DIE JAGD NACH SKLAVEN
Was ist ein Meister ohne Sklaven? Eigentlich gar nichts. Eine Münze ohne Rückseite, ein Sommer ohne Winter. Ein Meister lebt seine Fantasien nur mit und auch teilweise durch einen Sklaven aus. Ohne dies verkommt er zu einem Theoretiker, zu einem Selbsterotiker, der sich zwar mit seinen Spielzeugen vergnügen kann, aber es bleibt langweilig, ohne Spannung und im Grunde auch ungeil. Deshalb ist es für einen Meister sozusagen lebensnotwendig, sich einen Sklaven zu suchen, seinen Gegenpart, ohne den er sein ganzes Wissen nicht anwenden und verbreiten kann.
Eine Suche ist immer eine schlechte Voraussetzung, um den idealen Sklaven zu finden. Meistens ist es doch der Zufall, der den Erfolg bringt. Aber wenn ein Meister solo ist, wird er automatisch auf der Suche sein, denn ohne einen devoten Diener ist es still um ihn.
Die bekanntesten Quellen sind nach wie vor das Internet, Anzeigen in SM-Blättern, der Chat und die Szenekneipen und treffs. Diese Orte gilt es abzuklappern, Ausschau zu halten und aufzupassen, ob die Sehnsüchte, die Erfahrung und das Aussehen zusammenpassen. Eine oft sehr frustrierende Angelegenheit, die zudem überschattet ist von vielen Möchtegern-Sklaven und Schwätzern, die nur aus momentaner Geilheit zum Beispiel einen Chatroom benutzen und kein Interesse haben, eine SM-Beziehung oder auch nur eine Session einzugehen. Man muss sehr gezielt suchen und wählerisch sein, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Ein Meister ist hierbei insofern im Vorteil, als er von seiner Position her der Überlegene ist und in seinem Auftritt, sei es live in einer Szene-Kneipe oder vom Kontakt einer Anzeige her, sehr viel ruhiger einem Gespräch oder einer Kontaktaufnahme entgegensehen kann. Er muss nicht gleich mit Informationen über sich protzen, sondern hat das Recht, erst einmal den Sklaven auszufragen und sich so ein Bild zu machen.
Er bestimmt den Ablauf der ersten Tuchfühlung und kann seine Rolle der Überlegenheit zu jeder Zeit ausbauen und auch ausleben. Es ist ein Genuss, einen Sklaven genauestens auszuhorchen und durch intime Fragen an den Rand der Peinlichkeit zu bringen. Ein richtiger SM-Meister kann solche Situationen bis ins Kleinste auskosten. Für ihn ist dies bereits der Anfang einer eventuellen künftigen Erziehung.
Ein Meister hat schon bei solch einer Unterhaltung die Aufgabe, dem Sklaven in kleinen Anfängen bestimmte Verhaltensregeln beizubringen, wenn der Sklave nicht von selbst in dieses Ritual einsteigt. Zu nennen sei hier nur die richtige Anrede und eine devote Körperhaltung. Der Meister lässt sich, je nachdem, was er bevorzugt, zum Beispiel mit Sie und Sir oder Herr anreden und erwartet, je nach der Situation, einen knienden oder in devoter Haltung sich zeigenden Sklaven. In diesen kleinen Dingen zeigt sich sehr schnell, wer schon vorgebildet ist und wer Erfahrungen gemacht hat.
Ich selbst habe immer, auch bei der ersten Begegnung, kleine Prüfungen eingebaut, mit denen ich getestet habe, wie weit vorgebildet der Sklave ist und inwieweit er auch zu seinen Aussagen steht und somit für eine weitere Ausbildung geeignet ist. Die Erfahrung mit sehr vielen Schwätzern, die keine echten SMler sind, hat mich in dieser Praxis bestätigt. Durch kleine Aufforderungen, wie sich jetzt auszuziehen, oder die Frage, was er vom Aufsetzen einer Maske für das weitere Gespräch halte, konnte ich immer prompt erfahren, wie ernst es ihm war.
Wenn es dann zu einem weiteren Treffen kommt, sollte man erneut das Instrument der Prüfung einsetzen, um den Sklaven weiter zu testen. Ich habe dem Sklaven gern bestimmte Aufgaben gestellt, die er bis zum nächsten Treffen erfüllen sollte. Er sollte zum Beispiel ausführlich aufschreiben, welche Eindrücke er von der ersten Begegnung mitgenommen hat, wie ihm die Person des Meisters gefallen hat und ob er sich vorstellen kann von diesem Herrn erzogen zu werden. Auch sollte ein Sklave konkret und möglichst ausführlich seine Wünsche und sexuellen Vorlieben darstellen. Hausaufgaben nannte man das in der Schulzeit. Andere Aufgaben wären das Rasieren des ganzes Körpers oder nur bestimmter Stellen bis zum nächsten Zusammentreffen.
Aber auch spontane Einfälle sollte ein Meister bei einem zukünftigen Sklaven ausprobieren. Ich hatte einmal den Einfall, einen neuen Sklaven, der weit entfernt wohnte, mitten am Abend in eine ortsansässige Kneipe zu schicken. Bei meinem Anruf fragte er, warum, eigentlich eine überflüssige Frage. Ich sagte ihm nur, dass ich es so wünsche. Ich würde ihn in einer Stunde in dieser Bar anrufen. Er war tatsächlich dort und hatte somit eine kleine Prüfung bestanden. Er hatte aber auch seine Bereitschaft bewiesen, einem Meister zu folgen. So kann man sich Schritt für Schritt davon überzeugen, ob ein Sklave auch bereit ist selbst unerklärlichen Anordnungen zu folgen. Mir hat dies immer sehr viel Spaß gebracht.
DIE ANSPRÜCHE
Ein schwieriges Thema. An zu hohen Ansprüchen ist schon so manche SM-Beziehung gescheitert. Auf der einen Seite müssen Meister hohe Ansprüche haben, um überhaupt ihre Ausbildung und Erziehung leisten zu können. Auch Sklaven verlangen dies übrigens indirekt, indem sie sich meistens für einen Meister entscheiden, der schon viel weiter und tiefer in der Materie drinsteckt als sie selbst. Auf der anderen Seite führen zu hohe Ansprüche eines Meisters zum Scheitern einer Beziehung, weil der Sklave diese Erwartungen nicht erfüllen kann.
Es ist allerdings auch fatal, denn mit jeder Erfahrung und mit jedem Erlebnis wachsen bei einem Meister auch die Ansprüche, es muss also jedes Mal ein devoterer Sklave sein als der vergangene. Ein Teufelskreis. Im Grunde gilt es also, die Erwartungen zurückzuschrauben und jeden neuen Sklaven so zu nehmen, wie er ist, notfalls auch einmal von vorne zu beginnen und ihm alle Kleinigkeiten wieder beizubringen. Aber das ist sehr schwierig zu verwirklichen, denn der letzte war immer besser und setzt somit hohe Maßstäbe. Ein Meister hat es schwer, wenn er von seiner gewohnten Qualität Abstriche machen muss.
Da ich seit über 20 Jahren meine Erfahrungen mit verschiedenen Sklaven gemacht habe, ist es interessant, zu versuchen daraus gewisse Lehren zu ziehen. In meiner «Ahnengalerie» werde ich dazu einen Versuch machen. Aber trotzdem wird ein Meister sich nur wenig von seinen persönlichen Vorlieben trennen und seine Erwartungen zum größten Teil behalten. Meine beiden größten Eigenschaften, die mir immer wieder im Weg standen und stehen, sind Ungeduld und zu hoher Anspruch. Beides kann einer Suche und einer Beziehung im Wege stehen. Aber bisher ist mir mein SM-Leben ganz gut gelungen.
Einen idealen Sklaven allerdings habe ich bis heute noch nicht gefunden. Liegt es an den zu hohen Ansprüchen oder war der Richtige nur noch nicht dabei? Ich meine, beides trifft auf gewisse Weise zu. Ich sehe mich in der SM-Kultur als einen Meister, der aufgrund seiner bisherigen Tätigkeit und seiner bisherigen Ausbildung einen sehr hohen Anspruch hat. Dieser Anspruch ist in den Jahren gewachsen. Ich würde heute nie einen völligen Anfänger als Sklaven ausbilden wollen. Es wäre mir viel zu mühsam und vor allem wüsste ich nicht, ob meine Investitionen sich für mich später auszahlen würden. Viele Männer waren bei mir und haben einmal reingeschnüffelt in die geile Welt des SM. Die meisten haben sich nicht als Anfänger vorgestellt. Ich brauchte immer nur weniger als eine Stunde, um dies herauszufinden. Sie hatten von SM gehört und wollten sich jetzt von einem erfahrenen Meister «bedienen» lassen. Bin ich eine Servicestation? Sie wussten auch alle nicht, was genau sie suchten und wie weit sie bereit wären zu gehen. Diese ganzen Ungereimtheiten, diese menschliche Unsicherheit führte immer wieder dazu, sie heimzuschicken mit der Aufgabe, sich wieder melden zu dürfen, wenn sie selbst zumindest grob ihre Richtung wüssten. Ohne Erfolg, es hat sich keiner dieser Aspiranten wieder gemeldet.
Die geheimnisvolle Welt des SM, die in den letzten Jahren verstärkt öffentlich diskutiert wird, trägt zu dieser Neugier sicherlich erheblich bei. Viele sind auch gelangweilt von ihrem normalen «Rein-Raus-Sex» und suchen die Abwechslung, neue Abenteuer oder manchmal einfach nur einen gelegentlichen neuen Partner. Aber dafür bin ich die falsche Adresse. Ich habe auch kein Domina-Studio, in das man sich mal zum Probieren oder zur Befriedigung einkauft. Ich habe immer den SM-Partner für eine langfristig angelegte Beziehung gesucht, denn nur in dieser Konstellation ist es möglich, seine Fantasien und seinen SM-Sex wirklich auszuleben. Nur hier konnte ich SM in das gesamte Leben eindringen lassen. Ein sehr weit gehendes Ansinnen, das ich teilweise oder für begrenzte Zeiten schon verwirklichen konnte.
Immerhin!
Hierin liegt aber auch die Gefahr des überhöhten Anspruchs. Da SM in dieser Tiefe sehr selten gelebt wird, da es sehr wenige Menschen gibt, die derartig konsequent leben wollen, wird es auch selten zu einer Begegnung kommen, die in diesem Sinn funktioniert. Die Luft wird dünn, in dieser Region der menschlichen Art zu leben. Es gibt zu viele Vorurteile, zu viele Moralvorstellungen, die dagegen sprechen, sich als Mensch so total auf SM einzulassen, sich keinen Freiraum und keine Rückzugsmöglichkeit offen zu halten, um dahin entschlüpfen zu können.
DIE AHNENGALERIE
Die wichtigsten und entscheidendsten Begegnungen, die ich hatte, versuche ich hier daraufhin abzuklopfen, woran sie gescheitert sind. Es waren jedes Mal sehr unterschiedliche Gründe, weil es auch unterschiedliche Menschen waren, die mit verschiedenen Vorstellungen in diese Sache...