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Kapitel 2: Alltag mit einem Drachenmädchen
Es war bereits spät in der Nacht, als wir zur Oberfläche zurückkehrten. Wie Lili es schon vorhergesagt hatte, waren Babel und der Zentralpark menschenleer, sodass wir uns unauffällig durch die Dunkelheit schleichen konnten. Für den Nachhauseweg wählten wir bewusst abgelegene Gassen und wenig belebte Straßen, um nicht entdeckt zu werden. Immer wieder zuckte die Vouivre erschrocken zusammen, als wir an lauten Tavernen oder vollen Häusern vorbeigingen - die allgegenwärtigen Geräusche und das Licht der Stadt versetzten sie in Staunen. Auch wenn es eine große Herausforderung war, sie in all dem Trubel zu beruhigen, erreichten wir schließlich trotzdem sicher unser Zuhause, das Feuerstellen-Anwesen.
»Meister Bell, bitte warte hier mit ihr. Wir werden zuerst dafür sorgen, dass Gott Miach und die anderen das Haus verlassen«, wies Lili mich und das Drachenmädchen an, also blieben wir in der Nähe des Hintertors zurück, während sie mit den anderen hineinging.
Die Miach-Familia war so nett gewesen, in der Zeit unserer Dungeon-Erkundung auf das Anwesen aufzupassen. Abgesehen von der Gottheit selbst hätte der Anblick der Vouivre sicher auch bei der Hundefrau Naaza oder seinen beiden neuen Mitgliedern Daphne und Cassandra für Aufruhr gesorgt. Selbst wenn sie mit unserer Familia befreundet waren, hielten Lili und Welf es für das Beste, sie über die Angelegenheit mit dem Monstermädchen im Dunkeln zu lassen - und ich stimmte ihnen zu.
Das in den Umhang aus Salamanderwolle gewickelte Mädchen klammerte sich an mich, als wir uns ein paar Minuten im Schatten des Anwesens verbargen. Nach einiger Zeit sahen wir, wie Gott Miach und seine Anhängerinnen unser Grundstück durch das Haupttor verließen. Kurz darauf kamen Haruhime und Mikoto durch die Hintertür herausgestürmt, um uns hereinzuholen.
»Meister Bell, wer wird das alles Göttin Hestia erklären .?«
»Ich mache das. Überlasst das mir.«
»Bist du dir da auch sicher .?«
Die beiden waren sichtlich besorgt, als sie uns das eiserne Tor zum Hintergarten öffneten. Als ich sah, wie sie jeweils einen Schritt Sicherheitsabstand zu der Vouivre hielten, bestärkte dies meinen Beschluss, unserer Göttin selbst alles zu erklären, da ich uns in diese Lage gebracht hatte. Das verletzte Bein des Mädchens begann bereits auf wundersame Weise zu heilen - dazu waren nur Monster imstande. Und dennoch festigte ich meinen Griff um sie, als Zeichen meines Willens, sie zu unterstützen.
»Hallihallo, willkommen zurück!« Als wir den Wohnbereich betraten, begrüßte uns Göttin Hestia wie gewohnt mit ihrem strahlenden Lächeln. »Aber sag mal, Bell, warum kommst du denn ganz allein durch den Hintereingang zurück? Miach und die anderen sind bereits nach Hause gegangen. Und wer ist dieses Mädchen da .?« Sie legte neugierig den Kopf zur Seite, nur um kurz darauf zu verstummen. Während alle Anwesenden, einschließlich mir, mit offenen Mündern dastanden und keinen Ton herausbrachten, fixierten ihre blauen Augen mich, bevor ihr Blick schließlich langsam zu dem Mädchen an meiner Seite wanderte, das sich unter der Robe versteckte. »Bell, was ist das .?« Ein ernster Ausdruck lag auf ihrem Gesicht. Anstatt zu fragen, um wen es sich handelte, fragte sie mich, was es war.
Eingeschüchtert von ihrem durchdringenden Blick zog ich der Vouivre wortlos die Kapuze vom Kopf, woraufhin ihre blassblaue Haut, ihre bernsteinfarbenen Augen und ihr roter Edelstein, der an einen Granatapfelkern erinnerte, zum Vorschein kamen.
Angesichts des exotischen Aussehens des Monstermädchens schnappte unsere Göttin nach Luft. Auch die Vouivre fürchtete sich vor unserer Göttin, die sie offenkundig geschockt anstarrte - sie schlang die dürren Arme um meinen Körper.
»Erklär mir alles .«, sagte Göttin Hestia ernst, nachdem sie tief durchgeatmet hatte.
Im Wohnzimmer erzählte ich unserer Göttin, was geschehen war. Lili, Welf und die anderen hatten ein paar Stühle herangeschafft und sich um unseren runden Tisch versammelt. Auch ich nahm Platz, die Vouivre direkt an meiner Seite. Göttin Hestia lauschte meiner Geschichte aufmerksam und mit ernster Miene bis zum Ende, ohne auch nur ein einziges Wort zu sagen.
»Was sollen wir jetzt tun, Göttin Hestia .?«, bat Lili sie um eine Entscheidung, kaum hatte ich meinen Bericht beendet.
Das Drachenmädchen hatte sich fest an meinen rechten Arm geklammert und weigerte sich loszulassen. Tief in Gedanken versunken hatte Göttin Hestia die Arme vor der Brust verschränkt. Schließlich öffnete sie langsam wieder die Augen.
»Bitte erzählt niemandem davon. Wir werden eine Weile abwarten und sehen, wie sich die Dinge entwickeln«, antwortete sie und blickte der Reihe nach jedem von uns tief in die Augen, sogar dem fremdartigen Mädchen an meiner Seite. »Um ehrlich zu sein, weiß ich auch nicht so recht, wie ich mit dieser Situation umgehen soll. Ich kann es selbst nicht glauben .« Ihr Blick verharrte eine Weile auf der vor Angst zitternden Vouivre.
Diese stellte alles infrage, was uns über die Monster im Dungeon bekannt war. Dass sogar eine scheinbar allwissende Gottheit eingestand, keine Ahnung zu haben, was nun zu tun wäre, ließ uns sprachlos zurück.
»Monster und ihre Kinder in der Welt der Sterblichen . sind Feinde. Ihr seid dazu bestimmt, gegen sie zu kämpfen. Nichtsdestotrotz kann ich jemanden, der imstande ist, sich derart zu fürchten, nicht einfach sich selbst überlassen.«
»Dann .!«
»Ja, sie kann eine Weile bei uns bleiben.« Indem sie diesem schutzbedürftigen Mädchen half, zeigte unsere Göttin ihr grenzenloses Mitgefühl.
Dass sie einem jeden Kind ihre Güte schenkte, erfüllte mein Herz mit Erleichterung. Ihre Entscheidung rief unterschiedliche Reaktionen bei den Versammelten hervor. Die einen seufzten, die anderen lächelten schief, doch keiner äußerte einen Einwand.
Göttin Hestia erhob sich von ihrem Stuhl und ging mit tapsenden Schritten direkt auf die Vouivre zu. Auch wenn sie ihre widersprüchlichen Gefühle nicht ganz verbergen konnte, schenkte sie ihr ein sanftes, gütiges Lächeln. »Hast du einen Namen?«
»Namen .?« Das Drachenmädchen blickte mich fragend an und lehnte sich noch weiter an mich. »Bell .?«
»Nein, das ist mein Name .«
Ihr Haar schwang mit, als sie den Kopf fragend zur Seite neigte. Eine Schweißperle rann meine Wange hinab.
»Mein . Name? Weiß ich nicht .«, stotterte sie.
Lili und die anderen schnappten überrascht nach Luft, denn es war das erste Mal, dass sie sie etwas anderes sagen hörten als meinen Namen. Daraufhin senkte das Mädchen den Kopf und blickte zu Boden.
Sie hat also wirklich keinen Namen .
»Vouivre« war die Bezeichnung, die wir Menschen ihrer Spezies gegeben hatten, doch einen individuellen Namen besaß sie nicht. Sie hatte weder Eltern noch sonst jemanden gehabt und war ganz allein im Dungeon gewesen. Das hatte ich zwar schon vermutet, doch jetzt war es bittere Gewissheit.
»Bell, du solltest ihr einen geben.«
»Hä, was?!«
»Ja, genau, Welf hat recht. Du hast sie gefunden und mit hierhergebracht. Du bist derjenige, der sie gerettet hat. Du solltest die Rolle ihres Vaters einnehmen und ihr einen Namen geben.«
W. Wie bitte .?! Welf und meine Göttin waren die Einzigen, die etwas dazu sagten. Lili, Mikoto und Haruhime schwiegen, doch in ihren Blicken war deutlich zu erkennen, dass sie genauso dachten. Während Welf es sichtlich zu genießen schien, mich vollkommen panisch und überfordert zu sehen, beäugte mich das Drachenmädchen mit verwirrtem, doch zugleich auch neugierigem Blick.
D. Das ist eine große Verantwortung! Warum muss ich ihr einen Namen geben, der sie ihr ganzes Leben über begleiten wird?! Warum nur?!, dachte ich verzweifelt, während ich in die bernsteinfarbenen Augen des Mädchens schaute, die geduldig zu mir aufblickten. Vouivre, Drache, Mädchen, Juwel, Granat, Blau, Silber, Bernstein . Ich versuchte, alle ihre Merkmale aufzuzählen, die ich auf den ersten Blick erkennen konnte, doch mir wollte nichts einfallen!! Kalter Schweiß rann mir über den Nacken, meine Augen schweiften ziellos umher.
»Jetzt mach schon«, sagte jemand zu mir.
Wie lange hatte ich wohl bereits darüber nachgedacht .? Mit zitternden Lippen öffnete ich schließlich den Mund. »W. Wilusine?«
»Hmm?«, antworteten alle unisono mit Verwirrung in den Stimmen.
Selbst meine Göttin neigte den Kopf zur Seite. Vielleicht hatte ich mir ein wenig zu viel Mühe gegeben, mir einen Namen zu überlegen?
»Ähm, Meister Bell . ist das nicht der Name eines Feenwesens aus einer Heldengeschichte .?«
Argh . ich bin aufgeflogen.
Haruhime, die Heldensagen ebenso sehr mochte wie ich, hatte mich sofort durchschaut. In einer davon gab es ein Feenwesen namens Melusine mit Flügeln aus Licht. Die Geschichte handelte davon, wie sie sich in den Helden verliebte, der ihr das Leben gerettet hatte, und versuchte, sich den Menschen anzupassen und mit ihnen zu leben. Sie warnte den Helden eindringlich, niemals einen Blick auf sie zu werfen, während sie badete, und er gab ihr sein Versprechen. Doch er brach es schließlich und sah ihre wahre Gestalt sowie ihre Flügel. Danach wurden sie voneinander getrennt, nur um sich später wieder zu vereinen, um gemeinsam einen Drachen zu besiegen, der das Heimatdorf des Helden...
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