Zweihundertneunzehn Quadratmeter Glück! Wenn Frauenpower ein altes Stadthaus saniert

Mit meinem Traum schwanger gehen

Ich bin verliebt. So was von. Als objektive Betrachterin daher wohl eher schlecht geeignet. Das muss ich auch nicht sein. Schon mal gar nicht als direkt Betroffene. Denn das hier ist meine Geschichte. Ich werde nichts beschönigen. Versprochen. Aber auch nicht neutral sein, denn es ist meins. Ganz alleine meins. Dieses Haus hier in der Moselgasse. Kopfsteinpflaster bis vor die Haustür. Eine alte Eichentür mit schönem Ornament am Oberlicht. Holzfarben, naturbelassen. Das Schloss schließt nur, wenn ich die Tür leicht anziehe, so wie viele alte, wetter- und altersbedingt verzogene andere Exemplare.
Was war es nur, das mich entflammte für dieses über einhundert Jahre alte Stadthaus?
Der Zeitpunkt in meinem Leben, die günstigen Lichtverhältnisse oder einfach nur: der Sommer, mitten im Juli an einem sehr sonnigen, himmelblau überspannten Freitagnachmittag? Gelegen auf einer nur Zweihundertneunzehn Quadratmeter großen Parzelle mitten im alten Stadtkern des kleinen Städtchens an der Mosel. Auf der schöneren Seite des Flusses, um genau zu sein: der Sonnenseite. Dem Moselufer, an dem ein Prachtbau neben dem anderen steht. Jugendstil prägt diesen Ort. Ende des neunzehnten Jahrhunderts konnten sich die Großen der Stadt den Berliner Architekten Bruno Möhring leisten und so errichtete er ein Haus neben dem anderen.
Die schöne stille, romantische Moselpromenade lockt heute viele Touristen in diesen eher beschaulichen Ort. Das muss damals ganz anders gewesen sein. Neben Bordeaux in Frankreich war hier einstmals Europas größter Weinumschlagsplatz zu finden. Unterirdische, unter dem alten Stadtkern gelegene weitläufige Weinkeller zeugen heute noch davon. Evangelische Enklave rheinhessischer Einflüsse, reich geworden durch ein paar umtriebige Kaufleute sowie die besondere Kunst der hiesigen Winzer, an den steilen Moselhängen hervorragenden Riesling anzubauen.
Mitten in dieser Historie steht es nun, mein Stadthaus, Baujahr 1903. Die Gasse ist eng, das kleine Grundstück mit leichter Hanglage. In die Garage komme ich nur mit präziser Kurverei und Rückwärts-Einparktechnik. Moselhochwasser gab und gibt es immer wieder einmal, bisher wurde das Haus davon verschont. Nur 1993 stand das letzte Jahrhundert-Hochwasser wohl bis zur Garage, aber da sie sich eine Ebene tiefer als das Erdgeschoss befindet, gab es auch damals keine nassen Füße.

Die Erben haben verkauft. Fünf Kinder, von denen nur noch die Tochter, Frau Frings, im Ort wohnt. Selbst schon Rentnerin mit großen Kindern und eigener Immobilie. Ihre Eltern wurden alt, zuletzt lebte bis vor zwei Jahren noch der Vater, den alle nur »den alten Kayser« nannten, in seinem Haus mit sechs Zimmern. An besagtem Juli-Nachmittag treffe ich den zweitältesten Sohn und eben jene Tochter, sofort sind wir uns sympathisch. Beim Rundgang durch das Haus sehe ich noch alte Familienfotografien an den Wänden hängen. Ihre Mutter muss eine sehr herzenswarme Frau gewesen sein, so wie sie von der ehemaligen Essecke zu mir herunter lächelt. Ein Schwarz-Weiß-Foto, die Dame hat einen offenen Blick, ihr Gesicht ist umrahmt von weißen, kurzen Locken. Oder sind es gelegte Friseurwellen? Kann ich nicht beantworten und habe auch nicht danach gefragt. Jedenfalls herrscht eine warme, angenehme Stimmung.
Die Atmosphäre in diesem Haus ist durchweg positiv. Durch große Fenster scheint die Sonne, hohe Decken mit Stuckornamenten. Altbau vom Feinsten. Sofort eingenommen bin ich von der wunderschönen, gepflegten Holztreppe, die erst ins Obergeschoss und dann weiter ins ausgebaute Dachgeschoss führt. Gedrechselte, weiß lackierte Pfosten und Setzstufen bilden einen schönen Kontrast zum Naturholz des Handlaufs und der Trittstufen (Foto: Treppenhaus mit Rosentapete). Kaum eine Macke kann ich erkennen, die Bewohner scheinen allzeit sehr pfleglich mit ihrem Haus umgegangen zu sein. Überhaupt, es ist so sauber! Obwohl zuletzt ja wohl der Senior allein hier wohnte. Entweder war er selbst sehr reinlich, hatte ein gute Putzfee oder die Kinder eben guten Familienzusammenhalt gelebt und ihm geholfen. Altrosafarbene Rosentapete zieht sich durch das gesamte Treppenhaus. Akkurat geklebt, von einer gewissen Gediegenheit und hochwertigen Ausstattung zeugend. Gefällt mir, dieser erste Eindruck. Jetzt, Wochen später, wo ich das Haus längst gekauft und mit der Renovierung begonnen habe, liegen zwei große Stücke der abgezogenen Tapete in einem Räumchen und warten auf einen würdevollen Platz an meiner künftigen Treppenhauswand, um den alten, ehrwürdigen Glanz dieses Hauses als Wandbild in Erinnerung zu halten.

Gut dreißig Minuten brauchen wir, um alle Räume zu besichtigen und immer wieder das ein oder andere, schon recht persönliche Wort auszutauschen. Warum will ich ein Haus kaufen, ganz für mich allein; ihr Elternhaus verkaufen ist nicht einfach und vor allem an wen? Sympathie ist wichtig, denn will nicht jeder, der sich von seinem Zuhause trennt, dass es in nette Hände gerät und weiterhin wertgeschätzt, gepflegt und mit Fröhlichkeit und freundlicher Atmosphäre gefüllt wird?
Mein Elternhaus war eine Elternwohnung, sprich wir wohnten zur Miete. Immer schon. Als ich damals nach meiner Ausbildung in meine erste eigene Wohnung zog - ebenfalls zur Miete - blieben meine Eltern noch viele Jahre weiter in unserem Familiendomizil. Insgesamt habe ich dort mit ihnen fünfunddreißig Jahre erlebt. Nach meinem Auszug erst allein, dann mit Mann und später unseren Kindern. Fühlte sich für mich immer an wie »Nach-Hause-Kommen« in die alte Umgebung. Alte Gewohnheiten wie das Öffnen der Naschschublade beim Fernsehen, das gemeinsame Geschirrspülen in der Küche oder einfach nur der Geruch der alten Teppiche und Vorhänge. Kindheits- und Jugenderinnerungen, das war mein Zuhause.
Daher kann ich sehr gut nachvollziehen, wie wichtig es den erbenden Kindern gewesen sein muss, den richtigen neuen Eigentümer für ihr Elternhaus zu finden. Mein Glück, dass ich die Erste war, die es besichtigte und vor allem, dass sie mich mochten. Und ich sie, denn würde ich im Gegensatz in einem Haus von Leuten leben wollen, die mir unsympathisch wären? Wohl eher nicht.
Alles stimmt an diesem Nachmittag. Schon nach der Besichtigung beim abschließenden Gespräch im Wohnzimmer weiß ich, dass ich dieses Haus kaufen möchte. Und die alte Dame des Hauses lächelt dazu von der Wand. Sehr gern und definitiv möchte ich es haben. Aber nicht für den inserierten Preis. Gut vierzigtausend Euro müssten sie nachlassen, damit sich der Aufwand für eine Komplettrenovierung für mich lohnt, so rechne ich ihnen vor. Natürlich schlagen sie nicht gleich ein, aber wir vereinbaren eine Bedenkzeit. Sogar ein gewisses Vorkaufsrecht für mich, sollte ein anderer Interessent mehr bieten.
In meinen inzwischen fast fünfzig Lebensjahren habe ich Gelassenheit und Geduld gelernt. Leicht war das nicht. Segen des mittleren Alters, ich danke dir! So fahre ich nach diesem ersten Eindruck entspannt lächelnd mit dem Fahrrad auf die andere Moselseite zurück in meine Mietwohnung. Tief in mir drin ist die Hoffnung geboren, einen weiteren Sommer dort nicht mehr zu erleben. In Gedanken wohne ich schon in meinem neuen Haus in der Moselgasse, großer Balkon und Sonnenterrasse inklusive. Genau da, wo ich hingehöre: Auf die Sonnenseite der Mosel und somit auch des Lebens. Sie kommt zu mir, ganz sicher. Und das Haus auch.



Endlich Nägel mit Köpfen


Wie gut, dass ich in meinem beruflichen Arbeitsleben mit Projektabwicklung vertraut bin. Planen, anbieten, vergleichen, Entscheidungen treffen. Und diese umsetzen. Das kann ich. Sogar richtig gut. Ich weiß das so genau, weil ich seit über zehn Jahren beruflich nichts anderes mache. Auch privat stemmte ich schon einmal ein ähnliches Vorhaben: Brauchte ein neues Zuhause für meine Kinder, den Hund und mich nach der Trennung von ihrem Vater. In seinem konnten wir nicht bleiben. Niemand wollte uns eine Wohnung vermieten: Eine Alleinerziehende mit Hund und Kleinkindern, dazu nur ein Halbtagsjob, das war den Eigentümern in dem kleinen Hunsrückdorf zu suspekt. Aber irgendwo mussten wir doch hin!
»Wenn mir niemand etwas vermieten will, dann kaufe ich eben!«, reagierte ich damals trotzig auf den Gegenwind, der mir ins Gesicht blies, und studierte fortan auch die Kaufanzeigen für Immobilien. Fand tatsächlich ein Haus und machte Nägel mit Köpfen: Ließ mir für die verschiedenen Gewerke Angebote erstellen, klopfte mit meinem Anwalt die Scheidungsmodalitäten fest, überzeugte eine Bank mit meiner hieb- und stichfesten Kostenkalkulation, dass ich auch allein kreditwürdig bin, und bekam den Zuschlag. Verwöhnt war ich nie, scheute nicht den zeitlichen, materiellen und vor allem körperlichen Aufwand, das alte, verwohnte Haus aus den Fünfziger Jahren von Grund auf zu sanieren und bewohnbar zu machen.
Auch wenn ich rückblickend nur den Kopf schütteln kann über meine Naivität, Furchtlosigkeit und mitreißenden Optimismus, lernte ich doch »beim ersten Mal« jede Menge Handwerkliches von Freunden und Fachleuten. Neun Wochen nach dem ersten Hammerschlag zog meine Kleinfamilie ein, unterstützt von erstaunlich zuverlässigen Handwerkern, Bekannten, Freunden und meiner restlichen Familie. Nichtsdestotrotz war das sehr, sehr anstrengend damals. Jeden Tag und Abend gab es nach der Arbeit im Büro Staub, Dreck und Schutt auf der Baustelle. Doch was am Ende zählte, war das Gesamtergebnis. Das machte meine Kinder und mich stolz und glücklich. Ein neues Zuhause, gestaltet ganz nach unseren eigenen Wünschen.
Also alles schon einmal da gewesen. Schreckt es mich nicht, das alles ein weiteres Mal zu erleben, auf mich zu nehmen, wohl wissend, was so ein Umbauvorhaben an Energie, Kraft und Nerven kostet?
Vom vielen Geld mal abgesehen! Fünf Jahre lebten meine Kinder, Hund und Katze mit mir in jenem Haus. Dann lockte der Papa mit seiner neuen Frau zurück in das moderne, große Haus, das wir damals verlassen mussten. Nach dem Auszug meiner Kinder war mein Haus zu groß für mich, allein der riesige Garten mit seinen neun Obstbäumen, Rasenflächen und Blumenbeeten zehrte jede Menge Energie. Ein Jahr strampelte ich mich ab, dann war für mich klar: Ich kann es allein nicht halten. Verkaufen die einzige Lösung. Fand daraufhin diese kleinere Wohnung, in der ich nun schon fast vier Jahre wohne. Doch etwas fehlte mir von Beginn an in den drei Zimmern mit Bad: Sonne im Raum!
Die Wohnung liegt nach Norden ausgerichtet und hat keinen Platz an der frischen Luft. Die Mansarde ohne Balkon oder Freisitz gewährt mir zwar eine schöne Aussicht, aber immer nur hinschauen, wo ich eigentlich sein möchte, nämlich draußen im Licht und die Luft spüren, macht mich auf Dauer nicht froh. Das ist wohl letztendlich der ausschlaggebende Punkt, dass nach vier Jahren Ausruhen ein Ruck durch mich geht und ich mich ein weiteres Mal für Immobilienanzeigen interessiere.
Einige Zeit gehe ich schwanger mit der Entscheidung, ob ich es wirklich noch einmal wissen will. Sind meine Ansprüche an mein Leben und meine Umgebung, meine vier Wände und meine Zukunft nicht etwas überspannt, zu hoch gegriffen? Muss ich wirklich mehr als drei Zimmer bewohnen? Ist meine Sehnsucht nach Sonne in meinen Wohnräumen den ganzen Aufwand wirklich wert?

Gut fünf Wochen später bin ich gereift. Ein klares Ja auf all meine Fragen. Nägel mit Köpfen machen, endlich. Wieder einmal.
Kann ich das Haus kaufen oder nicht? Um mich in Erinnerung zu bringen, rufe ich den Sohn an, der die Anzeige aufgegeben hat und bei der Besichtigung dabei war. Wie erfreulich: Sie haben zwar einen weiteren Interessenten gefunden, aber da ich sozusagen ihre »erste Wahl« bin, wollen sie auf meinen Vorschlag eingehen. Stimmen zu, dass ich die nötigen Arbeiten konkret abschätze und mir Angebote einhole, um eine Kaufentscheidung treffen zu können. Das Telefonat spiegelt die nette Begegnung der Besichtigung wieder. Wir lachen gemeinsam und ich fühle, dass wir uns einig werden können. Samstagvormittag, zehn Uhr: Mit einem heißen Kaffeebecher in der Hand schaue ich aus dem Küchenfenster - in meine neue Wohn-Zukunft?
In Gedanken habe ich bereits bei der Besichtigung alles gescannt, was neu gemacht werden muss: Heizung, Fenster, Elektrik. Dann die Böden und natürlich das Bad. Dazu der Balkon mit neuer Abdichtung, diverse Dämmarbeiten im Dach und sämtliche Wände. Tapeten runter, Putz drauf. Die Realisierung eines besonderen Traumes kommt dazu: Ich habe einmal in einem Haus mit Kachelofen gewohnt. Schon damals entstand der Wunsch, irgendwann einmal einen Ofen mit sichtbarem Feuer zu haben. Hier in diesem Haus ist das möglich. Ein innen liegender Schornstein mit schnuckeligem Ofen, auch diese Vision könnte sich erfüllen.
Ich sehe den Moment klar vor Augen, als wäre er schon Realität:
Abendliche Dunkelheit hat sich über den Tag gelegt, der angefüllt mit Arbeit, Telefonaten, vielen Zahlen war. Zwei Kaffeepausen haben ihn unterbrochen - als tägliches Ritual zum Abstand finden, mich sammeln, loslassen vom Tagesplan.
Raus aus den Tagesklamotten und rein in die warmen dicken Socken, der Pullover viel zu groß, der Rollkragen herrlich weit und warm.
Endlich Abend, Zeit für mich. Zeit zu lesen, Zeit zu denken. Zeit zu schreiben - in einem Raum, in dem geordnete Unordnung herrscht, vieles liegt herum, alles hat aber seinen bestimmten Platz.
Entspannt zünde ich meine vielen Kerzen, die im ganzen Raum verteilt sind, eine nach der anderen an. Künstliches Licht brauche ich nicht. Das sanfte Flackern der Lichter zaubert Schattenspiele an die hohe Decke, die unterschiedlichen Farben des Wachses verändern das Licht im jeweiligen Bereich.
Das Holz habe ich schon im Laufe des Tages hereingetragen. Da liegt es nun, sorgsam aufgeschichtet, dünne Anzündhölzer im Eimer daneben. Wie ein Ritual als Einleitung in meinen Abend: Ich öffne die Glastür und lege zwei, drei Scheite in die Brennkammer des Ofens. Aus Holzabfall gepresste Anzünder entfachen sofort gefräßige Flammen. Die schmalen Hölzer beginnen zu glühen und ruckzuck hat auch der erste Holzscheit sich entzündet. Dieses Prasseln, Knirschen, Sprengen sowie der Duft des brennenden Holzes erfüllen mein Wohnzimmer. Gibt es schöneres als echten Feuerschein?
Gebannt sitze ich auf meinem großen Sofa davor, ein Glas mit einem herrlichen Rotwein in meiner Hand.
Der schöne Holzofen in meinem Haus, Ruhepol und Wohlfühlort. Hier verlasse ich meinen Tag und finde mich ein bei dem, was ich liebe. Niemand, der etwas von mir will, ich darf nur mir folgen und tun, wonach mir gerade ist. Freiheit pur!
Definitiv eine Menge Arbeit! Doch wer mich kennt, weiß, dass mich das nicht schreckt. Im Gegenteil. Endlich wieder eine richtige Herausforderung! Ich beginne damit, in meiner neuen Wahlheimat über die Gelben Seiten und das Internet Handwerker zu suchen. Heizung-Sanitär, wow, es gibt gleich drei Fachbetriebe in unmittelbarer Nähe. Auch Elektriker und Dachdecker sind vor Ort. Für die Fenster bietet sich mein direkter Noch-Nachbar an und zwei andere finden sich auch. Alle sind kurzfristig für Besichtigungen zu haben und von den Noch-Eigentümern kann ich den Schlüssel für das Haus jederzeit ausleihen. Fühlt sich interessant an, wie ich von einzelnen Handwerkern darauf angesprochen werde, ob ich das alles ganz allein durchziehe. Scheint hier an der Mosel nicht gerade alltäglich zu sein, dass eine Frau mittleren Alters in Eigenregie so ein Projekt stemmen möchte.
Interessanterweise sind es nicht die Fachleute, die mir schlaue Tipps geben wollen. Sie beraten mich ausführlich, nehmen meine Wünsche zur Kenntnis und bieten das Machbare an. Professionell eben, so wie ich es auch von ihnen erwarte. Nein, es ist der Ehemann der Tochter, der immer wieder gewisse Zweifel an meiner Kompetenz erahnen lässt: »Sie müssen aufpassen, dass die Handwerker auch einhalten, was sie zusagen«. Und sein »Jetzt müssen Sie sich aber auch noch Gedanken über die Rohrleitungen machen, wenn Sie die Heizkörper erneuern lassen wollen.« Nicht zum ersten Mal in meinem Leben spüre ich eine gewisse Freude darüber, dass ich mit eigenem gut funktionierenden Verstand und der Intelligenz, A mit B in Verbindung zu bringen, ausgestattet bin. Zusammenhänge erkennen und konsequent umsetzen, das kann ich! Ja, da bin ich durchaus stolz drauf.
Ich folge meinem Herzenswunsch, der mich antreibt und mir den nötigen Mut, das Selbstvertrauen und die Energie verleiht.

Vorgewarnt wurde ich ja. Direkt am Anfang und unmissverständlich. »Die alte Dame von gegenüber ist etwas schwierig«, so die Alles und Nichts umfassende Beschreibung. Ihre Garageneinfahrt ist unmittelbar neben meiner Haustür. Wer es nicht weiß, vermutet sofort, dass es meine Garage ist und parkt einfach unbekümmert davor. Ich tat es auch, ein einziges Mal, ganz am Anfang. Da lernte ich sie kennen. Wie eine Furie riss die Dame ihr Fenster auf und schrie über die schmale Straße: »Das geht nicht, da können Sie nicht stehen bleiben. Ich bin eine alte, kranke Frau und muss zu jeder Tages- und Nachtzeit mit meinem Auto zum Arzt können.« Natürlich entschuldigte ich mich und fuhr mein Auto wenige Meter weiter. Alles überhaupt kein Thema, aber macht der Ton nicht die Musik? Nun ja, ich weiß nun Bescheid. Jeder, der mich danach im Haus besucht wird ab sofort gewarnt, ja nicht das Auto vor eben dieser Garage zu platzieren.
Wie werde ich jenseits der Achtzig wohl drauf sein? Bemitleiden wird mich hoffentlich niemand müssen und streiten ist wirklich nicht mein Ding. Wenn etwas Ruhe eingekehrt ist, werde ich mal bei ihr klingeln und mich offiziell vorstellen. Vielleicht lässt sich damit ihr »streitbares Gemüt« besänftigen.