Schweitzer Fachinformationen
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Wir haben jetzt viel über die Hintergründe von Schmerzen geredet. Es wird Zeit, endlich darüber zu sprechen, wie wir gedenken, damit klarzukommen.
Weshalb es sich lohnt, als Patient selbst gut Bescheid zu wissen
Es gibt einige sensible Themen, bei denen man ganz genau hinschauen und nicht allzu vertrauensselig sein sollte. Ein solches Thema ist die Gesundheit und insbesondere der Schmerz.
Nicht jeder Mensch will über möglichst viele Dinge Bescheid wissen. Vielen reicht das Gefühl, sich in guten Händen zu befinden, sich einfach auf andere verlassen zu können. Wohl dem, der Partner hat, die dieses Vertrauen rechtfertigen.
Überlegen Sie einmal, wie oft Sie schon falsche oder unsinnige Auskünfte bekommen haben. Beispielsweise wenn Sie um die Lösung eines Problems gerungen oder nach dem Weg gefragt haben. Wenn man sich daraufhin verläuft, mag das ja halb so schlimm sein. Etwas anderes ist das bei gewissen gesundheitlichen Ratschlägen, bei denen manchmal viel, in einigen Fällen sogar sehr viel auf dem Spiel steht. Es fängt oft mit kleinen Fragestellungen an: Tablette ja oder nein beispielsweise. Aus einer anfänglich geringen Beeinträchtigung kann sich aber letztlich ein schicksalhafter Prozess entwickeln, wenn Sie unter anhaltenden Schmerzen leiden. Daher sollten Sie und vor allem Ihr Arzt es sehr genau nehmen mit der Gesundheit und den Herausforderungen, die beschränktes Wissen auf diesem Gebiet mit sich bringt. Es ist viel gewonnen mit der Erkenntnis, dass man sich selbst schlaumachen muss, weil das persönliche Wissen begrenzt ist. Diese Mahnung geht vor allem an die Adresse von ärztlichen Kolleginnen und Kollegen, die glauben, immer Allwissenheit demonstrieren zu müssen. Offene, ehrliche Kommunikation ist gefragt, auch das schafft Vertrauen. Es wird viel Schaden angerichtet mit Verlegenheitsdiagnosen und Meinungsäußerungen, die nicht von Wissen hinterlegt sind.
Es gibt dieses Bonmot vom »gegenwärtigen Stand des Irrtums«. Wenn auch der behandelnde Arzt mit einer gewissen Demut unterwegs ist, passieren weniger Fehler.
Sie als Patient sollten sich eher nicht verantwortlich fühlen für Ihren Schmerz. Außer natürlich, Sie haben eine grobe Dummheit gemacht, die damit in Zusammenhang steht. Aber das ist nur sehr selten der Fall. Trotzdem erlebe ich in meiner Praxis häufig schmerzgeplagte Menschen, die sich fragen, was sie nur falsch gemacht haben. Ich antworte diesen Menschen nichts anderes als das, was ich Ihnen jetzt sage: »Wenn Sie nichts wider besseres Wissen getan haben, haben Sie nichts falsch gemacht. Wenn Sie alles Mögliche unternommen haben, weil Sie es nicht besser wussten, haben Sie das meiste richtig gemacht. Machen Sie es sich mal einfach, Sie haben nicht nur als Schmerzpatient alles Recht dazu. Aber wenn Sie nichts gegen die Schmerzen tun, dann haben Sie das meiste falsch gemacht.«
Ist das wirklich so? Wie verhalten Sie sich denn am vernünftigsten, am zielstrebigsten, mit den größten Erfolgsaussichten?
Schmerzen können aus vielen Gründen auftreten beispielsweise nach einem Unfall, wenn man sich verhoben, zu lange in einer oder ungünstigen Haltung gearbeitet hat. Sie können sich aber auch spontan und grundlos einstellen. Bei Letzteren spekulieren wir gerne über deren Herkunft. Schmerzen sind in unserem Lebensplan einfach nicht vorgesehen. Sie haben etwas Beunruhigendes und ein Kommunikationsproblem gibt es noch dazu, weil die Umgebung sie einem im Vergleich zu einem Unfallgeschehen nicht so einfach abkauft.
Schmerzen, die uns widerfahren, weil wir so richtig Pech bei einem Unfall hatten, mit denen werden wir gut fertig. Solche Situationen kennen wir und unsere Angehörigen und Freunde kennen sie auch. Hier leidet man verständnisvoll mit uns.
In den meisten Fällen verschwinden die Unannehmlichkeiten wieder ganz von alleine, auch wenn es dazu bisweilen etwas ärztlicher Hilfe bedarf. Manchmal jedoch tun sie das nicht. Sie bleiben einfach da. Und glauben Sie mir, dass passiert wirklich nicht selten. So fängt es an, das Drama mit den Schmerzen.
Eigentlich müssten die Unfallfolgen anstandslos abgeheilt sein, erfährt man von seinem Arzt. Aber vielleicht wurde ja auch nur noch nicht genau genug hingeschaut. Also geht man zu anderen Ärzten. Die strengen sich diagnostisch echt an, und das bedeutet, es wird wirklich alles untersucht. Hartnäckige Schmerzen stellen zweifellos ein erhebliches diagnostisches Problem dar. Hartnäckige Diagnostik beinhaltet allerdings eben immer auch das Risiko, irrelevanten Befunden, sogenannten Zufallsbefunden, einen falschen Stellenwert zu verleihen. Und am Ende werden dann die falschen Schlüsse daraus gezogen.
Irgendwann ist schließlich alles untersucht. Man steht am Scheideweg und muss für sich die Frage beantworten, ob man das Resümee der ärztlichen Bemühungen akzeptiert, und wie man damit umgeht. Dieser Moment ist ziemlich entscheidend, auch für die Zukunft. Es geht um die Frage, ob man jetzt energisch etwas tun will, oder ob man darauf hofft, dass sich die Angelegenheit doch noch irgendwie von alleine erledigt.
So mancher, der darauf hofft, dass der Schmerz genauso wieder vergeht, wie er gekommen ist, wird sich einige Monate später den Gesetzen der Schmerzchronifizierung beugen müssen. Nach spätestens sechs Monaten nämlich, meistens deutlich früher, gibt es kaum noch Bewegung in dem Schmerzbild, es stagniert auf hohem oder niedrigem Niveau und verändert sich nur noch in Abhängigkeit von den Umständen, aber nicht mehr grundlegend. Jetzt liegt die therapeutische Latte sehr hoch. Das Schmerzgedächtnis hat sich etabliert, die Dinge gehen ihren Gang. Fazit: Es wird zu lange gewartet. Allerdings wurden auch keine übereilten Entscheidungen getroffen mit langfristigen, ungünstigen Konsequenzen.
In einer anderen Verhaltensvariante akzeptiert man eine Diagnose spontan und umgehend. Sie liegt im Rahmen der eigenen Erwartungen und man erhofft sich von ihr schnelle therapeutische Erfolge. Häufig hat das eigene Umfeld mit ähnlichen Entscheidungen gute Erfahrungen gemacht, also wird sozusagen daran angeknüpft. Dies ist ein Szenario, in dem häufig operativen Therapiemethoden der Vorzug gegeben wird. Hier lautet das Fazit: Es wird energisch und schnell gehandelt. Allerdings werden dabei oft weitreichende Entscheidungen getroffen, die unter Umständen bezüglich Wirksamkeit und Nachhaltigkeit nicht umfangreich genug abgesichert sind.
In einem dritten Verhaltensmodell könnte man sich als Patient am Ende der Diagnostikphase eingehende schriftliche Befunde von den untersuchenden Ärzten aushändigen lassen und sie den Therapieempfehlungen gegenüberstellen. Insbesondere einschneidende, invasive Therapien sollten mit weiteren Behandlern besprochen werden. Einige gesetzliche Krankenkassen bieten mittlerweile ein Zweitmeinungsverfahren an. Hier werden neutrale Experten eingeschaltet, die die Empfehlungen der Kollegen begutachten. Die Übereinstimmungsquote ist ziemlich niedrig, was zu denken geben sollte. Da bei chronischen Schmerzen in der Regel kein akuter Handlungsbedarf besteht, habe ich genügend Zeit, mögliche Therapieoptionen zu testen. Denn nicht die Zeit spielt bei chronischen Schmerzen die entscheidende Rolle, sondern die richtige Verhaltensweise. Kompetent gestaltete therapeutische Testläufe können die Diagnose noch weitreichend beeinflussen, da man beispielsweise vom Erfolg eines Medikamentes oder einer manuellen Therapie wichtige Hinweise auf die Schmerzursache erhalten kann. Resümee: Es handelt sich sicherlich um einen aufwendigeren Prozess, der allerdings vollkommen gerechtfertigt ist in Anbetracht dessen, was auf dem Spiel steht.
Was jedoch steht denn überhaupt auf dem Spiel? Ihre Gesundheit und mindestens Ihre Lebensqualität, wenn nicht mehr. Zu langes Warten und Entschlusslosigkeit führt zu Therapieresistenz, also zu dem Problem, dass Behandlungen nicht ausreichend, nicht nachhaltig wirksam sind. Diese Entwicklung hat nicht nur Konsequenzen zum gegenwärtigen Zeitpunkt, sondern auch langfristig. Ein dauerhaft funktionsgestörtes Bewegungssystem neigt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Verschlimmerungstendenzen. Das Schmerzniveau steigt im Laufe der Zeit an, die Schmerzfläche vergrößert sich und auch die Schmerzqualität wird voraussichtlich unangenehmer und schwerer erträglich.
Diese Situation hat Folgen für unsere Systeme, die in die Schmerzerzeugung beziehungsweise Schmerzbewältigung eingebunden sind: Das Stressniveau steigt und die autonomen vegetativen Funktionen werden sich sympathisch überschießend entwickeln. Es entsteht ein gestörtes Funktionsgleichgewicht infolge Förderung stimulierender, sogenannter exzitatorischer Impulse. Während der aktivierende, sympathische Anteil des Vegetativums sich verstärkt, sinkt der beruhigende parasympathische vegetative Einfluss.
Das vegetative System hat verschiedene Möglichkeiten, Einfluss auf Schmerzprozesse auszuüben. Es kann schmerzleitende Nervenfasern aktivieren und sensibilisieren. Ursprünglich neutrale Nerven erhalten durch sympathische Fehlregulation schmerzleitende Fähigkeiten. Das System schaukelt sich exzitatorisch auf und die körpereigenen schmerzhemmenden Systeme werden schwächer.
Wer mit derartigen Problemen zu kämpfen hat, leidet häufig unter Schmerzen mehrerer Körperbereiche. Solche Syndrome werden auch Widespread Pain genannt, also weit verstreute Schmerzen. Dazu zählt beispielsweise die mittlerweile weithin bekannte Fibromyalgie, eine chronische Erkrankung, die sich durch Schmerzen auf der Haut, in den Muskeln...
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