Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Commissario Caselli steht vor einem Rätsel: Im Palazzo Spada wird die Leiche des berühmten Schauspielers Terracini aufgefunden. Der Tote lehnt an einer Wand. Über ihm hängt das prächtige Ölgemälde "Didos Tod". Der Tatort selbst ist wie ein Bühnenbild arrangiert. Und nicht nur das: Im stets verschlossenen Garten des Palazzo werden ein Vogelkäfig, ein Picknickkorb und ein Buch mit englischen Gedichten sichergestellt. Was hat das alles zu bedeuten? Seine Ermittlungen führen Caselli in die Welt der wohlhabenden Patrizierfamilien, hinter deren glänzender Fassade Hass, Habgier und ungezügelte Leidenschaften lauern ... Commissario Alessandro Caselli ermittelt in Rom - ein eleganter Kriminalbeamter mit guten Manieren und Geschmack.
Der Morgen war frisch, doch die Sonne wärmte schon. In zartgrünen Büschen zwitscherten Vögel, und eine Katze überquerte den Kies im Cortile des Palazzo Spada. Der Pförtner schloss die Tür zur Galerie auf, und ein breiter Sonnenstrahl flutete den Marmorboden. Der Pförtner merkte sofort, dass etwas nicht stimmte. Er kontrollierte die Alarmanlage und stellte fest, dass sie ausgeschaltet war. »Signora Vicenti?«, rief er und klopfte an das Arbeitszimmer der Museumsdirektorin. Er öffnete die Tür, das Zimmer war leer. Er ging die Wendeltreppe hinauf. Die antike Tür aus Nussbaumholz, die zu den Galerieräumen führte, stand offen. Im Durchgang zu Saal III blieb er stehen und schlug die Hände vor das Gesicht.
*
Alessia zog ihren Hut tiefer ins Gesicht. Die Blätterwedel der Palmen im Garten der alten Villa, an der sie jeden Tag vorbeikam, wogten im Wind. Ein letzter Nachtfrost im April hatte die Mimosen verwelken lassen, erfrorene Knospen ließen im dornigen Geflecht der Hecke die Köpfe hängen, nur kurz währte ihr betörender Duft. Raureif umkränzte blühende Narzissen, und filigrane Spinnweben, in denen sich Tauperlen fingen, überzogen die Rhododendren.
Als Alessia die Via Pinciana überquerte, begann es zu nieseln. Sie beschloss, die Abkürzung durch den Park der Villa Borghese zu nehmen. Im Schutz der Pinien war der feine Regen kaum zu spüren. Auf einmal hörte sie ein Geräusch, das wie das Trompeten eines Elefanten klang. Zunächst glaubte sie, es käme aus dem Zoo am anderen Ende des Parks. Dann aber entdeckte sie das Zeltdach, die sandfarbenen Planen der Stallungen und die aufgehäuften Strohballen. Am Stamm einer Steineiche klebte ein Plakat, das Clowns und fauchende Tiger zeigte. Es roch nach Pferden.
Alessia konnte ihre Neugier nicht zügeln und trat an eines der Zelte heran. Ein Rüssel tastete aus dem Spalt in der Plane, und Alessia zog hastig ihre Umhängetasche weg. Auf einmal stand ein Mann in Gummistiefeln vor ihr, eine Mistgabel in der Hand.
»Keine Angst, Signorina, der will nur spielen!«
»Hm .«, sagte Alessia und passte auf, dass sie nicht in den dunklen Fladen trat, der vor ihr auf der Erde lag. Ein junger Mann drängte sich am Tierpfleger vorbei. Er trug zwei Eimer mit Futter. Seine Stiefel waren verdreckt, der Stoppelschnitt weizenblond. Er musterte Alessia misstrauisch. Sie sah, wie er nervös und unkontrolliert mit der Schulter zuckte, als er im Zelteingang verschwand.
»Kommen Sie mal in die Vorstellung?«
»Weiß nicht .« Alessia sah in den bleigrauen Himmel. Es hatte angefangen, richtig zu regnen.
»Haben Sie keinen Schirm?«
»Ich habe nicht damit gerechnet, dass das Wetter umschlägt. Es war gestern noch so frühlingshaft warm.«
»Warten Sie mal .« Er verschwand im Zelt. Als er zurückkam, hielt er einen verbogenen Herrenschirm in der Hand. »Hier, den können Sie haben ...«, sagte er. Mit dem Zipfel seines karierten Hemds wischte er über den staubigen Griff.
»Danke!« Alessia spannte den Schirm auf. Es goss wie aus Kannen.
»Wollen Sie sich nicht lieber hier unterstellen?«
»Da rein, zu den Elefanten?«, fragte sie.
»Die machen nichts, ich bin ja da. Ich heiße Andrew .«
Er hob die Plane hoch, sodass Alessia im Licht einer an den Balken geklemmten Elektrolampe das Hinterteil eines Elefanten erkennen konnte. Sie klappte den Schirm zu und schüttelte ihn. Ein kleiner Elefant kam angetrabt, drückte sich mit Wucht gegen den Wärter und schwenkte sein haariges Schwänzchen. Der zarte Flaum auf dem Kopf stand ihm zu Berge, er wedelte mit den Ohren, und der kleine Rüssel tastete die Jackentasche ab.
»Hier hast du was, du Frechdachs!« Der Wärter nahm eine Hand voll Erdnüsse aus der Tasche. »Wollen Sie auch mal?«
»Lieber nicht .« Alessia wehrte den rosagrauen Rüssel ab.
»Na, nehmen Sie schon . da ist nichts dabei . ein Rüssel beißt nicht!«
Er nahm Alessias Hand, drückte sie flach und legte ein paar Erdnüsse darauf. »Flach halten, dann kann er sie gut nehmen!«
Alessia fühlte ein warmes Kribbeln auf ihrem Handteller.
»Na sehen Sie, war doch gar nicht so schwer . noch mal?«
Alessia lachte. »Nein, ich muss los . ich muss in die Schule.«
Sie bemerkte seinen fragenden Blick, wie ein Schulkind sah sie nicht aus.
»In die Dolmetscherschule in der Via Mercadante . die Villa, die so florentinisch aussieht .« Dann dachte sie, dass ihn das wohl kaum interessierte, und fügte rasch hinzu, sie werde den Schirm auf dem Rückweg wiederbringen.
»Schon in Ordnung, Signorina .«
»Alessia Lante della Quercia.«
Als Alessia am Nachmittag die pinienüberschattete Steintreppe der Dolmetscherschule hinabging, sah sie auf der anderen Straßenseite einen schwarzen Alfa Romeo warten. Sie überquerte die Via Mercadante. Die Beifahrertür wurde von innen sacht aufgestoßen. »Du hättest nicht herkommen dürfen .«, sagte sie vorwurfsvoll. Sie stieg ein, drückte Crasso einen Kuss auf die Wange und blickte ihn an. Der Bankier sah aus wie immer, der Hemdkragen saß zu eng, aber sonst machte er einen eleganten, gelassenen Eindruck. Alessia seufzte. Sie wünschte sich, auch einmal so gelassen sein zu können, wie Pierluigi Crasso. Sie war immer nervös, irgendwie aufgeregt, fast gehetzt. Wenn sie mit ihm zusammen war, gab er ihr etwas von seiner Sicherheit ab. Vielleicht hatte sie deshalb seinem Drängen nachgegeben, obwohl er um einiges älter war und es noch etwas anderes gab, das gegen ihre Beziehung sprach.
»Warum fährst du nicht Richtung Via Veneto?« fragte sie, als sie merkte, dass er wendete.
»Da muss es einen Unfall gegeben haben oder einen Brand .«, antwortete Crasso ruhig, nahm ihre Hand und drückte einen Kuss darauf. »Bei der Villa Borghese standen Rettungswagen und die Feuerwehr . die Rauchwolke zog bis zur Piazza del Popolo . da staut sich der Verkehr . wir fahren über Parioli.«
Alessia nickte. Dann würde sie den Schirm eben am nächsten Tag zurückbringen.
Im milden Licht der durch die Wolken brechenden Abendsonne bot sich ein eindrucksvolles Panorama über die römischen Dächer. Man sah bis hinüber zum Pincio.
»Schau dort drüben . die Lichter der Casina Valadier!«, sagte Crasso und nickte zur geöffneten Terrassentür. Es hatte aufgehört zu regnen. Der leichte Luftzug, der hereinwehte, duftete nach Frühling.
»Gehst du da heute Abend mit Lucrezia hin?« Alessia atmete heftig und presste ihr Kinn an seinen Rücken. Der Nachmittag war wie im Flug vergangen, schon schlich sich bei ihr die Traurigkeit ein, die der nahe Abschied brachte.
»Sie ist deine Mutter, Alessia, warum nennst du sie nicht so?«
»Gehst du heute Abend mit meiner Mutter .«
Crasso legte ihr den Finger auf den Mund. »Lucrezia und ich gehen essen . in die Osteria dell'Orso .«, sagte er, und es klang wie ein Seufzen.
Alessia warf die rote Lockenmähne zurück. »Dein Devisenhandel floriert wohl prima .« Abrupt stand sie auf. »Ich finde das unmoralisch . so viel Geld auszugeben für ein Essen . während überall bettelarme Kinder .«
Sie hielt inne und sah Crasso ins Gesicht. Seine Augen glitten über ihren Körper. Alessia nahm sein Hemd von der Stuhllehne und zog es über. Sie sprach nicht weiter.
»Wie eigenartig schön du bist .«, hörte sie ihn sagen. »Diese helle Haut, das rote Haar, du siehst aus . wie eine Britin, niemand würde dich für Lucrezias Tochter halten.«
»Ja, ja .« Alessia klaubte Rock und Strümpfe vom Boden auf. »Der römische Adel . Orsini, Ruspoli, Vitelleschi, Barberini . alle haben sie einen Renaissancepapst in der Familie, tief braunes Haar und ein Profil, wie in einer Bildhauerwerkstatt gemeißelt! Sieh dir Aurelio und Lavinia an.«
»Du sagst das, als wären es Fremde . ihr seid doch Geschwister«, unterbrach sie der Bankier, der sich nun ebenfalls anzog. Er nahm seine Hose vom Stuhl und strich sie glatt.
»Bloß halb . ich laufe unter Jugendsünde, das weißt du doch . auch wenn ich die Jüngste bin.« Crasso sah Alessia von der Seite an. Nur kurz, bevor er den Gürtel schloss, aber sie wusste diesen Blick zu deuten. Es war der Blick, den sie nicht ausstehen konnte. Alessia kräuselte die Nase. »Ich weiß, was du denkst . das arme Kind . kennt nicht mal ihren Vater . irgendein Schauspieler aus England, der Lucrezia damals den Kopf verdreht hat. Vielleicht ein Schotte? Weil er nicht mal für mich zahlt? Du brauchst mich gar nicht so mitleidig anzusehen. Mir geht's prima!«
Crasso trat zu ihr. »Wann sehen wir uns wieder? Du weißt . ich kann ohne dich nicht sein!« Er strich ihr zärtlich über die Wange.
»Nächsten Donnerstag . seit zwei Monaten ist das der einzige Termin in der Woche, den du dir freihalten kannst. Also, nerve nicht mit leeren Floskeln, ja?«
»Wie du mit mir sprichst! Ich vermisse dich wirklich .«
Seine Stimme bekam einen metallenen Klang. Dann atmete er durch und setzte sich auf das Bett, um seine Schnürsenkel zu binden. »Irgendwann wird das alles anders!«, fügte er matt hinzu.
»Keine leeren Versprechungen, irgendwann werden wir uns nicht mehr Wiedersehen .«, sagte Alessia und holte Luft. Sie hatte es tatsächlich geschafft, den Satz zu sagen, ohne dass ihre Stimme...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.
Dateiformat: ePUBKopierschutz: ohne DRM (Digital Rights Management)
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet – also für „glatten” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Ein Kopierschutz bzw. Digital Rights Management wird bei diesem E-Book nicht eingesetzt.