Schweitzer Fachinformationen
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Gerade ersetzt die Sonne den Mond und nach einer kühlen Nacht scheinen die wärmenden Strahlen auf meinen Schlafsack. Ausgeruht blicke ich von dem Hügel, auf dessen grüner Wiese wir letzte Nacht im Schein des Erdtrabanten unser Lager aufgeschlagen haben, zu den angrenzenden Bergwäldern und bemerke erst jetzt, wie schön die Stelle ist, die sich nicht weit oberhalb unserer Anfangsstation befindet. Ich habe mit Jack über gestern Abend nicht mehr gesprochen. Mir schwirrt immer noch die Situation mit der Mutter und dem Jungen im Kopf herum. Ich hoffe, bald Jacks Vertrauen zu gewinnen. Die Zeit wird schon Antworten bringen. Zunächst werde ich versuchen, alles weniger emotional zu sehen, möglichst nur Jacks Situation sachlich festzuhalten und meine schriftstellerische Ader weitestgehend zu unterdrücken. Braucht man dafür überhaupt einen Schriftsteller? Bin ich eigentlich die richtige Person?
Wir sehen zu den Hügeln in der Ferne mit ihren immergrünen Regenwäldern und alten Pfaden früherer Generationen. In diesem Gebiet fühlen sich neun der zehn giftigsten Tierarten der Welt zu Hause.
Wir erfrischen uns an einer kleinen Wasserquelle, bevor wir uns auf einem altüberlieferten Wanderweg in Richtung Südwesten begeben. Unser Tagesziel ist ein Haus, von dem Jack gehört hat.
Es soll der Ort sein, wo ihm eine angeblich bedeutende Person geschrieben hat, bevor er von diesem Menschen dann nie wieder etwas gehört oder gesehen hat. Der Brief ist bis zur nächstgelegenen Siedlung des Hauses zurück verfolgbar. Ich weiß nur soviel, dass es eine Unterkunft ohne jegliche elektronische Verbindung zur restlichen Welt ist und dass dort täglich um 17 Uhr kostenlose Eiscreme von einem Mann serviert wird, den alle Tassie nennen. Jack hat sich mit altem Kartenwerk ausgestattet. Die Wanderroute zum besagten Ort sieht nicht wirklich schwierig aus. Ich befürchte nur, dass wir uns danach weiter in Richtung der neun angesprochenen Tierarten begeben werden.
Nach einer moderaten Tagesetappe bei erträglichen Temperaturen sehen wir endlich das kleine Gebäude. Es ähnelt einem alten Bootshaus und liegt auf einer sanften Anhöhe direkt am Ufer eines ruhigen Nebenflusses, der sich gerade im Sonnenuntergang aus den subtropischen Bergwäldern hinaus windet. Ganz in der Nähe sieht man, dass er eine Verbindung mit einem größeren Fluss eingeht. Dieser wird sich laut Kartenwerk schließlich irgendwann im salzigen Ozean entleeren.
Es ist ein weißes Holzhaus, teilweise auf Stelzen gebaut, mit rot und blau gestrichenen Fensterrahmen und den weit sichtbaren aufgemalten Buchstaben HOSTEL. Auf den ersten Blick sympathisch. Dort angekommen sehen wir in einem Fenster das Schild FREI. Durch die kleine Eingangstür, die in das große hölzerne Einfahrtstor integriert ist, treten wir auf einen Hof und sehen eine grüne Linie auf dem Boden.
Wir folgen also der Markierung über den Hof und eine Terrassentreppe hinab zu einem Fenster, hinter dem sich ein kleiner Raum befindet. Durch die Scheibe sehen wir einen anscheinend gerade viel beschäftigten Mann.
Auf dem Sims steht eine Klingel, wie man sie eigentlich in vornehmen Hotels an der Rezeption findet und darüber hängt ein handgeschriebener Zettel am Fenster: BITTE KLINGELN!
Jack betätigt die Klingel und einige Augenblicke später schiebt der Mann auch schon das Fenster nach oben.
"Hey, Jungs, ihr seht erschöpft aus und braucht jetzt meine Gastfreundschaft?"
Wir nicken freundlich.
"Ich bin übrigens Tassie, habt ihr reserviert?"
Ich frage mich in dem Moment, wie man für ein Hostel eine Reservierung macht, in dem es angeblich weder Telefon noch Internet gibt und das sich fernab jeglicher Mobilfunknetze befindet?
Jack schaut mich an, als wenn auch er gerade das gleiche denkt, erklärt dem Mann jedoch nur, dass wir leider nicht vorher Bescheid geben konnten und auch erst mal nur für eine Nacht eine Bleibe bräuchten.
"Kein Problem, im Zimmer 2 habe ich noch zwei Betten frei. Füllt bitte kurz dieses Dokument aus. Hier habt ihr Bettzeug und in einer halben Stunde gibt es kostenlose Eiscreme in der Gemeinschaftsküche."
Auf Jacks Frage, wo denn der nächste Briefkasten sei, meint Tassie, dass wir Post direkt bei ihm abgeben könnten. Ansonsten gäbe es noch ein Postamt in der nächsten Siedlung.
Wir tragen unsere gut überlegten Personalien in die Formulare ein, nehmen die Bettwäsche und folgen danach einer kurzen gelben Linie zum offiziellen Eingang des Hauses.
Durch eine Tür kommen wir auf einen Gang, an dessen Ende sich ein Fenster befindet, dass einen guten Ausblick auf die Flussterrasse, das Bergpanorama und den Sonnenuntergang bietet. Davor steht ein kleiner Tisch mit einer Vase und frischen Blumen. Der wohl netteste Flur, den ich jemals gesehen habe.
Direkt hinter dem Eingang ist rechts eine Tür zum großen Gemeinschaftsraum mit Küche, einem Regal mit Gesellschaftsspielen und dem 17 Uhr-Eiscreme-Tisch. Weiter auf dem Flur folgen auf der rechten Seite nur noch die sanitären Anlagen sowie auf der linken Seite die Schlafräume 1 und 2. Übersichtlich!
Alle Türen im Haus scheinen nicht verschlossen zu sein, was natürlich Sinn macht, wenn die Gäste weder Schlüssel noch die in Hotels üblichen elektronischen Karten oder Codes bekommen. Zimmer 2 ist ein typisches Herbergszimmer mit vier Etagenbetten. Vom Abstand der Türen zu urteilen ist Zimmer 1 ein Raum für weniger Personen oder Tassie wohnt selbst darin. Drei der acht Schlafmöglichkeiten in unserem Raum sind nicht bezogen. Jack klettert spontan auf eine der oberen Matratzen, während ich meine Sachen einfach auf das untere Bett werfe. Wir sind bereits einige Stunden unterwegs, aber ich fühle mich gar nicht müde. Es ist absolute Stille im Haupthaus. Vielleicht sind die restlichen Bewohner noch unterwegs oder überbrücken die Zeit im Nebenhaus, indem es laut einer Hinweistafel ein Kaminzimmer mit kleiner "Gib mir eins, nimm dir eins"-Bibliothek geben soll.
Kurz vor siebzehn Uhr gehen wir ohne Erwartungen in die Küche. Überraschenderweise sitzen dort gleich fünf Leute vor einem großen Plastikpott Eiscreme. Wir grüßen alle und setzen uns dazu. Zwei der Personen scheinen ein Paar zu sein. Ich denke, dann bietet Zimmer 1 bestimmt ein Doppelbett, da ich keine weiteren Schlafräume gibt. Somit dürfte Tassie wider meines Verdachts doch nicht mit im Haus wohnen.
Als dieser reinkommt, teilt er mit einem großen Löffel die gesamte Packung an alle Gäste auf.
In diesem Augenblick fange ich an, die Atmosphäre zu lieben. Es ist so friedvoll in dieser Küche, mit mir bislang unbekannten Menschen. Habe ich mich jemals in meinem Leben so befreit gefühlt?
Schnell kommen wir mit den anderen Gästen ins Gespräch. Da ist beispielsweise eine nette junge Frau, die sich Tony nennt. Sie hat lange braune Haare, wirkt alternativ und sportlich.
Mir gegenüber sitzt Michael. Er hat eine Bibel neben sich auf der Bank liegen und spricht äußerst bedacht.
Nur der Mann namens Jonas beteiligt sich nicht weiter an den Gesprächen, vertilgt ungewöhnlich rasch und stillschweigend die Portion Eiscreme und verlässt danach zügig die Runde.
Das scheinbar jung verliebte Pärchen ist mit sich selbst beschäftigt und tuschelt gemütlich miteinander.
Während ich alle interessiert beobachte, höre ich Tony Jack fragen, ob er Lust hätte, vor Sonnenuntergang noch mit einem Kanu auf dem Fluss eine Runde zu drehen.
Jack stimmt spontan zu und es passiert, was ich in dem Moment befürchte. Michael ist sofort von der Aktion begeistert und fragt mich unüberhörbar, ob ich mir nicht mit ihm auch ein Boot teilen wolle. Alle schauen mich erwartungsvoll an, worauf ich freundlich nicke.
Wir gehen zum Flussufer runter, wo genau zwei Kanus liegen. Ohne zu zögern schnappt sich Jack das erste, zieht es gekonnt ein Stück ins Wasser, springt hinein und reicht sofort Tony seine Hand, um ihr beim Einstieg zu helfen. Michael und ich stellen sich nicht ganz so professionell an, schaffen es jedoch letztlich, wackelig aber ohne zu kentern den beiden anderen zu folgen.
Als ich während der Kanufahrt die Zitate aus der Bibel meines Gegenübers erfolgreich ignoriere, kommt mir plötzlich der Gedanke, warum ich Tassie nicht vorher gefragt habe, ob es hier in diesem Fluss Krokodile gibt. Jeder ins Wasser ragende oder treibende Baum gleicht für mich den besagten Urzeit-Genossen.
Michael bemerkt meine etwas hektisch wirkenden Blicke. Nachdem ich die Bedenken äußere, erklärt er mir, dass das Gebiet kurz vor der Meeresmündung tatsächlich ein Paradies für diese faszinierenden Tiere sei. Aber er hätte da keine Bedenken, weil es bis dorthin ein ganzes Stück flussabwärts gehe und es Salzwasserkrokodile wären.
Auf meinen Hinweis, dass sich diese Gattung der possierlichen Panzerechsen aber auch im Brackwasser wohlfühlen würde, meint er nur, dass Tassie uns dann wohl nicht ohne Vorwarnung mit dem Kanu hätte losfahren lassen. Überhaupt solle ich mir nicht so...
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