Schweitzer Fachinformationen
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Als Taucher bei den niederländischen Streitkräften, der 1985 als Jüngster seine Prüfung ablegte, lernte ich alles über Disziplin, Konsequenzen, Trainingsprogramme und Trainingspläne. Schon in jungen Jahren ging ich körperlich und mental an Grenzen, hatte aber keine Ahnung, dass dies "die Tonart" für den Rest meines Lebens bestimmen würde. Ich hatte weder vor, Polizeibeamter zu werden noch hatte ich jemals die Idee, Tiertrainer werden zu wollen. Ich war einzig und allein darauf konzentriert, ein Profitaucher zu werden und arbeitete unter Ölbohrinseln, Schiffen, Brücken und anderen Großbauwerken auf der ganzen Welt.
Während meiner Militärzeit erledigten wir auch eine Menge Aufgaben für die niederländische Staatspolizei, was mich auf die Idee brachte, dorthin zu schreiben. Ich wollte gerne zu den Polizeitauchern gehen und mehr Erfahrungen sammeln. Ich wurde zu den Aufnahmetests eingeladen, durchlief die ganze Prozedur und wurde als für den Job geeignet eingestuft. Aber dann fand ich zu meiner Überraschung heraus, dass es gar keine eigene Vollzeit-Tauchereinheit bei der Polizei gab, und fasste im gleichen Moment den Entschluss, diese Einheit wieder zu verlassen. Ich bedankte mich für das Interesse, das man mir entgegengebracht hatte und packte meine Sachen. Aber ein Mitglied der Einheit überredete mich zum Bleiben. "Versuch es, ich bin sicher, es wird Dir bei der Polizei gefallen", sagte er. Da ich meinen Job beim Militär ohnehin schon gekündigt hatte, beschloss ich also, der Sache eine Chance zu geben.
Und ich muss zugeben, dass es mir wirklich gut gefiel. Der Job war unglaublich vielseitig und ich war auch schnell wieder auf dem Wasser unterwegs. Schon nach ein paar Monaten hatte ich nicht nur den Führerschein für die Sonder-Einsatzwagen und Polizeimotorräder, sondern auch für die schnellen Polizeiboote und hatte richtig Spaß.
In dieser Zeit war es auch, dass ich Wilderer verfolgte und mich in dem Zusammenhang für das Jagen und Jagdhunde zu interessieren begann. Im Jagdrevier war ich erstaunt, wie clever die Hunde ihre Aufgaben erledigten. Ich liebte es, zuzusehen, wie die Jäger ihre Hunde zum Apportieren des geschossenen Wilds losschickten und war beeindruckt, wie leicht diese selbst in der dichtesten Vegetation das Haar- und Federwild fanden. Ich beschloss, selbst nicht zu schießen, sondern zum Jagdhundeführer zu werden und arbeitete mit Labradoren und Cocker Spaniels. Ich trainierte fast jeden Tag und genoss jede Minute davon. Und wenn es abends dunkel wurde, diskutierte ich stundenlang mit meinen Jagdkameraden, las Fachbücher und schaute Videos.
Zu dieser Zeit keimte in mir die Idee, zum Polizeihundeführer zu werden und von den Profis zu lernen. Ich kaufte einen Belgischen Schäferhund, einen Malinois, und trat einem örtlichen Sporthundeverein, einem so genannten KNPV-Club, bei. Solche KNPV-Clubs gibt es in den ganzen Niederlanden. Zivile Hundeführer trainieren ihre Hunde dort in Unterordnung, Sucharbeit und Schutzdienst mit dem Ziel, sie auf eine eventuelle spätere Polizeiarbeit vorzubereiten. Weil ich mich auf meinen Job als Polizeihundeführer vorbereiten wollte, beschloss ich also, einem solchen Verein als Zivilperson beizutreten. Schnell fiel mir auf, dass dort viel mit Strafe gearbeitet wurde. Als ich erst einmal in den "inneren Kreis" des Vereins aufgenommen worden war, bekam ich noch mehr Zwangsmethoden zu sehen. Auch in den anderen Vereinen war das die Standardausbildung. Zu dieser Zeit wurde ich mehrmals von meinem eigenen Hund gebissen und begann, den Rat der erfahreneren Vereinsmitglieder zu suchen. Diese sagten mir, ich müsse "den Willen des Hundes brechen" und "zum Alpha werden". Ich war jung, ich wollte lernen und ich machte ihre Methoden nach. Ich begann also, ebenfalls mit Zwangsmethoden zu arbeiten und war erfolgreich darin, weil ich Ergebnisse erzielte. Aber ich fühlte mich nicht gut dabei und fragte mich, ob es nicht einen besseren Weg geben könnte. Letztendlich verließ ich den KNPV-Club, weil ich so nicht trainieren wollte.
Simon als junger NATO-Taucher beim Militär.
In der gleichen Woche sah ich in einer Zeitschrift eine Stellenanzeige für neue Polizeihundeführer. Ich bewarb mich und hatte Glück. Die Polizei gab mir die Chance, in die Hundestaffel zu kommen! Ich war überglücklich und erzählte all meinen Freunden, dass ich jetzt von den echten Profis lernen würde.
Den ersten Tag in meinem neuen Job werde ich nie vergessen. Kein Trainingsprogramm, keine Bücher, keine pdfs, keine Lehrvideos. Mein Ausbilder schickte mich zu einem Einsatzwagen, in dem ein großer, gefährlich aussehender Malinois saß. Er sagte mir, dies sei nun mein Diensthund und ich solle ihn aus dem Auto holen. Als ich mich dem Fahrzeug näherte, begann der Hund zu knurren und die Nackenhaare zu stellen. Er stellte die Rute steif nach oben, richtete seine Ohren wie Radarschirme auf mich und seine Augen wurden zu grünen Blitzen. Als ich den Ausbilder fragte, was ich tun sollte, erklärte er mir, ich müsse eben wirklich schnell zum Alpha werden und die Führung beanspruchen, sobald ich die Transportbox öffnete. Er instruierte mich, den Hund zu bestrafen und ihm zu zeigen, wer der Herr war. "Anderenfalls landest Du heute noch im Krankenhaus," warnte er mich. Wow, was für eine Einführung in eine Welt, zu der ich jahrelang aufgeschaut hatte. Die sogenannten Profis waren kein bisschen anders als meine KNPV-Vereinskameraden, nur mit dem Unterschied, dass sie Uniformen trugen. Ich öffnete also die Heckklappe des Einsatzwagens, wendete all die Zwangsmethoden an, die ich gelernt hatte und begann meine Karriere als Polizeihundeführer auf sehr schlechte Art und Weise.
Die einfache Regel lautete damals tatsächlich: "Wenn der Hund etwas tut, das dir nicht gefällt, bestrafe ihn. Wenn er etwas tut, das dir gefällt, bestrafe ihn nicht. So lernt er, was gewünscht ist."
Ich durfte weder das Futter einsetzen, das ich zum Training mitgebracht hatte noch mit dem Hund Ball oder Kong oder sonst etwas spielen. In meinen ersten "Trainingslektionen" ging es um Strafe und strikten Gehorsam und sie waren alles andere als ein Vergnügen - weder für den Hund noch für mich. Aber weil ich keine Erfahrung mit Polizeihunden hatte, dachte ich, diese seien wohl anders als andere Hunde und folgte den Instruktionen des Ausbilders - gegen meinen inneren Widerstand. Ich hatte keine Ahnung, wie man es besser machen könnte, aber ich wusste, dass es einen besseren Weg geben musste als dieses harte Zwangstraining, das wir absolvierten.
All das brachte mich letztlich auf einen neuen Kurs und weckte in mir den Wunsch, diese Welt des Zwangs zu einem Training mit positiveren Methoden zu verändern.
"Zuerst ignorieren sie dich.
Dann lachen sie dich aus. Dann bekämpfen sie dich. Und dann gewinnst du."
(Mahatma Gandhi)
Das war, rückblickend betrachtet, alles andere als leicht, denn erstens wusste ich es ja damals auch nicht besser und zweitens brachte das Zwangstraining ja Ergebnisse: Das unerwünschte Verhalten, dass mich mein Diensthund biss, verschwand und stattdessen zeigte er das erwünschte, das wir auch in den echten Einsätzen brauchten: Er biss den Verdächtigen.
Dennoch sagte mir damals mein Bauchgefühl, dass wir, mein Hund und ich, viel mehr erreichen könnten, wenn wir uns besser verstünden und Vertrauen zueinander aufbauen könnten. Das uns auferlegte Zwangstraining war dabei nicht hilfreich.
Es mag heuchlerisch und schrecklich klingen, wenn ich das heute sage, aber es ist dennoch wahr: Ich lernte auch viel aus dieser Art des zwangsbasierten Trainings. Es führt zu Ergebnissen, und das in manchen Situationen wesentlich schneller als positive Verstärkung. Ich garantiere Ihnen - wenn Sie je die Erfahrung machen, von Ihrem Diensthund gebissen zu werden, werden Sie jede Form des Trainings anwenden, um das zu stoppen und zu verhindern, dass es jemals wieder passiert. Zumindest kann ich also sagen, dass ich aus meiner eigenen, ganz konkreten Erfahrung (samt Krankenhausaufenthalt wegen Bissverletzung) die Vor- und Nachteile dieser Trainingsform verstehe. Ich realisierte, wie schlau diese Tiere sind und wie viel Druck sie ertragen können. Ich verstehe auf dem Hintergrund meiner Erfahrungen auch, warum es so schwierig ist, mit Hundetrainern über das Thema Strafe und Zwang zu sprechen und warum die Diskussionen darüber immer so fanatisch werden. Jahre später öffneten mir die Bücher von Brené Brown, die Scham- und Schuldgefühle und unseren Umgang damit zu einem ihrer Hauptthemen gemacht hat, die Augen dazu. Da ich selbst sowohl in den Schuhen von "Zwangstrainern" als auch in denen von rein positiv arbeitenden und allen möglichen dazwischen gestanden habe, kann ich heute mit allen sprechen, ohne sie zu verurteilen - ich kann sie verstehen und ihnen helfen, mehr zu entdecken.
Seit meinen ersten Jahren in der Diensthundeeinheit der Polizei sind viele Jahre vergangen und auch in den KNPV-Club und Polizeihundestaffeln hat sich die Welt verändert: Sie ist deutlich besser geworden, als sie es zu Beginn der 1990er Jahre war. Besonders in den Niederlanden haben wir einen enormen Übergang geleistet. Dieser ist nicht nur mir zu verdanken, sondern viele Frauen und...
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