Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Vielleicht ahnen Sie bereits, dass sich Rituale positiv auf Ihr Arbeitsleben auswirken würden - dass Sie Ihre tägliche Arbeit auf bessere Weise gestalten könnten, oder dass Sie die Funktionsweise Ihres Teams verbessern und mehr Gemeinschaftssinn wecken sollten.
Wenn Sie sich Gedanken darüber machen, welches spezifische Ritual wohl in Ihrer Situation am hilfreichsten wäre, sollten Sie die Angelegenheit aus zwei wichtigen Blickwinkeln betrachten: dem des Anthropologen und dem des Designers.
Betrachten Sie Ihr Arbeitsleben und die Organisation mit offenem Geist. Beobachten Sie die Situationen genauso, wie sie sind. Achten Sie auf etwaige vorhandene Funken eines höheren »Sinns« oder einer »Bedeutung«. Hören Sie zu, wenn die Menschen über ihre Werte, Überzeugungen und Ziele sprechen. Und fassen Sie die alltäglichen Routinen und Bestrebungen der Menschen in Worte.
»Jeder, der Handlungsmöglichkeiten mit dem Ziel entwirft, die gegenwärtige Situation zum Besseren zu verändern, ist ein Designer«, schreibt der Nobelpreisträger Herbert Simon in Die Wissenschaften vom Künstlichen21. Lassen Sie sich auf die Rolle eines Designers ein und testen Sie in Experimenten, was funktioniert. Nutzen Sie dazu vorhandenes Material wie Routinen, Räume und Ziele.
Wir haben mehrere Strategien für eine erfolgreiche Einführung von Ritualen identifiziert.
1. Schaffen Sie einen sicheren Raum
Wenn Sie in einer Gruppe Rituale einführen wollen, sind Offenheit und Transparenz für alle Beteiligten das Wichtigste. Dazu sollten Sie einen Raum schaffen, in dem die Mitglieder die zentralen Werte und Themen gemeinsam ergründen und ein Ritual entwerfen können, das auf sie abgestimmt ist.
2. Erleichtern Sie das Design
Damit Sie ein erfolgreiches Ritual erschaffen können, müssen alle Teammitglieder an einem Strang ziehen und sich aktiv beteiligen. Fördern Sie Gespräche durch Design-Methoden und sorgen Sie für eine gemeinsame Ausrichtung.
3. Streuen Sie Befürworter aus
Bei jedem Versuch, ein Ritual zu kreieren, werden Sie bei den Personen, die stärker an die Notwendigkeit und den Wert eines Rituals glauben als andere, auch mehr Interesse erregen. Finden Sie diese Menschen, »pflanzen« Sie sie in die Gruppe ein und lassen sie am besten auch das Ritual einführen.
4. Zwingen Sie das Ritual nicht von oben auf
Wenn ein neues Ritual Fuß fassen soll, dürfen Sie die Leute auf keinen Fall zum Mitmachen zwingen, denn das löst negative Reaktionen aus - und vereitelt somit seinen Zweck. Schaffen Sie stattdessen einen Kontext, in dem es eine unterstützende Struktur gibt, aber jeder das Ritual auf seine Weise durchführen kann.
5. Bezeichnen Sie es nicht als Ritual
Vor allem, wenn Sie noch Kollegen überzeugen müssen, die Aktionen zur Förderung der Unternehmenskultur skeptisch betrachten, sollten Sie das neue »Ding« einfach tun. Bitten Sie diese Leute, geduldig zu sein und Ihnen zu vertrauen - ohne dem Ding einen formellen Namen zu geben oder zu sagen, dass es ein Ritual ist.
Sie können Rituale auch ohne großes Budget, umfangreiche Zeitplanungen oder anstrengende, komplizierte Arrangements erschaffen. Halten Sie ein Ritual beim ersten Mal möglichst kurz und einfach und beobachten Sie, ob es funktioniert. Ein paar Testläufe zeigen, ob es gut passt.
7. Nutzen Sie das Charisma eines Impulsgebers
Damit ein Ritual abheben kann, müssen die Leute ihr analytisches Denken vorübergehend ausschalten. Wem in der Organisation gelingt es, die Kreativität und Verspieltheit der Menschen zutage zu bringen? Diese Leute sollten an der Einführung beteiligt werden. Suchen Sie nach Early Adopters, die ohnehin für ihre Eigenwilligkeit bekannt sind, und lassen Sie sie bei der Einführung der neuen Kultur vorangehen.
8. Vermischen Sie es nicht mit Routine
Rituale weisen manchmal alltägliche Eigenschaften auf, aber sie dürfen nie zur Routine werden. Ein Ritual ist eine bewusst ausgeführte Handlung: Sie müssen konzentriert bei der Sache sein. Routinemäßige Abläufe sind dagegen automatisiert und werden oft erst wahrgenommen, wenn plötzlich etwas anders gemacht wird.
9. Rituale können neue Gewohnheiten festigen
Das ist zwar eine Tatsache, aber nicht jede neu angenommene Gewohnheit ist auch ein neu erschaffenes Ritual. Rituale haben im Kern eine Bedeutung und Werte, die Individuen und Gruppen motivieren oder ihre Gefühle so steuern können, dass sie eine Gewohnheit annehmen.
10. Gehen Sie über den »Spaß« hinaus
Nicht alle Rituale sind positiv. Wenn wir selbst Rituale für Personen und Teams gestalten, fordern wir die Teilnehmer immer auf, die offensichtlichen Rituale beiseite zu lassen - bei denen sich meist alles um »Spaß«-Energie und die Strukturierung des Tages dreht. Das bedeutet, dass sie nach Tiefpunkten im Arbeitsleben suchen sollen. Für einen Manager entwarfen wir einmal ein Konfliktritual, das zwischen den Teammitgliedern vermitteln und ihre Resilienz stärken sollte.
11. Machen Sie sich die hier angebotenen Rituale zu eigen
Dieses Buch steckt voller Beispiele, aber Sie dürfen sie nicht als unveränderliche Rezepte betrachten. Passen Sie sie an Ihre Arbeitskultur an: Schöpfen Sie aus Ihrer Geschichte, Ihren Werten, Insider-Witzen, Routinen und Symbolen. Diese Rituale können als Anregungen dienen, aber Sie müssen sie bewusst verändern, damit sie hoffentlich ihre Wirkung für Sie entfalten können.
12. Rituale halten meist nicht ewig
Rituale sind nicht in jedem Fall als permanente Einrichtungen gedacht. Aus unseren Workshops wissen wir, dass viele irgendwann ihre Bedeutung verlieren und wieder aufgegeben werden. Manche fallen auch Veränderungen in der Organisation zum Opfer. Das ist nicht tragisch. Behalten Sie sie bei, solange sie nützlich sind, und gehen Sie dann zum nächsten über. Rituale sollten nicht erzwungen werden.
13. Überwältigen Sie die Menschen nicht gleich
Laut der Wundt-Kurve22 sollten Sie ein neues Ritual am idealen Punkt einführen, an dem sich die Erfahrung zwar neu, aber nicht zu neu anfühlt. Wir danken Isabel Behncke, die uns davon erzählte. Wenn ein Ritual mit Neuheit überfrachtet ist, sodass sich die Menschen radikal anders verhalten müssen oder in einen sehr ungewohnten Kontext gestellt werden, beteiligen sie sich nicht, weil es zu sehr schmerzt. Wenn das Ritual andererseits den Status quo überhaupt nicht verändert, wenden sich die Leute aus Langeweile ab. Ein Ritual sollte wachsen - es sollte ganz unspektakulär beginnen und mit der Zeit neue Elemente aufnehmen.
Nick Hobson
Sozialpsychologe, Neurologe University of Toronto
Nick Hobson untersucht in seiner Arbeit die Psychologie und Neurologie der Rituale. Er studiert sie seit 2011, als er mit seiner Promotion begann.
Damals gab es noch keinen einzigen wissenschaftlichen Aufsatz über Rituale und er fand das seltsam: Wie kam es, dass eine Wissenschaft, die von sich behauptete, die Grundlagen des menschlichen Verhaltens zu durchschauen, so wenig über diese weit verbreiteten und allgegenwärtigen Verhaltensweisen zu sagen hatte? Und wie war es möglich, dass in all der Zeit, in der Rituale weitergegeben worden waren, nie eine Wissenschaft der Rituale entstand?
Dieses Feld war eindeutig reif für Forschungen und er beschloss, für seine Doktorarbeit der Psychologie (und Wissenschaft) auf dem Gebiet von Ritualen tätig zu werden. Er analysierte bestehende - vor allem kollektive - Rituale und ihre Funktionsweise: Wie Rituale in Gruppen wirken, die Mitglieder verbinden, aber sie auch möglicherweise durch Vorurteile »blind« machen. Zudem untersuchte er psychologische und neurologische Ergebnisse von Ritualen auf individueller und kollektiver Ebene.
Witzig ist, dass sich Nick zu Beginn seiner Arbeit schwor, selbst nie an Ritualen teilzunehmen.
Mit seiner Einstellung als hyperrationaler Wissenschaftler betrachtete er Rituale als viel zu irrational. Im Lauf der Zeit änderte sich jedoch diese Einstellung. Wie Gelehrte seit langer Zeit bemerken, bedeutet die Tatsache, dass Rituale scheinbar keine direkte Funktion haben, noch lange nicht, dass sie sinnlos sind. Ganz im Gegenteil: Gerade wegen ihrer Irrationalität spielen sie so eine wichtige Rolle im Leben. Seine persönlichen Erfahrungen stimmen mit den Forschungsergebnissen überein: Je mehr Rituale es gibt, desto besser.
Das gilt auch für Nicks Arbeitswelt. Er versucht daher, seine Teammitglieder mithilfe von Miniritualen um die Kultur und Werte des Unternehmens zu scharen. Da es sich um ein virtuelles Team handelt, muss er Rituale finden, die sich digital ausführen lassen.
Er sagt: »Man muss kreativ sein. Ein Ritual heißt bei uns der >virtuelle...
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