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Fußball ist mehr als nur ein Spiel. Es ist ein Geschäft, in dem Clubs um Ruhm, Titel und natürlich auch um finanzielle Ressourcen kämpfen. Neben dem sportlichen Wettstreit auf dem Platz findet ein weiterer Wettbewerb abseits des Spielfelds statt: die Suche nach Sponsoren und ja - auch - Investoren. Externe Geldgeber sind für Profi-Clubs immens wichtig, da sie finanzielle Stabilität und die Möglichkeit für Investitionen in Spieler, Infrastruktur und Nachwuchs ermöglichen. In diesem Kampf um Ressourcen entsteht jedoch ein Ungleichgewicht, da finanzstarke Vereine und Investorengruppen einen klaren Vorteil gegenüber Clubs mit geringeren Mitteln haben. Die so genannte 50+1-Regel ist 1998 eingeführt worden, um ein solches Ungleichgewicht zu verhindern oder zumiondest zu minimieren, damit die Wettbewerbsintegrität erhalten bleiben kann.
Diese Regel besagt, dass die Mehrheit der Stimmrechte in einem Verein bei den Mitgliedern liegen muss. So sollen die sportlichen Interessen der Vereine vor den wirtschaftlichen Interessen der Investoren gewahrt werden. In der Debatte um die 50+1-Regel, die in den Satzungen von DFB und DFL verankert ist, wird auch immer wieder die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Bundesligaclubs angeführt, die angeblich mit der Regel verloren gehe. Kritiker sehen die Regel als Wettbewerbsnachteil für deutsche Vereine im Vergleich zu internationalen Clubs, die keine vergleichbaren Beschränkungen haben. Befürworter argumentieren dagegen, dass sie die Tradition des Fußballs als Volkssport bewahrt und verhindert, dass Vereine zu Spielzeugen von reichen Investoren werden.
Die DFL hat 2018 diese Regel proaktiv von Deutschlands obersten Wettbewerbshütern, dem Bundeskartellamt, überprüfen lassen. Doch seitdem die Behörde grundsätzlich grünes Licht für die Regel erteilt und nur die Ausnahmen für die so genannten Werksvereine Bayer Leverkusen, VfL Wolfsburg und damals auch noch die TSG 1899 Hoffenheim kritisiert hat, tobt der Kampf darum mehr denn je. Um diesen Kampf zu verstehen, ist es sinnvoll, sich das Beispiel Hannover 96 genauer anzuschauen. 96 ist ein Paradebeispiel dafür, wie die 50+1-Regel wirkt und wie sie einen Riegel vor zu viel Einfluss von Investoren schiebt.
Heute sind die Clubs in der Bundesliga mehrheitlich Kapitalgesellschaften; Aktiengesellschaften oder eine so genannte Kommanditgesellschaft auf Aktien, kurz KGaA.
Die 50+1-Regel besagt, dass auch in diesen Kapitalgesellschaften der Mutterverein das Sagen haben muss. Und eben nicht ein einzelner Investor wie bei Hannover 96 der Unternehmer Martin Kind. Das führt erst einmal zu einer komplizierten Struktur, nicht nur bei Hannover 96. Denn die Profis sind dort in eine GmbH & Co. KGaA, also eine Kommanditgesellschaft auf Aktien, ausgegliedert. Deren Anteile gehören zu 100 Prozent Martin Kind und seiner Investoren-GmbH. Dennoch bestimmt der Mutterverein, als der Hannoversche Sportverein von 1896 e. V., weiter über die Belange des Clubs mit Hilfe der 50+1-Regel. Das schreibt die Satzung der DFL vor, die sie eins zu eins vom DFB übernommen hat. Auf der Webseite der DFL heißt es:
"Ist - wie im Fall vieler Bundesliga-Clubs - eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) Lizenznehmer, muss der Mutterverein (oder eine von ihm zu 100% beherrschte Tochter) die Stellung des Komplementärs in der KGaA haben, kann aber nach Maßgabe der DFL-Satzung die Kommanditanteile auch mehrheitlich an Dritte veräußern."
Komplementär ist in einer Kommanditgesellschaft auf Aktien - also KGaA - der persönlich haftende Gesellschafter als Hauptverantwortlicher. Wenn zum Beispiel Schulden anfallen, muss die der Komplementär bezahlen - und das ist in dem Fall der Verein. Der Kommanditist dagegen haftet maximal mit dem Betrag, den er in die Gesellschaft investiert hat.
Vor diesem Hintergrund ist es also völlig legitim, einem Investor 100 Prozent der Anteile eines Clubs zu verkaufen. So lange der e. V. weiter das Sagen über die Geschäftsführung bzw. über das operative Geschäft hat. Und das geht eben mit einer solchen Konstruktion in der KGaA.
In der Saison 2023/24 besaßen neun (!) Bundesligisten einen oder mehrere Investoren. Erst kürzlich hat die Werder Bremen GmbH & Co KGaA18,5 Prozent ihrer Anteile für 38 Millionen Euro an ein regionales Bündnis aus acht Investoren veräußert. Mit diesem Engagement verfügt mittlerweile die Hälfte der Bundesliga über Anteilseigner. Viele davon sogar mit mehreren Geldgebern; Branchenprimus Bayern zum Beispiel mit Audi, Allianz und Adidas, die jeweils 8,33 Prozent an der FC Bayern München AG besitzen.
Auch der VfB Stuttgart hat sich erst kürzlich einen dritten Investor reingeholt und mit dem Autobauer Porsche vereinbart, für etwas mehr als 40 Millionen Euro 10,4 Prozent seiner Kapitalanteile zu veräußern. Porsche ist damit beim VfB der dritte externe Geldgeber nach Mercedes mit ebenfalls 10,4 Prozent und dem Sportartikelhersteller Jako mit einem Prozent. Dies zeige, so der VfB-Vorstandsvorsitzende Alexander Wehrle, dass sie damit zwei Weltmarken als Ankerinvestoren aus der gleichen Branche beim VfB Stuttgart hätten. Aber auch Borussia Dortmund (BVB) als börsennotierter Fußball-Club, die Frankfurter Eintracht mit regionalen Investoren und auch der FC Augsburg verfügen über entsprechende externe Geldgeber.
Der BVB ist dabei als einziger Bundesligist börsennotiert. Ähnlich wie der FC Bayern München, der als Aktiengesellschaft nicht an der Börse notiert ist, haben die Dortmunder ihre strategischen Partner als Investoren. Ausrüster Puma besitzt seit rund 10 Jahren fünf Prozent der Aktien, also an der ausgegliederten Lizenzspieler GmbH & Co. KGaA. Dafür sind etwas mehr als 20 Mio. Euro geflossen. Das Versicherungsunternehmen Signal Iduna, gleichzeitig Namensgeber des BVB-Stadions, hält rund sechs Prozent Anteile. Etwas mehr als acht Prozent der Kapitalanteile hält das Chemie-Unternehmen Evonik, größter Aktionär ist der Unternehmer und BVB-Fan Bernd Geske mit rund neun Prozent. Mit diesem Modell bindet der BVB wie die Bayern seine Partner langfristig. Denn neben den Anteilen kommen jährliche Sach- und Geldzuwendungen als Werbepartner. Puma wird dabei auf rund 30 Millionen Euro pro Saison geschätzt, die dafür seitens des Clubs eingenommen werden.
Dazu kommt das Konstrukt Rasenballsport Leipzig, der von einem Getränkehersteller gegründet worden ist. Dieser betreibt das so genannte Multi-Club-Ownership (MCO) und verfügt im internationalen Profi-Fußball mittlerweile über mehrere Profi-Clubs, die in einer Konzernstruktur geführt werden. Mit Bayer 04 Leverkusen und dem VfL Wolfsburg verbleiben noch die so genannten Werksvereine, die sich zu 100 Prozent im Besitz der dahinterstehenden Unternehmen befinden und damit eine Ausnahmeregelung nutzen, die die 50+1-Regel bisher gestattet: Wer mehr als 20 Jahre ununterbrochen und in erheblichem Maße den Fußball gefördert hat, kann ab dann den Verein offiziell als Eigentümer "übernehmen".
Auch die TSG Hoffenheim und ihr Geldgeber, der Milliardär Dietmar Hopp, hatten bis vor kurzem zu diesen Ausnahmeclubs gehört. Doch im Zuge des vor dem Bundeskartellamt ausgehandelten Kompromisses - dazu später mehr - zur Neugestaltung der Regel hat die TSG bereits 2023 die Anteile von ihrem Geldgeber Hopp wieder übernommen. Sonst wären aktuell die Clubs mit Investoren in der Bundesliga in der Überzahl.
Sportlich jedenfalls wird die Bundesliga von Clubs mit externen Geldgebern dominiert. In der Saison 2023/24 waren der SC Freiburg, Union Berlin, Mainz 05, Darmstadt 98 und der 1. FC Heidenheim die letzten verbliebenen eingetragenen Vereine der Bundesliga ohne ausgegliederte Profiabteilung. Sie können mit ihrer gegenwärtigen Struktur auch keine Anteile verkaufen, dafür müssten die Profis erst in eine Kapitalgesellschaft überführt werden.
Der 1. FC Köln, der VfL Bochum und Borussia Mönchengladbach sind diesen Schritt schon gegangen. Allerdings haben diese drei Clubs bisher noch keine Anteile veräußert. Es ist also grundsätzlich für die Bundesligaclubs auch unter der 50+1-Regel möglich, Anteile sogar bis zu 100 Prozent zu veräußern. Wenn also davon gesprochen wird, die Bundesligaclubs seien international nicht konkurrenzfähig, weil sie keine Investoren reinlassen dürfen, ist das schlichtweg falsch. Denn das ist auch mit 50+1 möglich.
Nur die genannten eingetragenen Vereine können keine Investoren beteiligen, sondern müssten wie der Rest der Erstligisten in einer ausgegliederten Kapitalgesellschaft agieren, die meisten in der Rechtsform der KGaA. So wie es bei Hannover 96 der Fall ist. Um die 50+1-Regel zu erfüllen, ist der Mutterverein der Hannover 96 GmbH & Co. KGaA, in der die Lizenzspieler untergebracht sind, weisungsbefugt gegenüber dem Geschäftsführer. Das ist bis 2024 gleichzeitig der Investor gewesen, nämlich Martin Kind. Und der sollte eigentlich unter Aufsicht des Muttervereins agieren, was aber ständig zu Konflikten geführt hat. Denn obwohl Kind alle Anteile der Profis bei 96 gehören, kann er wegen der 50+1-Regel als Investor nicht machen, was er will. Und als Geschäftsführer ist er dem Vorstand des eingetragenen Vereins weisungsgebunden. So zu mindestens die Theorie.
In der Praxis lautet der Vorwurf, dass sich Martin Kind als Geschäftsführer nicht an die Weisungen des Muttervereins gehalten habe, zum Beispiel bei der Abstimmung der DFL zu einem Investoreneinstieg Ende 2023. In diesem Fall hatte der Mutterverein seinen Geschäftsführer Martin Kind angewiesen mit "Nein" zu stimmen. Ob sich Kind daran gehalten hat, ist unklar. Kind...
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