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Alle Einheiten bereit.«
Detective Inspector Tony McLean saß am Steuer eines zivilen Polizeiwagens und starrte über die dunkle Straße auf die georgianischen Reihenhäuser gegenüber. Hier und da schien Licht durch die Vorhangritzen, aber in den meisten dieser Gebäude waren Büros untergebracht und die Angestellten längst nach Hause gegangen. Weiter oben an der Straße klammerte sich ein Gerüst wie Efeu an die Fassade, Müllcontainer waren gefüllt mit Styropordeckenplatten aus den Siebzigerjahren und ellenlangen, veralteten Stromkabeln. Ob hier Apartments entstanden oder ein wohlhabender Anwohner sein Zuhause sanierte, konnte McLean nicht feststellen, nur dass dieser Teil der New Town allmählich wieder zum Wohngebiet wurde.
»Die Show kann beginnen.« Neben ihm starrte Detective Chief Inspector Jo Dexter auf ihr klobiges Funkgerät. In dem engen Wagen roch es nach kaltem Zigarettenqualm und Pfefferminze, nicht penetrant, aber er wäre trotzdem lieber ausgestiegen. Eigentlich wollte er sowieso in vorderster Front dabei sein, aber da McLean die Aktion leitete, hatte ein Sergeant diese Aufgabe übernommen.
»Alle Einheiten gehen wie geplant vor.« Jo Dexter legte das Funkgerät auf das Armaturenbrett, es war auf den für die Operation vorgesehenen Kanal eingestellt, dann lehnten sie sich zurück.
»O Gott, ich könnte jetzt wirklich eine Kippe brauchen.«
»Ich dachte, du hast aufgehört«, sagte McLean, wusste aber, dass es nicht stimmte.
»Hab ich auch. Ich dachte, du wärst wieder beim CID?« Dexter schaute aus dem Fenster auf das Geschehen gegenüber auf der anderen Straßenseite. Ein Dutzend uniformierte Beamte strömte aus einem zivilen Transporter, ihre Warnwesten reflektierten im Licht der Straßenlaternen, als sie die Steinstufen hinauf und durch die Haustür eilten, die ihre Kollegen gerade mit einem Rammbock aufgebrochen hatten. Gedämpfte Schreie hallten durch die Nacht.
»Anscheinend bekommt keiner von uns mehr das, was er will. DCI Spence ausgenommen. Hätte nie gedacht, dass ich mich noch mal nach Dagwoods Regiment zurücksehnen würde.«
Dexter machte den Mund auf, um etwas zu sagen, aber ihr Funkgerät krächzte dazwischen.
»Objekt gesichert, Ma'am. Vielleicht wollen Sie jetzt rüberkommen?«
McLean stieg aus und spürte die kalte Herbstluft. Immerhin frisch. In dem Haus auf der anderen Straßenseite, dem ihre ganze Aufmerksamkeit galt, brannten jetzt sämtliche Lichter, die Fensterläden waren geöffnet und die Vorhänge aufgezogen, sodass sämtliche schmutzigen Geheimnisse, die sich dort verbargen, zum Vorschein kamen. McLean sah die Straße rauf und runter und wunderte sich nur ein kleines bisschen, als er einen weiteren geparkten Wagen mit zwei Insassen darin und die Silhouette eines Teleobjektivs entdeckte. Die Razzia sollte geheim bleiben, aber offensichtlich hatte jemand die Presse informiert.
»Paparazzi?«, fragte Dexter und folgte seinem Blick.
»Garantiert. Gibt doch kaum was Besseres als einen Schnappschuss von einer bedeutenden Persönlichkeit, die sich von den Bullen aus einem Puff abführen lässt.«
»Wir könnten ein paar Constables hinschicken, um sie abzulenken. Aber lass uns erst mal sehen, wen wir da überhaupt mit heruntergelassener Hose erwischt haben.«
Im Haus war es warm und hell. McLean trat in einen großen Empfangsbereich, in dem es jetzt von Polizisten nur so wimmelte. Bequeme Sofas säumten die Wände, auf den niedrigen Tischen davor standen ein paar halb volle Gläser und lagen Zeitschriften verteilt. Eigentlich sah es eher nach einem vornehmen Boutique-Hotel aus als nach einem Ort, an dem Männer Frauen für Sex bezahlten. Nicht auszuschließen, dass die Anwälte es mit dieser Masche versuchen würden, sollte es so weit kommen.
Detective Sergeant Kirsty Ritchie entdeckte McLean und schob sich durch das Gedränge zu ihm. Über ihrem dunkelblauen Anzug trug sie eine Stichschutzweste, allerdings offen. Sollte Gefahr bestanden haben, so war die Situation längst entschärft.
»Genau das, was wir erwartet haben, Sir, Ma'am.« Ritchie hielt ein Funkgerät in der Hand und schob es in ihre Tasche, während sie weitersprach. »Hier unten gibt's noch ein paar Empfangsräume, weitere Schlafzimmer sind oben. Am Keller arbeiten wir noch.«
»Ich dachte, Sie hätten gesagt, das Objekt ist gesichert«, sagte Dexter.
»Ist es auch, Ma'am. Sehr sogar.« Ritchie grinste, ein Gesichtsausdruck, den McLean in letzter Zeit nicht mehr oft bei ihr gesehen hatte. »Wird wohl eine Weile dauern, bis wir die Leute da unten aus ihrer jeweiligen, äh . Zwangslage befreit haben.«
»Jemand Bekanntes dabei?«, fragte McLean. »Die Presse steht schon vor der Tür. Wir müssen vorsichtig sein, wenn wir die Leute rausbringen. Du weißt ja, wie Anwälte sind. Beim bloßen Hauch eines Verdachts, wir hätten jemanden vorgeführt, ist die ganze Operation geplatzt.«
Ritchies Grinsen wurde zum Stirnrunzeln. »Presse? Wie haben die das denn spitzgekriegt?« Sie schüttelte den Kopf. »Egal. Wir können mit einem Transporter hinten ranfahren und sie rausholen. Ich kümmere mich drum.«
»Gut. Zuerst werden wir mit denen aber sprechen müssen. Trennt sie möglichst, bis wir die Aussagen haben.«
»Dürfte kein Problem sein. Die Freier sitzen einzeln in den Zimmern. Jedenfalls die meisten. Ich hab jeweils einen Kollegen vor die Türen gestellt. Keiner geht rein, und niemand kommt raus.«
»Gute Arbeit, Sergeant.« Dexter klopfte Ritchie freundlich auf die Schulter und wandte sich an McLean. »Dann wollen wir mal, hm?«
McLean sah sich in der Diele um. Ein paar Mädchen waren hergebracht worden und saßen auf den Sofas. Einige tränenüberströmt, andere trotzig, die meisten aber ließen einfach nur verzagt die Köpfe und Schultern hängen. Am auffälligsten fand er, wie gewöhnlich sie aussahen. Sie waren weder besonders jung noch besonders alt, weder außergewöhnlich dünn noch dick. Ein paar sahen aus, als hätten sie sich für eine besondere Art von Party aufgedonnert, aber die meisten waren einfach ganz normale Frauen, erschrocken und verängstigt, weil sie mitten in der Nacht Besuch von der Polizei bekommen hatten.
»Von oben nach unten oder von unten nach oben?«, fragte er und erntete fragende Blicke von Dexter und Ritchie.
»Fangen wir im Keller an und arbeiten uns bis unters Dach nach oben vor oder anders herum?«
»Ach so.« Dexter stieß ein kurzes bellendes Lachen aus und erschreckte damit ein paar uniformierte Kollegen in der Nähe. »Wir teilen uns auf. Ich fange mit Ritchie oben an. Du nimmst den Keller. Ich vermute mal, DC Gregg ist noch unten?«
»Da hab ich sie zuletzt gesehen.« Ritchie zwinkerte McLean zu, als sie mit Dexter zur Treppe ging. »Viel Spaß in den Katakomben, Sir.«
Er sah ihnen nach, dann bat er einen der Constables, ihm den Weg in den Keller zu zeigen. Der hintere Teil des Hauses war mehr oder weniger genauso eingerichtet wie der vordere, ein paar große Räume jeweils links und rechts an einem schmalen Gang, dazu Fenster mit Blick auf das, was wohl mal ein Garten gewesen sein mochte, inzwischen aber zum asphaltierten Parkplatz umfunktioniert worden war. Über abgetretene Stufen gelangte er hinunter in einen Gang mit unverputztem Gemäuer und einer erstaunlich hohen gewölbten Decke. Ein schmaler dunkelroter Teppich bedeckte die steinernen Bodenplatten, und schwere eiserne Fackelhalterungen waren in gleichmäßigen Abständen an den Wänden angebracht wie in einer schlechten Filmkulisse. Die Flammen darin flackerten unnatürlich, und bei genauerer Betrachtung stellte sich heraus, dass es sich um in Plastik gefasste Glühbirnen handelte.
McLean suchte nach den Drähten, als ihn ein Schrei ablenkte. Er eilte zur nächsten offen stehenden Tür, und als er die Szene dahinter erfasste, begriff er, warum Ritchie ihm so verwegen zugezwinkert hatte.
Der große Raum mit der von zwei dicken steinernen Pfeilern gestützten Gewölbedecke wurde von weiteren falschen Fackeln beleuchtet. Zwei uniformierte Beamte, ein Mann und eine Frau, kehrten der Tür den Rücken zu und starrten einen Käfig an, der an einem eisernen Ring befestigt von der Decke hing. Vielleicht ein bisschen größer als einen Meter achtzig und zylinderförmig war er gerade groß genug für den dicken Mann, der darin eingesperrt war. Seine Füße hingen ein paar Zentimeter über dem Boden, und abgesehen von einer schwarzen Ledermaske war er vollkommen nackt.
»Ah, Sir. Ich hatte gehofft, dass bald ein Vorgesetzter eintrifft.«
McLean riss sich vom Anblick des baumelnden Mannes los, als die ihm vertraute Gestalt von Detective Constable Sandy Gregg hinten aus dem Dunkeln trat. Während sich seine Augen noch an die Lichtverhältnisse gewöhnten, erkannte er noch andere eigenartige Gerätschaften und einen weiteren Mann.
»Was ist hier los, Constable? Wieso ist dieser Mann noch eingesperrt?«
»Der Schlüssel ist im...
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