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Für ihre Zukunft muss sie sich der Vergangenheit stellen ...
England, 1832: Nicht ahnend, wer sie wirklich ist, wächst Hope gut behütet bei der Familie Renton auf. Als sie jedoch in die Dienste einer reichen Familie tritt, ziehen dunkle Wolken in ihrem Leben auf: Hope wird gezwungen, die Rentons zu verlassen und muss sich plötzlich auf der Straße durchschlagen. Bei Ausbruch der Cholera in Bristol ist Hope eine der wenigen, die sich aufopfernd um die Kranken kümmert. Dabei lernt sie den Arzt Bennett Meadows kennen und folgt ihm zu den Schlachtfeldern des Krimkrieges. Doch das Schicksal führt sie schließlich wieder nach England, wo sie sich den Geheimnissen ihrer Herkunft stellen muss ...
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Somerset, 1832
Von Schreien ist noch kein Baby auf die Welt gekommen!«, fuhr Bridie gereizt auf und drückte ihrer Herrin das Seil, das am Kopfende des Bettes festgeknotet war, mit Gewalt in die Hände. »Ziehen Sie einfach daran und beißen Sie die Zähne zusammen.«
Als sich die Tür hinter ihr öffnete, warf sie kurz einen Blick über die Schulter; Nell, das Stubenmädchen, kam mit einer Schale heißen Wassers herein. »Das wurde aber auch Zeit! Ich dachte schon, du wärst weggelaufen«, blaffte sie.
Nell war nicht gekränkt von den scharfen Worten der alten Bridie; sie verstand deren Angst. Bridie war keine Hebamme, und einzig das blanke Entsetzen angesichts des Gedankens, Lady Harvey könne öffentlich in Schande gestürzt werden, hatte sie dazu veranlasst, das Kind selbst zu holen. Jetzt sah man ihr jedes einzelne ihrer sechzig Jahre an: Das eisengraue Haar lugte unter ihrer gestärkten Haube hervor, das rundliche Gesicht wirkte im Licht der Kerzen abgespannt und gelblich, und die blauen Augen, in denen normalerweise Erheiterung funkelte, waren stumm von Anstrengung und Sorge.
»Vielleicht sollten wir den Arzt holen«, platzte Nell heraus, als sie die dunkelroten, geweiteten Adern sah, die Lady Harvey im Gesicht und am Hals hervortraten. »Es dauert gewiss zu lange, und sie hat solche Schmerzen.«
Bridie funkelte sie an, was Nell als Fingerzeig nahm, dass sie ihre Meinung für sich behalten sollte. Sie nahm den Lappen aus der Kaltwasserschüssel, wrang ihn aus und wischte ihrer Herrin die Stirn ab. Sie hoffte nur, dass Bridie wusste, was sie tat, denn wenn Ihre Ladyschaft starb, würden sie beide in ernsten Schwierigkeiten stecken.
Die abgestandene Luft im Raum roch unangenehm, und es war trotz des fast erloschenen Feuers heiß wie in einem Ofen. Die schweren Vorhänge um das Bett herum und die auf Hochglanz polierten, dunklen Möbel verstärkten die erdrückende Atmosphäre noch. Nell hatte die ersten Strahlen der Morgendämmerung am Himmel aufscheinen sehen, als sie das heiße Wasser aus der Küche geholt hatte, und sie war so müde, dass sie an Ort und Stelle hätte umfallen mögen.
Im vergangenen Jahr hatte sie bei der Geburt ihres kleinen Bruders geholfen, aber das war etwas ganz anderes gewesen. Mutter war noch wenige Minuten vor ihrer Niederkunft herumgelaufen, dann hatte sie sich niedergelegt und einen leisen Schrei ausgestoßen, und im nächsten Moment war das Baby da gewesen; es hatte glatt wie ein neugeborenes Ferkelchen seinen Weg auf die Welt zurückgelegt. Und bis zum heutigen Abend war Nell davon ausgegangen, dass alle Frauen ihre Babys auf diese Weise bekamen.
Aber Lady Harvey hatte um sechs Uhr am vergangenen Abend angefangen, wie besinnungslos zu schreien, und es war während der Nacht immer schlimmer und schlimmer geworden. Ihr hübsches weißes Nachthemd war durchweicht von Schweiß, und ihr gewölbter Bauch darunter wirkte im flatternden Kerzenlicht seltsam anstößig.
Wenn es das war, was eine Frau davon hatte, wenn sie mit einem Mann zusammen war, würde sie lieber als Jungfrau sterben, dachte Nell.
»Lass mich sterben und das Baby mit mir!«, kreischte Lady Harvey. »Gott, hast du mich nicht schon genug gestraft für meine Verderbtheit?«
»Pressen Sie das Baby heraus, oder Sie werden wirklich sterben«, brüllte Bridie zurück und versetzte ihrer Herrin einen scharfen Schlag auf den nackten Schenkel. »Kommen Sie, pressen Sie das kleine Ding heraus, verdammt!«
Was es auch war, der Schlag oder die Androhung des Todes - Lady Harveys Schreie verwandelten sich in eine Art Brüllen, wie es eine kalbende Kuh auch nicht besser hätte ausstoßen können, und plötzlich presste sie mit echter Entschlossenheit.
Etwa zwanzig Minuten später weiteten Nells Augen sich, als endlich der Kopf des Babys zum Vorschein kam. Das Haar darauf war zigeunerschwarz und bildete einen scharfen Gegensatz zu den lilienweißen Schenkeln ihrer Herrin.
»Da ist es! Es kommt.« Bridies Stimme war plötzlich nüchtern von Erleichterung. »Lassen Sie es kommen, hören Sie auf zu pressen.«
Alle Erschöpfung vergessend, sah Nell verzaubert zu, wie das Baby in Bridies knotige alte Hände glitt. Der Bauch, der noch Sekunden zuvor so straff und geschwollen gewesen war wie ein reifer Kürbis, sackte plötzlich in sich zusammen, und Ihre Ladyschaft stieß einen sanften Seufzer der Erleichterung aus; endlich war ihr Martyrium vorüber.
Bridie legte den Säugling ganz bewusst nicht zu seiner Mutter und stellte nicht einmal fest, dass es ein Mädchen war. Nell fing den Blick der älteren Frau auf und sah die Furcht darin, und mit einem Mal erloschen die Freude und das Staunen, die sie selbst angesichts des Wunders eines neuen Lebens empfunden hatte.
Diesem Baby war es nicht bestimmt zu leben. Bridie würde ihm keinen Klaps auf sein kleines Hinterteil geben oder in seinen winzigen Mund atmen, um ihm zu helfen. Es war ihm bestimmt zu sterben.
»Ist es jetzt wirklich vorüber?«, fragte Lady Harvey, deren Stimme kaum mehr war als ein heiseres Flüstern.
»Ja, es ist vorüber, Mylady«, sagte Bridie, während sie mit schnellen Griffen die Nabelschnur verknotete und durchtrennte. »Jetzt kommt nur noch die Nachgeburt, dann werden Sie schlafen und alles vergessen können.«
Nell blickte auf das reglose Baby, das stumm auf dem Bett lag. Ihre jüngeren Geschwister waren bei ihrer Geburt allesamt hässlich und rot gewesen und hatten kahle Köpfe gehabt. Sie hatten ihren Ärger über ihr jähes Erscheinen in einer schroffen, neuen Welt lautstark kundgetan. Aber dieses Kind war hübsch, mit dunklem Haar und einem Mund wie einer kleinen Rosenknospe. Vielleicht lag es daran, dachte Nell, dass es sein Schicksal war, direkt in den Himmel zu gehen.
»Ist es gestorben?«, murmelte Lady Harvey schläfrig. Die aufgeplatzten Äderchen waren bereits verblasst, doch sie sah immer noch bleich und ausgezehrt aus. Ihr langes, goldenes Haar, das Bridies ganzer Stolz war, hing ihr verfilzt und stumpf vom Scheitel. Nell konnte kaum glauben, dass dies die junge Frau war, die sie stets für ihre heitere Eleganz und Schönheit bewundert hatte.
Bridie warf nur einen flüchtigen Blick auf den Säugling, während sie den Bauch ihrer Herrin massierte. »Ja, Mylady, ich fürchte, so ist es«, erwiderte sie mit brüchiger Stimme. »Aber vielleicht ist es gut so.«
»Darf ich es kurz sehen?«, fragte Lady Harvey.
Bridie nickte Nell zu, die nach einem Flanelltuch griff, es um das Baby wickelte und das Kind hochhob.
Lady Harvey strich mit dem Finger über die Wange des Säuglings, dann wandte sie den Kopf ab, als ihr die Tränen kamen. »Gottes Wille«, flüsterte sie. »Aber ich bin dankbar für seine Barmherzigkeit.«
Bridie schob Nell zur Tür hinüber. »Bring es in die Vorratskammer, dann geh zu Bett«, sagte sie leise. »Ich werde mich später darum kümmern, wenn ich hier fertig bin.«
Mit dem winzigen, leblosen Baby in den Armen ging Nell eilig den Flur entlang zur Hintertreppe. In Briargate Hall war es so still wie in einer Krypta. Alle anderen Dienstboten waren vor drei Wochen in das Londoner Haus geschickt worden, um es für Sir William Harveys Rückkehr aus Amerika herzurichten. Er war fast zwei Jahre fort gewesen, und dies war natürlich der Grund, warum Bridie nicht versucht hatte, das Baby zu retten. Wenn sie wusste, wer sein Vater war, so verriet sie es nicht. Sie hatte die geheime Schwangerschaft ihrer Herrin gehütet, als wäre es ihre eigene gewesen. Selbst nachdem sie Nell in die Verschwörung hatte einweihen müssen, weil sie mit der Entbindung nicht allein fertig geworden war, hatte sie ihr nur erzählt, dass Ihre Ladyschaft ein unerwünschtes Kind erwarte.
Es war Ende April, und erst gestern hatten sich endlich nach einem langen, bitterkalten Winter die ersten Zeichen des nahenden Frühlings gezeigt. Es würde wiederum ein schöner, warmer Tag werden, denn die Sonne sandte ihre Strahlen bereits durch das Ostfenster an der Hintertreppe.
In dem großen Spiegel neben dem Fenster konnte Nell sich selbst sehen. Das Bild erschreckte sie, allerdings weniger deshalb, weil ihre Schürze schmutzig war, ihre Haube schief saß und ihr einige Haarsträhnen über die Schultern fielen, sondern weil die Ereignisse der Nacht sie plötzlich hatten altern lassen. Noch vor vierundzwanzig Stunden hatte sie ausgesehen wie jedes andere sechzehn Jahre alte Dienstmädchen: adrett und züchtig in ihrer gestärkten Uniform, die Wangen gerötet von der Arbeit und ein Leuchten in den dunklen Augen, weil Baines, der Butler, nicht da war, um sie ständig zu tadeln. Ihre Gedanken waren bei Ned Travers gewesen, der gesagt hatte, dass er sich am Nachmittag in Lord's Wood mit ihr treffen wolle. Er würde bald Soldat werden, und alle Mädchen aus dem Dorf wollten seine Liebste sein. Nell war sich nicht ganz sicher, ob sie das auch wollte, aber es tat gut zu denken, dass er sie begehrte.
Nell war nicht mit Schönheit gesegnet, und das wusste sie. Wie alle ihre Brüder und Schwestern schlug sie nach ihrem Vater. Sie waren klein und stämmig, mit glattem, schwarzem Haar und dunkelbraunen Augen. Ned hatte gesagt, sie habe einen Teint wie Sahne, aber das waren wahrscheinlich nur schöne Worte gewesen. Ihr Mund war zu klein, ihre Nase ein wenig zu groß und ihre Augenbrauen zu buschig.
Sie war nicht dazu gekommen, sich mit Ned zu treffen, daher würde sie nie erfahren, ob er sie um ihrer selbst willen mochte oder weil er glaubte, ein reizloses Mädchen wie sie sei eine leichte Beute. Bridie hatte die Bombe am Vormittag platzen lassen und unmissverständlich deutlich gemacht, dass Nell das Haus unter keinen...
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