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Inkontinenz und Senkungsbeschwerden im Griff
Viele Frauen kennen es - beim kräftigen Niesen, Husten oder Trampolinspringen mit den Kindern verlieren sie ungewollt kleine oder größere Mengen Urin. Mit zunehmendem Alter wird die Muskulatur des Beckenbodens schwächer, was eine Absenkung der Gebärmutter und der umliegenden Organe begünstigt. Auch Schwangerschaften und Übergewicht setzen dem Beckenboden zu. Eine Blasenschwäche kann zusammen, aber auch unabhängig von einer Senkung auftreten.
Prof. Ursula Peschers, international anerkannte Spezialistin für Urogynäkologie, erklärt anschaulich die Behandlungsmöglichkeiten, die für das jeweilige Beschwerdebild geeignet sind - von konservativen Therapien wie Beckenbodentraining bis zu chirurgischen Eingriffen.
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Um zu verstehen, warum Frauen inkontinent sind und warum sie eine Senkung haben, müssen wir erst nachvollziehen, warum sie normalerweise überhaupt kontinent sind und warum sie keine Senkung haben.
Kontinenz ist eine erlernte Funktion. Ein kleines Kind lernt zuerst laufen, dann lernt es sprechen und erst viel später lernt es, die Blase und den Darm zu kontrollieren. Kinder mit einer geistigen Behinderung lernen oftmals sprechen und laufen, aber relativ viele behinderte Kinder erlangen nicht die Kontrolle über die Blasen- und Darmfunktion.
Kontinenz beruht auf einem komplexen Zusammenspiel von Nerven (Großhirn, Wirbelsäule, Nervenversorgung von Muskeln, Blase, Darm), Bindegewebe und Muskeln. Die Blase und die Harnröhre und der Enddarm und der After müssen zusammenarbeiten, um die Füllung und die Entleerung zu managen.
Wenn die Blase sich füllt, wird das Großhirn über die Nerven über den Füllungszustand informiert. Hat die Blase eine gewisse Füllung erreicht, kontrolliert das Großhirn, dass sie sich nicht entleert, solange es nicht passend ist. Damit das funktioniert, muss der Schließmuskel der Harnröhre schließen. Der muskuläre Beckenboden muss die Harnröhre und die Blase stützen. Die Nerven müssen dafür sorgen, dass die Blase entspannt und die Harnröhre verschlossen ist. Ab einem gewissen Füllungszustand merkt man dann, dass die Blase langsam voll wird. Man überlegt sich, ob man zur Toilette gehen soll. Wenn es gerade passt, dann geht man zum WC, und wenn es nicht passt, weil man gerade noch Bus fährt, dann kann man gut noch eine Weile herauszögern. Der Beckenbodenboden hat eine gewisse Grundspannung und die Harnröhre ist verschlossen. Die Nerven des vegetativen Nervensystems (das sind die Nerven, die man nicht bewusst steuern kann) sorgen dafür, dass die Blase trotz zunehmender Füllung entspannt bleibt. Irgendwann sucht man dann in Ruhe die Toilette auf, zieht sich die Hosen herunter, setzt sich hin und dann dreht sich das ganze System um: Der Beckenboden und die Harnröhrenmuskulatur entspannen sich und der Blasenmuskel spannt sich an. Dann entleert sich die Blase.
Beim Stuhlgang funktioniert es ähnlich. Das feine Nervensystem im Becken und im Darm erkennt den Füllungszustand des Darms und der After hält den Enddarm verschlossen. Wenn alles funktioniert, wie es soll, kann man den Stuhldrang so lange unterdrücken, bis man auf der Toilette sitzt. Dann öffnet sich der Schließmuskel, die Muskulatur des Darms bewegt den Stuhl nach außen, manchmal hilft ein wenig Pressen, um den Stuhl ganz herauszubringen.
Die richtige Position der Beckenorgane (Blase, Harnröhre, Gebärmutter und Enddarm) werden durch die Beckenbodenmuskulatur und die Bandstrukturen in ihrer Position gehalten.
Der Beckenboden besteht aus verschiedenen Muskeln, die das kleine Becken nach unten abschließen: Das Diaphragma pelvis ist die innerste und wichtigste Schicht des Beckenbodens. Den hinteren Teil des Beckenbodens bildet der Musculus coccygeus, der funktionell nicht so bedeutend ist. Der wichtigere Teil ist der Musculus levator ani, der aus dem Musculus puborectalis, dem M. pubococcygeus und dem M. ileococcygeus besteht. Diese Muskelanteile arbeiten aber als Einheit zusammen und können bewusst nicht einzeln angesteuert werden. Der Levatormuskel setzt vorne neben der Harnröhre am knöchernen Becken an, der weitere Ansatzpunkt ist aber kein Knochen, sondern eine sehnige Struktur, die vom Schambeinbogen zu einem Knochenvorsprung, der Spina ischiadica, führt. Der Muskel ist wie ein »U« geformt und führt von der einen Seite des Schambeinbogens um die Harnröhre die Scheide und den Enddarm herum und setzt dann auf der anderen Seite des Schambeinbogens wieder an.
Die oberflächlichere Muskelschicht, das Diaphragma urogenitale, ist für die Beckenbodenfunktion von untergeordneter Bedeutung. Ganz außen folgt dann die Schwellkörper- und Schließmuskelschicht, dabei sind der Schließmuskel des Afters und der Schließmuskel der Harnröhre für die Kontinenz von großer Bedeutung.
Der Schließmuskel der Harnröhre ist ein sehr kleiner ringförmiger Muskel, der etwa in der Mitte der Harnröhre liegt. Darüber liegt noch ein kleiner Muskel, der den Blasenhals umschlingt und zusätzlich zum Verschluss der Harnröhre beiträgt.
Der After ist für das Halten von Stuhl und von Winden von zentraler Bedeutung. Er besteht aus vier Schichten. Die innerste Schicht ist die Schleimhaut, die ganz außen in die Haut übergeht, das sogenannte Anoderm. Das Anoderm wird von sehr vielen Nerven versorgt, die Informationen über die Stuhlbeschaffenheit an das Nervensystem leiten. Direkt unter der Schleimhaut finden sich Blutgefäße, die durch ihre Füllung zum Verschluss des Afters beitragen. Darauf folgt der innere Schließmuskel, der eine Verlängerung der Längsmuskulatur des Enddarms ist. Der innere Schließmuskel kann nicht bewusst angespannt werden, er wird vom vegetativen Nervensystem versorgt. Der innere Schließmuskel hat ständig eine Grundspannung und sorgt dafür, dass der After luftdicht abschließt und Blähungen nicht ungewollt entweichen. Der innere Schließmuskel wird vom dreiteiligen äußeren Schließmuskel umschlossen, der vom Pudendusnerv innerviert wird und bewusst angespannt werden kann. In seiner äußersten Schicht, direkt unter der Haut am After, ist der Schließmuskel ein kräftiger Muskelring.
Der Damm: Zwischen dem After und dem Scheideneingang befindet sich eine Haut- und Bindegewebsschicht, der sogenannte Damm. Der Damm ist normalerweise 2-4 cm hoch ausbildet. Im Bereich des Dammes zur Scheide hin befinden sich kleine Muskeln, die für die Kontinenz nur eine untergeordnete Rolle spielen. Die Strukturen des Beckenbodens gehen fließend ineinander über und arbeiten als Team.
Der Pudendusnerv: Alle Muskeln des Beckenbodens werden durch Äste des Pudendusnervs innerviert. Der Pudendusnerv entspringt aus den Rückenmarksegmenten S1-S4 am Kreuzbein. Der Nerv verläuft dann nach vorne und unten in Richtung Beckenboden an der Seite des knöchernen Beckens durch das Foramen infrapiriforme in den Alcock'schen Kanal. Er verzweigt sich dann in verschiedene Äste, die die unterschiedlichen Anteile des Beckenbodens versorgen. Dazu gehören auch der Harnröhrenschließmuskel und der After. Der Pudendusnerv hat motorische Anteile, die für die Anspannung der Muskeln verantwortlich sind, und sensorische Anteile, die Empfindungen wie Schmerzen übertragen.
Es gibt aber auch weitere Nerven, die für die Kontinenz wichtig sind: Das vegetative Nervensystem besteht aus dem Parasympathikus (Vagusnerv) und dem Sympathikus. Der Parasympathikus stimuliert die Darmtätigkeit und führt zu einer Anspannung der Harnblase. Der Sympathikus hingegen hemmt die Darmtätigkeit und entspannt die Harnblase.
Der Beckenboden wird bei der Frau an drei Stellen durchbrochen: Ganz vorne direkt hinter dem Schambeinbogen verläuft die Harnröhre von der Blase nach außen. Direkt dahinter befindet sich die Scheide und dahinter befinden sich der Enddarm und der After. Die Organe des Beckenbodens liegen oberhalb des Beckenbodens. Ganz vorne befindet sich die Blase, dahinter die Gebärmutter und dann folgt der Darm.
Die haltgebenden Strukturen: Die Harnröhre wird durch ein Band, das Ligamentum pubourethrale, in ihrer Position gehalten. Das Bindegewebe der vorderen Scheidenwand stützt die Harnröhre wie eine Hängematte. Auch an der Scheidenhinterwand gibt es eine stützende Bindegewebsschicht. Die Gebärmutter und das Scheidenende werden durch kräftige Bindegewebsschichten fixiert. Zur Seite hin ist es das Kardinalligament. Die kräftigste Struktur sind die beiden Sacrouterinbänder, die vom Kreuzbein zum Gebärmutterhals führen.
Die Bandstrukturen und die Muskulatur verschließen das kleine Becken nach unten und verhindern, dass sich die Harnröhre mit der Blase, die Gebärmutter und der Enddarm nach unten absenken. Dazu hat die Beckenbodenmuskulatur stets einen Ruhetonus. Beim Anspannen der Beckenbodenmuskulatur werden der Mastdarm und der Blasenhals angehoben. Das verschließt die Harnröhre und engt von hinten den Mastdarm ein. Gleichzeitig werden der Schließmuskel der Harnröhre und der After angespannt und dichten zusätzlich ab. Diese Anspannung läuft in der Regel unbewusst ab. Die Erhöhung des Drucks im Harnröhrenschließmuskel lässt sich beispielsweise schon wenige Millisekunden vor dem Hustenstoß nachweisen. Es ist in der Regel nicht möglich, die Muskeln im Beckenboden einzeln anzusteuern. Sie werden alle vom gleichen Nerv, dem Pudendusnerv, versorgt und ein bewusstes Anspannen des Beckenbodens führt zur Kontraktion aller Anteile der Muskulatur.
Das bewusste Anspannen der Beckenbodenmuskulatur führt aber nicht zum Abdichten von Harnröhre und Darm. Dies wird über Reflexe, also das autonome Nervensystem, geregelt. Blase und Darm wird so signalisiert, dass aktuell keine Entleerung möglich oder nötig ist und dass sie entspannen sollen. Eine gut funktionierende Beckenbodenmuskulatur ist damit wichtig für die Kontinenz für Harn, Stuhl...
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