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Alexander von Humboldt erforschte an der Wende zum 19. Jahrhundert, von 1799 bis 1804, Südamerika. Fünf Jahre lang reiste er kreuz und quer durch Neuspanien, von Venezuela bis Peru, erkundete die Flusssysteme des Amazonas und erklomm die höchsten Gipfel der Anden. Und gemeinsam mit seinem Reisegefährten Aimé Bonpland dokumentierte er mit umfangreichen Pflanzensammlungen, 4000 Seiten Tagebuchnotizen sowie gemalten Darstellungen der Wunder, denen er begegnete, die Naturgeschichte des Kontinents. Humboldt, Kind des Zeitalters der Vernunft und der Aufklärung, war ein Universalgelehrter. Seine Kenntnis der Naturgeschichte und seine Beherrschung des Wissens seiner Zeit waren ebenso atemberaubend wie die zahllosen Beiträge, mit denen er mehrere neue wissenschaftliche Disziplinen begründete. Er veröffentlichte seine Beobachtungen in einer umfangreichen fünfbändigen Sammlung von Vorlesungen, dem Kosmos (1845-1862). Das 1814 erschienene Werk Voyage aux régions équinoxiales du Nouveau Continent wies Humboldt als den bedeutendsten Forscher-Wissenschaftler seiner Zeit aus und inspirierte Charles Darwin auf seiner fast fünfjährigen Weltumsegelung an Bord der HMS Beagle.
Humboldts berühmtestes Buch jedoch war Ansichten der Natur von 1808, eine Zusammenstellung von Kurzfassungen einiger Teile des (später erschienenen) Kosmos. Ansichten der Natur ist ein höchst bemerkenswertes Werk. Die Kapitel behandeln Themen, die als «Ansichten» im doppelten Sinne präsentiert werden: Sie geben Gesehenes wieder und äußern Meinungen darüber. In jedem Kapitel, ja in jedem Absatz und sogar in einzelnen Sätzen verwebt Humboldt Beobachtungen aus Geologie, Geographie, Botanik, Zoologie, Ökologie, Atmosphärenforschung und Anthropologie miteinander auf nahtlose Weise. Humboldt appellierte an bildende Künstler, die Natur zu studieren und sie zu malen, weil er glaubte, Maler und Schriftsteller könnten mehr dazu beitragen, das Verständnis von Natur und Naturwissenschaft zu fördern, als die spezialisierten Wissenschaftler. Er plädierte dafür, die Wissenschaft durch populärwissenschaftliche Literatur der Öffentlichkeit nahezubringen. Edwin Church nahm die Herausforderung an und malte sein wunderbares Bild The Heart of the Andes (Das Herz der Anden), nachdem er Humboldts Wege in Südamerika nachgegangen war. Wenn Sie das 1,7 mal 3 Meter große Gemälde betrachten, das erstmals 1859 ausgestellt wurde und heute im New Yorker Metropolitan Museum of Art hängt, werden das Format des Bildes, aber auch sein Reichtum an Details Sie in den Bann ziehen. Es stellt die komplexe Ökologie eines der Phantasie des Malers entsprungenen Gebirgsflusses im Herzen der Anden dar. Church hat keine existierende Örtlichkeit abgebildet, sondern eine ökologisch korrekte Komposition einer Andengegend geschaffen, in die die geologischen, botanischen und anthropologischen Gegebenheiten der Region verwoben sind. Je länger Sie das Bild betrachten, umso mehr filigran gemalte Details werden Sie entdecken.
Vor 25 Jahren wollte mein Freund und Mentor Harry Laidlaw ein Lehrbuch über die Biologie der Honigbiene schreiben. Ich sollte Koautor des Textes werden. Also setzten wir uns zusammen und skizzierten das Buch, indem wir für jedes Kapitel eine Gliederung erstellten. Der geplante Aufbau entsprach einem typischen Lehrbuch, mit geschichteten Ebenen des Wissens über die biologische Organisation: Biogeographie, Systematik, Anatomie, Physiologie und Verhalten, am Schluss ein Kapitel über Bienenzucht. Aber der Aufbau ähnelte stark dem des hervorragenden Buches The Biology of the Honey Bee von Mark Winston, das 1987 bei der Harvard University Press erschienen war. Ich fand, dass wir kein weiteres bräuchten, und das finde ich immer noch. Ich glaube aber, dass wir ein anderes Buch über die Biologie der Honigbiene brauchen, und habe daher versucht, wie Humboldt ein wissenschaftliches Buch zu schreiben, das nicht hierarchisch gegliedert ist, sondern um interessante Themen herum grundlegende wissenschaftliche Informationen vermittelt und wie Church ein Bild malt, das eine von den Kapitelüberschriften bezeichnete Sichtweise darstellt.
Ich möchte, dass die Leseerfahrung eher dem Erwerb biologischer Kenntnisse anhand von Fallstudien ähnelt als dem Studium eines normalen Lehrbuchs, bei dem das dargestellte Wissen Schicht für Schicht erschlossen wird. Meine Zielgruppe sind nicht die Fachleute (die das Buch trotzdem informativ finden könnten, glaube ich), sondern Menschen, die über biologische Grundkenntnisse verfügen und Bienen faszinierend finden, vielleicht sogar ausgebildete Hobby-Imker sind (davon gibt es viele) oder Studenten oder Doktoranden mit Interesse an der Thematik.
Ich habe es maßgeblich meinem guten Freund Bert Hölldobler zu verdanken, dass ich für 2017/18 ein Stipendium der Carl Friedrich von Siemens Stiftung erhielt. Bert meinte, ich sollte während dieses Jahres ein Buch über die Honigbiene als Superorganismus schreiben. Ich hatte auf den Begriff des Superorganismus während des größten Teils meiner Laufbahn in meinen Arbeiten bewusst verzichtet, weil mir nicht klar war, was er als Metapher oder Modell für die soziale Evolution wirklich bedeutete, und weil er für einige Soziobiologen und Philosophen der Biologie fast alles und für andere fast nichts umfasste. Bert hat mich aber in den letzten Jahren davon überzeugt, dass es sich um einen nützlichen Begriff handelt, der einem Großteil unserer Arbeit in der Soziobiologie der Insekten den Rahmen gegeben hat, wie auch davon, dass meine eigene Forschung ein Beispiel dafür ist, wie Superorganismen sich entwickeln. Nun, ich habe zwar kein Buch über die Honigbiene als Superorganismus geschrieben, aber der Begriff steht im Zentrum der Hälfte dessen, was ich im Folgenden dargestellt habe.
Die Kapitel wurden ursprünglich als eigenständige Essays zu wichtigen Themen der Biologie geschrieben und um meine Ansichten zu diesen Themen herumgebaut. Sie knüpfen nicht nahtlos aneinander an und sollen es auch nicht. Mein Hauptziel ist die Vermittlung von Erkenntnissen der Biologie; die Themen sollen das Interesse des Lesers wecken. Das Konzept der Ansichten im Sinne Alexander von Humboldts verbindet die Kapitel. Drei der ursprünglichen Essays habe ich in jeweils zwei Teile aufgeteilt (Kapitel 1-2, 5-6, 7-8), um dem Leser die Orientierung in der Fülle der Informationen zu erleichtern.
Während des Schreibprozesses gliederte das Buch sich von selbst logisch in Naturgeschichte (Kapitel 1-3) und soziale Evolution (Kapitel 4-8, Nachwort). Es beginnt damit, dass es die Bienen als Landschaftsmaler behandelt. Ich komme der Aufforderung Humboldts nach, die Naturgeschichte mit den Augen eines bildenden Künstlers zu betrachten. Ich bin kein bildender Künstler, versuche aber in den Kapiteln 1 und 2, ein Bild im übertragenen Sinne zu malen: ein Bild der Verwandlung der Erde durch die Bienen, die vor etwa 120 Millionen Jahren in einen koevolutionären Tanz mit Blütenpflanzen gerieten, der die bis dahin von Braun und Grün dominierte Erde bis heute immer wieder aufs Neue zu einer kaleidoskopischen Farbpalette macht. In Kapitel 3 stelle ich die Honigbienen als Umweltgestalter dar, die sich eine schützende Nestumgebung konstruieren und durch ihre Bestäubungsaktivitäten die Nischen vieler Pflanzen und Tiere ihrer gemeinsamen Umwelt mitgestalten. Kapitel 3 ist das längste, weil es am meisten Biologie enthält. Ich habe versucht, es ebenfalls in zwei Kapitel zu unterteilen, aber es ist mir nicht gelungen.
Die Kapitel 4-8 stellen Insektenvölker als Superorganismen dar. Kapitel 4 betrachtet Insektengesellschaften durch die Brille der politischen Philosophie. Ich vergleiche die soziale Organisation von Insekten locker mit den Gesellschaftsverträgen menschlicher Gemeinschaften. Ich erörtere die Entstehung von Altruismus im Kontext eines Gesellschaftsvertrags, den die Sozialgeschichte von Populationen in die genetische Ausstattung der Individuen einschreibt. In den Kapiteln 5 und 6 untersuche ich die Metapher des Superorganismus: wie der Begriff definiert und verwendet wurde, wo er versagt und wo er meiner Ansicht nach heute nützlich ist. Kapitel 7 zerlegt den Superorganismus der Honigbienen in die Mechanismen, die eine Ansammlung einzelner Bienen in ein Volk verwandeln, das wie ein Organismus funktioniert. In Kapitel 8 stelle ich die Ergebnisse meiner eigenen Forschungen vor, bei...
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