Schweitzer Fachinformationen
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Am nächsten Morgen wachte er früh auf. Er widmete sich eingehend der Morgentoilette, trank dann eilig eine Tasse Kaffee, ehe er seine Ledertasche schnappte, Andrea auf die Stirn küsste und mit einem schnellen Gruß an die Kinder die Wohnung verließ. Zehn Minuten später saß er in der U-Bahn, weitere 20 Minuten später an seinem Schreibtisch. Sein erster Anruf galt Jäger.
»Wie sollen wir nun weiter verfahren, Genosse Major?«
Am anderen Ende der Leitung schien sich Jäger umständlich zu räuspern. »Also bis auf Weiteres gehört der Fall uns, heißt es. Und das bedeutet, Sie verhören ihn, Genosse Hauptwachtmeister. Und nehmen Sie die Genossen Schneider und Artner mit.«
Landsrait packte seine Sachen zusammen und sammelte unterwegs die beiden Kollegen ein. Sie fuhren mit dem Lada nach Favoriten und ließen sich Pramer vorführen.
Der tobte sich erst einmal aus: »Es ist ein Skandal, wie man als Bürger eines freien und demokratischen Staates hier behandelt wird. Ich verlange, dass man mir die Gelegenheit gibt, mich mit meiner Botschaft in Verbindung zu setzen!«
»Ach, wir können den Genossen Botschafter gerne aus der Residenz der DDR herbitten. Kein Problem.« Landsrait grinste, und seine Kollegen taten es ihm gleich.
»Sie wissen ganz genau, was ich meine«, fauchte Pramer.
»Tja, ich kann es mir denken. Aber wissen Sie, Herr Pramer, bei zwei Pässen stellt sich immer die Frage, welcher ist nun der echte .«
»Das habe ich Ihnen doch schon gestern erklärt .«
»Erklärt haben Sie gar nichts. Sie haben mir Ihre Version angeboten. Aber ob die stimmt, wer weiß .«
»Hören Sie, ich weiß überhaupt nicht, was Sie von mir wollen! Ich bin ein Bürger der Bundesrepublik Österreich und war auf einem Tagesausflug in Ihrer Stadt, weil ich einmal den Prater besuchen wollte, von dem meine Eltern mir so oft erzählt haben. Und dann bin ich in ein Kaffeehaus gegangen. Das war alles.«
»Warum haben Sie dann so merkwürdig reagiert, als ich den Namen Schütz erwähnte? Und vor allem, warum sind Sie gleich danach geflohen?«
»Na wie würden Sie reagieren, wenn Ihnen jemand so ganz seltsam auf die Pelle rückt? Ich hatte Angst vor Ihnen!«
»Verarsch uns da nicht«, brüllte Artner, »du bist ein kriminelles Element. Du hast irgendetwas Wertvolles mit diesen beiden Ganoven in den Westen geschmuggelt. Gib es doch zu, dann kommst du vielleicht mit Gefängnis davon!«
Pramer mimte den Empörten. »Darf der so mit mir umspringen?«, wandte er sich an Landsrait. Der nickte.
»Hören Sie«, begann Pramer erneut, »ich kenne keinen Schütz. Ich .«
Landsrait gebot dem Mann mit erhobener Hand Einhalt. »Gut. Dann noch einmal von vorn. Sie behaupten also, Sie sind erst gestern in Wien eingereist.«
»Ja.«
»Das ist merkwürdig. Laut unseren Aufzeichnungen stammt Ihre letzte Einreise vom 31. Juli. Wenn Sie also nicht illegal aus- und dann gestern wieder eingereist sind, und zwar ebenso illegal, dann sind Sie schon eine ganze Weile hier, Herr Pramer. Was, so nebenbei bemerkt, auch illegal ist.«
Erstmals während der Vernehmung war Pramer um eine Antwort verlegen.
»Wissen Sie, unsere Grenzbehörden zeichnen das nämlich auf. Da geht man nicht einfach so hin und her, wie es einem gerade in den Sinn kommt.«
»Das muss ein Irrtum sein . ich .«
»Verkaufen Sie uns bitte nicht für dumm, Herr Pramer. Wir mögen vielleicht nicht so schillernd sein wie Ihre feinen Pinkel da in Ihrem Salzburg bei diesem Jedermann, aber wir machen unsere Hausaufgaben gründlich. Und deshalb kann ich Ihnen sagen, für jemanden, der angeblich aus der DDR abgehauen ist, wie Sie uns gestern wissen ließen, sind Sie erstaunlich oft zu Gast in unserem schönen Land. Und das stimmt einen dann doch nachdenklich.«
Pramer presste die Zähne zusammen und schwieg.
»Und wenn ich mir Ihren BR-Pass ansehe, dann ist der noch keine zwei Monate alt. Und trotzdem waren sie allein im Juli dreimal bei uns. Ich meine, den Prater sehen wollen ist ja ganz nett - aber jede Woche?«
Pramer blieb weiter stumm. Allerdings krampfte er nun die Finger seiner Hände so fest zusammen, dass deren Knöchel weiß wurden. Landsrait behielt seinen ruhig-beiläufigen Ton bei, zog aber die Daumenschrauben langsam weiter an.
»Sie mögen jetzt vielleicht glauben, Herr Pramer, was ist das schon, ein illegaler Grenzübertritt, na und? Eine Übertretung im doppelten Sinne, eine Gesetzesübertretung eben. Aber bloß etwas Verwaltungstechnisches, so, wie wenn man den Führerschein zu Hause vergessen hat oder ohne Fahrschein im Bus sitzt. Aber da irren Sie sich, Herr Pramer.«
Landsrait machte eine Kunstpause und sah Pramer direkt in die Augen. Natürlich versuchte der, weiterhin gelassen zu wirken. Doch Landsrait erkannte genau, dass er den Mann immer mehr genau dorthin bekam, wo er ihn haben wollte. Und in Pramers Augen blitzte allmählich Panik auf.
»Wissen Sie, wenn Sie noch nie zuvor bei uns gewesen wären, dann könnte ich ja vielleicht noch annehmen, Ihr Verhalten sei einem gewissen Unverstand geschuldet, einem Nicht-Erkennen der Tragweite Ihres Handelns. Aber wenn jemand so oft in die ÖDR einreist wie Sie, dann legt das doch einen ganz anderen Verdacht nahe. Und damit meine ich nicht, dass ich Sie für einen Freund unserer sozialistischen Ordnung halte, falls Sie das glauben.«
Abermals hielt Landsrait inne. Er wollte Pramer die Gelegenheit geben, sich auszumalen, welche Anklage der Polizist gleich gegen ihn vorbringen würde. Pramer sollte ruhig ein wenig zappeln. Und wenn ihm dann die Tragweite dessen, was ihm hier alles drohen konnte, voll zu Bewusstsein gekommen war, dann würde die nackte Angst über den Verstand obsiegen, und das Geständnis des Mannes würde Landsrait in den Schoß fallen wie eine reife Frucht.
»Schauen Sie, Herr Pramer«, setzte Landsrait nun wieder an, »wir sind ja hier auch nicht gerade von gestern, gelt! Ihre Vorgehensweise lässt nur zwei mögliche Schlüsse zu. Entweder Sie verschieben irgendwelche Waren von West nach Ost und umgekehrt, oder, was freilich für Sie noch fataler wäre, Sie spionieren hier für eine westliche Macht.«
Die letzten sechs Worte hatte Landsrait langsam, blechern und mit immer lauterer Stimme von sich gegeben. Gleichzeitig richtete er sich auf und brachte seinen Oberkörper immer näher an Pramer heran, sodass Landsraits Gesicht am Ende des Satzes nur noch ein, zwei Handlängen von jenem Pramers entfernt war.
»Ich . bin kein . Spion«, brachte Pramer mühsam hervor.
Davon war Landsrait auch nicht ausgegangen. Aber es schadete nicht, wenn Pramer das Gefühl bekam, die Volkspolizei hege diese Vermutung, denn mit Spionen, das wusste sicher auch Pramer, machte man hüben wie drüben wenig Federlesen. Der Mann sollte sich ruhig vorstellen, wie er in einer nasskalten Nacht aus einer kahlen Zelle gezerrt und in einen gespenstischen Innenhof geführt wurde, wo man ihn dann einfach an die Wand stellte. Dieses Szenario mochte helfen, Pramer die Zunge zu lösen.
Landsrait wartete. Auf seinem Gesicht zeichnete sich ein spöttisches Lächeln ab. Dieses sollte Pramer signalisieren, dass er sehr wohl für einen Agenten gehalten wurde. Mit allen Konsequenzen, die diese Annahme implizierte.
»Was denn sonst, Herr Pramer? Sie haben ja selbst vehement bestritten, einen Herrn Schütz zu kennen. Also geht es nicht um Schmuggel. Was, so frage ich Sie, bleibt dann noch übrig - außer eben Agententum.«
Für einen Augenblick schien es, als hätte Landsrait den Mann genau dort, wo er ihn hatte haben wollen. Ja, der Hauptwachtmeister war sich sicher, dass Pramer aus lauter Angst, abgeführt und erschossen zu werden, die Schmugglertätigkeit gestehen würde. Doch ganz plötzlich ging ein Ruck durch den Mann, und die eben noch so angespannten Züge entkrampften sich. »Ich bin Staatsbürger der Bundesrepublik Österreich. Ich verlange, mit meiner Botschaft sprechen zu dürfen. Das steht mir laut KSZE-Schlussakte, die auch die ÖDR unterschrieben hat, zu.«
Landsrait fluchte innerlich. Er hatte Pramer unterschätzt. Wer auch immer ihm diesen vorwitzigen Hinweis auf internationale Abkommen gezwitschert haben mochte, er hatte Pramer damit gut präpariert. Und damit war vorerst nichts mehr zu wollen. Abrupt stand der Hauptwachtmeister auf und wies seine Kollegen an, Pramer in dessen Zelle abführen zu lassen. Kaum war Pramer außer Sicht- und Hörweite, trat Landsrait ärgerlich gegen das Tischbein. Er wusste nicht, wie, aber auf irgendeine Weise hatte er es verbockt. Jetzt blieb ihm nichts anderes übrig, als Jäger Bericht zu erstatten und darauf zu warten, welche Order der Major geben würde. Der Karren war verfahren.
Als Schneider und Artner den Vernehmungsraum wieder betraten, setzte sich Landsrait auf die Tischkante. »Wir müssen unbedingt herausfinden, wo sich Pramer die letzten Wochen aufgehalten hat. Ich halte jede Wette, dass der seit dem 31. Juli auf unserem Gebiet war. Also brauchen wir Beweise, die das belegen.«
»Oder Zeugen, die ihn gesehen haben«, ergänzte Artner.
»Genau!«, stimmte ihm Landsrait zu.
»Wir sollten vielleicht noch einmal den Schütz verhören. Wenn wir bei dem ein wenig Druck machen, dann verrät er uns eventuell mehr über Pramer«, warf Schneider ein.
Landsrait wedelte mit dem Zeigefinger vor Schneiders Gesicht. »Das ist eine sehr gute Idee. Wir konfrontieren ihn mit den Fakten, die wir bislang zutage gefördert haben, dann wird er schon alleine deswegen auspacken, weil er Angst um seinen...
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