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Berlin, 1870: Die Französin Madeleine und der junge deutsche Arzt Paul feiern gerade ihre Verlobung, als eine schreckliche Nachricht ihre Pläne durchkreuzt: Zwischen Preußen und dem Französischen Kaiserreich ist der Krieg ausgebrochen. Überstürzt brechen Madeleine und ihr Vater in ihre Heimatstadt Metz auf. Paul muss als preußischer Militärarzt zurück zu seinem Regiment nach Coblenz. Von nun an Feinde zu sein und auf unterschiedlichen Seiten zu stehen, ist für Paul und Madeleine unerträglich. Kann ihre Liebe den Krieg überstehen?
Packender historischer Roman über das Schicksal dreier Familien, die der Deutsch-Französische Krieg auseinanderreißt.
Mit vielen Schauplätzen in Deutschland, Lothringen & dem Elsass.
Berlin, 15. Juli 1870
Un conte de fées . ein Märchen. Das alles hier musste ein Märchen sein . Un rêve, ein Traum. Zu schön, um wahr zu sein.
Obgleich Madeleine sich grundsätzlich für eine junge Frau von wachem Verstand und nüchternem Charakter hielt, zitterte sie ein wenig, als sie am Arm ihres Vaters das festlich geschmückte Speisezimmer derer von Gerlau betrat. Es war ein hoher, nicht allzu großer Raum von gediegener Eleganz mit Stuckdecken und geschmackvollen Tapeten in einem schlichten, floralen Muster. Ein fast bodenlanges, gestärktes Tafeltuch bedeckte den runden Speisetisch, um den vier passende barocke Stühle standen. Weißes, dezent mit kleinen Ranken aus Blau und Gold verziertes Porzellan strahlte mit dem auf Hochglanz polierten Silberbesteck und den in der Abendsonne funkelnden Kristallgläsern um die Wette. Ein Strauß Rosen in warmen Gelb-, Rot- und Orangetönen schmückte die Tafel mit sommerlichen Farben. Das Arrangement trug die stilvolle Handschrift ihrer zukünftigen Belle-Mère, ihrer Schwiegermutter. Sie hatte Helma von Gerlau bei ihrer ersten Begegnung auf Anhieb in ihr Herz geschlossen.
Madeleines Puls beschleunigte sich, als sie Pauls vertraute Gestalt neben dem Tisch stehen sah, Paul von Gerlau, Doktor von Gerlau, der Mann, dessen Braut sie heute werden würde. Beinahe körperlich spürte sie seine Augen auf sich ruhen. Stumme, aufrichtige Bewunderung lag darin, und die Schmetterlinge in Madeleines Bauch flatterten entzückt auf.
Sie wusste, dass sie an diesem Abend gut aussah. Auf Anraten von Pauls Mutter hatte sie sich zu diesem besonderen Anlass in einer exklusiven Schneiderei an der Flaniermeile Unter den Linden ein neues Kleid aus dunkelblauer Seide anfertigen lassen. Zwar war es von schlichter Eleganz und keineswegs so üppig und verspielt, wie es die aktuelle Mode vorschrieb, doch hatte Madeleine beim Blick in den Spiegel feststellen können, dass es ihrem hellen Teint und den haselnussfarbenen Haaren ausgesprochen schmeichelte.
»Schön, dass du da bist, Madeleine.«
Paul war auf sie zugetreten und hatte ihr einen Kuss auf die Wange gehaucht. Wie von selbst glitten ihre Hände ineinander, und einige Atemzüge lang genoss sie das Gefühl, seine Nähe zu spüren. Dann begrüßte er ihren Vater, der schweigend, aber mit einem wohlwollenden Lächeln neben ihnen stand, und reichte seinem ehemaligen Medizinprofessor, Mentor und zukünftigen Schwiegervater, Docteur Albert Tellier, die Hand.
Warmes Abendlicht flutete durch die großen Fenster herein, die Kerzen auf dem Tisch waren entzündet. Pauls Mutter ging auf ihre Gäste zu, entbot zunächst dem Vater der Braut ihren Gruß und geleitete ihn zu Tisch. Anschließend wandte sie sich Madeleine zu, ergriff ihre Hände und drückte ihr einen mütterlichen Kuss auf Stirn und beide Wangen. Dann erst nahmen alle Platz, und die Hausherrin gab der Köchin ein Zeichen, das Essen auftragen zu lassen.
Madeleine nahm kaum wahr, wie das gemeinsame Diner verlief, wie all die erlesenen Speisen, welche die Köchin gezaubert hatte, schmeckten. Die ganze Zeit über dachte sie nur daran, was dieser Abend noch bringen würde. Eine einzige Frage, die ihr ganzes Leben verändern und die sie ohne Zögern mit »Ja« beantworten würde. Madeleine, die ihrem Vater hier in Berlin den Haushalt führte, die Ergebnisse seiner Forschungsarbeiten ins Reine schrieb und ihn auf jedwede Art unterstützte, wusste, dass es ein Glücksfall war, einem Menschen wie Paul zu begegnen. Er stand kurz davor, eine eigene Praxis zu eröffnen, sein Leben ganz dem Dienst an den Kranken zu widmen. Und selten hatte Madeleine zwei Menschen erlebt, die sich in ihren Zielen und Interessen so sehr ähnelten, sich auf solch selbstverständliche Art verstanden, wie Paul und ihr Vater Albert. Hatten sich doch beide mit aufrichtiger Hingabe der medizinischen Wissenschaft und der Heilung ihrer Patienten verschrieben.
Pauls Vater, Oberst von Gerlau, war einige Jahre zuvor verstorben, sodass Madeleine ihn nicht mehr kennengelernt hatte.
Nach dem wenigen, was Paul über den alten Obersten erzählt hatte, musste dieser ein harter, unerbittlicher Mann gewesen sein, mit starren, sehr rückwärtsgewandten Ansichten, der sich zudem stets seiner persönlichen Bekanntschaft mit Otto von Bismarck rühmte. Daher hätte es beinahe zu einem Zerwürfnis geführt, als Paul gegen den ausdrücklichen Wunsch seines Vaters ein Medizinstudium aufgenommen hatte, was dessen Plänen grundlegend zuwiderlief. Hatte er seinem gesellschaftlichen Stand entsprechend doch für seinen Sohn ebenfalls eine Offizierskarriere vorgesehen.
Nur höchst widerstrebend hatte sich Paul schließlich dem Druck seines Vaters gebeugt, sein Studium unterbrochen und nicht nur seinen Wehrdienst im Garderegiment, der Elitetruppe des preußischen Monarchen angetreten, sondern dort anschließend auch noch zwei zusätzliche Jahre als Freiwilliger abgeleistet. Genauer gesagt, im 4. Garde-Grenadier-Regiment Königin, das in Coblenz, in der weit entfernt gelegenen preußischen Rheinprovinz, stationiert war. Fünf lange Jahre, die Paul, der nicht das geringste Interesse für das Militärhandwerk aufbringen konnte und es vorgezogen hätte, sich ausschließlich der Medizin zu widmen, wie eine Ewigkeit vorgekommen waren.
Als dann im Januar des Jahres 1864 der Krieg gegen Dänemark ausbrach, war Paul gezwungen gewesen, mit seinem Regiment in die Schlacht zu ziehen, und zwei Jahre später, im Sommer 1866, ein weiteres Mal beim Feldzug gegen Österreich. Erfahrungen, über die er nur selten sprach, die ihn jedoch tief geprägt haben mussten. Denn gleich nach dem plötzlichen Tod seines Vaters hatte Paul seinen Dienst bei der Armee quittiert, um - endgültig, wie er hoffte - ins zivile Leben zurückzukehren, seine Studien beenden und als Arzt wirken zu können.
Verheißungsvolle Zukunftsaussichten, würde da nicht das Damoklesschwert einer drohenden Wiedereinberufung über ihm hängen. Madeleine wusste, wie besorgt Paul aufgrund der jüngsten politischen Entwicklungen war. Ereignisse, durch welche sich die Fronten zwischen dem Französischen Kaiserreich und Preußen, ja dem gesamten Norddeutschen Bund, bedeutend verhärtet hatten. Allen voran die unselige Frage nach dem Fortgang der spanischen Thronfolge, bei der die französische Seite unbedingt verhindern wollte, dass ein Hohenzoller den verwaisten spanischen Thron besetzte. Durch einen wohl recht rüde verlaufenen Zusammenstoß zwischen dem französischen Botschafter und dem preußischen König Wilhelm I., der sich jüngst in Bad Ems abgespielt hatte, drohte die ohnehin schon angespannte Lage nun vollständig zu kippen.
Aber das war nicht der einzige Grund, weshalb Madeleines Mutter Clotilde nicht nach Berlin gereist war, um der Verlobung ihrer einzigen Tochter mit einem Preußen beizuwohnen. Obgleich dieser aus wohlhabendem Hause und von Stand war.
Nicht jetzt, beschwor sich Madeleine, während sie langsam den Dessertlöffel ablegte, nicht jetzt darüber nachdenken .
Dennoch schmerzte es sie, dass auch ihr Bruder nicht gekommen war. Clément, dem sie in Kindertagen so nahegestanden, dessen ungezügeltes Temperament sie stets fasziniert hatte. Doch seit er nach Paris gegangen war, um Jura zu studieren, war es zwischen ihnen zu einer spürbaren Entfremdung gekommen. Nur ein einziges Mal hatte er ihren Vater und sie in Berlin besucht und bei dieser Gelegenheit auch Paul kennengelernt. Bis heute fragte sie sich, ob ihr Bruder damals aus Zorn oder aus Eifersucht so plötzlich wieder abgereist war. Eifersucht auf einen jungen Mann, den offensichtlich so viel mehr mit seinem Vater Albert verband als Clément selbst und der ihm zudem die Schwester abspenstig machte.
»Liebe Familie .« Pauls sonore Stimme ließ sie ins Hier und Jetzt zurückkehren. Er lächelte. »Ich bin dankbar und glücklich, dass wir heute hier zusammengekommen sind, um zu essen, zu trinken und gemeinsam unsere Verlobung zu feiern.«
Madeleine errötete, hielt aber Pauls Blick stand. An der Art, wie er sich durch das kurze aschblonde Haar fuhr, erkannte sie, dass er nicht ganz so gelassen war, wie er sich gab. Ein angenehmer Schwindel erfasste sie, als er aufstand und neben sie trat. Fest ergriff er ihre Hände und zog sie hoch. Sie spürte die Wärme seines Körpers, nahm den ihm eigenen Geruch nach Sauberkeit wahr, nach Lauge und medizinischem Alkohol.
»Ich habe heute die besondere Ehre, Mademoiselle Madeleine, der Tochter des geschätzten Docteur Tellier .« Wie durch Nebel hindurch vernahm sie seine Worte. Weit entfernt und doch unendlich nah. ». die wohl schönste aller Fragen zu stellen.«
Er sah sie an, und in seinen grauen, sonst meist konzentriert blickenden Augen stand ein anderes Gefühl . eines, das ihr eigenes widerspiegelte, in all seiner Aufrichtigkeit und Tiefe.
Ein angespanntes Warten schien über dem Raum zu liegen. Das Wohlwollen und die Zustimmung in den Mienen seiner Mutter und ihres Vaters mischten sich mit der Wärme des Sommerabends, dem Rausch ihres eigenen Glücksgefühls.
»Sicherlich wird es Leute geben«, fuhr Paul fort, »die uns vorwerfen werden, es sei nicht wirklich die passende Zeit für eine derartige Verbindung, da die politische Lage zwischen unseren beiden Ländern so angespannt ist. Ich aber bin der Meinung, dass es gerade in Zeiten der Krise Menschen geben muss, die fest zueinanderstehen, die in ihrem privaten Leben ein Beispiel geben für Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit, Vertrauen und Freundschaft, auch über die Landesgrenzen hinweg. Und mir genügt es zu wissen, dass...
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