Schweitzer Fachinformationen
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Es ist niemals leicht lautet der Kodex der Abteilung, einer hochgeheimen Polizeieinheit. Das gilt mehr als je zuvor. Denn es ist nur noch ein Hauch bis zu ihrer Auslöschung. Ihre letzte Hoffnung könnte Jenny Aaron sein. Die blinde Elitepolizistin weiß, was sie ihren Kameraden verdankt. Aber ist die Abteilung wirklich das, wofür Aaron sie immer hielt?
Die Abteilung liquidiert Warlords, bekämpft Terroristen, dringt in Drogenkartelle ein. Weil ihr dabei fast jedes Mittel recht ist, hat sie viele Feinde, auch in der Politik. Doch jetzt steht sie einem Gegner gegenüber, wie es noch keinen gab.Für die Elitepolizistin Jenny Aaron war die Abteilung alles - auch und gerade, nachdem sie bei einem Einsatz erblindete. Dort wurde sie zu der Kämpferin, die sie heute ist, dort fand sie die Menschen, die ihr am meisten bedeuten. Jetzt könnte Aaron die letzte Hoffnung der Abteilung sein. Doch damit würde sie vielleicht ihre einzige Chance verspielen, jemals wieder sehen zu können.
In der jähen Stille steht das Mädchen vor Notre-Dame de Paris. Die Kathedrale ruht in der späten Sonne, ein ungeheures Tier mit zwei Köpfen, das allen Lärm der Stadt tief eingeatmet hat. Lichttupfer huschen wie Geckos über die Arabesken, erkunden die Falten von Königsgewändern, f?litzen frech in die Mäuler der unheimlichen Chimären. Bald funkeln zu viele, um sie noch zählen zu können. Sie vereinigen sich zu einer Flut, deren Gleißen die alles beherrschende Bleikristallrosette in ein glühendes Zyklopenauge verwandelt.
Es ist die Woche nach dem Osterfest, der »Weiße Sonntag«. Sie ist zwölf und zum ersten Mal in Paris. Im Geschwätz fremder Menschen, ihrem Schubsen, Rufen, Lachen folgt sie dem Vater zum Mitteltor.
Dort bleibt er stehen. »Das ist das Portal des Jüngsten Gerichts«, sagt er und lenkt ihren Blick nach oben. »Siehst du den Erzengel Michael mit den Waagschalen?«
Sie legt den Kopf in den Nacken.
»Ja.«
»Er wiegt die Seelen der Toten.«
Dafür kommen ihr die Schalen sehr groß vor.
»Schließ die Augen und öffne sie erst, wenn ich es dir sage.«
Sie hält ihrem Vater die Hand hin, damit er sie führt. Dann spürt sie unversehens eine Kühle, die sie in dem dünnen Kleid zittern lässt, hört ein Rauschen wie von Blut, das Flüstern von Vielen und wird eine Weite gewahr, so schrecklich und gewaltig wie in einem der Träume, in denen sie fällt und fällt.
»Jetzt«, sagt ihr Vater.
Als sie die Augen öffnet, erblickt sie ein Gewölbe wie keins zuvor; ein steinernes Gemälde, aber auch eine Kaskade aus Licht. Nichts ist schwer, alles schwebt, selbst die riesigen Fenster, die wie Schmetterlingsf?lügel aussehen.
Benommen setzt sie einen Fuß vor den anderen. Unter dem aus Fels gewobenen Baldachin eines Seitenschiffs f?indet sie sich in einer auf ewig erstarrten Prozession von Frauen und Kindern und Herrschern und Bettlern wieder, sieht kniende Ritter, nach denen Flammen lecken.
An der Wand sind verwitterte Buchstaben, eine Runzel in einer fremden Sprache. »Ist das Latein?« fragt sie ihren Vater. Als er keine Antwort gibt, bemerkt sie, dass er ihre Hand längst losgelassen hat.
Erst jetzt tritt er zu ihr. »Tempus edax, homo edacio. Die Zeit ist blind, der Mensch töricht. Verstehst du, was das bedeutet?«
»Nein.«
»Dass die Zeit durch die Welt rast und uns mitreißt. Dass wir nicht bestimmen, ob es uns Verderben oder Glück bringt. Hast du das Buch gelesen, das ich dir gegeben habe?«
»Dann weißt du, dass draußen vor langer Zeit etwas in die Mauer geritzt war. Was stand dort?«
»Unausweichliches Schicksal.«
»Es meint dasselbe. Und ist genauso falsch.«
Als sie sich auf eine Bank setzen, ist sie froh, dass ihr Vater den Arm um sie legt, denn ihr ist kalt. Lange schweigen sie mit Kardinälen und Heiligen und Fabelwesen.
»Kann man die Seele wiegen?« fragt sie.
»Ein kluger Mann hat einst gesagt, dass sie aus einer Art Atem gemacht ist. Wie schwer wird Atem wohl sein?«
»Also gibt es kein Jüngstes Gericht?«
»Die Kirche behauptet, dass die Guten ins Paradies kommen und die Bösen ins Höllenfeuer. Dass wir von dem Tag unserer Geburt an schuldig sind.«
»Und du glaubst das nicht?«
»Das Gemäuer ist fast ein Jahrtausend alt«, erwidert ihr Vater. »Aber die meisten Statuen sind Kopien, weil man in der Französischen Revolution alles zerstört hat. Notre-Dame wurde von den Jakobinern zum Tempel des höchsten Wesens erklärt: der Vernunft. Doch auch die ist nichts als ein Götze, ein Goldenes Kalb, um das die Unwissenden tanzen. Das höchste Wesen kann nur einer sein. Weißt du, wen ich meine?«
Sie denkt nach. »Wir selbst«, sagt sie.
»Ja. Darum gibt es kein Gut und Böse. In uns ist beides eins.«
Ihr ist, als ob Zeit vergeht. Aber es muss eine Täuschung sein, denn an diesem Ort gibt es keine Zeit.
»Erzähl mir von dem Buch«, fordert ihr Vater sie auf. »Wovon handelt es?«
Nach den ersten Seiten war sie enttäuscht gewesen; es war altmodisch geschrieben, und die Menschen redeten über unverständliche Dinge. Doch bald konnte sie es nicht mehr aus der Hand legen, verschlang es am Ende regelrecht.
»Es geht um das wunderschöne Mädchen Esmeralda, dessen Herz dem Hauptmann Phoebus gehört. Obwohl er sie abweist, glaubt sie an die ewige Liebe und ist bereit, dafür zu sterben. Als sie schon unterm Galgen steht, wird sie von Quasimodo gerettet, einem buckligen, einäugigen Wesen, das so hässlich ist, dass kaum einer wagt, es anzuschauen. Er ist der Glöckner von Notre-Dame, und seine einzigen Freunde sind die Ungeheuer, die er beneidet, weil sie aus Stein sind. Die Glocken haben ihn taub gemacht, aber er ist glücklich, wenn er an den Seilen hängt und vom Kopf bis zu den Füßen zittert. Nachts wirft er verzauberte Dinge durch die Schornsteine der Stadt. Er tanzt auf den Dachrinnen und lebt in einer Welt, in der Blinde sehen und Tiere reden können. Niemand weiß, dass die Zigeuner, die Esmeralda ihrer Mutter geraubt hatten, Quasimodo als Baby auf die Stufen von Notre-Dame gelegt haben. Er ist mit Esmeralda durch das Schicksal verbunden.«
»Wie sah Esmeralda aus?« fragt ihr Vater.
Sie grübelt. »Ich weiß nicht. Das muss ich überlesen haben.«
»Sie hatte schwarzes Haar und f?lammende Augen, so wie du. Was ist aus ihr geworden?«
»Esmeralda will nicht wahrhaben, dass sie Phoebus egal ist. Sie wird der Hexerei beschuldigt, und Quasimodo versteckt sie hier in der Kirche. Aber man f?indet sie und henkt sie auf dem Place de Grève. Quasimodo legt sich zu ihr ins Grab. Er liebt sie über den Tod hinaus.«
»Hast du nicht jemand Wichtigen ausgelassen?«
Fragend schaut sie ihren Vater an.
»Frollo«, sagt er.
»Ach, der. Das ist ein Mann, der sich an schwarzer Magie versucht. Er glaubt, dass Licht nichts anderes als Gold ist. Er will einen Sonnenstrahl vergraben und das Geheimversteck erst in achttausend Jahren öffnen lassen.«
Sie schaut zu der gigantischen gläsernen Rosette hoch, sieht sie im frühen Abendrot pulsieren. Wenn Licht wirklich Gold ist, denkt sie, muss man es zu dieser Stunde einfangen, weil es dann am allerschönsten ist.
»Hat Frollo Esmeralda nicht auch geliebt?« fragt ihr Vater.
»Schon.«
»So sehr, dass er sie dem Galgen ausgeliefert hat, damit kein anderer sie besitzen durfte«, fährt er fort.
Diesen Teil der Geschichte mag sie nicht.
»Hältst du Frollo für einen schlechten Menschen?« fragt er.
»Ja, sicher.«
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