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Die bekannte Politik-Creatorin Nina Poppel erklärt Politik einfach und humorvoll
Was bedeutet es eigentlich, in einer Demokratie zu leben? Wie funktioniert das politische System in Deutschland? Warum ist Meinungsfreiheit ein Eckpfeiler der Demokratie und wo endet sie? Wie gehe ich mit Weltschmerz und Nachrichtenflut um? Wo kann ich mich informieren, wie funktioniert persönliches Fact-Checking? Die Antworten auf diese Fragen sind kompliziert und zeigen: Politik ist überall – ob wir es wollen oder nicht.
Nina Poppel, einflussreiche Politik-Creatorin auf TikTok und Instagram (@nini_erklärt_politik) , gibt in ihrem ersten Sachbuch eine Einführung in das politische Leben und Denken. Sie fängt bei den Basics an und führt dann spielerisch Level für Level durch den komplexen Politik-Dschungel – sie erklärt, wie unser Wahlsystem funktioniert, welche Auswirkungen das Grundgesetz im Alltag hat und wer eigentlich über die Höhe von Steuern entscheidet. Dabei macht sie deutlich, dass Politik nicht nur in Parlamenten und auf internationalen Gipfeln stattfindet, sondern alle betrifft – in unseren Rechten, unseren Entscheidungen und unserer Zukunft.
Ich sitze in einem großen Hörsaal der Universität Würzburg. Alle Menschen um mich herum sind neu für mich, für uns alle ist es das erste Semester. Die Vorlesung heißt »Das politische System der Bundesrepublik Deutschland«. Wird also schon nicht so schlimm werden, über Deutschland weiß ich immerhin mehr als über die EU, die Vereinten Nationen oder sonst was, denke ich mir. Der Professor betritt den Hörsaal, guckt streng und lässt die Semesterübersicht groß an die Wand vor uns projizieren. Da läuft es mir doch eiskalt den Rücken runter, das wird wohl kein Spaziergang werden. Denn mir wird klar, wie wenig ich eigentlich weiß.
Damit will ich dir Folgendes sagen: Du brauchst dich niemals dafür zu schämen, etwas nicht zu wissen. »Wahre Unwissenheit ist nicht das Fehlen von Wissen, sondern die Tatsache, dass man sich weigert, es zu erwerben«, sagte schon sehr klug der Philosoph Karl Popper. Auf geht's ins zweite Level. Zwei Sachen kann ich dir direkt versprechen: Ich mach keinen auf strenge Professorin. Und: Nachdem du dieses Kapitel gelesen hast, kannst du immer und überall in Gesellschaft superschlau mitreden.
Wo immer Menschen miteinander zu tun haben, braucht es ein paar Regeln, die für alle gelten. Verkehrsregeln zum Beispiel oder die Spielregeln beim Sport. An die hältst du dich im Allgemeinen, denn du weißt, die anderen tun es auch, und nur so laufen der Straßenverkehr oder das Fußballmatch richtig rund. Auch das Zusammenleben in einer Gesellschaft unterliegt Regeln, das sind die Gesetze. Ein Gesetzestext ist besonders vornehm: das Grundgesetz. Denn es regelt nicht irgendwelche Detailfragen, sondern das große Ganze. Das Grundgesetz ist unsere Verfassung. Es steht über allen anderen Gesetzen, und kein anderes Gesetz darf gegen das Grundgesetz verstoßen.
Das Grundgesetz wurde am 23. Mai 1949 verkündet und trat am 24. Mai in Kraft. Nur wenige Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs verfasst, sollte es ein bewusster Gegenentwurf zur Unrechtsherrschaft des Nationalsozialismus sein. Die Menschen, die das Gesetzeswerk damals formulierten, nennt man heute gern die Mütter und Väter des Grundgesetzes. Sie wollten eine Ordnung schaffen, die nie wieder eine Diktatur oder einen Weltkrieg zulassen würde und allen Menschen möglichst viele Freiheiten garantiert.
Das Grundgesetz umfasst insgesamt 146 Artikel. Ganz vorn sind unsere Grundrechte formuliert. Es sind 19 Stück, und sie sind die wichtigsten Rechte der Menschen gegenüber dem Staat. Alle Grundrechte sind »unveräußerlich, dauerhaft und einklagbar«, sie können niemandem entzogen werden, keine Instanz kann sie jemals aufheben oder für ungültig erklären, und jeder Bürger und jede Bürgerin hat einen Rechtsanspruch auf sie. Zumindest das erste Grundrecht solltest du dir in seinem Wortlaut merken:
Artikel 1 Absatz 1: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
Artikel 1 ist der oberste Wert unseres Grundgesetzes und auch die oberste Richtlinie für staatliche Entscheidungen. Er ist übrigens auch ein Menschenrecht. Darunter fällt zum Beispiel auch das Recht auf Leben und auf körperliche Unversehrtheit oder freie Meinungsäußerung. Das steht auch in Artikel 1 des Grundgesetzes, nämlich in Absatz 2: »Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.«
Die Grundrechte bestimmen vieles mehr: das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Den Gleichheitssatz, also dass alle Menschen gleichberechtigt sind. Die Glaubens- und Gewissensfreiheit. Die Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit oder die Freiheit der Berufswahl oder die Unverletzlichkeit der Wohnung. Und da ist sie wieder, die Unverletzlichkeit aus Artikel 1. Wie ist das gemeint? Wenn ich jemandem auf der Straße aus heiterem Himmel ins Gesicht schlage, habe ich seine Würde doch verletzt. Genau: Die Würde des Menschen ist verletzlich. Aber du kannst das eben nicht ungestraft machen, und die staatlichen Institutionen sind nicht nur so nett, den Übeltäter zu verfolgen und zu bestrafen, wenn sie gerade mal Zeit haben, sondern sie sind dazu per Gesetz verpflichtet.
Das Grundgesetz geht nicht von Menschen als isolierten Individuen aus, sondern sieht uns in Gemeinschaft miteinander verbunden. Das kann in bestimmten Situationen eben auch dazu führen, dass die Handlungsfreiheit des Einzelnen durch den Gesetzgeber eingeschränkt wird. Ich glaube, da fällt dir bestimmt sofort ein Beispiel ein, das wir alle erlebt haben: Die Coronapandemie und die daraus folgenden Einschränkungen wie das Tragen einer Maske, die zeitweisen Ausgangssperren oder die Testpflicht. Denn es ist ja immer so, dass die Freiheit eines Menschen dort ihre Begrenzung finden muss, wo sie die Freiheit eines anderen Menschen berührt oder beeinträchtigt.
Direkt nach den Grundrechten werden in Artikel 20 die Verfassungsprinzipien geregelt. Er besagt, dass die Bundesrepublik Deutschland ein demokratischer und sozialer Bundesstaat ist. Hier findet sich der berühmte Satz: »Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.«
Und dieser Artikel regelt das »Recht zum Widerstand« gegen jeden, der es unternimmt, die geltende staatliche Ordnung zu beseitigen. Eine spannende Formulierung. Sie ist natürlich wieder mit Blick auf die Geschehnisse in der Weimarer Republik entstanden, als die Nazis erst in die Parlamente einzogen und dann genau die staatlichen Institutionen abschafften, durch die sie an die Macht gelangt waren. Sie hatten die Demokratie gekapert, und Artikel 20 stellt klar, dass das nie wieder passieren darf.
Die Verfassungsprinzipien sind als Grundvoraussetzung notwendig, um die Würde des Menschen zu schützen. Und diese Prinzipien müssen wiederum auch geschützt werden, deshalb ist die Ordnung des Grundgesetzes eine »wehrhafte Demokratie«. Ganz gezielt schützt das Grundgesetz die in Artikel 1 und 20 niedergelegten Grundsätze mit der Ewigkeitsklausel. In Artikel 79 Absatz 3 ist festgehalten, dass diese Grundsätze nicht verändert werden dürfen. Die demokratische und grundrechtliche Substanz ist also vor jedem Eingriff geschützt.
Aber halt mal, höre ich dich fragen. Von was für Prinzipien genau sprichst du da? Okay, ich mach's übersichtlich:
Demokratie: Das wusstest du schon, gehört aber zur Vollständigkeit hierher. Nach Artikel 20 GG (so kürzt man das Grundgesetz ab) ist Deutschland eine Demokratie. Das bedeutet, dass das Volk die Macht hat. Es gibt verschiedene Parteien, die die Meinung im Volk abbilden und politisch umzusetzen versuchen, und freie, gleiche und geheime Wahlen. Deutschland ist eine repräsentative Demokratie, was bedeutet, dass das Volk durch gewählte Vertreterinnen und Vertreter regiert. Diese Repräsentantinnen und Repräsentanten bilden den Bundestag, das einzige Verfassungsorgan, das direkt vom Volk gewählt wird (später mehr zu den Verfassungsorganen).
Sozialstaat: Das heißt, der deutsche Staat muss dafür sorgen, dass es im Land gerecht zugeht und die Leute sozial abgesichert sind. Wichtige Bereiche sind dabei die Regeln für Arbeit und Steuern, aber auch die Sozialversicherung. Dazu gehören die gesetzliche Krankenversicherung, Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und Pflegeversicherung, in deren Kassen jeder Arbeitnehmer einzahlen muss. Außerdem stellt der Staat die Mittel für Dinge wie Kindergeld, Elterngeld, Wohngeld oder Sozialhilfe.
Rechtsstaat: Der Staat muss unsere Grundrechte respektieren und schützen. Außerdem müssen sich die Politik, die Verwaltung und die Gerichte strikt an die geltenden Gesetze halten. Rechtsstaatlichkeit bedeutet außerdem, dass die Macht aufgeteilt ist, indem die verschiedenen Institutionen des Staates einander kontrollieren können, und dass der Staat fair und angemessen handelt. Das Gegenteil von einem Rechtsstaat wäre zum Beispiel ein Polizeistaat oder eine Diktatur.
Bundesstaat: Ein Bundesstaat ist ein Zusammenschluss mehrerer Bundesländer zu einem großen Staat, dem Bund. Dieses System ist föderalistisch organisiert. Föderalismus bedeutet, dass der Staat nach außen einheitlich auftritt, aber im Inneren die Macht zwischen Bund und Ländern aufgeteilt ist. Dass Deutschland in Bundesländer aufgeteilt ist, steht im Grundgesetz und kann nicht geändert werden. Aber die Anzahl der Bundesländer und ihre Grenzen können verändert werden.
Republik: Deutschland ist eine Republik. Das bedeutet, dass das Land keinen König oder eine Königin an der Spitze hat. Staatsoberhaupt ist stattdessen ein gewählter Bundespräsident oder eine Bundespräsidentin. In einer Republik geht es darum, dass die Macht vom Volk ausgeht und nicht von einer einzelnen Person, die die Macht erbt, wie es in einer Monarchie der Fall ist.
Das bringt uns direkt zum Stichwort Gewaltenteilung, denn die Macht liegt in Deutschland nicht allein in der Hand von Bundesregierung und Parlament. Artikel 20...
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