ZU DIESEM BUCH
Die Idee zu diesem Buch entstand schon lange, bevor ich es nun tatsächlich geschrieben habe. Und wie so oft entstehen Ideen aus einem gewissen Mangel .
Zu Beginn meiner tierärztlichen Laufbahn spezialisierte ich mich mehrere Jahre auf dem Gebiet der Neurologie - einem Fachgebiet, das mich bis heute in seinen Bann zieht. Im Rahmen meiner Doktorarbeit spezialisierte ich mich sogar nochmal mehr - nämlich auf die Epilepsie beim Hund. Doch natürlich waren dies nicht die einzigen Patienten, die ich während meiner Zeit an der Universitätsklinik behandelte, denn die Neurologie hat ja unendlich viel mehr "zu bieten": Patienten mit Lähmungen, Patienten mit komplexen Erkrankungen des Gehirns und des Nervensystems und eben auch welche mit Bandscheibenerkrankungen. Letztere können wir auch zu den degenerativen Erkrankungen des Bewegungssytems zählen, da die Bandscheibe, bevor sie Probleme macht, eben schon Prozessen unterworfen ist, die dazu führen, dass sie ihre Stoßdämpferfunktion innerhalb der Wirbelsäule einbüßt. Auch Arthrosen der Wirbelgelenke können durch Druck auf die aus dem Rückenmark austretenden Spinalnerven zu Schmerzen und eben auch neurologischen Symptomen führen. Genauso wie das komplexe Erkrankungsbild des Cauda-Equina-Syndroms (was das ist, werden wir uns noch im Detail ansehen) mit neurologischen Symptomen einhergeht. In den Jahren meiner neurologischen Spezialisierung behandelte ich also bereits unzählige Patienten mit degenerativen Erkrankungen des Bewegungssystems.
© Anna Auerbach/Kosmos
Seite an Seite durchs Leben - und das schmerzfrei!
Später wechselte ich für weitere Jahre an eine große, renommierte Überweisungsklinik, um mich tierärztlich noch etwas breiter aufzustellen und auch die Orthopädie und die Innere Medizin von der Pike auf zu lernen. Hier kamen dann also die "klassischen" Arthrose-Patienten mit Arthrose in den Gelenken der Gliedmaßen dazu.
Je mehr ich als Tierärztin sah und lernte, desto dringlicher erwuchs in mir der Wunsch, meine Patienten noch umfassender betreuen zu können. Denn ich sah, dass wir oftmals mit den uns in der klassischen Medizin zur Verfügung stehenden Methoden nur bis zu einem gewissen Punkt kamen. Gerade bei Patienten mit chronischen Erkrankungen - und die Arthrose ist ja eben auch so eine chronische Erkrankung, in dem Fall eben des Bewegungssystems - waren unsere Möglichkeiten nicht selten erschöpft, bevor wir unserem Patienten zu wirklich nachhaltiger Heilung und vor allem auch Wohlbefinden verhelfen konnten. Es wurde mir immer klarer, dass mein Weg ein umfassenderer werden musste, hin zu einer Medizin, die auf Basis der herausragenden diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten, die uns die konventionelle Medizin auf vielen Gebieten ermöglicht, weitere "darüberhinausgehende" Ansätze und Therapieoptionen integriert. Wie wichtig ein solcher Ansatz vor allem bei unseren Patienten mit Arthrose ist, werden wir in diesem Buch noch ausführlich kennenlernen.
© Anna Auerbach/Kosmos
Wir sind für unsere Hunde und ihr Wohlbefinden verantwortlich.
Um nun also meinem eigenen Anspruch einer wahrlich integrativen Medizin gerecht zu werden, führte mich mein Weg, begonnen mit einer Ausbildung in Wien auf dem Gebiet der westlich-wissenschaftlichen Akupunktur und Neuraltherapie, nach Madrid, wo ich am Chi Institute Traditionell Chinesische Veterinärmedizin und Akupunktur studierte und die Zertifizierung als Veterinär-Akupunkteurin erlangte. An der Chi University, die ihren Sitz in den USA hat, absolvierte ich die Zertifizierung zur Ernährungstherapeutin. Und an der International Academy of Veterinary Chiropractic (Hamburg und Bournemouth, UK) folgte schließlich die Ausbildung und Zertifizierung auf dem Gebiet der Chiropraktik. Mit der Chiropraktik schloss sich für mich - durch ihren engen Bezug zur sogenannten funktionellen Neurologie - in gewisser Weise auch ein Kreis.
Zu diesen ganz "großen" Ausbildungen kamen schließlich noch etliche Fortbildungen im Bereich der Schmerztherapie, Rehabilitation, Manualtherapie, Anästhesie und der Analgesie dazu.
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So möchte ich meine Patienten sehen: voller Lebensfreude!
Übrigens kamen mit diesem Weg zur integrativen Medizin auch die Pferde zurück in meine tierärztliche Arbeit. Hatte ich das Studium noch in der festen Überzeugung begonnen, dass ich mich auf Pferde spezialisieren würde, so gewannen dann letztlich doch die Faszination für die Neurologie und die Kleintiere. Als Chiropraktikerin und Akupunkteurin behandle ich aber nun seit Jahren auch diese wundervollen Geschöpfe.
Neben meiner klassisch tierärztlichen Arbeit spezialisierte ich mich also über die Jahre immer mehr auf dem Gebiet einer integrativen Schmerztherapie, die verschiedene Behandlungsansätze kombiniert, um neurologischen und orthopädischen Patienten zu einem schmerzfreien Leben zu verhelfen. Ein großer Teil meiner tierischen Patienten leidet also in "irgendeiner" Form an degenerativen Erkrankungen des Bewegungssytems, der Gelenke und der Wirbelsäule. Und dabei fällt mir immer wieder auf, wie desillusioniert viele Hunde-Eltern mit diesen Diagnosen zu mir kommen. Und wie viel Gesprächsbedarf die Arthrose mit sich bringt.
Am Umfang dieses Buchs sehen Sie schon, dass Arthrose nicht "eben mal schnell" erklärt ist. Zu facettenreich sind das Krankheitsbild und vor allem aber die Therapiemöglichkeiten. Und diese liegen mir natürlich ganz besonders am Herzen. So entstand über Jahre die Idee zu diesem Buch - in dem Wunsch, Ihnen als Hunde-Eltern einen umfassenden, aber verständlichen Leitfaden an die Hand zu geben, wenn Sie sich mit der Diagnose Arthrose konfrontiert sehen. Und aus dem noch tieferen Wunsch, Ihnen Mut zu machen.
Denn die Diagnose Arthrose ist das eine, was man daraus macht, das andere! Auf gar keinen Fall aber ist die Arthrose ein Grund zu verzweifeln! Auch mit Arthrose steht einem bewegten Lebens nichts im Wege!
© Anna Auerbach/Kosmos
Arthrose ist eine Erkrankung, die nicht nur ein Gelenk,sondern das ganze Bewegungssystem involviert.
Die Arthrose, "Osteoarthritis" oder "Osteoarthrosis", wie sie im englischsprachigen Raum bezeichnet wird (warum ich diesen Ausdruck tatsächlich gegenüber dem deutschen favorisiere und warum er die Vorgänge im Gelenk sehr gut widerspiegelt, werden wir im Laufe dieses Buchs noch hinreichend erfahren) ist eine durch mechanischen Stress, der auf ein Gelenk wirkt, mehr oder weniger schmerzhafte Erkrankung primär der Gelenke, des Gelenkknorpels, der umgebenden Gelenkflüssigkeit und der umliegenden Strukturen des Gelenks, also der Gelenkkapsel, Muskeln, Bänder und Sehnen - also des Organs "Gelenk" in seiner Gesamtheit. Eine Arthrose in einem Gelenk wird früher oder später auch immer die Faszien und die Muskulatur involvieren - bedingt durch Schonhaltungen und Kompensationsmuster. Und wahrscheinlich auch viel häufiger als bisher angenommen, wird eine Arthrose auch durch den umgekehrten Fall entstehen: Muskeln und Faszien verkürzen aufgrund einseitiger Belastung und zu wenig Bewegung, dadurch werden Teile des Gelenkknorpels übermäßig belastet, während andere Teile kaum oder gar nicht belastet werden. Das Resultat ist dasselbe: Der Knorpel wird schlecht ernährt, er "erkrankt".
Die Erkrankung ist bei unseren Hunden ähnlich häufig wie bei uns Menschen: Studien zufolge wird bei etwa jedem fünftem Hund über einem Jahr Arthrose diagnostiziert. Schätzungen gehen aber von einer noch höheren "Dunkelziffer" aus. Bei den über siebenjährigen Hunden ist es dann schon jeder dritte Hund.
Unbehandelt wird eine solch degenerative Erkrankung der Extremitäten- oder Wirbelgelenke in einen Teufelskreis aus reduzierter Bewegung und immer mehr Schmerz führen. Wobei ganz wichtig ist, zu verstehen, dass der Schmerz nicht aus dem Gelenkknorpel selbst (denn dieser hat keine Nervenfasern) stammt, sondern aus den umliegenden Strukturen, aus verspannter Muskulatur und "verfilzten" Faszien. Doch das muss nicht sein!
Zum Zeitpunkt der Entstehung dieses Buchs ist die Arthrose zwar noch nicht mit einer "Quick-Fix-Lösung" heilbar, doch wir können so viel tun, um ihren Verlauf zu verlangsamen, positiv zu beeinflussen, zu stoppen und in manchen Fällen schaffen wir es sogar, dem Körper zu helfen, die Läsionen im Knorpel zu heilen! Denn sehr vielversprechende Ansätze deuten seit einigen Jahren darauf hin, dass Knorpelgewebe sich sehr wohl regenerieren kann. Vorausgesetzt er bekommt optimale Bedingungen - und das bedeutet im Falle des Knorpels eine gleichmäßige Druckbelastung und eine ausreichende Versorgung mit Nährstoffen!
Eine zentrale Philosophie meiner tierärztlichen und chiropraktischen Arbeit ist der unbedingte Glaube an und das Wissen um die immensen und faszinierenden Selbstheilungs- und Selbstregenerationskräfte des Körpers. Der Körper vollbringt Meisterleistungen - er lässt aus zwei Zellen neues Leben entstehen, er heilt Wunden und Knochenbrüche und er besiegt "böse" Eindringlinge wie Bakterien und Viren.
Übersteigen die Schäden, die unserem Körper zugeführt werden, also nicht diese einzigartigen Fähigkeiten, so kann unser Körper sich heilen. Immer. Wenn er das nicht kann, dann liegt es daran, dass die schädigenden Ursachen fortwährend auf ihn einwirken - oder nicht mehr geändert werden können.
© Anna Auerbach/Kosmos
Arthrose zu haben, heißt noch lange...