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Im Jahre 1788 wurde in London die »British Association for promoting the discovery of the interior parts of Africa« gegründet. Diese »British African Association«, auf Deutsch »Afrikanische Gesellschaft«, wie man sie allgemein kurz nannte, hatte nichts mit den zahlreichen Handelsgesellschaften dieser Zeit zu tun. Sie wollte, wie die Gründungsakte betont, die Zivilisation der Eingeborenen heben und den Sklavenhandel bekämpfen, vor allem aber die Erforschung Innerafrikas vorantreiben.
Bis zu diesem Zeitpunkt war von Afrika so wenig bekannt, dass es nicht nur wegen seiner Bewohner mit Recht der »dunkle Erdteil« genannt werden durfte. Die Fahrten der portugiesischen Entdecker hatten in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts wenigstens die Küsten erschlossen und ein verhältnismäßig klares Bild der Umrisse des Erdteils erbracht. Gelegentlich waren Händler und Missionare ein Stück in das Innere vorgedrungen. So hatte beispielsweise schon 1613 der Jesuit Pedro Paez den Tanasee in Äthiopien als den Quellsee des Blauen Nils entdeckt. Aber solche Reisen bildeten Ausnahmen. Auch Nachrichten arabischer Händler über Innerafrika gelangten an die Küste, erbrachten aber nur ungenaue Vorstellungen, sodass schon Jonathan Swift (1667-1745), der geniale Autor von »Gullivers Reisen«, über die Karten Afrikas spötteln konnte:
»Geographers in Afric maps
With savage pictures fill their gaps
And over inhabitable downs
Place elephants, for want of towns.«
(Das heißt: »Die Geografen füllen auf den Karten Afrikas ihre Lücken mit wilden Zeichnungen und malen in unbewohnbare Flächen aus Mangel an Städten Elefanten ein.«) Erst 1749 fasste der französische Kartograf Bourguignon d'Anville (1697-1782) die Kenntnisse seiner Zeit in einer für die damaligen Verhältnisse gründlichen, wissenschaftlich fundierten Karte zusammen. Die riesigen weißen Flecken im Innern konnte er dabei allerdings auch nicht ausmerzen.
Glücklicherweise waren die Mitglieder der »African Association« keine Fantasten, sondern gingen bei ihren Planungen sehr methodisch vor und setzten von vornherein einige Schwerpunkte, zu denen vor allem die Erforschung des Nigers gehörte. Hier mochte nicht zuletzt das Interesse an der geheimnisumwobenen Handelsmetropole Timbuktu mitspielen. Nachrichten über Größe, Macht und Reichtum dieser Stadt, der alten Residenz der Songhai-Herrscher, waren längst nach Europa gedrungen, bisher hatte sie aber noch kein Weißer erreicht. Man wusste nur, dass sie an einem großen, nach Osten fließenden Strom lag, der entweder in einem See - dem nur vage bekannten Tschadsee - mündete oder einen Nebenfluss des Nils bildete. Zwar war schon seit dem 16. Jahrhundert das Mündungsdelta des Nigers bekannt, ob und wie aber dieser Fluss mit dem Stromsystem des Sudans zusammenhing, wusste niemand zu sagen.
Die ersten vier Expeditionen der »African Association« nach Innerafrika scheiterten. Der britische Major Houghton, der den Lauf des Nigers erforschen und nach Möglichkeit bis Timbuktu vordringen sollte, war unterwegs ermordet worden. Deshalb übertrugen die Herren in London diese Aufgabe nun dem erst zweiundzwanzigjährigen schottischen Arzt Mungo Park.
Park war am 10. September 1771 als siebtes Kind eines Packers in Powlshiels bei Selkirk in Schottland geboren worden. Nach dem Medizinstudium in Edinburgh war er 1792/93 als Schiffschirurg nach Sumatra gereist und nach seiner Rückkehr in die Dienste der »African Association« getreten. Nach sorgfältigsten Vorbereitungen und Studien in London reiste er schließlich am 22. Mai 1795 von Portsmouth aus mit dem Handelsschiff »Endeavour« an den Gambia und erreichte am 21. Juni den kleinen Hafen Dschillifrih. Hier setzt sein Reisebericht ein, in dem er ausführlich alle Erlebnisse bis zum Juni 1797 schildert.
Am Weihnachtstag des gleichen Jahres traf er wieder in London ein, wo seine Rückkehr eine Sensation bildete. Die Londoner Gesellschaft riss sich geradezu um ihn, doch zeigte er sich sehr zurückhaltend und wortkarg. »Er benimmt sich wie ein Negerkönig«, warf ihm eine seiner zahlreichen Gastgeberinnen vor.
Mungo Parks erste Reise 1795-1797
Schon im Sommer des folgenden Jahres überreichte er der »African Association« seinen ersten Rechenschaftsbericht, den er dann zusammen mit Brian Edwards, dem Sekretär der »African Association« ausarbeitete. Man ist verschiedentlich der Frage nachgegangen, welchem der beiden Männer die größeren schriftstellerischen Verdienste an den ungemein lebendigen und farbigen Schilderungen zukommen. Edwards selbst hob hervor, dass Park nach anfänglichen Schwierigkeiten ein beachtenswertes schriftstellerisches Talent entwickelt habe. Die weitgehend unbearbeiteten Aufzeichnungen der zweiten Reise lassen daran allerdings wieder Zweifel aufkommen; denn selbst in diesen einfachen Niederschriften hätte sich dieses Talent doch wenigstens einigermaßen äußern müssen. An den großartigen Leistungen Parks mindern solche Fragen nichts, ebenso wenig an dem Vergnügen, das die Lektüre seines Buches bereitet, das 1799 erschien und dessen erste Auflage in Höhe von 1500 Exemplaren innerhalb einer Woche verkauft war.
Deutlich zeigte sich, dass mit Park nicht nur eine neue Epoche in der Erforschung Afrikas begonnen hatte, sondern dass er auch der Reiseliteratur neue Impulse gab. Gewiss war er noch in starkem Maße dem Denken der Aufklärungszeit verhaftet, wenn er sich etwa mit Problemen der Zivilisierung der Negervölker auseinandersetzt. Seine Auffassung, dass die Farbigen Barbaren seien, solange sie dem Heidentum verfallen bleiben, spiegelt sogar das alte Denken der spanischen Konquistadoren des 16. Jahrhunderts, das im Grundsätzlichen von jenen anderen europäischen Nationen übernommen wurde, die eine Rechtfertigung ihres Kolonialismus suchten.
Aber er zeigt auch schon Verständnis für den Afrikaner, lehnt Pauschalurteile über ihre allgemeine Trägheit ab und sucht eine Erklärung dafür aus den klimatischen Verhältnissen zu geben. Die Habgier mancher Farbiger, unter der er so schwer zu leiden hatte, entschuldigt er aus der vergleichbaren Haltung ärmerer Bevölkerungsschichten in England. Mitfühlend beschreibt er die Trauer einer Mutter um den getöteten Sohn oder den Schmerz einer jungen Sklavin, die überraschend verkauft wird.
Sein besonderes Interesse gilt zwar naturwissenschaftlichen Problemen, doch liefert er auch gute ethnologische Beiträge. Wichtig - und im Allgemeinen viel zu wenig beachtet - sind seine Beobachtungen zum innerafrikanischen Sklavenhandel. Hier geht er sogar auf die historischen Ursprünge ein, analysiert die verschiedenen Arten der Sklaverei und ermöglicht Einblicke in die Bevölkerungsschichten. Sein Bericht über den Weg einer Sklavenkarawane aus dem Innern an die Küste gehört zusammen mit den späteren Schilderungen seines Landsmannes David Livingstone (1813-1873) zu den erschütterndsten und zugleich wichtigsten Aussagen eines europäischen Augenzeugen über die afrikanische Sklaverei. Wenig Beachtung dagegen schenkte er, wie seine Vorgänger und wie viele spätere Forscher, historischen Fragen. Immerhin bereiste er Gebiete, die im Mittelalter zu afrikanischen Großreichen gehörten. Noch konnten nicht alle Spuren der Vergangenheit ausgelöscht sein, doch scheinen sie ihn nicht interessiert zu haben. Am wichtigsten waren natürlich die geografischen Ergebnisse seiner Reise, so knapp sie sich auch in wenigen Worten zusammenfassen lassen. Er hatte nachweisen können, dass kein Zusammenhang zwischen den Stromgebieten der westwärts gerichteten Flüsse Senegal und Gambia und dem nach Osten fließenden Niger bestand. Die Breite des Stromes, den er von Sego aus noch etwa hundertzwanzig Kilometer abwärts verfolgte, ließ darüber hinaus den Schluss zu, dass kein Zusammenhang mit dem Nil bestand.
Mit der Veröffentlichung des Reiseberichts sah Park seine Aufgabe als erfüllt an. Kurz nach Erscheinen des Buches heiratete er im Sommer 1799 und ließ sich für die nächsten Jahre in Schottland nieder. Die Einnahmen aus seinem Buch und das Honorar der »African Association« ermöglichten ihm ein sorgenfreies Leben, und so ist es durchaus verständlich, dass er Vorschläge der britischen Regierung ablehnte, sich als Arzt in der Kolonie Neu-Südwales niederzulassen. 1801 übernahm er eine bescheidene Landpraxis in Peebles/Schottland.
Im gleichen Jahr schrieb ihm Sir Joseph Banks, der Präsident der »African Association«, dass diese zusammen mit der Regierung eine neue Forschungsreise an den Niger ausrichten wolle und man beabsichtige, ihm die Leitung zu übertragen. Die Verhandlungen zogen sich noch bis 1803 hin. Obgleich ihm einige Nachbarn, unter ihnen der große schottische Dichter Walter Scott (1771-1832), abrieten, entschloss er sich doch, das Angebot anzunehmen. Die Vorbereitungen waren diesmal dank der persönlichen Erfahrungen...
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