Schweitzer Fachinformationen
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Bea kann ihre Zehen nicht spüren, als sie aufwacht. Vorsichtig wackelt sie mit ihnen. Das scheint zu funktionieren. Ihr Mund ist furchtbar trocken, wie jeden Morgen. Das kommt von der Schlaftablette. Einen Tod muss man eben sterben, besser, als sich die ganze Nacht schlaflos hin- und herzuwälzen. Sie richtet sich mühsam auf und greift nach dem Glas Wasser auf ihrem Nachttisch. Bea trinkt in kleinen Schlucken und stellt sich dabei vor, wie das Wasser bis in ihre Zehen sickert, die langsam wieder etwas Gefühl bekommen. Ihre langen dunklen Haare fallen ihr ins Gesicht. Mit einer geübten Bewegung schlingt sie sie zu einem Dutt zusammen, findet aber kein Haargummi auf dem Nachttisch. Seufzend lässt sie die Haare wieder los und lässt sich in die Kissen zurücksinken. Eine halbe Stunde später fährt sie erschrocken hoch. Jetzt hat sie keine Zeit mehr zu duschen.
Sie steht so schnell auf, wie es ihr Kreislauf zulässt. Während sie sich anzieht und die Zähne putzt, checkt sie ihre Mails.
Es sind keine guten Nachrichten dabei. Eine Keksfirma will ihren Auftrag zurückziehen, und die Joghurtleute wollen die ersten Entwürfe schon nächste Woche sehen, was unmöglich zu schaffen ist.
Bea legt das Handy kurz zur Seite, um sich frisch zu machen und zu schminken. Die Zeit läuft ihr davon. Heute ist der wichtige Pitch für die Schokoladenfirma Barama.
Barama will gleich mit drei neuen Produkten auf den Markt, und die Marketingfirma hat ihre besten Leute auf das Projekt angesetzt. Bea ist die Leiterin der Gruppe. Sie hätte an so einem wichtigen Tag nicht verschlafen dürfen!
Schnell streicht sie sich über ihr enges Kleid und betrachtet sich prüfend im Spiegel.
»Wie seh ich aus, wie seh ich aus?« Sie dreht sich schnell hin und her und trägt dann noch einen dunkelroten Lippenstift auf. Ihr Spiegelbild sieht etwas blass aus. Bea lächelt ihm aufmunternd zu. Es lächelt zurück.
Das Frühstück muss, wie so oft, ganz ausfallen. Die riesige Küche mit der überdimensionalen weißen Arbeitsplatte bleibt ungenutzt. Es bleibt keine Zeit, den schönen Blick über die Außenalster zu genießen, den man aus den bodentiefen Panoramafenstern hat.
Die Penthousewohnung bleibt allein zurück. Eigentlich ist Bea immer nur zum Schlafen hier. Sobald die Tür ins Schloss gefallen ist, rührt sich der kleine Saugroboter, der jeden Morgen tapfer und einsam seine Kreise über den sauberen Boden zieht.
Dann ist es wieder still in der Wohnung mit der großen Dachterrasse. Bea nutzt weder den Tisch draußen noch das Loungesofa. Ab und zu sitzt hier die Putzfrau, die zweimal die Woche kommt und auch Beas Wäsche macht.
Sie pfeift bei der Arbeit vor sich hin. Wenn sie geht, herrscht wieder die Stille. Eine saubere Stille, diesmal.
Die Marketingfirma befindet sich im siebten Stock eines modernen Gebäudes in der HafenCity. Auch hier hat Bea einen tollen Blick auf das Wasser. Und auch hier nimmt sie die Aussicht kaum wahr. Alles hängt heute von dem Pitch ab, und alle sind entsprechend nervös.
»Der Konferenzsaal zwei ist vorbereitet. Ich habe die Power-Point-Präsentation zweimal gecheckt, sie läuft. Sushi ist für 13:45 Uhr bestellt. Marie hat die Handouts, es kann nichts schiefgehen!« Rita lächelt Bea nervös an und rückt mit der linken Hand ihre Brille zurecht, was sie ständig macht.
Rita ist eine kleine Person mit Pagenschnitt. Auf den ersten Blick denkt man, da steht ein Kind. Vielleicht liegt das auch an ihrer Haltung, die immer etwas unsicher ist.
Beas »Danke, Rita« geht unter, weil Marco schwungvoll ihr Büro betritt und gewinnend sagt: »Es kann immer etwas schiefgehen. Man muss auf alles vorbereitet sein, aber das bist du ja sicher, Sweety!«
Er nimmt sie in den Arm und küsst sie auf den Mund. Sie kann es nicht leiden, wenn er sie »Sweety« nennt, und sie mag auch keine Küsse im Büro vor ihrer Assistentin. Sie macht einen Schritt zurück, sobald er sie loslässt.
»Was machst du hier?«, fragt Bea, während Rita vergeblich versucht, den gut aussehenden Marco nicht anzustarren. Seine braunen Augen, die dunklen Haare und die Bartstoppeln im Gesicht lassen die meisten Frauen nervös werden.
»Ich wollte dir nur mal eben viel Glück wünschen, nicht dass du das brauchen würdest«, er lächelt sie an.
Sie lächelt zurück. Sein Hemd ist frisch gebügelt, und er riecht nach dem Rasierwasser, das sie ihm zu Weihnachten geschenkt hat. Seine körperliche Präsenz ist wie immer umwerfend, auch wenn sie gerade überhaupt keine Zeit für ihn hat. Zeit fehlt ihnen eigentlich immer. Aber jetzt gerade besonders.
»Hast du nicht heute das Gurken-Meeting?«
»Ja, ich muss auch gleich wieder runter«, seine Stimme hat sich kaum merklich verändert, aber Bea weiß, dass es ihn ärgert, dass sie die Gurken erwähnt hat. Marco arbeitet in derselben Marketingagentur, allerdings ein Stockwerk tiefer.
»Du siehst fantastisch aus, Baby, du wirst sie umhauen!«
Bea senkt den Kopf, weil sie kein Lächeln mehr aufbringen kann, während Rita sich an ihrem Klemmbrett festklammert, um ihn nicht anzusehen.
»Tschüss, Rita«, sagt Marco, der das bemerkt, auf dem Weg zur Tür.
Rita räuspert sich und wird rot. Ihr »Auf Wiedersehen« kommt zu spät.
Bea atmet tief ein und aus. Sie muss sich jetzt konzentrieren.
Ihre Kollegin Marie steht in der Tür, durch die Marco gerade verschwunden ist.
Ihre langen blonden Haare umrahmen in Wellen ihr Gesicht. Marie hat heute definitiv nicht verschlafen. »Das Team ist bereit, kommst du?«
Der Geruch von Bärlauch schwebt zwischen den Bäumen. Die Morgensonne steht zu dieser Jahreszeit schon hoch am Himmel und wirft ihre Strahlen durch die Blätter der Bäume.
Per liebt diese Tageszeit. Der Morgen ist jeden Tag wie ein neues Versprechen. Die Mädchen haben bald ihren letzten Schultag, und Per genießt diese wenigen Vormittage, in denen er die Zeit hat, mit Snorre durch den Wald zu streifen.
Snorre springt über die jungen Pflanzen und jagt einem Hasen hinterher. Der Hund ist schnell, aber der Hase ist schneller.
Vogelstimmen zwitschern. Per hat das Gefühl, dass sie morgens am lautesten sind. Er hört das Hämmern eines Spechts und bleibt stehen. Seine Augen suchen den Baum ab, von dem das Geräusch kommt. Es dauert eine ganze Weile, bis er den kleinen Vogel entdeckt. Ebba musste mal ein Referat über den Buntspecht halten, seitdem weiß Per, dass der Sprecht keine Kopfschmerzen von seinem Hämmern bekommt. Die Anatomie des Vogels verhindert, dass sein Gehirn Schaden nimmt, wie das bei uns Menschen der Fall wäre.
Ebba hatte ihm damals erklärt: »Das ist tipptopp verpackt, sein Gehirn. Das schwimmt da nicht so lose rum wie bei dir«, spielerisch hatte sie an seinen Kopf getippt. »Außerdem ist die obere Hälfte des Schnabels länger als die untere. Und wenn er dann so hackt«, sie hackte mit ihren Fingern, die sie zu einem Schnabel geformt hatte, auf seinen Unterarm, »dann wird die Hackenergie am Gehirn vorbeigeleitet, verstehst du?« Ebba sah ihn aus ihren blauen Augen an.
»Und was passiert, wenn man den kleinen Sprecht schnappt und schüttelt, ist sein Gehirn dann auch vor der Schüttelenergie sicher?«, er schnappte seine Tochter und hob sie hoch, um sie durch die Luft zu wirbeln.
Sie kreischte vor Freude und sagte, als er sie wieder auf dem Boden absetzte, ernsthaft: »Ich glaube, sein Gehirn ist auch vor Schüttelenergie sicher. Das ist tipptopp fest im Kopf beim Specht.«
Per sieht sich eine Weile an, wie der Vogel mit seinem tipptopp verpackten Gehirn auf den Stamm des Baumes hämmert, dann läuft er weiter. Snorre ist nirgends mehr zu sehen.
Per pfeift auf den Fingern. Ein lauter, durchdringender Pfiff. Der Specht hört auf zu hämmern, und kurze Zeit später taucht Snorre aus dem Unterholz auf. Er springt durch die vielen weißen Blüten, die zu dieser Jahreszeit den ganzen Waldboden bedecken, und setzt sich erwartungsvoll vor Pers Füße. Sein schwarz-weißes Fell glänzt, seine Ohren sind aufgestellt, und er wedelt aufgeregt mit der Rute. Per muss jedes Mal, wenn er ihn ansieht, denken, wie hübsch er ist. Bevor Snorre zu ihnen kam, hätte er nie gedacht, dass ein Hund hübsch sein kann. Hunde sind treu, lieb, herrlich, stinkig und gerne auch mal nervig. Aber Snorre ist einfach wirklich hübsch. Seine schwarz-weiße Fellfarbe unterteilt sein Gesicht in zwei Hälften. Die weiße Seite hat ein weißes Ohr und die schwarze Seite ein schwarzes Ohr mit einem Tupfer Weiß am Rand. Snorre hat zwei unterschiedliche Augenfarben. Ein blaues und ein braunes Auge sehen Per erwartungsvoll an. Er streicht ihm über den Kopf und gibt ihm ein Leckerli. Gemeinsam gehen sie weiter. Der Hund bleibt jetzt dicht an seiner Seite, bis sie an den Södra Solsjö, den südlichen Sonnensee, kommen. Zwischen Schilfhalmen öffnet sich die weite blaue Wasserfläche vor ihnen. Snorre stürzt sich sofort ins Wasser und schwimmt ein paar Wildgänsen hinterher, die ihn belustigt ansehen und gemächlich vor ihm wegpaddeln. Noch ist von den Seerosen nichts zu sehen, aber unter der...
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