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Kurz nach Jasons Sprung in die Vergangenheit
Dass er noch am Leben war, überraschte ihn selbst am meisten.
In dem Augenblick, da die Explosion das Schott aus den Angeln riss und die Grauen Wächter die Zeitkammer stürmten, hatte Yussuf gedacht, dass alles vorbei wäre. Aus dem Augenwinkel hatte er noch gesehen, wie die Gestalten von Jason und Namira sich auflösten und schließlich ganz verschwanden, und ihm war klar gewesen, dass ihre Reise in dem Moment vorbei sein würde, in dem die Grauen den Seelenwürfel bekamen.
Das durfte nicht geschehen!
Obwohl die Wucht der Explosion ihn quer durch den Raum geschleudert hatte, obwohl er mit dem Rücken gegen die steinerne Wand geprallt und vor Schmerz halb benommen war, riss er die Pistole in den Anschlag, die er noch immer krampfhaft umklammerte, und drückte den Abzug.
Gleich mehrmals hintereinander spuckte die Waffe Feuer. Der Wächter, der ihm am nächsten war, brach zusammen. Einer seiner Kumpane stürzte über ihn und ging knurrend zu Boden.
Das verschaffte Yussuf die Zeit, die er brauchte, um sich wieder auf die Beine zu raffen und zu der Säule zu eilen, auf der der Seelenwürfel lag - jenes aus dem geheimnisvollen Tempurit gefertigte Behältnis, in dem sich nun die unsterbliche Seele von Jason Wells befand. Nahm sie Schaden, so bedeutete dies das Ende des Jungen, und Namira würde unrettbar gestrandet sein, irgendwo in der Vergangenheit!
Rasch nahm Yussuf den Würfel an sich, schob ihn unter sein weites Hemd, während weitere Graue Wächter in die Zeitkammer stürmten. Gleichzeitig stieg mit hässlichem Zischen gelber Rauch auf - eine Betäubungsgranate!
Doch in diesem Moment hatte sich Yussuf bereits auf einen anderen Ort konzentriert, auf eine andere Zeit . auch wenn sie nur wenige Augenblicke vor seiner eigenen lag. Er spürte, wie sich seine Umgebung in Nebel hüllte, hörte noch den wütenden Schrei des Grauen Wächters und das Rattern seiner Maschinenpistole. Doch die Kugeln erreichten Yussuf nicht mehr, fegten durch seine sich auflösende Gestalt hindurch - während der Zeithüter selbst das Gefühl hatte, in bodenlose Tiefe zu stürzen.
Der Sturz endete nur Augenblicke später, inmitten einer alten Kanalröhre, die unter der Kammer verlief - mit einem winzigen Sprung in die Zukunft hatte sich Yussuf hierher gerettet. Den Grauen Wächtern war der Zeithüter damit fürs Erste entkommen - den Rest seiner Flucht allerdings würde er wie jeder andere Mensch zu Fuß zurücklegen müssen.
Hals über Kopf hetzte er die schmale Röhre hinab, die sich vor ihm erstreckte. Den Seelenwürfel, dessen orangerotes Glühen ihm zugleich als Lichtquelle diente, presste er dabei schützend an sich, so als hinge sein eigenes Leben davon ab.
Was aus seinen Leuten geworden war, den anderen Kämpferinnen und Kämpfern des Widerstands, konnte er nur vermuten. King, seine rechte Hand, war mit hoher Wahrscheinlichkeit tot, von den Wächtern erschossen. Ob die anderen es geschafft hatten, sich wie er selbst in die Kanalisation zu flüchten, vermochte er nicht zu sagen. Alle, die sich den Zeitrebellen angeschlossen hatten, hatten das Risiko gekannt. Sie hatten gewusst, dass ein Tag wie dieser kommen würde, es war fast unausweichlich gewesen. Nimrods Spione waren buchstäblich überall - schon der geringste Fehler, die kleinste Unvorsichtigkeit bedeutete entdeckt zu werden. Es grenzte an ein Wunder, dass es überhaupt so lange gut gegangen war.
Nun war geschehen, was Yussuf stets befürchtet hatte, doch die Opfer waren nicht vergeblich gewesen. Denn Jason Wells war unterwegs in die Vergangenheit - und solange er unterwegs war, bestand Hoffnung, dass er die Timelocks fand und zerstörte und Nimrods Schreckensherrschaft damit beendete.
Wie gering diese Hoffnung war, darüber dachte Yussuf lieber nicht nach, während er durch die Röhren der alten Kanalisation hetzte, die sich in einem wirren Labyrinth unter der Metropole erstreckten, bis hinab zum Fluss.
Falls die Grauen Wächter auf den Gedanken kamen, hier nach ihm zu suchen, würden sie nicht nur Probleme haben, sich zurechtzufinden; die uralten, steingemauerten Röhren waren auch zu eng für ihre hünenhaften, grobschlächtigen Gestalten. Aber es war ohnehin wahrscheinlicher, dass sie ihm Drohnen auf den Hals hetzten - vor ihnen musste Yussuf auf der Hut sein. Jason Wells mochte der Sohn der mächtigsten Zeithüter sein, die es je gegeben hatte, und vielleicht hatte auch er selbst Kräfte, von denen er noch nichts ahnte - aber wenn die Grauen den Seelenwürfel in ihren Besitz bekamen, bedeutete dies in jedem Fall das Ende der Mission.
Yussuf biss die Zähne zusammen. Er musste alles daran setzen, Jason die nötige Zeit zu verschaffen - mehr konnte er jetzt nicht mehr für ihn tun. Warum nur hatte er den Jungen nicht besser ausgebildet? Ihm seine Herkunft nicht schon früher offenbart? Der Plan des Widerstands hatte vorgesehen, Jason bis zu seiner Volljährigkeit in der Lehranstalt zu belassen - dort wäre er sicher gewesen, wenn sich die Ereignisse nicht plötzlich überstürzt hätten. Doch sein Erbe hatte Jason vorzeitig verraten und die Gefahr der Entdeckung war zu groß geworden. Also hatte Yussuf Namira als Agentin des Widerstands in Anstalt 118 geschleust. Wenn er sich nicht auf seine eigene Tochter verlassen konnte, auf wen dann? Die Fähigkeit des Springens mochte Namira nicht von ihm geerbt haben, aber sie war eine Kämpferin durch und durch, loyal und mutig, die beste Agentin, die er je ausgebildet hatte.
Anfangs war alles gut gegangen.
Namira hatte Kontakt zu Jason aufgenommen und ihn vor seinen Feinden in der Anstalt beschützt. Doch dann war alles ganz anders gekommen als geplant - und nun rannte Yussuf Hals über Kopf durch ein Labyrinth alter Kanalröhren, wobei er den Seelenwürfel als Lichtquelle benutzte.
Anfangs trieb ihn noch das Adrenalin an, das heiß durch seine Adern pumpte und dafür sorgte, dass er schneller und ausdauernder lief als bei jedem Training. Doch mit der Zeit ließ die Wirkung nach und Erschöpfung stellte sich ein.
Die Schritte des Zeithüters verlangsamten sich, sein Atem begann zu rasseln. Schließlich gesellte sich noch ein fieser Schmerz hinzu - und Yussuf stellte fest, dass sein linker Hemdsärmel blutgetränkt war.
»Verdammt«, stieß er hervor.
Er blieb stehen und öffnete sein Hemd, zog es von der linken Schulter. Eine Fleischwunde klaffte darin, die heftig blutete. Offenbar hatte es ihn bei dem Sturz gegen die Wand doch schlimmer erwischt, als er gedacht hatte. Oder hatte eine Kugel ihn gestreift? In der Aufregung seiner Flucht hatte er es zunächst gar nicht bemerkt, doch nun wurde der Schmerz immer stärker und schwächte ihn.
Mit einer Verwünschung auf den Lippen legte er den Seelenwürfel auf den Boden. In seinem Licht riss Yussuf die beiden Ärmel seines Hemdes ab. Den blutgetränkten ließ er in einer der Beintaschen seiner Hose verschwinden, um keine Spuren zu hinterlassen, den anderen benutzte er, um die Wunde notdürftig zu verbinden. So, sagte er sich, würde es einigermaßen gehen, bis es ihm gelang, Kontakt zur nächsten Widerstandszelle aufzunehmen.
Er nahm den Seelenwürfel auf und wollte weiter - als er im orangeroten Licht die Blutspur sah, die er hinterlassen hatte, ohne es zu bemerken. Erneut stieß er eine Verwünschung aus. Die Spur war nicht sehr deutlich, aber Spürdrohnen würden dennoch in der Lage sein, ihr zu folgen - und die Grauen Wächter würden das Blut analysieren und womöglich erkennen, von wem es stammte .
Für einen Moment überlegte er, umzukehren und die Spur zu beseitigen, doch zum einen konnte er das gar nicht mit dem, was ihm zur Verfügung stand, zum anderen hätte es bedeutet, sich den Grauen Wächtern wieder zu nähern und den Seelenwürfel geradewegs zu ihnen zu tragen. Dieses Risiko konnte er nicht eingehen - also wandte er sich in die andere Richtung und setzte seine Flucht durch die Kanalisation fort.
Er ahnte nicht, dass Graue Wächter und Spürdrohnen nicht die einzigen waren, die sich für die Blutspur interessierten, die er in der Röhre hinterließ .
Irgendwann hörte er vor sich Wasser plätschern und atmete auf. Das musste bedeuten, dass der Fluss ganz in der Nähe war. Mit etwas Glück würde auch das Boot noch da sein, das seine Leute ein Stück flussabwärts versteckt hatten, und er konnte im Schutz der Nacht entkommen.
Schon spürte er die frische Luft, die ihm vom Ende der Röhre entgegendrang. Er folgte der Biegung, die der schmale Tunnel beschrieb, und konnte plötzlich das Ende sehen: das schwarze Wasser des Nils, darüber die mondlos dunkle Nacht. Der Anblick gab Yussuf neuen Mut.
Er biss die Zähne zusammen und schleppte sich dem Ende der Röhre entgegen, ungeachtet des heftigen Schmerzes in seiner Schulter. Dass ihm etwas in der Dunkelheit folgte, dass der Geruch seines Blutes einen Jäger angelockt hatte, der sich unbemerkt an seine Fersen geheftet hatte, merkte er nicht. Sein Ziel war die Tunnelmündung, dorthin wollte er, und er atmete auf, als er sie erreichte.
»Endlich«, flüsterte er, als er hinaus ins Freie wankte. Die Röhre mündete auf die Uferböschung, die sanft zum Fluss hin abfiel. Tausendfach spiegelten sich die Lichter der Stadt im schwarzen Wasser.
Gierig sog Yussuf die kühle, unverbrauchte Luft in seine Lungen - doch zum Aufatmen blieb keine Zeit. Denn in diesem...
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