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Wo finde ich Gott? Bin ich näher bei Gott in der geistigen Schau? Liegt der religiöse Wahrheitsgehalt in der Gottesschau; als im Symbolgehalt graduell entwickelten Anschauungen eines Ultimativen, Geistig-Göttlichen? Des einen Gottes? »Das Gute, das Schöne, das Heilige« als Ziel, Telos 8:
In der Geiselhaft der Vernunft, zwischen Wahrheits-Anspruch und Aberglauben findet »das Heilige«9 seine Aufhebung im griechisch-platonischen Urbild- und Abbild-Gedanken. Der Mensch ist dazu berufen, zum »Urbild« vorzustoßen, dem wahren Sein, dem absolut Guten, Vollkommenen, das in verhüllter Gestalt stufenförmig präsent wird: von der sinnlichen über die intelligible Welt, die Welt der Ideen zum Licht der Wahrheit, dem wahren Sein, Dasein. Die Seinspyramide spiegelt nach unten hin immer weniger an Leuchtkraft, an Seinsmächtigkeit, an Vollkommenheit wider, weil sie weiter von der Quelle des Lichts, des wahren Seins entfernt ist. Die höhere Wirklichkeit ist in der niedrigeren Stufe gegenwärtig in verhüllter und unvollkommener Weise. Die Uridee des Vollkommenen erfüllt die ganze Welt in nur teilweise erkennbarer Weise und motiviert den Menschen auf seiner Suche nach Gott, zur unverhüllten Quelle des Guten, Wahren, Schönen, des Lichts, des Seins aufzusteigen, ungeschichtlich, als ewiges Gesetz, verstanden.
Bei Richard Schaeffler bleibt »Naturreligion« im Bereich dieser sinnlich gegebenen Anschauung verhaftet. Nur Selbstmitteilung Gottes, »Geist« genannt, enthüllt das wahre Antlitz Gottes; Gott selbst zeigt, verströmt sich. Im »archaischen« Deutungsmuster, ich spreche von ethnischen oder indigenen Religionen, ist Begegnung mit der Gottheit Anteilgewinnung an ihrem Leben und lebensspendenden Tod, an ihrem Werden und Vergehen; die Kraft der Fruchtbarkeit im vergossenen Blut der Gottheit, im verströmten männlichen Sperma symbolisiert und weiht ein in die Lebens- und Todesgemeinschaft mit Gott.
»In der Kraft dieser Einweihung wird der Mensch fähig, ,in Dei persona' zu sprechen, als jene sichtbare und hörbare Gestalt, durch die der Gott ,hindurch-tönt' (,per-sonat').«10
»Überschuss« eines Natursymbolismus auf sich zeigende Bedeutungsgehalte hin und »Ent-naturalisierung« des »sich Bahn brechenden« Heiligen auf vernünftige, wahre Religion werden als Heils-Geschichte des Menschen interpretiert. Die Welt der Indigenen befindet sich im »Schlummer des Geistes«, des wahren Geistes!
Die Todes- und Lebensgemeinschaft mit den Göttern oder eher Götzen finden im Ritus als Abbild kosmischer Ordnung, die Ausdruck und Manifestation des Numinosen, des Heiligen ist, ihre Transzendenz, ihre Erhabenheit, ihre vorläufige »Wahrheit« einer Mitteilung von göttlicher Lebens- und Erkenntniskraft auch bei dem französischen Philosophen Paul Ricoeur 11. Innerhalb einer naturalen Symbolklaviatur gestalten sich die ewigen Fragen des Menschen nach dem »Woher« und »Wohin«, die es zu entzaubern gilt. Für Paul Ricoeur zeigt sich »das Heilige« in Ritus und Kult als ästhetisch-verleiblichte »Handlungsmacht«, Ausdruck und Manifestation des »Numinosen« im Zueinander von Göttern und Menschen.
Der richtige Weg zur Erfassung des Göttlichen, sinnenhafte Sinn-Erfahrung des ganzen individuellen und gemeinschaftlichen Lebens erschöpfen sich, so meine Kritik, nicht nur in besonderer Sensibilität, dem sensus numinis12 nach Richard Schaeffler13 - hier sicher auch! -, sondern sind durchkreuzt von existentiellen Grenzerfahrungen, Leid, Tod, Krankheit, die Umbruch, »Wiedergeburt« oder Lebensfrust, ja todbringendes Leid für andere beinhalten kann; sind eingebettet in eine Lebens-, Sprach-, Wertegemeinschaft, deren egalitäre Strukturen es gegen alle hierarchischen Ansprüche von außen und innen aufrechtzuerhalten gilt. Identität, Stabilität, Nachhaltigkeit sind gemeinsam verantwortete Handlungs-Maxime, Sinn stiftende Momente einer Lebens-Gemeinschaft. Dies wird an meiner Darstellung des Moka-Bundes besonders deutlich werden. Verankerung, Rückhalt in religiös-spirituellen Urerlebnissen sind für das religiöse Selbstverständnis mehr oder weniger »bindend«, entscheidend aber sind die Handlungsmuster, die daraus folgen oder besser folgen sollen! Die Maxime des Lebens und Handelns einer Gemeinschaft!
Die Bedeutung der sinnlichen Präsenz als Medium für das Heilige ist im religiösen Leben, im Ritual, nicht mit einer immer weiteren und größeren Hellsichtigkeit, mit einer Schärfung eines »inneren Auges« erschöpft. Ist für den einen die öffentliche Zurschaustellung des Heiligen wie in der christlichen Monstranz der Inbegriff einer Einheit von Gott und Priester, ist sie für einen anderen eher eine Selbstdarstellung der priesterlichen Vormachtstellung. Persönliche existentielle Erlebnisse, Vorurteile, Erfahrungen bedingen und überlagern gerade sinnliche Präsentationen. Und ist nicht gerade die farbenprächtige Inszenierung eigener und fremder Religionen Anziehungskraft und legt den Sinn-Kern des Gottes- und Menschenbildes offen, lädt zum Mitfeiern ein, gerade auch in den »Welt-Religionen«? Die Magie des Bildes in der religiösen Kunst fesselt oder stößt ab.
Auch für den französischen Phänomenologen Jean Luc Marion14 ist die sinnliche Eingebundenheit grundsätzlich der Grund, dass wir Gott nur »verstellt« wahrnehmen können15. Die Frage nach Gott ist in unsere menschliche Verfasstheit eingebunden und wird von ihr blockiert, durch Leidenschaften, Vorurteile, Interessen, Wünsche, Scheuklappen, Intentionen aller Art getrübt; wollen wir Gott überhaupt sehen oder ist unsere Rede von Gott immer unangemessen, uneigentlich, der Gefahr des Götzendienstes ausgesetzt, eine nur sinnliche Bemächtigung? Der unerreichbare und ewige Gott zeigt sich uns, »überwältigt« uns. Es gilt, den religiösen Blick von allen »Verstellungen« zu reinigen und sich auf dieses Gottes Wort, auf seine Selbstmitteilung hin zu öffnen.
Einwand gegen diese sinnliche Geringschätzung kommt von vielen Seiten. Sind unsere Intentionen wirklich irreführend oder öffnen sie nicht erst unser Empfinden und Denken auf Gott hin, führen uns auf die Spur Gottes? Bin ich nicht mit meiner ganzen Existenz beteiligt, wenn es um Gott geht (Paul Moser)? Es sind die ultimativen Fragen nach Herkunft (Urschöpfung, Urakt, Urkraft), nach Verankerung und Stabilität, nach geistiger und körperlicher Identität im Wandel von Zeit und Raum, nach der Existenz in einer Gemeinschaft trotz Tod, Leid und Verlust; in den ethnischen Religionen unmittelbar in den »Schaltkreisen« aller Lebensvollzüge miteinander verflochten.
Für den Religionsphilosophen D. Henrich ist diese Öffnung aller Sinne zugleich eine dankbare Grundhaltung, die das Gründen der eigenen Existenz wie aller ihrer Intentionen in diesem ultimativen Gott für wahr nimmt, einem Grund, der sich jeder menschlichen Bemächtigung entzieht, der letzte Fluchtpunkt der menschlichen Existenz. Es gibt kein Darüber-hinaus! Ich bevorzuge den Begriff der Wertschätzung! Sie ist die Voraussetzung eines Unterwegsseins zu Gott, in den Fragen, Verirrungen, in allen religiös-spirituellen Gemeinschaften anwesend. Wahrwerden statt »objektiver« Wahrheit Gottes! Auch P. Ricoeur spricht von einer Präfiguration auf das Göttliche hin, einer Einstimmung!
Mit dem Kirchenvater Augustinus verkehrt sich Religion in reine Innerlichkeit. Bei dem römischen Geschichtsschreiber Cicero noch bedeutet Religion Befolgung äußerlicher Riten, Gesetze. Welche Rolle nimmt die sinnliche Anschauung ein? Ist sie zerstörerisch in ihrer leibhaftigen Triebhaftigkeit?
Geht es in der Religion um reine Innerlichkeit? Nicht alle Menschen haben authentische religiöse oder gar mystische Erfahrungen. Wie prägend ist nicht gerade die »Miterfahrung« (Karl Rahner) im Ritus, im Kult für religiöse Ausbildung? Nicht umsonst bilden die monströsen religiösen Feiern, die ganze Handlungsebene einer Religion, einen sinnlich präsenten Rausch an Farben, Klängen, Gerüchen, Anschauungsform des Allerhöchsten, Heiligen. Hier wird das allumfassende »gute Leben« ausgedrückt, findet die Frage nach dem ultimativen Grund aller Wirklichkeit ihre Antwort.
Das Leben selbst feiert sich in all seinen Facetten. Ethnische Religionen nehmen ihre Deutungen aus dieser ihrer sinnlich gegebenen Umwelt wie alle Religionen. Gewittergott heißt nicht, dass das Antlitz Gottes ein Gewitter ist, sondern symbolisiert die Tragik, die existentielle Bedrohung hinter der zerstörerischen Naturkraft für das friedliche und prosperierende Überleben der Gemeinschaft.
Vom »Aberglauben«...
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