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Yogi Berra
Meine erste Erfahrung im Produktmanagement war nicht gerade das, was man einen Erfolg nennen würde: Ich war Teil eines Teams, das hinzugezogen wurde, um bei der Entwicklung eines neuen Produkts zu helfen, und arbeitete schließlich mit dem Produktmanager zusammen, der das Produkt leitete. Obwohl ich dabei viel gelernt habe, ist das Produkt leider gescheitert. Aber ich habe daraus eine wichtige Lehre gezogen: Es hat keinen Sinn, sich über die Produktdetails Gedanken zu machen sowie Use Cases und User Stories zu schreiben, wenn eine solide Produktstrategie fehlt und keine umsetzbare Produkt-Roadmap vorhanden ist. Ich werde in diesem Kapitel zeigen, warum Strategie und Roadmap wirklich grundlegend sind.
Eine effektive Produktstrategie und eine Produkt-Roadmap sind entscheidend für die erfolgreiche Erstellung, Verbesserung und Betreuung eines Produkts. Aber was genau ist eine Produktstrategie und was ist eine Produkt-Roadmap? Wie hängen die beiden Konzepte zusammen? Und in welchem Verhältnis stehen sie zur Produktvision und zum Product Backlog? Um diese Fragen zu beantworten, habe ich ein Modell entwickelt, das in Abbildung 1-1 dargestellt ist.
Abb. 1-1Ein Modell für Produktstrategie und Produkt-Roadmap
In den nächsten Abschnitten werfen wir einen genaueren Blick auf das Modell und betrachten die darin enthaltenen Elemente und Verbindungen. Noch ein Hinweis: Die detaillierten Praktiken für die Arbeit mit den Artefakten in Abbildung 1-1 werde ich im weiteren Verlauf dieses Buches erörtern. Im Folgenden wird zunächst ein Überblick gegeben.
Im Mittelpunkt des Modells in Abbildung 1-1 stehen vier Artefakte: die Produktvision, die Produktstrategie, die Produkt-Roadmap und das Product Backlog. Die Produktvision beschreibt den Zweck des Produkts, den ultimativen Grund für seine Erstellung und die positive Veränderung, die es bewirken soll. Man kann sich die Vision als den Nordstern des Produkts vorstellen, der alle am Produkterfolg Beteiligten leitet und ausrichtet. Dazu gehören die Stakeholder, der Sponsor aus dem Management und die Entwicklungsteams.1
Die Produktstrategie gibt die Vorgehensweise vor, mit der die Vision verwirklicht und das Produkt erfolgreich gemacht werden soll. Bei der Ausarbeitung einer Strategie müssen Sie vier wichtige Entscheidungen treffen:
Um diese Entscheidungen treffen zu können, müssen Sie zu anderen Ideen und Vorschlägen Nein sagen. Das kann zwar schwierig sein, ist aber ein notwendiger Bestandteil der strategischen Entscheidungsfindung. Ein Produkt, das versucht, es allen recht zu machen, läuft Gefahr, niemandem zu nützen. Des Weiteren muss eine neue oder stark veränderte Strategie validiert werden, um die Chancen auf einen Produkterfolg zu maximieren. Dies geschieht am besten durch eine systematische Auseinandersetzung mit den wichtigsten Annahmen und Risiken.
Mit einer validierten Produktstrategie sind Sie in einer hervorragenden Position, um eine umsetzbare Produkt-Roadmap zu erstellen. Die Roadmap beschreibt, wie die Produktstrategie in den nächsten sechs bis zwölf Monaten umgesetzt werden soll. Sie vermittelt, welche konkreten Vorteile von dem Produkt erwartet werden. Zudem gibt sie den Stakeholdern und Entwicklungsteams eine gemeinsame Ausrichtung und schafft dadurch Orientierung. Eine effektive Produkt-Roadmap baut auf Produktzielen auf, die die Ergebnisse beschreiben, die das Produkt erzielen soll, z.B. die Gewinnung neuer Nutzer sowie die Steigerung der Nutzerbindung.2 Die Roadmap kann auch zusätzliche Elemente wie Termine oder Zeitrahmen, ausgewählte grob beschriebene Leistungsmerkmale und Metriken enthalten. Ein Datum oder ein Zeitrahmen gibt an, wann ein Ziel erreicht werden soll, die Leistungsmerkmale skizzieren das Ergebnis, das zum Erreichen eines Ziels erforderlich ist, und die Metriken helfen Ihnen zu verstehen, ob ein Ziel erreicht wurde.
Eine Produkt-Roadmap, die auf Produktzielen aufbaut, bietet eine hervorragende Grundlage für die Ableitung eines Product Backlog und die richtigen taktischen Produktentscheidungen. Sie können einfach das nächste Produktziel zusammen mit seinen Leistungsmerkmalen in das Backlog kopieren. Fügen Sie dann weitere Elemente hinzu, die zur Erreichung des Ziels erforderlich sind, z.B. Epics, User Stories, Workflow-Diagramme, Skizzen, Mock-ups und nicht funktionale Anforderungen (Non-Functional Requirements, NFRs).
Ergänzend zu den vier oben beschriebenen Elementen bietet mein Modell zwei Vorlagen, die ich erstellt habe: das Product Vision Board und die GO3 Product Roadmap. Erstere hilft Ihnen, die Produktvision und -strategie zu erfassen. Letztere unterstützt Sie dabei, eine Produkt-Roadmap zu kommunizieren, die auf den Produktzielen und -ergebnissen basiert. Noch ein Hinweis: Selbstverständlich müssen Sie nicht unbedingt die Vorlagen verwenden, um die Vorteile des Modells in Abbildung 1-1 zu nutzen. Sie können auch Alternativen einsetzen, vorausgesetzt, dass Sie die Bedürfnisse und Geschäftsziele in Ihrer Strategie klar formulieren und mit einer wirkungsorientierten Roadmap arbeiten.
Eine Produktstrategie und eine Roadmap zu haben, ist großartig. Doch wie stellen Sie sicher, dass die beiden Pläne systematisch miteinander sowie mit der Produktvision und dem Product Backlog verbunden sind? Mit dem Modell in Abbildung 1-1 wird dies auf folgende Weise erreicht: Die Vision gibt den Rahmen für die Strategie vor, die Strategie bildet die Grundlage für die Erstellung einer effektiven Roadmap und aus der Roadmap leitet sich schließlich das Product Backlog ab.
Mit jedem Schritt werden die Entscheidungen, die Sie treffen, konkreter, und übergeordnete Ziele werden in immer detailliertere und fokussiertere Ziele umgesetzt. Die Vision wird in Bedürfnisse und Geschäftsziele umgewandelt. Daraus werden Produktziele abgeleitet, die wiederum zur Ermittlung der richtigen Product-Backlog-Einträge führen. Außerdem werden die Zeiträume immer kürzer - von fünf bis zehn Jahren, die von der Vision abgedeckt werden, bis hin zu einem Product Backlog, das Elemente für die nächsten paar Monate enthält.
Das Modell suggeriert, dass die Produktplanung mit der Festlegung einer Vision beginnt. Die Verbindungen zwischen den Elementen sind aber bidirektional. Das bedeutet, dass größere Änderungen im Product Backlog zu Änderungen in der Roadmap führen können. So kann es sein, dass ein oder mehrere Ziele auf der Roadmap angepasst werden müssen oder dass die Termine und Zeitrahmen korrigiert werden müssen. In ähnlicher Weise können größere Aktualisierungen der Roadmap zu einer Änderung der Produktstrategie führen. Sie könnten beispielsweise feststellen, dass eines der Geschäftsziele unrealistisch ist, dass die Anforderungen angepasst werden müssen oder dass ein herausragendes Leistungsmerkmal überarbeitet werden muss. Wenn Sie am Ende keine validierbare Produktstrategie finden können, müssen Sie die Produktvision ändern oder im schlimmsten Fall aufgeben.
Strategie und Ausführung sind daher in dem Modell in Abbildung 1-1 systematisch miteinander verbunden. Strategische Entscheidungen setzen den Rahmen für die Umsetzung von Product-Backlog-Einträgen und die Erkenntnisse aus der taktischen Arbeit führen zu Änderungen an der Produkt-Roadmap und der Strategie. Dies gewährleistet konsistente Entscheidungen und vermeidet eine Kluft zwischen Strategie und Ausführung, bei der strategische und taktische Entscheidungen voneinander entkoppelt sind. Im schlimmsten Fall führt eine solche Kluft dazu, dass die Entwicklungsteams großartige Arbeit leisten und dabei das falsche Produkt entwickeln. Abbildung 1-2 veranschaulicht die Verbindung zwischen Strategie und Ausführung.
Abb. 1-2Der Produktstrategiezyklus
Abbildung 1-2 zeigt, dass die strategische Arbeit die taktischen Produktentscheidungen beeinflusst. Die...
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