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DAMALS
»Und wie findest du das hier?«, fragte ich Matilda und drehte mich hierhin und dorthin, damit ich meinen Look in der Spiegelung der Fensterscheibe besser begutachten konnte. Überall in Tildys Strandhütte lagen Kleidungsstücke herum, unsere Reisetaschen für den Sommer waren weit geöffnet und leer.
»Das sieht auch gut aus. Die sehen alle gut aus«, antwortete Matilda von der Sitzbank unter dem Fenster.
»Du siehst ja nicht mal her!«
»Soph, es ist bloß ein Lagerfeuer am Strand. Die machen so was jeden Abend. Es spielt keine Rolle, was du trägst.«
»Aber es ist das erste Mal, dass wir eingeladen sind.«
Wieder betrachtete ich mich im Spiegel. Der gerippte Jeansrock mit Strassbesatz an den Taschen sah ein ganz klein wenig . billig aus. So was trugen die Mädchen an der Schule, aber hier unten hatten die coolen Mädchen ultraknappe Boardshorts und Hoodies an, die ihre salzverkrusteten Haare wirkungsvoll umrahmten. Voriges Jahr hatte sich Caitlin mit Wachs Dreadlocks geflochten und Goldfäden hineingewoben. Meine Haare standen in alle Richtungen ab und weigerten sich, meinen Wünschen in irgendeiner Form zu entsprechen. Es war nicht fair, dass Anna glattes Haar hatte, so wie Dad, ich dagegen so doofe krisselige Locken.
Matilda hatte offenbar Mitleid mit mir bekommen.
»Wie wär's mit meinen pinkfarbenen Shorts mit den Hawaii-Blumen? Die kannst du zu deinem weißen Top tragen. Und ich flechte dir die Haare, so, wie du es möchtest.«
»Mit den beiden Bändern? Und locker, nicht zu fest?«
Matilda lachte und schwang die Beine von der Sitzbank.
»Wie gesagt, so, wie du es möchtest.« Plötzlich hatte ich ein Kissen im Gesicht. »Alles, nur damit du die Klappe hältst.«
Die Tür ging auf, und Matildas Eltern betraten die Hütte.
»Du hast mir doch gesagt, die seien echt .«, sagte ihre Mutter in ärgerlichem Tonfall. Sie hatte rote Flecken auf den Wangen.
»Die sind echt, Sheila«, entgegnete Matildas Vater, offenbar ebenfalls aufgebracht.
»Rolax ist keine echte Uhrenmarke, ich habe mit Joyce telefoniert .«
Gary und Sheila blickten auf und sahen, dass wir dastanden und sie anschauten.
»Oh! Entschuldigt, Mädels, ich habe euch gar nicht gesehen«, sagte Sheila. Rasch ging sie zur Küche und nahm ein Weinglas aus dem Schrank. Tildys Vater Gary strahlte uns an. Seine vollen Haare waren vom Wind zerzaust.
»Geht ihr aus, Mädels?«
»Ja«, sagte ich. »Zu einem Lagerfeuer am Strand.«
»Aber passt auf, dass ihr nicht allen Jungs das Herz brecht«, sagte Gary lachend. Er ging ebenfalls zur Küche und legte Sheila den Arm um die Schultern, aber sie schüttelte ihn ab.
Tildy verdrehte nur die Augen. »Komm«, sagte sie. »Ich mach dir das Haar am Tisch.«
Eine Stunde später gingen wir am Strand in Richtung Toms Strandhütte. Ich hatte ewig in der Tür zu Tildys Hütte gewartet, weil ich zwar nicht zu früh kommen, andererseits aber auch unbedingt loswollte. Schließlich zog mich Matilda zur Tür hinaus.
Im Gehen wurde meine Aufmerksamkeit auf eine der kleinen Strandhütten gelenkt. Sie war in rosafarbenen und weißen Streifen gestrichen, was mich an Himbeer-Ripple-Eis erinnerte. Das Licht in dem kleinen Ferienhäuschen brannte, allerdings nicht sehr hell, sodass es fast so schien, als sei niemand zu Hause - bis ich registrierte, dass jemand am Fenster saß. Aus irgendeinem Grund sträubten sich mir die Nackenhaare. Die Person, die dort im Dunkeln saß, rührte sich nicht, hatte uns aber definitiv den Kopf zugewandt und blickte in unsere Richtung.
»Wer ist das?«, fragte ich und stieß Matilda an, als wir an der Hütte vorbeigingen.
Sie blickte in die Richtung, in die ich mit einem Nicken deutete, und zuckte die Schultern. »Weiß nicht.«
Je länger wir gingen, desto nervöser wurde ich. Es konnte sein, dass Matilda kein besonders großes Interesse daran hatte, mit Kip und Caitlin abzuhängen, ich aber schon. Egal, was ich tat oder in der Schule anhatte, nie hatte mich eine der Gruppen, die jeden Freitagabend zusammen herumhingen, im Park Cider tranken oder sich mit gefälschten Ausweisen in Nachtclubs schlichen, akzeptiert. Die Freitagabende verbrachte ich damit, mit meinen Eltern und Anna Popcorn futternd einen Film anzuschauen, wobei ich mich ständig fragte, was die anderen in meinem Jahrgang wohl gerade taten. Ich fragte mich, wann ich wohl meinen ersten Kuss erleben würde. Die Einladung zum Lagerfeuer am Strand war daher etwas Besonderes, ein Hinweis darauf, dass sich die Dinge dieses Jahr möglicherweise änderten. Dass ich vielleicht doch keine Langweilertussi war.
Tom und Kip saßen bereits am Lagerfeuer und unterhielten sich mit einem schlaksigen, dunkelhaarigen Jungen und einem Mädchen, das ich nicht kannte.
Ich wusste nicht viel über Tom, außer, dass er irgendwie ein Bad Boy war und älter als wir - achtzehn oder neunzehn, wie die Jungs, die in ihren Ford Fiestas am Schultor warteten, um die beliebtesten Mädchen abzuholen. Offenbar waren Toms Eltern ständig unterwegs und nie in der Stadt, weshalb er und sein Bruder James so ziemlich alles tun konnten, was sie wollten. Zu meiner Erleichterung stellte ich fest, dass Caitlin nirgends zu sehen war.
In diesem Moment sah Kip auf und bemerkte uns, wie wir auf die Gruppe zugingen.
»Hallo, Mädels«, sagte er und winkte mit einer Bierdose. Sein Lächeln war echt, darum entspannte ich mich ein wenig. Es hatte nicht den Anschein, dass er es bereute, uns eingeladen zu haben. Matilda neben mir war völlig unbeeindruckt, auch wenn wir die beiden anderen Jungs am Lagerfeuer nicht kannten.
»Hi«, sagte sie und ließ sich neben Kip nieder, der ein wenig beiseiterückte, um ihr Platz zu machen. Rasch machte ich es ihr nach und setzte mich neben sie, weil ich mich nicht zu sehr in Szene setzen wollte.
Das eigentliche Lagerfeuer war allerdings nicht so magisch, wie ich es mir vorgestellt hatte. Es handelte sich um ein kleines, in den Sand gegrabenes Erdloch, in das irgendwer eine Handvoll Holzscheite sowie Feueranzünder hineingeworfen hatte; aber die Flammen sahen hübsch aus, und das leise Knistern war auch ganz nett. Wir saßen im Sand vor Toms Strandhütte, ohne Decken oder Stühle oder sonst irgendwas. Neben Tom stand eine verbeulte weiße Kühlbox, er griff hinein und holte zwei Dosen Bier heraus.
»Trinkst du Alkohol?«, fragte er, während er sich mit der Dose in der Hand vorbeugte. Matilda nahm die Dose schulterzuckend entgegen.
»Du solltest .«, begann Kip, doch Matilda schnitt ihm das Wort ab.
»Klappe, Kip. Versuch nicht, mir Vorträge zu halten.«
Er lachte nur. »Hab schon verstanden. Kein Dad-Gequatsche.«
»Du auch?«
Tom hielt mir mit gehobenen Augenbrauen das Bier hin. Kondenswasser tropfte von der Dose. Einen Augenblick lang wusste ich nicht, was ich sagen sollte. Nein, ich wollte keinen Alkohol trinken, Bier schmeckte nur bitter. Aber ich wollte unbedingt dazugehören.
»Na klar«, sagte ich schließlich. »Danke.«
»Das sind Fee und meine Cousine, Matilda«, stellte Kip uns den anderen vor. »Tom, Amy und Dev.« Er zeigte auf den schlaksigen, dunkelhaarigen Jungen. Jetzt, da ich ihn aus der Nähe sah, wurde mir klar, dass ich Dev schon einmal gesehen hatte, manchmal in Begleitung ernster, strenger Eltern, doch wir hatten noch nie miteinander gesprochen. Sein Vater war irgendeine Art Lokalpolitiker. Dev nickte Matilda und mir zu, dann ging sein Blick sofort wieder zum Lagerfeuer. Amy dagegen sah lächelnd zu uns herüber. Sie war zum Niederknien schön, worauf ich wahnsinnig neidisch war. Sie hatte hellbraune Locken und trug Jeansshorts mit Rissen, ein weites Vans-T-Shirt und eine Muschelhalskette. An den Handgelenken trug sie mehrere dicke Perlenarmbänder. Mein Make-up und das geflochtene Haar kamen mir plötzlich kindisch und übertrieben vor. Ich widerstand dem Impuls, meine Zöpfe zu lösen.
»Hallo«, sagte ich und erwiderte Amys Lächeln, wobei ich versuchte, sie nicht zu hassen. Fand Kip sie gut? Ich schaute zu ihm, unter dem Vorwand, meine Bierdose zu öffnen. Er sah super aus: Die blonden Haare unordentlich wie immer, und er trug ein langärmeliges Baseball-Shirt mit roten Ärmeln. Er warf mir einen Blick zu, worauf ich rasch wegschaute. Ich bemühte mich, die Situation zu überspielen, und trank hastig einen Schluck Bier, aber ich war auf die schaumige Flüssigkeit nicht vorbereitet. Sie rann mir viel zu schnell die Kehle hinunter und kitzelte mir unangenehm in der Nase, sodass ich losprustete. Zu meinem Entsetzen fingen die anderen alle laut zu lachen an, Tom am lautesten.
»Hast du etwa noch nie Bier getrunken?«, fragte er ziemlich verächtlich.
Nein, nein. Das hier ging total schief. Ich errötete. Sogar Amy lachte. O Gott, die haben mich durchschaut. Nur Tildy sah mich mitfühlend an. Mir schlug das Herz bis zum Hals. Plötzlich stand mir ein Bild vor Augen: wie ich den Rest des Sommers an ihnen vorbeiging, während alle gemeinsam abhingen und ich ausgelacht, schlimmer noch, ignoriert wurde.
Ich stand auf. Die folgenden Sätze kamen aus meinem Mund wie von irgendwoher, wie völlig losgelöst von meinem Körper.
»Also gut«, forderte ich Tom mit atemloser Stimme heraus, »wer die Dose als Erster leer hat.«
Tom grinste und sprang auf. Er war extrem groß und überragte mich, sein Lächeln ließ die...
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