Schweitzer Fachinformationen
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Mit den Schuhen in der Hand lief Mia nach Hause, als sie von ihrem Vibrationsalarm hochschreckte. Bitte, lass mich nicht doch mit ihm Nummern getauscht haben. Aber es war glücklicherweise nur die samstägliche SMS ihrer Freundin Tina, die neugierig fragte, wo Mia heute wieder aufgewacht sei und wann sie zum Flohmarkt käme. Das war jeden Samstag ihr Lieblingstreffpunkt. Vor allem, seit Lucas in die Schule ging und Tina wieder Vollzeit arbeitete. Verabredungen unter der Woche waren zu Mias Bedauern rar geworden. Sofort drückte sie auf Anrufen.
«Perfektes Timing, bin gleich zu Hause.»
«Wir sind auch noch nicht los. Lucas Löwenherz musste erst noch sein Zimmer aufräumen», sagte Tina und befahl ihrem Sohn im Hintergrund freundlich, aber bestimmt, seine blauen Sandalen zu suchen.
«Bin gespannt, wie Konrads Party war und wo du heute aufgewacht bist.»
«Gib mir eine Stunde.»
«Okay, wir warten einfach im Café auf dich, hoffentlich ist in der Sonne noch was frei. Bis gleich, Liebes.»
Plötzlich erinnerte Mia sich, wie sie gestern bei Konrad zu Aretha Franklin getanzt hatte. Konrads elitäre Weinfreunde, darunter bekennende Wagnerianer und Klassik-Nerds, mussten seine Leidenschaft für Dionne Warwick, Aretha Franklin und Abba aushalten. The Winner Takes It All.
Zu Hause angekommen, ignorierte Mia den Briefkasten. Es waren sowieso immer nur Rechnungen und Reklame drin. Sie flitzte die vier Stockwerke in ihre Dachgeschosswohnung hoch, duschte gründlich, um Marcs umwerfende Küsse von ihrem Körper zu waschen, zog sich einen Jeansrock und ihr uraltes Lieblingsshirt von den Beatles an und nahm die Sonnenbrille vom Abstelltischchen im Flur. Fast hätte sie die Tasche für Tina vergessen. Ihre Freundin hatte am Abend ihr monatliches Blind-Date und wollte sich Mias rote Clutch ausleihen.
Knapp fünfzig Minuten später hatte Mia ihr Kreuzverhör hinter sich gebracht und lehnte sich erschöpft zurück. Zu gern hätte sie Tina zwischendurch die Tasche wieder weggenommen.
Es war ohnehin schon drückend warm, und Tina ließ dazu nicht locker. Genau das schätzte Mia sonst an ihrer Freundin, war aber froh, dass sie aus Rücksicht auf Lucas nicht so ausführlich darüber reden konnten wie sonst. Der Achtjährige war jedoch dank Tinas Smartphone und Kopfhörern abgelenkt.
«Du kneifst schon wieder, aber diesmal lasse ich deine Prinzipien als Ausrede nicht gelten», schimpfte Tina leise, doch ihr Sohn schaute sie von der Seite an und nahm neugierig einen der Stöpsel aus dem Ohr. «Der ist doch in jeglicher Hinsicht anders als alle bisher.» Geduldig richtete Tina ihrem Sohn den Kopfhörer und versuchte leiser zu sprechen, obwohl sie sich so aufregte. «Vor allem immer diese Künstler und Halodris, die du dir suchst! Ein Arzt wäre nach einem Jahr voller Affären mal was Bodenständiges.»
«Aber ich will keinen neuen Freund.» Demonstrativ schaute Mia über die Straße, in der Hoffnung, die Diskussion damit beenden zu können. Ihr Lieblingscafé lag an einem belebten Platz, und viele sonnenhungrige Menschen saßen draußen auf den Stühlen auf dem Bürgersteig. Sonnenhunger, den hatte auch Mia. Sie musste dringend mal wieder raus aus Berlin. Dieses Jahr war sie bisher nur ein Wochenende mit Konrads Clique in Lissabon gewesen.
«Mia, er ist Chirurg, wohnt mit Dachterrasse am Prenzlauer Berg, ist Stammkunde bei Konrad, kann küssen und scheint kein notorischer Flachleger zu sein. Wieso treffe ich nie solche Traummänner? Kennst du seinen Nachnamen? Dann google ich ihn gleich mal.»
Tina wurde bei dem Thema Männersuche schnell überschwänglich.
«Du übertreibst. Marc ist ein normaler Mann. Das war eine ganz normale Altbauwohnung, und wir lagen verbotenerweise auf seinem Flachdach. Und ich verbiete dir jetzt, ihn zu stalken oder weiter von ihm zu schwärmen.»
«Ich will doch nur ein Foto sehen. Aber ich finde ihn bestimmt unter Konrads Facebook-Freunden.»
«Tina, untersteh dich!»
Doch die hatte ihrem verdutzten Sohn schon das Handy aus der Hand genommen, der nun mit beleidigter Miene auf dem Strohhalm seiner Limonade kaute.
«Deine Mama will sich nur kurz einen neuen Hausarzt angucken», witzelte Mia und warf ihrer Freundin über den wackeligen Tisch hinweg einen genervten Blick zu.
«Du hast Glück», seufzte Tina enttäuscht, weil in dem Moment ihr Telefon klingelte. Sie stand auf und ging auf den Bürgersteig, um in Ruhe sprechen zu können. Lucas schaute Mia kritisch an.
«Aber wir haben doch Doktor Krull!» Stolz zeigte Lucas die Straße hinunter, wo sich dessen Praxis befand. Das Kerlchen wurde mit zunehmendem Alter immer schlauer, merkte Mia, sodass sie ihm nichts mehr vormachen konnte. Leider.
«Hast recht. Aber mal was anderes, mein Freund. Wie läuft es denn mit Josy?», lenkte Mia ihn ab. Zu putzig, wie er in seine Schulkameradin Josefine verschossen war und sofort errötete.
«Gut .» Er biss sich auf die Unterlippe, und Mia merkte, wie ihm etwas auf dem Herzen lag.
«Gut? Wie gut?» Gespannt beugte sich Mia vor, weil sie die Minuten ausnutzen wollte, ehe Tina zurückkam. Als seine Patentante fühlte sie sich mitverantwortlich für seine Erziehung in Liebesdingen, auch, wenn sie selbst gerade nichts mit diesem Thema zu tun haben wollte.
«Sie hat bald Geburtstag, aber ich weiß nicht, was ich ihr schenken soll.»
«Dann male ihr doch was.»
Auch Mia nutzte mittlerweile die Samstage gern, um mal wieder zu zeichnen, was sie seit ihrem Graphikdesignstudium so gut wie nicht mehr getan hatte. Und Lucas liebte es, ihre vorskizzierten Figuren auszumalen. Sie zog ihr Notizbuch aus der Tasche, kramte nach einem Bleistift und legte los.
«Okay! Prinzessin Leia und Luke Skywalker!» Lukas erklärte ihr wortreich, wie er sich das Bild vorstellte, und Mia rückte neben ihm auf die Bank in den Schatten, damit sie ihre Bleistiftstriche besser erkennen konnte. Neugierig beugte er sich über den Block, während Mia aus dem Augenwinkel sah, wie Tina immer noch wild gestikulierend diskutierte.
«Mia, kann ich dich was fragen?», murmelte Lucas schließlich in dem besorgten Tonfall, den Mia so gut kannte. «Warum findest du keinen neuen Sebastian?»
Mia musste schlucken. Zielsicher hatte Lucas ihren wunden Punkt getroffen. Sie hatte dem Jungen mal der Einfachheit halber erklärt, dass sie sich nicht in einen Mann verlieben konnte, der nur halb so toll war, wie Sebastian es gewesen war.
«Erst mal ist deine Mama dran.»
Lucas nickte, und Mia konzentrierte sich auf das Zeichnen. Auch, um den Kloß in ihrem Hals ignorieren zu können. Vor zweieinhalb Jahren hatte Mia ihren Exfreund Sebastian bei einer Weinprobe in Konrads Laden kennengelernt. Seitdem hielt sich Konrad für einen besonders talentierten Amor, was neue Männer für Mia anging, weil er nicht verstand, dass es manchmal nur am Wein lag und nicht an seiner Menschenkenntnis, wenn sie wieder mal mit einem für eine Nacht abzog. Aber Mia sträubte sich nicht nur deshalb beharrlich gegen jedwede neuen Verkupplungsversuche. Es war eben wirklich nicht leicht, einen tollen Mann wie Sebastian zu finden. Und momentan auch nicht wichtig.
«Fertig, den Rest musst du machen.» Sie strich Lucas' abstehende Locken glatt. Sofort wehrte er sich, da er diese Angewohnheit auch bei seiner Mutter nicht mochte.
«Danke!»
Mia trank ihren Cappuccino aus, und Lucas widmete sich genüsslich schmatzend den Resten seines zerschmolzenen Schokoladeneises. Mit geschlossenen Augen lauschte Mia den Geräuschen, die von dem kleinen, aber stets gutbesuchten Flohmarkt herüberschallten. Sie liebte die Energie, die von dort ausströmte. Auf dem Flohmarkt ging es trotz der vielen Menschen vor den Ständen und in den engen Gängen friedlich zu. Neugierig zog man von Stand zu Stand, stöberte und entdeckte Überraschungen. Die Händler feilschten und priesen ihre Ware an. Die Privatverkäufer wurden mit den sich leerenden Tischen immer glücklicher. Für Mia waren die Flohmarktbesuche immer wieder wie kleine Entdeckungsreisen: wuselig, bunt, lebhaft und überraschend. Es war das komplette Gegenteil von Einkaufszentren, die sie verabscheute.
«Tut mir leid, Lukie», sagte Tina, als sie wieder an den Tisch kam. «Das war Thilos Mama. Der Arme hat Grippe, und du kannst heute leider nicht bei ihm schlafen.»
«Wenn er krank ist, muss er eben erst mal wieder gesund werden», sagte Lucas und zuckte mit den Schultern.
Mia musste lachen bei dem Gedanken daran, dass sie vor zwei Wochen auch bei einem Thilo geschlafen hatte. Einem arroganten Barkeeper, der seine großen Versprechungen aus dem Club zu Hause leider nicht hatte erfüllen können.
«Mia, wieso lachst du? Ich finde das nicht komisch. Ich habe keine Zeit, ihn zu meiner Mutter nach Potsdam zu fahren. Mein Date wird wohl leider ins Wasser fallen.»
«Jetzt mal langsam. Sag mal, Luke Skywalker, hast du nicht Lust auf Pizza bei mir?»
Lucas nickte strahlend, und Tina schaute sie perplex an. «Ich dachte, du wolltest mit Konrad und Tom ins Theater?»
Mia winkte ab. «Hamlet ist ausverkauft, außerdem bin ich noch ziemlich verkatert. Daher wäre eine Tierdokumentation sehr entspannend.»
«Wie du meinst, Lucas war eh lange nicht mehr bei dir.»
«Und zur Not schicken wir dir Konrad als Retter vorbei, was, Lucas?» Mia knuffte ihn in die Seite, und er kicherte.
«Retter ist gut!» In Tinas Augen war ein homosexueller Weingourmet in Cordanzug und karierten Socken nicht gerade das Ideal eines Traumprinzen.
«Außerdem wirkt er in letzter Zeit ein wenig dicklich, findest du nicht?»
Mia wusste, dass Tina Konrad eigentlich mochte. Zwar...
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