Schweitzer Fachinformationen
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Reptilien in Terrarien durchlaufen in den ersten Lebensmonaten eine Futterprägung. Es ist deshalb wichtig, sie von Anfang an artgerecht und vielseitig zu ernähren, um eine Prägung auf ungesunde Nahrung zu verhindern. Starkes Übergewicht bei Echsen erkennt man an deutlich sichtbaren Fetteinlagerungen und straff gespannter Haut. Schildkröten quellen oft regelrecht aus ihren Panzern heraus.
»Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten?« Betty rückte höflich die Sessel nach hinten, sodass ihre Besucher Platz nehmen konnten. Es war schwül in dem kleinen, getäfelten Empfangsraum. Schwerer Lilienduft lag in der Luft. Sie schwitzte in ihrem langärmligen Kleid und den schwarzen Strümpfen. Aber sie wusste, die Etikette war wichtig. Es gibt keine zweite Chance auf den ersten Eindruck. Und die Konkurrenz schlief nicht.
Sie überlegte kurz , ob sie die Klimaanlage einschalten sollte, entschied sich dann aber dagegen. Das Kühlhaus im Keller fraß schon genug Strom.
»Nein, danke. Kein Kaffee, aber ein Glas Wasser wäre sehr freundlich.« Die Frau räusperte sich leise, als sie den Wunsch aussprach. Ganz so, als ob sie erst einen Frosch im Hals hinunterwürgen musste. Es war nicht leicht für sie hierherzukommen. Sie blickte ihren Mann an, der geradeaus starrte und kaum merkbar nickte. »Für ihn auch ein Wasser, bitte«, fügte sie hinzu.
Betty griff zu der bereitstehenden Karaffe und füllte drei Gläser möglichst geräuscharm mit Wasser.
Sie wählte ihre Worte sorgsam: »Es ist immer sehr schlimm, wenn ein junger Mensch stirbt.« Sie machte eine Pause. »Darf ich fragen, was die Denise .«
Das Ehepaar zuckte bei der Nennung des Namens unmerklich zusammen.
Betty sah die beiden mitfühlend an und vollendete dann den Satz: ». was die Denise gehabt hat?«
Die Frau blickte Betty mit schmerzerfüllten Augen an. »Ihr Herz. Es hat aufgehört zu schlagen.« Die Frau war klein und knochig. Ihr kurzes, dünnes Haar erinnerte an den Flaum eines jungen Vögelchens. Tränen purzelten über ihre Wangen, die mit einem Spinnennetz aus geplatzten Äderchen überzogen waren.
»Mit 26 Jahren. Ein Herzinfarkt. Das ist doch nicht zu glauben. Das kann doch nicht sein. Wie gibt es so was? Sie war doch noch so jung.« Betty schob die Box mit den Taschentüchern in Richtung ihrer Besucherin. Es war immer gut, wenn man die Leute reden ließ. Erst sollte alles heraussprudeln. Dann war es für sie später leichter, sich auf die Fakten zu konzentrieren.
»Mein aufrichtiges Beileid, Frau .«, Betty räusperte sich und schaute verstohlen auf ihre Notizen, wo der Name notiert war, »Frau Csmarits. Darf ich fragen: Wo liegt denn die Denise jetzt?«
»Im Oberwarter Spital.« Herr Csmarits meldete sich mit sonorer Stimme zu Wort. Er straffte seinen Rücken. »Man hat sie mit der Rettung dorthin gebracht. Wir waren bei einer Geburtstagsfeier in Jabing. Und auf einmal ging es der Denise nicht gut. Sie wollte auf die Toilette, und dann ist sie einfach umgekippt. Wir dachten erst, es wäre der Kreislauf. Es ist ja so heiß diesen Sommer.« Sein Blick wanderte zum Fenster, hinter dem die Sonne erbarmungslos vom südburgenländischen Himmel brannte. »Sie ist noch im Rettungswagen gestorben.« Frau Csmarits formte das mit Tränen durchtränkte Kleenex in der Faust zu einem Ball. »Wir konnten uns nicht einmal von ihr verabschieden.«
Betty schielte auf ihre Checkliste. Es war eine lange Liste, die sie abarbeiten musste.
Und Frau Csmarits hatte ihr unbewusst ein passendes Stichwort gegeben.
»Wir haben in unseren Räumlichkeiten auch einen Verabschiedungsraum«, erklärte Betty. »Wenn Sie möchten, können wir hier eine private Verabschiedung für Denise ausrichten. Viele unserer Kunden finden einen neutralen Ort angenehmer als .«
». als eine Leichenhalle«, beendete Herr Csmarits bitter den Satz. »Ja, das ist eine gute Idee.« Er war groß und kräftig, hatte wulstige Tränensäcke und eine Bürstenfrisur. Die Schultern seines schwarzen Kurzarmhemdes aus bügelfreier Kunstfaser waren mit feinen weißen Schuppen bedeckt.
Betty überlegte, wie alt das Ehepaar wohl war. Denise war 26 gewesen. Wenn die beiden, wie so viele hier am Land, mit Anfang 20 Eltern geworden waren, mussten sie um die 50 sein. Dieselbe Generation wie Bettys neuer Freund, der Leo. Im Vergleich mit dem Leo kamen ihr die beiden aber uralt vor.
Betty machte neben dem Wort »Verabschiedung« auf ihrer Liste ein Hakerl.
»An welche Art von Bestattung haben Sie denn gedacht?«
»Wie meinen Sie, welche Art?« Das Vögelchen blickte verwirrt auf.
»Nun, es gibt eine Sargbestattung, eine Urnenbestattung. Es gibt religiöse und nicht religiöse Zeremonien, ja sogar Baumfriedhöfe.«
»Normal. Wir wollen es normal«, brauste Herr Csmarits auf. »Katholisch. Mit einem Pfarrer. Die Leute reden eh schon genug. Da brauchen wir nicht noch irgend so ein ausgefallenes Brimborium.« Eine ungesunde Röte überzog sein Gesicht.
Seine Frau legte ihm beruhigend die Hand auf den Arm.
»Ein traditionelles kirchliches Begräbnis mit Sargbestattung also. Das leiten wir gerne in die Wege«, sagte Betty professionell. »Ich gebe Ihnen hier eine Liste zum Ausfüllen, in der Sie Ihre Wünsche deponieren können.«
»Mein einziger Wunsch ist, dass meine Tochter wieder lebt«, sagte Herr Csmarits bitter.
»Jetzt lass gut sein, Egon, die Dame will uns doch nur helfen«, beschwichtigte ihn seine Gattin.
Betty wechselte das Thema. »Ich schlage vor, wir sprechen als Nächstes über die Parte. Dann kann mein Mitarbeiter diese gestalten, während wir hinübergehen und die weiteren Dinge aussuchen.«
Drüben, dort war das Sarglager, in dem eine Entscheidung über Sarg, Pölster und Stoffbezug zu treffen war. Aber Betty wusste, dass es manchmal besser war, Dinge nicht beim Namen zu nennen.
Sie trank noch einen Schluck Wasser. Es schmeckte warm und schal. Der Lilienduft war unerträglich. Sie ärgerte sich, dass sie vergessen hatte, die Staubgefäße der Blumen abzuschneiden. Kurz überlegte sie, das Fenster zu öffnen, aber da würde nur heiße Luft hereinströmen. »Sie entschuldigen mich bitte kurz.« Betty stand auf und trug die Vase mit den Lilien aus dem Raum. Orangefarbener Blütenstaub fiel dabei auf den Ärmel ihres Kleides.
»Max?« Sie rief den Namen ihres Kollegen Richtung Büro. Die Tür war nur angelehnt. »Kannst du uns bitte die Mappe mit den Vorlagen für die Traueranzeigen bringen?«
Ein schlaksiger Mann mit tief liegenden Augen und einer ausgeprägten Nase erschien. Er war auf eine anziehende und gleichzeitig abstoßende Art attraktiv. Alles andere als durchschnittlich, auch wenn sein Name dies vermuten ließe. Max hieß mit Nachnamen Mustermann. »Meine Eltern haben in der Brotdose neben dem Scherzerl geschlafen, bevor sie mich getauft haben«, pflegte er zu sagen. Max Mustermann. Der Platzhaltername auf Drucksorten. Und jetzt gestaltete er Drucksorten in einer Bestattung. Was für eine Ironie.
Max war freier Fotograf beim »Burgenländischen Boten«, der lokalen Bezirkszeitung, und half stundenweise im Büro von Bettys Bestattung mit. Dank seiner fotografischen Künste hatte sich das Repertoire in der Mappe mit den Vorlagen für Traueranzeigen deutlich erweitert. Waren dort früher vor allem Himmelsleitern, Engel und Dürers betende Hände zu finden gewesen, standen nun auch von Max angefertigte burgenländische Landschaftsaufnahmen zur Auswahl.
»Wir wissen schon, welches Bild wir auf der Parte wollen«, sagte Frau Csmarits und kramte in ihrer großen schwarzen Kunstlederhandtasche mit Krokoprägung. »Hier«, sie reichte Betty ein Foto. Es zeigte einen kleinen, beigefarbenen Hund mit hervorquellenden Augen und einer rosa Zunge, die schief aus seinem Maul hing. Sein üppiges, weiches Fell und seine Winzigkeit ließen ihn extrem niedlich wirken.
»Ach, wie entzückend«, log Betty höflich. Sie war gegen den Charme von Schoßhunden immun. »Ein Spitz?«
»Ein Zwergspitz, ein Pomeranian. The King of Toys«, sagte Frau Csmarits. Ein wehmütiges Lächeln machte sich in ihrem Gesicht breit. »Der Butzi war der Denise ihr Ein und Alles.«
»Wir könnten die Traueranzeige mit einem Bild von Butzi blass hinterlegen«, schlug Max vor. Denises Eltern nickten glücklich.
»Der Butzi soll auch namentlich bei den trauernden Hinterbliebenen stehen«, bestimmte Frau Csmarits: »Die Denise war so tierlieb. Wir haben deshalb gedacht . dieser Spruch von Franz von Assisi, der würde gut auf die Anzeige passen. Der war ja der Schutzheilige der Tiere. Wer stirbt, erwacht zur Ewigkeit .« Sie zögerte und sah ihren Mann an. »Wie ging der Spruch noch mal?«
»Wer stirbt, erwacht zum ewigen Leben«, zitierte dieser und wackelte dabei bedeutsam mit dem Kopf. Ein paar weiße Flöckchen rieselten dabei auf sein Kurzarmhemd.
»Ja«, wiederholte das Vögelchen beseelt: »Wer stirbt, erwacht zum ewigen Leben.«
Betty notierte den Spruch.
»Gibt es außer Ihnen beiden noch Angehörige, die wir namentlich erwähnen sollen? Geschwister?«
»Ja, den Lukas und den Marco, das sind ihre Brüder«, erklärte das Vögelchen und fuhr sich durch den Haarflaum. »Lukas mit K, Marco mit C.«
Max notierte die Namen.
»Gab es auch einen Partner, vielleicht einen Verlobten?«, fragte er weiter.
»Ja«, sagte Frau Csmarits zögernd.
»Nein«, sagte Herr Csmarits entschieden.
Betty...
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