Schweitzer Fachinformationen
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Warum befassen wir uns in einem Buch über den DAX jetzt mit dem US-Aktienmarkt? Keine Angst, Sie haben nicht das falsche Buch gekauft, denn: Um das langfristige Kurspotenzial beim DAX abschätzen zu können, müssen wir uns zuerst die Bewertung von Dow Jones Industrial Index (Dow) und Standard & Poor's 500 (S&P 500) genauer anschauen,
Natürlich können Sie dieses Kapitel auch überspringen und gleich mit dem nächsten Kapitel über den deutschen Aktienmarkt beginnen. Aber bitte glauben Sie mir: Wenn Sie zuerst das Potenzial für den US-Aktienmarkt erkannt haben, werden Sie um so enthusiastischer im nachfolgenden Kapitel die Ausführungen über das meiner Meinung nach noch deutlich höhere DAX-Potenzial genießen können.
Wir wollen also zuerst das Potenzial für den US-Aktienmarkt einigermaßen einschätzen. Dazu müssen wir zumindest eine Ahnung zur grundlegenden Frage haben: Welches Niveau des Dow und des S&P 500 wird als »fair bewertet« angesehen werden?
Eine Fülle von Büchern wurde über die Bewertung von Aktien geschrieben - ich werde nicht ein zusätzliches Buch zu diesem Bücherhaufen beisteuern oder zu den ganzen Terabytes analytischer Literatur, die im Internet zu finden sind. Vergessen Sie das ganze Zeugs - zumindest für einen Moment.
Gute Nachricht: Da wir uns nicht genauer mit einzelnen Aktien auseinandersetzen, müssen wir uns auch nicht einzelne Unternehmen genauer anschauen - den Lebenszyklus ihrer Produkte, die Eintrittsbarrieren in den Markt, das Charisma des Vorstandsvorsitzenden, was auch immer. Exzellente Aktieninvestoren wie Warren Buffett oder Peter Lynch37 sind diese »Extrameile« sehr erfolgreich gelaufen, mit der überwältigenden Mehrheit der Aktien, die sie über die Jahrzehnte ausgewählt haben. Nein, wir schauen uns den US-Aktienmarkt in seiner Gesamtheit an, die gewichteten Ergebnisse von 30 Aktien aus dem Dow Jones Industrial Index (Dow) oder die gewichteten Ergebnisse von rund 500 Aktien aus dem Standard & Poor's 500 (S&P 500).
Selbst bei dieser deutlichen Vereinfachung durch einen Aktienindex müssen wir zumindest eine grundsätzliche Einschätzung zu folgenden drei Variablen haben:
Zuerst müssen wir uns diese drei Komponenten unabhängig voneinander ansehen - auch wenn es durchaus Wechselwirkungen zwischen diesen drei Variablen geben mag.
Worüber sprechen wir eigentlich?
Schon in halbwegs »normalen« Börsenzeiten ist die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Gewinn-Begriffen für die Aktienbewertung von großer Bedeutung. Der Strukturbruch an den Aktienmärkten durch die Corona-Krise wirft aber alle Berechnungen vorerst über den Haufen. Paradoxerweise erleichtert das aber auch die Auswahl nach dem »richtigen« Gewinn-Begriff.
Der aktuelle Gewinn im laufenden Geschäftsjahr 2020 - sofern es überhaupt einen nennenswerten Gewinn geben wird - darf für eine längerfristige Aktienbewertung nicht herangezogen werden. Es bleibt zu hoffen, dass die minimalen Gewinne des Jahres 2020 ein negativer Ausreißer sind, wie er in den letzten fünf Jahren nie vorgekommen ist und wie er auch in den kommenden fünf Jahren hoffentlich nicht vorkommen wird.
Der historische Gewinn im vergangenen Geschäftsjahr 2019 darf auch nicht für eine Berechnung des KGV herangezogen werden; dieser Gewinn des letzten »Vor-Corona-Jahres« ist aus heutiger Sicht für den gesamten Aktienmarkt viel zu hoch. Wenn beim Kurs-Gewinn-Verhältnis eine viel zu hohe Zahl als Gewinn im Nenner steht, wird damit ein zu niedriges KGV ausgewiesen. Dies würde fälschlich eine attraktive Bewertung des Aktienmarktes vorspiegeln, die nach heutigem Wissensstand nicht gerechtfertigt erscheint. Aber gänzlich vergessen sollten wir - nicht nur aus sentimentalen Gründen - die so schönen Gewinne des Jahres 2019 auch nicht. Immerhin zeigen sie uns, welche Gewinnhöhe der US-Aktienmarkt schaffen kann. Jetzt gilt es abzuschätzen: Wie stark werden die Nachwirkungen des Corona-Einbruchs (Folge-Insolvenzen und dergleichen) das Jahresergebnis 2021 belasten? Werden wir im Jahr 2021 daher nur 80 Prozent der Gewinne des Vor-Corona-Jahres 2019 sehen? Wird schon 2022 oder erst wieder 2023 ein Gewinn nahe den Rekordgewinnen von 2019 drin sein? Oder gar noch später?
Der Langfrist-Trend beim Gewinnwachstum wird 2020 deutlich unterbrochen sein. Bislang sind die Gewinne seit dem Zweiten Weltkrieg im S&P 500 nominell um circa 7 Prozent pro Jahr gewachsen, interessanterweise sind die Abweichungen zwischen der Zeitperiode Ende 1945 bis Ende 1998 (plus 7,2 Prozent pro Jahr), die Glassman und Hassett für Dow 36,000 herangezogen haben, und dem nachfolgenden Zeitraum Anfang 1999 bis Ende 2019 (plus 6,4 Prozent pro Jahr) relativ gering. Für richtige Langfristanalysen darf man nicht den Fehler machen, den zu erwartenden sehr schlechten Jahresgewinn 2020 langfristig in die Zukunft zu interpolieren. Am ehesten macht es wohl Sinn, für die Jahre 2020 und 2021 händische Annahmen in die Berechnungen einzusetzen und ab 2022 mit einem Gewinnwachstum von circa plus 5 Prozent pro Jahr - vorsichtshalber leicht unter dem bisherigen Trend - zu rechnen.
Das Shiller PE - also der über zehn Jahre geglättete inflationsbereinigte Durchschnitt der Jahresgewinne - wird den Gewinneinbruch des Jahres 2020 nur abgeschwächt zeigen. Schließlich tanzt vorerst nur dieser verflixte Jahrgang total aus der Reihe der zehn Jahre, die für die Durchschnittsberechnung herangezogen werden. Als Timing-Indikator wird das Shiller PE aber ohnedies nicht empfohlen. Grafik siehe anschließend unter »Absolute Bewertung des Aktienmarkts«.
Jetzt haben wir aber noch immer nicht das Problem gelöst, mit welchen Unternehmensgewinnen im S&P 500 für das Jahr 2021 gerechnet werden kann (nachdem wir 2020 als furchtbares, aber hoffentlich nicht längerfristig aussagekräftiges Ausnahmejahr abgehakt haben). Wenn man nicht weiterweiß, soll man den Rat eines Doktors einholen - so ziehe ich die Daten heran, die »Dr. Ed«, Dr. Edward Yardeni von Yardeni Research Inc., zur Verfügung stellt. Auf seiner Homepage www.yardeni.com finden Sie seine eigenen Gewinnprognosen im Vergleich zur Konsensprognose aus der Quelle I/B/E/S data by Refinitiv.
Ich orientiere mich an Yardenis Schätzungen schon seit geraumer Zeit und insgesamt erscheint sein Track Record beeindruckend. Ja, er ist ein Aktienmarkt-Bulle - und damit hat er eine geschätzte Erfolgschance von 67 Prozent, da im langfristigen Durchschnitt der Aktienmarkt in zwei von drei Jahren steigt. Aber man kann auch noch genauer ins Detail gehen, und Ed Yardenis Gewinnschätzungen für den Gesamtmarkt, das S&P-500-Universum, stellen sich oft im Nachhinein als sehr nahe an der Realität heraus.
Nur zur Abschreckung: Für das Jahr 2020 lag schon im April seine Schätzung für die operativen Gewinne beim S&P 500 nur mehr bei 120 US-Dollar - vor Ausbruch der Corona-Krise hatte er noch mit 172 US-Dollar gerechnet. Das zeigt, wie schnell Dr. Yardeni bereit ist, sich an Änderungen im unternehmerischen Umfeld anzupassen. Der Analysten-Konsens hat da viel langsamer reagiert - hier wurden die Gewinnerwartungen 2020 von einer Vor-Corona-Schätzung in Höhe von 178 erst recht langsam auf 149 abgesenkt, dann bis Juni 2020 schon auf 125 US-Dollar.
Für das Jahr 2021 rechnet Yardeni...
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