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Kapitel 1 Loslassen
I'm caught in a trap, and I can't get out
Because I love you too much, baby
Als ich Elvis Presley verließ, war ich 27 Jahre alt. Ich hatte die Hälfte meines Lebens als seine Freundin oder Frau verbracht und bin direkt von meinem Elternhaus zu ihm gezogen. Die Welt außerhalb seines Orbits? Davon wusste ich so gut wie gar nichts. Meine Entscheidung, ihn zu verlassen, verängstigte mich und war für Millionen seiner Fans unvorstellbar. Was sie nicht verstanden: Ich trennte mich nicht aus mangelnder Liebe von meinem Mann. Am Tag, an dem ich ging, liebte ich ihn so intensiv wie bei unserer Hochzeit. Ich trennte mich von Elvis, weil ich ein eigenes Leben brauchte. Bisher lebte ich sein Leben. Elvis suchte nach der Bedeutung des Daseins, und das traf auch auf mich zu.
Der Bruch mit ihm stellte sich als kompliziert heraus und hatte ein langes Vorspiel. Bei der Trennung waren wir 13 Jahre zusammen, beinahe mein halbes Leben. Die Welt dort draußen veränderte sich, aber hinter den Toren von Graceland, seinem Anwesen in Memphis, Tennessee, blieb alles so wie es war. Ich war gerade erst 18, als man von einer ernsthaften Beziehung zu ihm reden konnte und ein typischer Vertreter meiner Generation. Wie meine Mutter lernte ich beim Aufwachsen, einen Mann zufrieden zu stellen. In den Sechzigern erwartete man von jungen Mädchen, dass sie einen guten Partner finden und ihn an sich binden. Und ich arbeitete hart, um diese Erwartungshaltung zu erfüllen. Ich besuchte die Anstandsschule für Höhere Töchter und lernte dort, wie man sich kleidet und das Make-up aufträgt. Elvis mochte meine Einstellung, denn auch er war das Resultat seiner Generation. Er liebte es, mir nette Dinge zu kaufen, darunter auch wunderschöne Kleidung. Während er mich zu seiner perfekten Frau formte, nahm ich die Vorschläge hinsichtlich der Garderobe und des Make-ups liebend gerne an. Ich wehrte mich nicht, sondern ging darin auf, weil ich meinem Mann gefallen wollte.
Einem Mann zu gefallen, verlangte viel mehr, als nur gut auszusehen. Wie alle Mädchen lernte ich Hauswirtschaft, ein trautes Heim zu gestalten und las Artikel darüber, wie man sich in Anwesenheit eines Mannes verhält. Mir wurde beigebracht, niemals fordernd aufzutreten - nicht forsch zu sein. Elvis konnte aufdringliche Mädchen nicht leiden. Damals gab es für Mädchen Regeln für einfach alles. Ich durfte niemals einen Jungen anrufen, denn das hätte als provokant gegolten. Es lag an ihm, mich anzurufen. Das angemessene Verhalten einer Frau bestand darin, die Bedürfnisse eines Mannes zu erkennen, bevor sie über ihre eigenen nachdachte. Falls sie das überhaupt machte! Ich musste sicherstellen, dass das Lieblingsessen meines Mannes genau seinem Geschmack entsprach, wann immer er es haben wollte. Ich musste meinem Mann genau zuhören, ohne zu erwarten, dass er mir zuhört. Die eigene Meinung frei zu äußern, stand mir nicht zu. Erst wenn er mich fragte, durfte ich über meine Ansichten sprechen. Ich durfte niemals seine Instruktionen oder sein Verhalten infrage stellen. Wenn er spät nach Hause kam oder die ganze Nacht über wegblieb, schuldete er mir keine Erklärung. Als Vorstand des Haushalts hatte er das Recht dazu. Doch was am wichtigsten war: Ich hatte immer das Gefühl, ihn glücklich machen zu müssen, im Grunde genommen eine Einbahnstraße.
Die sozialen Traditionen bereiteten mich auf die Ehe vor. Als ich in die neunte Klasse ging - das Jahr, in dem ich Elvis begegnete -, veranstaltete meine Schule einen Wettbewerb, bei dem die Jungs Mädchen ersteigerten. Wenn ein Junge gewann, "besaß" er sie für einen Tag. Sie musste ihm dann überall hin folgen, ihm das Mittagessen zubereiten und seine Bücher tragen. Die Jungs veranstalteten einen Wettstreit um die Mädchen, aber auch die Mädchen standen zueinander in Konkurrenz. Wer das höchste Gebot einbrachte, war die Gewinnerin. In dem Jahr gewann ich. Nach heutigen Standards ist so ein Wettbewerb undenkbar, doch damals stellte es einen Spaß dar. Auch war es in bestimmter Hinsicht eine Vorschau auf den nie endenden Kampf um Elvis' Aufmerksamkeit, der die Ehe charakterisierte.
Ich übernahm diese sozialen Normen, ohne eine Frage zu stellen. Viele Jahre lang wiesen sie mir den Weg. Ich liebte es, mich um Elvis zu kümmern und ging in der Rolle der hingebungsvollen Hausfrau auf. Wenn wir auf der Ranch ohne unsere Angestellten wohnten, kümmerte ich mich intensiv und liebevoll um Elvis' Wohlbefinden. Jede Nacht legte ich ihm den Pyjama zurecht, und am Tag übernahm ich die Rolle der Mitarbeiter. Es liegt in meiner Natur, mich um andere zu kümmern und so fiel es mir leicht, mich auch um ihn zu kümmern.
Zusätzlich zu den konservativen Gepflogenheiten der damaligen Zeit, bedingte die Ehe mit einem Mann aus dem Süden weitere Anforderungen - sowohl für mich wie auch für Elvis. Bei den Leuten hatte der zehnjährige Altersunterschied für reichlich Wirbel gesorgt, doch für den Süden war das nicht unüblich. Und er wurde sicherlich nicht als Pädophilie gesehen. Klar, denn der 33-jährige Rhett Butler hatte Scarlett O'Hara [in Vom Winde verweht] erstmalig bezirzt, als sie 16 Jahre alt war. Natürlich waren das fiktionale Charaktere, aber sie symbolisierten eine kulturelle Identität. Jerry Lee Lewis hatte seine Frau geheiratet, als sie erst dreizehn war, was natürlich für Schlagzeilen sorgte. Und das traf auch auf Edgar Allan Poe zu, eine weitere Ikone des Südens. Glücklicherweise war ich keine Kinderbraut. Obwohl Elvis und ich eine Beziehung eingingen, als ich noch vierzehn war, entwickelte sich daraus erst eine Liebesbeziehung als ich siebzehn war. Mit dem Sex warteten wir bis nach der Hochzeit mit 21. Dennoch stellten die zwischen uns liegenden zehn Jahre eine unabänderliche Tatsache dar.
Der Altersunterschied zwischen Ehegatten unterlag einer bestimmten Logik. Ältere Männer konnten eine gute Wahl sein, da sie reifer und sozial sowie wirtschaftlich gefestigter waren. Sich eine jüngere Frau auszuwählen, machte es aus der Perspektive eines Mannes aus den Südstaaten leichter, als Haushaltsvorstand zu fungieren und das Benehmen und die Ansichten seiner Frau zu steuern. Dieser spezielle Etiketten-Kodex stellte einen Teil von Elvis' Erwartungen mir gegenüber dar. Elvis war ein Mann des Südens, der von seiner Frau forderte, hübsch zu sein, unterwürfig und liebenswürdig. 24 Stunden am Tag. Nachdem Elvis eingeschlafen war, wickelte ich sogar meine Haare in Toilettenpapier, damit die Frisur intakt blieb. Dann stand ich sehr früh auf - bevor er wach wurde -, machte mir die Haare und trug das Make-up stark auf. Natürlich entstand daraus später ein Problem. Als ich erwachsen wurde, wirkte das durch den Altersunterschied bestehende Machtverhältnis in unserer Beziehung fort. Es war schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, eine Ehe von zwei Gleichberechtigten zu führen, wenn Elvis gewohnt war, den Ton anzugeben.
Ich tat mein Möglichstes, den Ansprüchen gerecht zu werden. Ich habe niemals das Kochen gelernt, da ich es wegen der ganzen Angestellten nicht musste. Am Anfang wagte ich einige Kochexperimente, doch die Resultate waren kaum genießbar. Obwohl das Schicksal mich nicht als Küchenchef auserkoren hatte, achtete ich darauf, dass Elvis seine Lieblingsmahlzeiten zur richtigen Zeit bekam. Ich suchte die Köchin täglich auf - manchmal sogar mehrmals - um ganz sicher zu gehen, dass sie Elvis' Vorlieben nachkam. Jedes Mal, wenn er nach Hause zurückkehrte, begrüßte ich ihn in einem wunderschönen Kleid, mit den gekämmten langen Haaren und dem stark aufgetragenen Augen-Make-up. Ich umsorgte ihn von allen Seiten. Ich lauschte seinen endlosen Ausführungen, manchmal ganze Nächte, auch wenn er mir um 3 Uhr morgens aus Philosophie-Büchern vorlas. Ich stellte sein Verhalten niemals infrage, denn er tat alles ab, was irgendwie nach Kritik klang. Er hielt es nicht für nötig, Beziehungen zu anderen Frauen zu erklären. Ich sollte ihm vertrauen und alles ignorieren, was ich hörte.
Elvis zwang mich niemals, das alles zu erfüllen. Als ich ihn heiratete, kannten wir beide die Erwartungen, und viele Jahre lang akzeptierte ich sie. Elvis' Verhalten entsprach den Normen der damaligen Zeit. Er war in vielerlei Hinsicht ein guter Ehemann und missbrauchte mich nie - weder körperlich, noch psychisch. Obwohl er ein explosives Temperament hatte, rastete er in meiner Anwesenheit nur selten aus. Bei mir verhielt er sich sanft, oft sehr zärtlich und war fast immer extrem großzügig. Er kaufte mir herrliche Dinge, machte teure Geschenke und überreichte mir atemberaubende Juwelen. Ich trage immer noch das Kreuz aus Diamanten, das er mir schenkte. Doch es gab einen Unterschied zwischen ihm und anderen Ehegatten - er war Elvis Presley. Er verfügte über Geld, hatte eine loyale Entourage, die stets seine Bedürfnisse erfüllte und Millionen Fans. Aber ich liebte ihn, und weil ich ihn liebte, wollte ich die perfekte Südstaatenfrau der damaligen Ära sein. Schließlich verzehrte mich der Kampf, und ich fühlte mich wie der sprichwörtliche Vogel im goldenen Käfig.
Elvis lebte in der von ihm für sich erschaffenen Welt. Er ließ den Blick umherschweifen und war der König von allem, was er sah. Wir - also die Jungs und ich - schliefen, wenn er schlief, aßen, wenn er aß und schauten die Sendungen im Fernsehen, die er mochte. Für mich war das normal, und eine lange Zeit hinterfragte ich es nicht. Die Menschen in Elvis' Königreich stellten hingegen ein Problem dar, denn es waren alles Männer. Man konnte Elvis und mich nicht...
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