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Ein Mann aus dem Kloster zum Kommiß gekommen Der sich nun eine Frau genommen Sie habe schlanke Beine und trage kurze Röcke Sie sei jung und zart, habe es ihm infolge dieser Eigenschaften angetan
Aus einer Weihnachtsfeierrede, 24.12.1943
Abb. 3 u. 4: Alfons als Mönch und als Soldat (letzteres vom 30.1.1940).
Dieses Gedicht über Alfons wurde von einem Kollegen vor seiner Einheit anlässlich der Weihnachtsfeier 1943 als Teil des Programmes vorgetragen und zeichnet seinen ungewöhnlichen Lebensweg vom angehenden Mönch zum Soldaten und Ehemann nach. Alfons' klerikale Vergangenheit erweckte bei seinen Kameraden offensichtlich Neugier und Interesse. Sie zollten ihm Respekt, manche machten sich aber natürlich auch lustig, nicht zuletzt, da er Helmi offenbar jeden Tag Briefe schrieb. Fast allen Menschen gegenüber, die er neu kennenlernte, verschwieg er zunächst seine Vergangenheit als Mönch, wohl aus Angst in ein bestimmtes, ihm unerwünschtes Licht gerückt zu werden. Vor allem auch, um nicht als unerfahren gegenüber Frauen zu wirken. Denn das beliebteste Thema unter den Landsern waren die Frauen.
Seinen Kollegen berichtete er immer wieder über Helmi, wie stolz er auf ihr Aussehen war, über ihren Charakter, ihre Berufstätigkeit, ihren Fleiß, ihre Liebenswürdigkeit. Er nannte sie in den Briefen »Hummel«, weil sie stets brummend und furchtlos ihre Meinung vertrete. Weiterhin hat er sie als offen, gemütstief, mit viel Wissen (Brief vom 31.3.1943), aber auch als schnippisch, energisch, herausfordernd, hingebungsvoll und reserviert (Brief vom 27.10.1943) beschrieben. Sie könne kochen, flicken, waschen, stopfen, Ordnung halten, sei selbstständig und geistig gewandt (Brief vom 3.11.1943). Sie liebe ihre Unabhängigkeit von den Verwandten (Brief vom 17.1.1944) sowie das Weite (Brief vom 30.7.1943). Helmi sei eine Frau von Charakter (Brief vom 3.10.1942). Ihre klugen Augen und ihre schönen Beine auf den Fotos hielten ihn gebannt. Außerdem liebe sie die Kunst, das Theater (Brief vom 14.1.1942). In ihrem Beruf sei sie »schmissig« (Brief vom 14.1.1942).
Abb. 5: Helmi im März 1943.
Alfons charakterisierte sich selbst als jemanden, der die Tiefe liebe (Brief vom 25.10.1942) und das Hohe suche (Brief vom 20.11.1942). Er strebe nach höherer Wahrheit (Brief vom 8.7.1943). Er wolle kein »totes Vermögen« (Brief vom 27.4.1943), glaube nicht an Macht und Reichtum, sondern an Glück und Geborgenheit in sich selbst (Brief vom 1.10.1943); er sagte von sich, er sei ein Verächter der Materie, solange sie nicht dem Ideellen diene (Brief vom 9.11.1943). Er möchte in einer Stadt leben, weil dies seinen geistigen und seelischen Bedürfnissen entspreche (Brief vom 31.10.1943) und er Menschen hasse, die für geistige Sachen nichts übrighätten (Brief vom 26.4.1944). Er verstehe es, zu gehorchen (Brief vom 20.11.1942), denke universell, nehme Rücksicht, könne aber auch brutal sein, wenn das Recht mit Füßen getreten werde. Er sei beliebt, weil er zur rechten Zeit entscheiden könne (Brief vom 15.4.1943). Und vor allem sei er gläubig (Brief vom 30.7.1943).
Anfangs sind die Briefe gespickt mit lateinischen, griechischen und französischen Sprüchen und Zitaten. Eitel und überheblich erteilte er Helmi den Rat, beim Lesen der Briefe ein Lexikon zur Hand zu nehmen (Brief vom 12.8.1942). Er ließ ihr sogar tatsächlich eine französische Grammatik schicken (Brief vom 10.2.1943) und forderte sie auf, Französisch zu lernen.
Die Briefe aus dieser Zeit sind schwärmerisch und bildhaft geschrieben, setzen aber in der Tat eine Menge an Hintergrundwissen voraus. Als Leser:in gewinnt man den Eindruck, Alfons verfüge über ein übergroßes Selbstbewusstsein mit einem Hang zur Überheblichkeit, z. B. wenn er auf dem Weg zur Hauptkampflinie (HKL) nachts im kalten LKW robusten Berliner Landsern zwei Stunden lang einen Vortrag über die gesundheitlichen Gefahren des Rauchens und des Alkoholkonsums hielt.
[.] Ich habe, wenn ich mich selbst lobe, meinen Geschwistern voraus, dass ich universal denke und nicht umweltbedingt. Ich weiss auf alles Rücksicht zu nehmen, so weit es irgendwie geht, aber ich kann auch energisch sein bis zur Brutalität, wenn das Recht mit Füssen getreten wird, oder gegen Menschen, die den Frieden mit aller Gewalt zu stören suchen. Ich bin innerlich selbst gefestigt und kann auf mich selbst vertrauen und bin deshalb auch - wie ich hoffe - berechtigt, meine Frau zu führen und auf den Händen zu tragen, wenn es sein muss und zu verteidigen bis zum letzten. Du wirst von mir überall als die Idealperson proklamiert, ob Du es bist oder nicht, nur weil solche Taktik allein Vorurteile und etwaige Fehlerbezichtigungen zu interminieren imstande ist. Man darf den Leuten die Mäuler nicht aufreissen, sondern muss sie oft beschwichtigen um des Friedens willen. Die Dümmsten sind ja doch immer die Frechsten. Wenn du willst, Helmi, wollen wir mit Verwandten gar nichts gemein haben. Mir ist das sehr recht. Ich will Dich nur allein besitzen. Du wirst sehen, dass Du nicht wild zu werden brauchst, weil ich mich durch Geschwister oder Eltern beeinflussen liesse, sondern ich werde selbst wild, wenn sie mich nur beeinflussen wollen. Du kennst meinen Widerspruchsgeist noch nicht. [.] Diese Alleswisser haben in allem Erfahrung und wenn es darauf ankommt, stelle ich sie alle in den Schatten. [.] Sie sagen auch den Leuten immer die Meinung, wenn Du sie reden hörst. Wenn Du aber selbst Zeuge ihrer Debatten bist, sind sie Allerweltsjasager. O, Helmi, ich bin mir meiner Sache so sicher, dass ich gar keine Bange habe, Du könntest nur einmal mit mir unzufrieden sein. Ich kenne die Menschen, wenn ich ihnen auch nicht immer die Wahrheit sage. Bei meinen Kameraden bin ich sehr beliebt, weil ich zur rechten Zeit entscheiden kann. Sonst bin ich sehr taktvoll und übersehe gerne Fehler, um die grosse Linie zu bewahren. [.]
Alfons und Helmi wuchsen in Ballweiler auf und waren Nachbarn. Bei den ältesten erhaltenen Briefen ab Dezember 1941 handelt es sich noch um eine lose Korrespondenz zwischen alten Jugendfreunden, obwohl er schon recht früh äußert, dass er sich ein intimeres Verhältnis mit Helmi wünscht. Helmi ist jedoch bereits vergeben. Trotzdem schreiben sich beide weiter. Alfons berichtet von einem magischen Moment im September 1942. In diesem Urlaub kamen sich die beiden offenbar näher und er gesteht ihr auf dem Rückweg zur Front seine Liebe.
Für meinen Großvater war es die erste Erfahrung mit einer Frau, das erste Verliebtsein. Die Briefe von September 1942 bis Juni 1943 sind dementsprechend voller sentimentaler Gefühlsäußerungen, naiven Vorstellungen über das Zusammensein und Gedanken an eine Heirat. Das letzte Thema war freilich knifflig, denn eigentlich erwarteten sowohl seine Eltern als auch der Orden, dass er nach dem Krieg in seinen alten Beruf als Mönch zurückkehren werde. Nachdem ihm und Helmi jedoch klar geworden war, dass sie ein Paar sein wollten, entschied er sich für seinen neuen Lebensweg und legte seine Zukunftswünsche seinen Eltern vorsichtig dar. Überraschenderweise erhielt er deren Zustimmung offenbar recht problemlos. Ab November 1942 kreisten folglich seine Gedanken nur noch um Verlobung sowie Heirat und im März 1943 beschloss er, Helmi kurzerhand im nächsten Urlaub im Juni zu heiraten. Helmi zögerte zunächst noch etwas, willigte jedoch schließlich ein, wohl aufgrund seines kontinuierlichen Drängens und seiner kühnen Argumente über die Vorzüge der Ehe.
Nach der Hochzeit wurden die Briefe ernster und auch kürzer. Alfons wurde in dieser Zeit mehrmals versetzt. In den Briefen ist zudem seine ständige Angst vor dem Tod selbst heute noch gut greifbar. Der Einsatz als Sanitäter an der Hauptkampflinie war in der Tat wahnsinnig gefährlich. Ungeschützt ständig zwischen den Frontlinien zu agieren, permanent mit den schlimmsten Leiden und den schlimmsten Ausgeburten des Krieges konfrontiert zu sein - seine Angst war mehr als berechtigt. Helmi war ihm in dieser Situation offenbar eine wichtige Stütze und wohl auch die größte Motivation, weiterzuleben.
[.] Nun habe ich den Vorsatz geschafft, Dir auch ausserplanmässige Briefe zu schreiben. So oft Du auch schreibst, so selten erachte ich Deine Post, weil ich nie genug bekomme. Es ist nun bald Wirklichkeit geworden, dass ich Tag und Nacht an Dich denken muss. Ist dies nicht ein krankhafter Zustand? Oder ist es vielmehr das natürliche Bedürfnis eines Menschen, der in den Bann der Liebe geraten ist. Ich weiß es nicht, sind es Deine Augen, Deine rosigen Wangen, ich weiss es nicht! [.]
[.] Wenn ich es offen gestehe, liebste Helmi, liebe ich...
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