Schweitzer Fachinformationen
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Lernen Sie die Arbeit in der Traumatologie und der chirurgischen Intensivstation kennen.
Mit diesem physiolehrbuch haben Sie alle wichtigen Inhalte für die Fächer Traumatologie und Chirurgie während der Physiotherapieausbildung parat.
Dieses Buch bietet eine Übersicht zu Heilungsstadien, Untersuchungen, präventiven und therapeutischen Maßnahmen mit Fallbeispielen und zahlreichen Bildern. Neu in der Auflage ist beispielsweise die postoperative Atemtherapie bei Intensivpatienten.
Ob Patienten mit Frakturen, Luxationen, Amputationen oder anderen Verletzungen, mit diesem Wissen sind sie bei Ihnen in sicheren Händen.
Florian Schneider
Unfälle und die damit verbundenen Verletzungen treffen den Menschen unvorbereitet. Die Beeinträchtigungen können für den Patienten dramatisch sein und führen zu Folgen, die sich in vier, für die Patienten in der Traumatologie typischen Leitsymptomen zusammenfassen lassen:
Verlust/Einschränkung der Mobilität bei gleichzeitiger reduzierter Belastbarkeit verletzter und heilender Strukturen
Schmerz
Beeinträchtigung der Vitalfunktionen
Verarbeitung des Traumas
In der physiotherapeutischen Untersuchung und Behandlung gilt es zu erkennen, welche Leitsymptome beim einzelnen Patienten im Vordergrund stehen und wie ausgeprägt sie sind. Die einzelnen Symptome lassen sich nicht scharf gegeneinander abgrenzen. Sie beeinflussen sich gegenseitig. So kann z.?B. Schmerz die Mobilität verhindern oder Bewegung die Vitalfunktionen unterstützen. Gelingt es dem Patienten nicht, das Trauma und die Folgen zu verarbeiten, leidet eventuell die Motivation. Das wiederum kann Fortschritte der Heilung behindern und die Compliance vermindern und damit auch die Erfolge durch Physiotherapie. Ein Fallbeispiel soll das verdeutlichen.
Fallbeispiel
Herr K., 34 Jahre alt, Schreiner, hat sich bei einem Motorradunfall, den er selbst verschuldete, folgende Verletzungen zugezogen: komplexe instabile Beckenverletzung mit urogenitalen Verletzungen, Humerusschaftfraktur, Thoraxtrauma mit Rippenserienfraktur.
Herr K. wurde noch im Rettungswagen sediert und intubiert, auf der Intensivstation wurde ein suprapubischer Blasenkatheter gelegt. Seine Freundin, die mit ihm auf dem Motorrad saß, hat den Unfall nicht überlebt.
Es ist klar, dass in dem beschriebenen Zustand die Stabilisierung der Vitalfunktionen Atmung, Herzkreislauf und Ernährung im Vordergrund stehen. Herr K. wurde intensivmedizinisch betreut.
Die Verletzungen und das künstliche Koma führen zum Verlust der Mobilität. Physiotherapeutisch und pflegerisch werden die Entstehung von Kontrakturen und Dekubitus verhindert.
Nach einigen Tagen ist es gelungen, die Vitalfunktionen so weit zu stabilisieren, dass die Sedierung reduziert werden kann. Die ersten Versuche, Herrn K. von der Beatmung zu entwöhnen, scheitern zunächst. Der Schmerz ist zu stark. Schließlich gelingt es den Intensivmedizinern doch, die Medikation so einzustellen, dass Herr K. wach und bei Bewusstsein ist und aktiv atmen kann. Die Atmung wird atemtherapeutisch unterstützt.
Langsam wird Herr K. die gesamte Situation bewusst. Trauer und Schuldgefühle stellen sich ein. Die Traumaverarbeitung setzt ein. Seine Mitarbeit bei der Therapie und während der Pflege geht gegen Null. Pflegende und Physiotherapeuten erreichen mit viel Geduld, dass keine erneute Intubation erfolgen muss. Ein konsequentes Mobilisationsprogramm stimuliert die Vitalfunktionen und fördert die Atemfunktion. Im weiteren Verlauf nimmt Herr K. immer mehr an der aktiven Therapie teil. Er lässt seine Trauer zu und beginnt, Schuldgefühle zu überwinden.
Nachdem die Frakturen chirurgisch versorgt sind, können seine Gelenke gezielt mobilisiert werden. Die Fortschritte im Bereich der Mobilität führen zu enormen Verbesserungen auf der Aktivitäts- und Partizipationsebene. Bei der Körperpflege benötigt er nur noch wenig Hilfe; er übt das Gehen mit Unterarmstützen und fährt mit dem Rollstuhl in die Cafeteria.
Dieses Beispiel zeigt einerseits die Abhängigkeit der Leitsymptome und andererseits ihren Einfluss auf die Physiotherapie.
Das folgende Modell visualisiert den Einfluss der Leitsymptome auf die Physiotherapie in der Traumatologie ( ? Abb. 1.1a). Zeigt die Untersuchung des Patienten z.?B., dass der Schmerz im Vordergrund steht, verändert sich der Schwerpunkt der Therapie, und das Modell visualisiert den Einfluss dieses Leitsymptoms wie in ? Abb. 1.1b gezeigt.
Mithilfe dieses Modells kann sich besonders der lernende Therapeut verdeutlichen, welche Ziele im Vordergrund der Therapie stehen. Er erkennt auch, dass
für die Therapie ein gesamtheitliches Denken notwendig ist und
im Sinne des neuen Denkmodells der Physiotherapie (Hüter-Becker 1997) alle vier Wirkorte im Fokus der Therapie stehen müssen.
Im Sinne der ICF ( ? [12], Behinderung und Gesundheit, WHO 2001) ergeben sich Ziele, die sich auf verbesserte Bedingungen von Strukturen und Funktionen beziehen, auf das Meistern des Alltags und auf die Teilhabe am sozialen Leben.
Abb. 1.1 Visualisierungsmodell.
Abb. 1.1a Die vier typischen Leitsymptome der Patienten in der Traumatologie bedingen sich gegenseitig und beeinflussen Ziele und die Priorisierung der Maßnahmen der Physiotherapie.
Abb. 1.1b Das Leitsymptom Schmerz steht im Vordergrund.
Unfälle und die damit verbundenen Verletzungen treffen den Menschen unvorbereitet. Entsprechend groß sind die Schwierigkeiten für Betroffene, mit den Folgen eines Unfalls umzugehen. Auch wenn die Verletzungen nicht lebensbedrohlich sind und die Schmerzen, z.?B. durch Medikamente, gelindert werden können, verschlechtert sich die Lebensqualität von Unfallopfern oft dramatisch. Eine wesentliche Ursache hierfür ist der plötzliche Verlust von Mobilität. Dies bezieht sich sowohl auf die Mobilität einzelner Gelenke als auch auf die Mobilität des gesamten Individuums.
Eine Verletzung des Daumens z.?B. kann alltägliche Bewegungen wie das Greifen von Gegenständen erschweren oder gar unmöglich machen. Ist ein Unfallopfer verletzungsbedingt ans Bett gefesselt, ist der Patient bei fast allen Tätigkeiten auf Hilfe angewiesen und muss außerdem damit rechnen, dass sich seine körperliche Verfassung durch Immobilisationsschäden weiter verschlechtert (z.?B. Thromboserisiko, Gefahr einer Pneumonie, Veränderungen der Muskulatur).
Die Verrichtung von Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL, Activity of Daily Living), wie z.?B. Nahrungsaufnahme und Körperpflege, erfordern Bewegung. Bewegungsunfähigkeit macht den Betroffenen abhängig von fremder Hilfe. Daher spielt die Wiederherstellung der Mobilitäten in der modernen Unfallchirurgie die zentrale Rolle.
Unfallchirurgen bemühen sich, geschädigte Strukturen durch operative Maßnahmen wieder exakt zu rekonstruieren. Außerdem versuchen sie, die operationsbedingte Traumatisierung möglichst gering zu halten, um dadurch die physiologische Beweglichkeit nicht weiter zu beeinträchtigen. Mithilfe moderner Osteosynthesetechniken erreichen sie in der Regel eine hohe mechanische Belastbarkeit der geschädigten Strukturen. Von der Belastbarkeit hängt ab, wann und in welchem Umfang ein Patient nach einer Verletzung mobilisiert werden kann (siehe Kap. ? 2.1).
Abb. 1.2 Echte und unechte Gelenke am Beispiel Kniegelenk (Diarthrose) und Syndesmosis tibiofibularis (Synarthrose).
Physiotherapeutisch stellt sich die Aufgabe, einzelne Gelenke und/oder den ganzen Patienten unter Beachtung notwendiger Bewegungs- und Belastungsgrenzen zu mobilisieren.
Zusammenfassung
Verletzungen verursachen einen Verlust von Mobilität.
Dies kann sowohl einzelne Gelenke als auch das gesamte Individuum betreffen.
Ein wesentliches Ziel unfallchirurgischer Maßnahmen und der Physiotherapie in der Unfallchirurgie ist die Wiederherstellung der Mobilität.
Ein absoluter Schwerpunkt der Therapie in der Unfallchirurgie ist das Wiederherstellen der Beweglichkeit. Verletzte Strukturen, die zur Heilung Ruhe brauchen, Angst vor Schmerzen, Schmerzen oder die Angst vor erneuten Traumen, all das sind Gründe dafür, dass viele Patienten weniger bewegen, als sie dem Heilungszustand nach dürften.
Beweglichkeit ist die Voraussetzung für Bewegung. Schaltstellen der Bewegung sind die Gelenke, flexible Verbindungen zwischen Knochen und/oder knorpeligen Strukturen. Man unterscheidet echte und unechte Gelenke, Diarthrosen und Synarthrosen. Diese Unterscheidung ist anatomisch begründet. Sie zeigt sich aber auch in der unterschiedlichen Funktion ( ? Abb. 1.2, ? Tab. 1.1).
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