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Ich hatte mir genau zurechtgelegt, was ich sagen wollte. Schräg, oder? Sätze, wie sie die bösen Typen in billigen Thrillern sagten.
Dabei gehörte ich zu den Guten. Ich schwöre.
Und der Typ, dem ich die Pistole auf die Brust setzen, dem ich drohen, den ich notfalls töten würde, der war in Wirklichkeit der Böse. Der Verbrecher. Der wahr gewordene Albtraum.
Schon bei dem Gedanken an ihn schauderte mir, und wenn ich mir vorstellte, wie er meine Schwester anfasste, wurde mir kotzübel. Am liebsten hätte ich mir das Herz herausgerissen, nur damit der Schmerz aufhörte.
Ich war die Gute. Ja, das war ich. Und er so abgrundtief böse, dass ich ihn notfalls töten würde. Notfalls uns beide.
Bitte lass es nicht nötig werden.
Einfach so in einen Stripclub mit gefährlichen Bikern und einem drogenkochenden Irren mit Messiaskomplex zu marschieren, das war fast ein Himmelfahrtskommando. Aber es war meine letzte Chance. Entweder funktionierte das, oder ich würde mit einem Knall die Bühne verlassen.
Glauben Sie mir, ich weiß, wie irrsinnig das klingt.
Aber in den letzten Monaten hatte ich eine ganze Menge irrsinniger Dinge getan. Eigentlich im ganzen letzten Jahr.
Ach, wem will ich was vormachen? Mein ganzes Leben lang war ich das Epizentrum des Irrsinns. Das Auge des Wirbelsturms.
Ich durfte nicht scheitern. Einen Plan B gab es nicht.
Die wummernden Bässe, die aus dem Soundsystem des Clubs drangen, ließen die Lautsprecher brummen und knacken, aber wenigstens übertönte die laute Musik meine Zweifel. Und die Angst. Mein Herz schlug mit den Beats im Takt. Ich spürte es bis in meine schwitzenden Handflächen.
Ich überspielte die Angst, aber mein Mund war trocken. Stresstränen brannten hinter meinen Lidern. Ich war nicht annähernd so cool, wie ich es sein wollte.
Sicher, ich neigte zu ungestümem, übertriebenem Verhalten. Aber das hier .
Scheiße.
Das war geradezu, als wollte ich umgebracht werden.
Die Kappe tief in die Stirn gezogen, bahnte ich mir einen Weg durch das Velvet Touch. Ich hatte mir die Haare abgeschnitten und umgefärbt, zurück zu meiner natürlichen Haarfarbe, mit der mich hier noch niemand gesehen hatte, auch er nicht. Und ich trug Kontaktlinsen, die aus meinen grünen Augen braune machten. Ich setzte darauf, dass mich in dem schummrigen Club keiner so genau ansehen würde.
Das ist in Stripclubs die Regel: kein Blickkontakt. Man darf sich ringsherum an nackten Schamhügeln sattsehen, aber bei Blickkontakt fühlt sich jeder unwohl.
Ich sah mich um, registrierte, wer arbeitete und wie viele Gäste in den Sesseln vor der Bühne, an den Theken und den Tischen weiter hinten saßen. Überlegte, wie viele in den Hinterzimmern herummachen mochten. Um ungefähr zu wissen, wie viele Leute ich rausscheuchen musste, damit mein Plan aufging. Es war Samstagabend. Die ganze Sache wäre an einem Mittwoch viel einfacher gewesen, aber so viel Glück hatte ich natürlich nicht.
Denn wenn es eines gab, worauf ich zählen konnte, dann war das meine Pechsträhne.
Dies war die Nacht, in der sich alle Parteien zum letzten Mal treffen würden. Danach würde Lagan, der durchgeknallte Sektenführer, nach Hause zu seiner Legion von «Bräuten» fahren, die in einer Festung im Nirgendwo Kokain panschten, und der Skulls-Motorrad-Club, der Lagans Ware unter die Leute bringen sollte, würde zurück nach Florida zu seinem Hauptquartier fahren. Ab morgen würden sie ihr Drogengeschäft nur noch telefonisch abwickeln, mit Wegwerfhandys und kryptischen Textnachrichten, die über Zo liefen.
Deshalb musste es an diesem Samstagabend passieren. Es waren zu viele Leute da, um einfach «Feuer» zu schreien und zu hoffen, dass sie tatsächlich alle nach draußen rennen würden. Den Feueralarm auszulösen, würde nur die Bullen auf den Plan rufen, und zwar schnell. Was mir kaum Zeit für meine geplante Rede lassen würde.
Deshalb wollte ich ein Feuer legen, ein kleines, in der Frauentoilette gleich gegenüber dem Büro, wo die Treffen stattfanden. Das anschließende Durcheinander sollte mir als Ablenkung dienen. Und ich war zuversichtlich, dass die Leute rausrennen würden, ohne den Alarm auszulösen oder die 911 anzurufen. Diese Klientel gehorchte verlässlich dem Instinkt, erst mal die eigene Haut zu retten.
Unter meinem Hoodie rann mir der Schweiß über die Haut. Ein Hoodie in der Hitze von North Carolina war ein bisschen verdächtig, aber schließlich durfte niemand meine Pistole sehen.
Ein Mann, der aus dem Flur kam, über den man in die Hinterzimmer gelangte, rempelte mich an der Schulter an, sodass ich gegen die Wand stieß.
«Entschuldigung», sagte er, und die Stimme . Scheiße. Die Stimme.
Mir schlug das Herz bis zum Hals.
Max Daniels, du solltest jetzt nicht hier sein.
«Alles okay?», fragte er mit seiner tiefen, rauen Stimme.
«Klar.» Ich versuchte, höher zu sprechen, damit er mich nicht erkannte. Nicht dass wir viel miteinander geredet hätten. Aber wir hatten mal ein paar Worte gewechselt. Genug, um sich zu erinnern.
Ich mochte ihn. Dabei war er der Präsident der Skulls, also eines Haufens psychotischer, krimineller Arschlöcher. Aber wissen Sie . na egal. Jeder Mensch braucht irgendeine Familie. Das verstehe ich.
Vor ein paar Wochen war Max abgehauen.
Von der Bildfläche verschwunden. Genau zu der Zeit, als die Parteien dieses Drogendeals ihre Masken hatten fallen lassen und die wahren Dimensionen dieses Geschäfts offenbar geworden waren. Das waren keine Peanuts. Die Sache war international. Wenn etwas schiefging - und das war vorprogrammiert -, dann würden alle Beteiligten für lange Zeit in den Knast wandern. Und wer Grips hatte oder überleben wollte, würde sich so weit wie möglich davon fernhalten.
Max war jedoch der Einzige gewesen, der versucht hatte, sich aus dem Staub zu machen. Und das zeigte nur, wie dumm alle anderen waren.
Ich war erleichtert gewesen, als er weg war, hatte gehofft, er sei in Sicherheit.
Doch dann kam er zurück. Wegen Dylan, seinem Bruder, seinem leiblichen Bruder. Was ich absolut verstehen konnte. Für manche Menschen war die Familie wichtiger als alles andere. Selbst wenn sie einen in den Abgrund reißt.
Da war er also und zog mich sanft am Ellbogen von der Wand weg, gegen die er mich gestoßen hatte.
Ich bezweifelte, dass er mich durch die Berührung erkannte. Er war nie ein Grapscher gewesen. Während der Zeit, die ich hier als Tänzerin gearbeitet hatte, um den Laden unter die Lupe zu nehmen und die Lage abzuschätzen, hatte er allerdings reichlich viel von mir gesehen. Alles eigentlich.
In einer Nacht hatte er sich, statt wie sonst die Mädchen zu ignorieren, in einen der großen Sessel vor die Bühne gesetzt. Ich tanzte gerade an der Stange und fing seinen Blick auf, und plötzlich war es, als lösten sich der blöde Club und alles, was damit zusammenhing, in Luft auf. Meine Schwester, der Drogendeal, Lagan, Max' sogenannte Brüder - alles weg.
Da war nur ich mit meinen gespreizten Beinen und er, der sich sattsah.
Während ich tanzte, grinste er mich an. Genauer gesagt schmunzelte er in seinen Bart, und seine blauen Augen musterten mich durchdringend.
Ich kenne dich, gab er mir damit zu verstehen. Ich kenne jeden schmutzigen Zoll von dir. Ich weiß, was du schon alles getan hast und was du noch tun wirst, und ich werde dich ficken, bis du an nichts anderes mehr denkst.
Ich werde dich bestrafen, damit du aufhören kannst, dich selbst zu bestrafen.
Der Song ging zu Ende, ich verließ die Bühne und rechnete damit, dass er in die Garderobe käme. Ich hatte weiche Knie und war feucht und wollte, dass er mich über den Schminktisch beugte und sein stummes Versprechen einlöste.
Bestraf mich. Denn ich kann das nicht mehr allein tun.
Doch er kam nicht.
Und als ich wieder rausging, um halbherzig den einen oder anderen Lapdance zu geben und Drinks zu servieren, war er weg.
Von da an bemerkte ich ihn immer sofort, wenn er den Club betrat. Ich spürte seinen Blick deutlicher, er war schwerer und schärfer als der anderer Männer. Es dauerte lange, bis ich mich daran gewöhnte. Bis es mich nicht mehr störte. Denn es war jedes Mal, als schaute er in mich hinein. In meinen Kopf.
In den ersten Tagen fingerte ich mich wund. Danach vögelte ich jede Frau in dem Laden, die mich mal beäugt hatte, wund.
Nichts schien zu helfen.
Er bat mich nie um einen privaten Tanz oder einen Ausflug in eins der Hinterzimmer, und ich war froh darüber. Zumindest redete ich mir das ein.
Es war gelogen.
Denn nachdem er abgehauen war, hatte ich ihn vermisst. Den alles sehenden Blick seiner blauen Augen. Ich sehnte mich danach. Sehnte mich nach ihm.
Ja, ja, ich weiß.
Als bräuchte ich zu allem anderen auch noch eine Affäre mit dem gefährlichen Anführer eines Motorradclubs. Aber Drama ist quasi mein Ding. Mein Normalzustand.
Und ausgerechnet heute war er im Club. Und während mir seine Hand praktisch ein Loch in den Hoodie brannte, wollte ich ihn den Flur hinunter in das Zimmer mit der Couch zerren und mir die Stresstränen wegficken.
Offen gestanden, als ich seine Hand spürte und seinen Geruch wahrnahm - Zigaretten, Leder und Seife -, da wollte ich ihm alles erzählen.
Ihm sagen, dass er abhauen musste.
Geh. Verschwinde. Bevor du meinetwegen draufgehst.
Aber in Wirklichkeit wusste ich...
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