So was wie einen geregelten Job?»
«Ich hab im Telefonbuch nachgeschlagen, wär fast hingegangen. Aber dann hab ich gedacht, besser für alle Beteiligten, wenn das Ganze nach heimlichem Rendezvous aussieht.»
Okay, also keine Romantik heute Nacht. Mist. Aber vielleicht lief es ja auf einen bezahlten Gig hinaus. «Hat jemand ein Auge auf dich?»
«War gerade eine Stunde lang auf Landstraßen unterwegs, damit es einigermaßen echt wirkt.»
«Lust auf ein Bier?» Er ging zum Kühlschrank, zog zwei Dosen aus dem Karton, den er darin aufbewahrte, und reichte Shasta eine.
«Es gibt da so einen Typen», sagte sie.
Wie nicht anders zu erwarten, aber warum sich darüber aufregen? Einen Nickel für jedes Mal, dass er einen Klienten so hatte anfangen hören, und er könnte jetzt in Hawaii sein, sich den ganzen Tag zudröhnen und in Waimea die Wellen begucken oder noch besser, jemanden dafür bezahlen, dass er sie für ihn beguckte . «Ein Herr mit bürgerlichem Hintergrund», strahlte er.
«Okay, Doc. Er ist verheiratet.»
«Es geht . irgendwie um Geld.»
Sie warf nicht vorhandenes Haar zurück und hob die Augenbrauen, was so viel wie Na und? hieß.
Kein Problem für Doc. «Und seine Frau - die weiß über dich Bescheid?»
Shasta nickte. «Aber sie hat auch jemanden. Nur geht's da nicht um das Übliche - die beiden ziehen zusammen ein fieses kleines Ding durch.»
«Um sich sein Vermögen unter den Nagel zu reißen, ja, ich glaube, von so was hab ich in L.A. schon ein-, zweimal gehört. Und . was genau soll ich tun?» Er fand die Papiertüte, in der er sein Abendessen nach Hause gebracht hatte, und tat so, als kritzelte er Notizen darauf, denn ob es nun an der bürgerlichen Kluft, dem Make-up, das nicht nach Make-up aussehen sollte, oder an sonst was lag, er kriegte den alten, wohlbekannten Ständer, für den Shasta früher oder später immer gut war. Hört das denn nie auf, fragte er sich. Natürlich tut es das. Und tat es auch jetzt.
Sie gingen ins Wohnzimmer, Doc legte sich aufs Sofa, Shasta dagegen bewegte sich ziellos durchs Zimmer.
«Die Sache ist die, sie wollen, dass ich mitmache», sagte sie. «Sie glauben, ich bin diejenige, die am ehesten an ihn rankommt, soweit man überhaupt an ihn rankommen kann.»
«Das heißt, wenn er schläft mit nacktem Arsch.»
«Ich wusste, dass du's kapieren würdest.»
«Versuchst du immer noch auseinanderzuklamüsern, ob es falsch oder richtig ist, Shasta?»
«Nein, schlimmer.» Sie durchbohrte ihn mit jenem Blick, an den er sich so gut erinnerte. Wenn er sich denn erinnerte. «Wie viel Loyalität ich ihm schulde.»
«Ich hoffe, das fragst du nicht mich. Mal abgesehen von dem üblichen Schmus, den man jemandem schuldet, mit dem man regelmäßig vögelt -»
«Danke, Dear Abby hat so ungefähr das Gleiche gesagt.»
«Super. Dann lassen wir die Gefühle mal beiseite und befassen uns mit dem Geld. Wie viel von deiner Miete hat er übernommen?»
«Alles.» Eine Sekunde lang erhaschte er das alte schmaläugig trotzige Grinsen.
«Ziemlich happig?»
«Für Hancock Park schon.»
Doc pfiff Can't Buy Me Love und ignorierte ihren Gesichtsausdruck. «Du stellst ihm natürlich für alles Schuldscheine aus.»
«Du Arsch, wenn ich gewusst hätte, dass du immer noch so sauer bist -»
«Ich? Ich versuche nur, professionell vorzugehen, mehr nicht. Wie viel haben die Gute und ihr Macker dir denn als Anteil angeboten?»
Shasta nannte eine Summe. Doc hatte auf dem Pasadena Freeway frisierte Rolls-Royce' voll aufgebrachter Heroindealer abgehängt, einzig darauf bedacht, mit über hundertsechzig im Nebel unbeschadet durch all die simpel konstruierten Kurven zu kommen, er war östlich des L.A. River mit nichts als einem geliehenen Afrokamm als Waffe in der Tasche in irgendwelche finsteren Gassen hineinspaziert, er war bei Gericht ein und aus gegangen, während er ein kleines Vermögen in Form von vietnamesischem Gras besessen hatte, und er war mittlerweile eigentlich überzeugt, dass die ganze Ära des Leichtsinns hinter ihm lag, doch nun wurde er wieder schwer nervös. «Es .» Ganz behutsam jetzt. «Es geht also nicht um ein paar unanständige Polaroids. Oder ein bisschen untergeschobenes Dope im Handschuhfach oder so was in der Art .»
Damals war sie manchmal wochenlang mit nichts Komplizierterem als einem Schmollmund ausgekommen. Jetzt bedachte sie ihn mit einem kräftigen Gemisch von Gesichtszutaten, aus denen er überhaupt nicht schlau wurde. Vielleicht hatte sie sich das auf der Schauspielschule angeeignet. «Es ist anders, als du denkst, Doc.»
«Keine Sorge, das Denken kommt später. Was noch?»
«Ich bin mir nicht sicher, aber es hört sich so an, als wollten sie ihn in irgendeine Klapsmühle abschieben.»
«Auf legalem Weg, meinst du? Oder so was wie eine Entführung?»
«Mir sagt keiner was, Doc, ich bin bloß der Köder.» Wenn man's recht bedachte, hatte ihre Stimme auch gar nicht so bekümmert geklungen. «Ich hab gehört, du hast downtown eine Freundin?»
Freundin. Na ja: «Ach, du meinst Penny? Nette Flachlandbraut, im Grunde einfach nur auf der Suche nach heimlichen Hippie-Liebeswonnen -»
«Und außerdem so was wie Staatsanwältin in Evelle Youngers Laden?»
Doc dachte kurz darüber nach. «Du meinst, jemand dort kann die Sache noch stoppen, bevor sie über die Bühne geht?»
«Gibt nicht allzu viele Stellen, an die ich mich damit wenden kann, Doc.»
«Okay, ich rede mal mit Penny, mal sehen, was dabei rauskommt. Dein glückliches Paar - haben die auch Namen und Adresse?»
Als er den Namen ihres älteren Knaben hörte, fragte er: «Ist das derselbe Mickey Wolfmann, der immer in der Zeitung steht? Der Immobilienheini?»
«Du darfst niemandem davon erzählen, Doc.»
«Bin taub und stumm, das gehört zum Job. Irgendwelche Telefonnummern, die du mir mitteilen möchtest?»
Sie zuckte die Achseln, verzog das Gesicht, nannte ihm eine Nummer. «Versuch, sie nie zu benutzen.»
«Super, und wie erreiche ich dich?»
«Gar nicht. Ich bin aus meiner alten Wohnung ausgezogen und versuche unterzukommen, wo es gerade geht, frag lieber nicht.»
Er hätte beinahe «Hier ist Platz genug» gesagt, was gar nicht stimmte, aber er hatte gesehen, wie sie alles, was sich nicht verändert hatte - das echte englische Pub-Dartboard oben auf dem Wagenrad, die Bordellhängelampe mit der dunkelroten psychedelischen Birne mit dem vibrierenden Glühfaden, die Sammlung von ausschließlich aus Coors-Dosen gefertigten Modell-Hot-Rods, den von Wilt Chamberlain mit Leuchtfilzstift signierten Strandvolleyball, das Samtbild und so weiter -, mit einem Ausdruck gemustert hatte, den man nur als angeekelt bezeichnen konnte.
Er begleitete sie den Hügel hinunter bis zu der Stelle, wo ihr Wagen stand. Hier draußen waren die Nächte unter der Woche nicht viel anders als am Wochenende, deshalb lärmte dieser Teil der Stadt bereits von...
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