Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Anfangs sagte Piki, na gut, sie werde sich private Kunden für Telefonsex beschaffen und damit ausreichend Geld für uns beide verdienen. Hundert pro fünfzehn Minuten. Und sie werde nur ausgewählte Kunden annehmen, je nach ihrer Belastbarkeit. Sie wusste, wie das ging, wo man inserieren und was man am Telefon sagen musste. Sie kannte sämtliche Tricks - wenn der Kunde wollte, dass mit dem Dildo gespielt wurde, schaltete man die elektrische Zahnbürste an, und wenn es den Kunden nach dem Schmatzen der Möse verlangte, dann steckte man den Finger in den Mund und bearbeitete das Zahnfleisch, wodurch zu meiner Verblüffung tatsächlich ein verstörend echtes Geräusch entstand.
Gleich der erste Kunde fragte nach Slips.
So gründeten wir unser Familienunternehmen. Die Nachfrage war so groß, dass Piki mit dem Telefonsex Schluss machte und sich auf die telefonische Abwicklung von Susanna Tagfalters Geschäften konzentrierte. Wir hatten unglaublich viel zu tun, denn wir waren auf diese Art Handel kaum eingestellt, doch es wartete schon ein Dutzend Aufträge, noch bevor ich unser Unternehmen überhaupt auf den Namen Susanna getauft hatte. Wir mussten uns über Produkte und Preise Gedanken machen, neue Telefonanschlüsse legen lassen, ein Geschäftstelefon anmelden und uns über Versandkosten und Anzeigemöglichkeiten informieren.
Auf unserem Gebiet waren wir Pioniere. Heute werden diese Produkte auf jeder zweiten Website und über immer neue Kanäle angeboten. Doch wir waren die Ersten und trafen direkt auf eine Spezies von Männern, die nur auf unsere Dienste und auf Pikis samtene Stimme gewartet hatten. Unmittelbar nach unserer ersten Susanna-Tagfalter-Anzeige liefen unsere Telefondrähte heiß. Wir hatten sie bei Text-TV geschaltet. Hallo Süßer, eine 25-jährige Studentin wartet in ihrem nassen Slip darauf, ihn genau dir schicken zu können.
Susannas erste Anzeige war gerade mal fünf Minuten zu sehen gewesen, und schon kamen neben Nachfragen und anderem überflüssigem Zeug auch zwei richtige Bestellungen. Und nach der zweiten und dritten Anzeige auch. Wir variierten den Anzeigentext und schickten ihn im Abstand von zwei Stunden erneut an Text-TV. Hey du da, bist du interessiert an meinen getragenen Slips? Ich bin 25, Studentin und habe einen Wahnsinnskörper.
Wir stellten unsere Anzeige in alle möglichen Dating- und Kontakt-Portale ein, überall dort, wo man bereit war, sie zu veröffentlichen, und wo das kostenlos oder zumindest billig war. Text-TV erwies sich als lohnend, denn das erreichte auch diejenigen, die weder Zeitungen noch Internet verfolgten. Und das war neu. Leider begannen die Kontrolleure unsere Texte zu zensieren und machten uns das Inserieren immer schwerer, obwohl sie gleichzeitig Nachrichten unzensiert veröffentlichten, in denen zahlungskräftige Herren junge Mädchen suchten.
Natürlich waren unter den Anrufern auch solche, die im Ernst glaubten, sie könnten kostenlos Fotos bekommen. Dass hier tatsächlich die schöne Susanna war, die nur deshalb überall Anzeigen schaltete, weil sie aus lauter Geilheit ihre Nacktfotos überall in Finnland verbreiten will. Die meisten jedoch verstanden den kommerziellen Charakter unseres Dienstes.
Dann gab es auch solche, die noch nie von Serviceanbietern wie Susanna gehört hatten:
Also, ist das jetzt ein Witz? Wer will denn irgendjemandes getragene Unterhosen? Wie wäre es, wenn ich dir meine alten Strümpfe schicke?
Ekelhaft!
Krank!
Bist du verrückt? Hoffentlich weißt du, dass du Hilfe brauchst?
Mögen so was nicht nur Japaner?
Aber als wir die richtigen Werbekanäle fanden, verschwand die Schar der Verdutzten.
Nach ersten Slipfans meldeten sich Kunden, die an anderer Unterwäsche interessiert waren und sich Strumpfhosen und Büstenhalter wünschten.
Piki hatte von dem Interesse an Tampons gewusst, aber ich war doch überrascht, als sie tatsächlich bei uns nachgefragt wurden.
Als die ersten Transen uns kontaktierten, kümmerte ich mich um sie, weil Piki nichts von Frauenkleidern verstand.
Slip nach Geschmack des Kunden 100 Finnmark.
BH je nach Wunsch 50-100 Finnmark.
Strumpfhosen, falls die Qualität keine Rolle spielt, 100 Finnmark.
Tampons je nach Wunsch 50 Finnmark.
Alle Produkte zuzüglich Versandkosten, je nach Art des Versands.
Wir schätzten, dass wir fünfzig Prozent Gewinn machen würden. Die Telefonrechnungen würden wir anfangs von allen Einkünften abziehen, dann die anderen Ausgaben, Versandkosten, Verpackungsmaterial, Plastikbeutel und das Rohmaterial wie die Slips selbst. Den Gewinn würden wir Hälfte-Hälfte teilen.
Die Aussicht auf Rettung aus unserer wirtschaftlichen Lage wirkte auf unsere Stimmung wie Champagner.
Ein neuer Wintermantel für Piki. Und neue, winterfeste Schuhe.
Lebensmittel!
Ich würde wieder mein Handy nutzen können. Und das Ausleihverbot und die Geldstrafen hinter mir lassen.
Rum!
Ein Walkman und Videos und neue Musik für Piki!
Zigarillos!
Nachdem wir alles durchgerechnet hatten, schliefen wir ganz wunderbar und hatten süße Träume. Der Morgen war lieblich, und obwohl ich nackt herumlief, war die Luft, die durch das geöffnete Fenster hereinströmte, nicht unangenehm kalt, sondern frisch wie Quellwasser.
Piki begann mit der Buchhaltung.
Ich klaute uns ein Arbeitstelefon und eröffnete einen neuen Anschluss.
Wir kramten aus unseren Schränken die Unterwäsche wieder hervor, die wir hatten wegwerfen wollen, und sortierten sie.
Unser einziges grundlegendes Problem war die Sache mit dem Postfach. Das war die einzige Adresse, die uns in dieser Situation einfiel, weil wir unsere eigene nicht bekanntgeben wollten, ganz zu schweigen von unseren Namen.
Erstaunlicherweise waren die meisten Kunden bereit, Bargeld an ein Postfach zu schicken und uns für den Versand ihre Adresse mitzuteilen.
Ich ging täglich zur Post, um nachzusehen, ob Briefe an Susanna eingegangen waren.
Wir hatten nur zwei bekommen. In den Umschlägen waren zusammengerechnet 800 Finnmark, aber trotzdem, es waren nur zwei Briefe. Dabei hatten wir um ein Vielfaches mehr Bestellungen bekommen.
Die Champagnerstimmung verflog schneller, als sie gekommen war.
Ich sagte zu Piki, ich werde nie mehr bei der Post nachfragen, ob etwas für Susanna Tagfalter gekommen sei. Diese Frage hatte ich zwei Wochen lang täglich wiederholt, meist vergeblich, und ich würde kein einziges Mal mehr dorthin gehen und mich zum Gespött der Postangestellten machen.
»Dann denk dir was Besseres aus. Egal, was, Hauptsache, unsere Namen und Adressen erscheinen nirgendwo. Die dürfen auf gar keinen Fall bekannt werden.«
Genau das tat ich. Ich rief meinen Freund Petruska an, und damit war die Sache klar. Wir würden sein Konto für unser Geschäft mitbenutzen. Petruska war ein Mann, also würde keiner unserer Kunden auf die Idee kommen, vor seiner Tür zu erscheinen oder ihm Fanpost oder Einladungen zu Dates zu schicken. Und Petruska war schwul, also hatte er keine Freundin, der er die Sache erklären müsste, wenn es doch mal dazu käme. Falls jemand an der Tür erschiene oder ihr Leben beobachtete, würde er nur zwei junge Männer sehen. Wir waren zwar befreundet, aber ich besuchte Petruska doch nicht so oft, dass jemand glauben könnte, ich würde bei ihm wohnen. Petruskas Konto war die perfekte Lösung für uns. Außerdem war er berufstätig und deshalb im Gegensatz zu uns nicht verpflichtet, seine Kontoauszüge dem Sozialamt vorzulegen. Überdies war Petruska in derselben Branche tätig gewesen, und er wunderte sich über nichts.
So kam Piki zu über tausend Finnmark teuren Springerstiefeln.
Ich gab den ersten Tausender für Klamotten aus.
Dann gingen wir aufgebrezelt auf eine Party im Kaisaniemi, und wir brauchten keine Flachmänner mitzunehmen. Wir brachen schon frühzeitig von zu Hause auf, denn jetzt konnten wir uns den Eintritt leisten, der immer bis zwei Uhr früh erhoben wurde. Meine Augen hatten ihren Glanz zurückbekommen, und Piki lachte wie bei unserer ersten Begegnung und kaufte bei dem Blumenverkäufer einen ganzen Korb voller Rosen für mich. Ich saß mit gespreizten Beinen auf ihrem Schoß, das Gesicht ihr zugewandt, und küsste ihr den Nacken so lange, bis ihr Hemdkragen nass war. Und wir tanzten zu den langsamen Stücken. Pikis Hände glitten über die Seide auf meinen Hüften, und mein neues Kleid war glatt wie die Flanke einer Robbe, und ich bewegte mich darin, als glitte ich durch Wasser, das mich streichelte, und Piki säuselte mir Unanständiges ins Ohr. Das war für uns ein guter Abend, eine gute Nacht und auch ein guter Morgen. Piki freute sich ungeheuer über die neuen Schuhe und über meine seidigen Hüften, und ihre Freude vergrößerte meine Freude noch.
Am nächsten Morgen erwachte ich nicht mit dem Gedanken daran, wie ich es wohl am kommenden Morgen schaffen sollte, das Bett zu verlassen.
Und Pikis ungewohnte Aktivität entlockte mir ein Lächeln.
Ich beobachtete vom Bettrand her, wie sie aufstand, sich eine Zigarette drehte und mit ihrer präzisen Handschrift die Buchführung in altmodischen Heften mit Wachstucheinband erledigte, wie sie die Briefumschläge sortierte und Paketkarten...
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