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Der lang erwartete Debütroman von Sarah Perry, Autorin des Bestsellers DIE SCHLANGE VON ESSEX
An einem heißen Sommertag beschließt John Cole sein Leben hinter sich zu lassen.Er sperrt seinen Buchladen zu, den nie jemand besuchte, und verlässt London. Nach einer Autopanne sucht er Hilfe, verirrt sich und gelangt zu einem herrschaftlichen, aber heruntergekommenen Anwesen.Dessen Bewohner empfangen ihn mit offenen Armen - aber hinter der seltsamen Wohngemeinschaft steckt ein Geheimnis. Sie alle kennen seinen Namen, haben ein Zimmer für ihn vorbereitet und beteuern, schon die ganze Zeit auf ihn gewartet zu haben.
Wer sind diese Menschen?Und was haben sie mit John vor?
NACH MIR DIE FLUT ist der eindringliche Debütroman von Sarah Perry. Betörend schön, unheimlich und psychologisch raffiniert. Ein elegant-düsteres Kammerspiel
"Sarah Perry schafft eine Atmosphäre, die den Leser noch lange nach der letzten Seite im Bann hält." John Burnside
"Eine wunderbare, traumähnliche Erzählung. Selten begegnen uns solch eindrucksvolle Debütromane." Sarah Waters
"Nur selten greift man zu einem Roman, der einen von der ersten Seite an in den Bann schlägt. Perrys Debüt ist einer dieser Romane." Phil Barker, SUNDAY TIMES
"Die kunstvollen und komplexen Charaktere machen diesen Roman wirklich außergewöhnlich." John Burnside, GUARDIAN
"Ein dunkler, erstaunlicher Roman, der an W. G. Sebald mit einem Schuss Gothic erinnert."Catherine Blyth, SUNDAY TELEGRAPH
Ich schreibe diese Zeilen an einem alten Schulpult, in einem fremden Zimmer. Ich sitze auf einem kaputten Stuhl, der bei jeder Bewegung knarzt, deswegen halte ich möglichst still. In den Deckel des Pults haben Kinderhände - oder waren es die eines Mannes? - Symbole eingeritzt, am Grund des leeren Tintenfasses liegt ein Käfer auf dem Rücken. Eben noch meinte ich zu sehen, wie er sich bewegt, aber er ist staubtrocken und wahrscheinlich schon lange vor meiner Ankunft gestorben.
Der Papierschirm der Lampe, die zu meinen Füßen steht, ist mit Nachtfaltern bemalt und die Staubschicht auf der Glühbirne so dick wie Filz. Ich wage nicht, sie einzuschalten, aus Angst, die anderen könnten es sehen und zurückkommen. Zu meiner Seite befinden sich zwei Fenster, und ein helles Licht vom Ende des Gartens wirft zwei abgeschrägte Flächen an die Wand und lässt das Schreibpapier gelb erscheinen, ebenso wie meine Hände, die aussehen, als gehörten sie nicht zu mir; ich muss mich fragen, wo meine geblieben sind und was sie gerade tun. Ich lausche auf Schritte im Flur oder Stimmen im Garten, aber es ist nichts zu hören als das stille Haus. Man hat mir zu viel zu trinken gegeben, ich habe ein Dröhnen in den Ohren, und meine Augen brennen, sobald ich versuche, sie zu schließen .
Ich habe noch nie Tagebuch geführt. Nichts, was mir je passiert ist, war es wert, aufgeschrieben zu werden. Doch was sich heute ereignet hat - was ich heute getan habe -, ist so unglaublich, dass ich fürchte, ich könnte es in einem Monat für einen grotesken Roman halten, gelesen vor vielen Jahren, als ich noch jung war und es nicht besser wusste. Ich trage nichts bei mir, das Schreibheft habe ich in dem Pult gefunden, an dem ich sitze. Es lag ganz hinten in der Schublade, unter von Feuchtigkeit gewellten Zeitungen. Das Papier riecht modrig, und die Seiten sind leer, alle bis auf die letzte, auf die jemand immer wieder denselben Namen geschrieben hat, Zeile für Zeile, als hätte er eine Unterschrift geübt. Der Name ist fremdartig, kommt mir aber seltsam bekannt vor, ich weiß bloß nicht mehr, woher: EADWACER, EADWACER, EADWACER.
Ich habe meinen daruntergesetzt, denn falls ich jemals wieder einen Blick in dieses Heft werfe, soll meine Handschrift mich daran erinnern, dass ich derjenige war, der all diese Ereignisse aufgeschrieben hat; dass ich all das getan habe und niemanden die Schuld trifft als mich. Ich schreibe meinen Namen noch einmal, in mutigeren, größeren Buchstaben, als er es verdient hat, JOHN COLE, dreifach unterstrichen.
Ich wünschte, ich könnte meine Geschichte in der Stimme eines anderen erzählen. Ich wünschte, ich könnte all meine Lieblingsbücher nehmen und mir Worte leihen, die besser sind als diese; aber ich muss mich wohl mit einem leeren Heft und mir selbst begnügen, einem Mann, der noch nie eine Geschichte zu erzählen hatte und nicht weiß, wo er anfangen soll, außer ganz am Anfang .
Letzte Nacht habe ich tief und zu lange geschlafen; beim Aufwachen hatte sich das Laken so fest um meine Beine gewickelt wie ein Seil. Meine Kehle war wund und trocken, als wäre ich gerannt. Ich zog den am Vorabend herausgehängten grauen Anzug und eine graue Krawatte an, und beide saßen so schlecht, als gehörten sie einem Fremden.
Auf der Straße war es unheimlich still, seit dreißig Tagen hatte es nicht mehr geregnet. Viele Leute hatten inzwischen die Stadt verlassen, um sich anderswo vor der Sonne zu verstecken, und ich fragte mich, ob ich eines Morgens vor die Tür treten und feststellen würde, dass ich als Einziger noch hier bin. Auf dem Weg zur Arbeit begegnete ich keinem einzigen Nachbarn, und in allen Schaufenstern waren die Jalousien heruntergelassen. Ich stellte mir vor, dass die Kunden schon vor dem Buchladen standen, durchs Fenster spähten und sich fragten, wo ich denn bliebe, schließlich komme ich nie zu spät - aber natürlich wartete niemand. Noch nie hat jemand gewartet.
Ich schloss das Geschäft auf und merkte schon nach kurzer Zeit, dass mir die trockene, kühle Luft nicht bekam. Ich fühlte mich schwach, mir war übel. Neben der Kasse steht ein Lehnstuhl (er hat meinem Vater gehört, und wann immer ich darin sitze, glaube ich, seine Stimme zu hören: »Raus mit dir, Junge!«), zu dem ich mich hinschleppte. Meine Knie gaben nach, und ich sank hinein. Der Schweiß durchnässte mein Hemd und brannte mir in den Augen, außerdem bekam ich starke Kopfschmerzen. Ich habe nie verstanden, wie manche Leute es fertigbringen, tagsüber zu schlafen, aber nun lehnte ich mich zurück und döste ein.
Mein Bruder behauptet immer, ich gehöre in das Antiquariat wie eine Schnecke in ihr Haus. Wenn er das sagt, spiele ich ihm zuliebe den Empörten, doch er hat recht. Noch nie habe ich mich, wenn ich in dem alten Sessel sitze oder an der Kasse stehe, deplatziert gefühlt. Aber als ich um die Mittagszeit wieder aufwachte, hatte alles sich verändert, und nichts war mehr so wie vorher. Die Standuhr in der Ecke tickte missmutig und viel zu langsam vor sich hin, und im Muster des Teppichs sah ich seltsame Vögel, die nach mir zu hacken schienen. Immerhin hatte der Kopfschmerz ein wenig nachgelassen, und so war ich in der Lage, aufzustehen und dies und das zu erledigen. Obwohl ich ahnte, dass niemand kommen würde, wartete ich auf Kundschaft. Ich sehne mich nur selten nach Gesellschaft, außerdem wäre ich bei den meisten Menschen wohl ohnehin nicht willkommen; doch als ich da vor den Regalen stand und Bücher einsortierte, hoffte ich inständig, die Glocke über der Tür würde klingeln und ein Kunde hereinkommen, den ich mit den Worten »Kann ich Ihnen helfen?« begrüßen könnte.
Ich trat ans Fenster und schaute auf die Straße hinaus. Jemand rief nach seinem Hund, dann war es noch stiller als zuvor. Ich hätte es nie für möglich gehalten, aber mein Herz sank; es war eine körperliche Empfindung, so real wie Hunger oder Schmerz, und wie ein Schmerz löste sie kalten Schweiß aus. Auf der Suche nach einem Taschentuch, mit dem ich mir die Stirn trocknen könnte, schob ich eine Hand in meine Hosentasche und fand eine alte Postkarte, die ich vor Wochen zusammengefaltet, eingesteckt und dann vergessen hatte.
Die Karte zeigte ein auf dem Trockenen liegendes Boot bei Sonnenaufgang. Die Marschlandschaft sah so klamm und trostlos aus, als hätte es in der Absicht des Fotografen gelegen, etwaige Besucher abzuschrecken. Jemand hatte ein Strichmännchen hineingemalt, es stand im flachen Wasser und winkte mir zu. Ich drehte die Karte um und sah ein mit grünem Buntstift gemaltes Fragezeichen und darunter den Namen CHRISTOPHER in riesigen Lettern. Mein Bruder hält in seinem Haus an der Küste von Norfolk ein Gästezimmer für mich bereit, eingerichtet mit einem schmalen Bett und einem Regal voller Romane, die einen Menschen wie mich möglicherweise interessieren könnten. Er sagt oft: »Komm uns besuchen; wirklich, du kannst jederzeit kommen«, aber ich besuche ihn nie, außer zu Weihnachten, wenn es sich so gehört.
Ich wendete die Karte hin und her und hielt sie mir unter die Nase, als könnte ich so das Salz der Marschen riechen. Im Haus meines Bruders würde mich eine Schar fröhlicher Jungen erwarten, meine gut gelaunte Schwägerin und natürlich mein Bruder selbst, der gern bis spät in die Nacht aufbleibt, um Whisky zu trinken und zu plaudern. Ich könnte es aushalten, dachte ich plötzlich, dort gäbe es wenigstens frische Luft und eine kühle Brise am Nachmittag. Schnell holte ich ein Stück Pappe aus dem Schreibtisch, schrieb so ordentlich wie möglich BIS AUF WEITERES GESCHLOSSEN darauf und stellte es ins Fenster. Dann löschte ich die Lichter, schloss den Laden ab und ging nach Hause.
Ich hatte auf einen Wetterumschwung gehofft, doch der Himmel blieb leer und hell, und auf dem Heimweg kehrte der Kopfschmerz zurück. Ich packte eine kleine Reisetasche und schlich mich so verstohlen wie ein Schulschwänzer aus der Wohnung. Ich musste einmal bis ans Ende der Straße laufen und wieder zurück, bevor ich mein Auto fand. Die Hitze hämmerte auf den Gehweg, und es war fast unmöglich, die eine Straßenseite von der anderen zu unterscheiden. Schließlich entdeckte ich meinen Wagen, der von einer feinen, rötlichen Staubschicht bedeckt war. Jemand hatte ein Pentagramm auf die Windschutzscheibe gemalt.
Hätte ich besser umkehren sollen? Ein klügerer Mann hätte sofort erkannt, dass die Reise unter keinem guten Stern stand - hoch oben auf einem der Balkone sang ein Kind (ausgerechnet »We all fall down«!), und unten im Rinnstein lag eine tote Taube auf dem Rücken, aber als ich zu den Fenstern der Wohnung hinaufschaute, waren sie so leer, als wohnte dort schon seit Jahren keiner mehr.
Erst nachdem ich London verlassen hatte und eine gute Stunde gefahren war, fiel mir auf, dass ich weder eine Straßenkarte noch den kleinen Zettel dabeihatte, auf dem mein Bruder mir einmal die kürzeste Strecke notiert hatte. Ich war überzeugt, den Weg zu kennen, doch wie immer spielte meine Erinnerung mir einen Streich; keine zwei Stunden später hatte ich mich gründlich verirrt. Auf den schwarzen Tafeln am Straßenrand stand LANGSAM FAHREN, die Sonne fiel zum Seitenfenster herein und versengte mir den Unterarm. Ich öffnete das Fenster, aber die Luft, die von draußen einströmte, stank nach fauligen Abgasen. Ein Hustenanfall schüttelte mich.
Ich bekam Panik. Mein Magen krampfte sich zusammen wie eine Faust, und ein säuerlicher Geschmack breitete sich in meinem Mund aus, als hätte ich mich schon übergeben. Mein Herz schlug mit einer wilden Wucht, die als frischer Schmerz im Schädel widerhallte, und meine Hände schienen am Lenkrad festzukleben. Mein Körper gehorchte mir nicht mehr, ich...
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