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Prüfungen und andere Sorgen
Als Mila in ihre Reithose geschlüpft war und die Stiefel angezogen hatte, griff sie ihre Jacke und lief zusammen mit Nele zum Stall.
Nele steuerte sofort Fairys Box an. Ihr Pferd begrüßte sie mit einem leisen Wiehern. Dagegen klang Adessos Begrüßung wie ein heiseres Husten. Mila lachte. "Na, du Witzbold?" Sie streichelte sein warmes Fell und gab ihm einen Kuss auf die Nase. "Hast du Lust auf Training?", fragte sie. Adesso schnaubte. "Sehr schön, jetzt geht's nämlich richtig los mit dem Springen - wir müssen gut genug für die Prüfung werden", erklärte Mila ihm und wusste gar nicht so genau, wie sie das selbst finden sollte.
Luke und Tamara warteten schon, als Mila und die anderen sich am Reitplatz einfanden. Die elegante Reitlehrerin stand auf einem umgedrehten Eimer als Podest. Sie betrachtete ihre Schüler eingehend, bis alle still waren.
"Liebe Reitschüler", begann sie förmlich, "schon sehr bald steht euch die nächste Springreitprüfung bevor. Ihr werdet alle in der A-Klasse antreten, bis auf Mila, die in der E-Klasse startet. Es handelt sich um ein Stilspringen, wie ihr wisst, kommt es dabei nicht nur auf Fehler und Zeit an, sondern hauptsächlich auf den Stil: korrekter Sitz, Rhythmus, Linienführung. Ab heute wird der Unterricht auf die Prüfung zugeschnitten, das heißt, wir üben die geforderten Hindernisse ausführlich. Einigen von euch wird es nicht schwerfallen" - hier warf sie einen schnellen Blick auf Nele und die Zwillinge Mark und Jakob - "andere werden hart an sich arbeiten müssen. Denn natürlich müsst ihr nicht nur das Pferd trainieren - euch selbst müsst ihr ebenso fordern. Ohne einen guten Reiter kann das beste Pferd nicht gut springen."
Luke nickte.
Mila kaute auf ihrer Unterlippe. Tamara konnte einem echt Angst machen. Oder sollte das etwa eine ermutigende Ansprache sein? Dann lag sie weit daneben, fand Mila. Adesso spürte ihre Anspannung und stupste ihr freundschaftlich in den Rücken. Mila stolperte einen Schritt nach vorne und wurde rot. "Ähm, t'schuldigung!", murmelte sie.
Tamara beachtete sie gar nicht. "Ich brauche wohl nicht extra zu erwähnen, dass die Ergebnisse der praktischen Prüfung maßgeblich für die Zeugnisnoten sind, oder? Also strengt euch an! In der mündlichen Note wird übrigens berücksichtigt, wie viel Einsatz und Trainingszeit ihr investiert habt."
Mila seufzte. Das mit dem Einsatz hatte Tamara sicher nur für sie gesagt. Es sollte vermutlich bedeuten, dass Mila die Prüfung nicht schaffen würde und wenigstens mündlich eine gute Note bräuchte .
Tamara stieg vom Eimer hinunter und gab erste Anweisungen.
Charly flüsterte Mila zu: "Du guckst, als wärst du in Pferdemist getreten. Was ist los?"
Mila zuckte mit den Schultern. "Ach, mir graut es vor Prüfungen. Außerdem fehlt mir immer noch so viel Technik. Warum muss man eigentlich ständig Prüfungen und Tests und sonst noch was machen?"
Charly grinste. "Na komm, das wird schon. Du hast ja auch noch mich und die anderen. Wir helfen dir!"
Gleichzeitig schnaubte Adesso Mila genau ins Ohr. Das war so laut und nass, dass Mila quiekte.
"Mila, konzentrieren, bitte!" Tamara sah sie streng an.
Aber Luke lachte. "Wir fangen ja gleich an, dann verfliegt die Anspannung. Tamara und ich beobachten euch heute noch einmal gemeinsam und beurteilen dann, wer welche Dinge gesondert üben muss. Ach ja, und ihr bekommt ab nächster Woche zusätzlich Yoga-Unterricht."
Jakob rief: "Für uns oder die Pferde?"
Luke schmunzelte. "Ich würde Windfuchs zu gern im Lotussitz sehen, Jakob. Aber wir fangen mal mit den Schülern an."
Der Parcours war großzügig angelegt. Tamara sprach alles mit ihnen durch und ließ die Schüler zunächst selbst entscheiden, in welcher Reihenfolge sie über die Hindernisse reiten wollten. Dabei blieb sie mit Luke als stiller Beobachter am Rand.
Als Mila an der Reihe war, stieg sie nervös auf. Das war ja jetzt schon wie eine Prüfung! Sie konnte Prüfungen nicht leiden. Wo blieb da der Spaß an der Sache? Adesso tänzelte. "Konzentrieren, Adesso!", flüsterte Mila ihm ins Ohr. Doch es half nichts. Natürlich spürte er Milas Anspannung und zuckte nervös mit den Ohren. Zum Glück wurde es etwas besser, als sie antrabten. Mila fühlte Adessos gleichmäßigen Rhythmus und ließ sich in seinen Takt einfallen. Schon sprangen sie mühelos über den ersten Steilsprung. Dass die Landung technisch nicht gut war, merkte Mila selbst, aber es machte ihr gar nichts aus. Springen war einfach ein Riesenspaß! Lächelnd ritt sie weiter und überwand mit Adesso die anderen Hindernisse. Dann wollte Mila den Oxer nehmen. Doch was war das? Scheinbar hatte Adesso etwas Interessantes erspäht, denn plötzlich zog er zur Seite! Mila hatte nicht aufgepasst und ließ überrascht zu, dass ihr Hengst zu Vanilla trabte. Neugierig beschnupperten die Pferde sich. Mila schaute so verdutzt drein, dass die anderen Schüler zu kichern begannen.
Kleinlaut sah Mila zu den Reitlehrern hinüber. Tamara hatte die Stirn gerunzelt, aber Luke lachte nur. "Das hast du schon sehr gut gemacht, Mila, aber du solltest Adesso zeigen, dass er ein Pferd und kein störrischer Esel ist."
Mila nickte. Wie gut, dass Luke immer so locker war. Sie stellte sich an die Seite zu Michel. Eigentlich war sie ganz froh, dass Adesso verweigert hatte - seit er beim Marumer Springen eine Stange gerissen hatte, jagte der Oxer Mila einen Heidenrespekt ein. Sie wollte einfach nicht, dass Adesso sich verletzte! Gedankenverloren betrachtete sie Nele, die ihr Pferd mit ernstem Gesicht zum Parcours lenkte.
"Wie konzentriert sie immer ist", stellte Mila bewundernd fest.
Michel warf ihr einen amüsierten Blick zu. "Jeder hat seine Schwächen", erwiderte er.
"Ach, und was sind Neles?", fragte Mila, die sich wirklich nicht vorzustellen vermochte, was die perfekte Nele hier noch groß zu lernen hatte.
"Schau sie doch an", sagte Michel leise. "Sie ist viel zu ehrgeizig und verbissen. Das macht steif und verkrampft."
Mila sah zu, wie Nele den Oberkörper vorm Hindernis nach vorne bewegte und sich in den Entlastungssitz begab. War das wirklich steif? Für Mila wirkte es eher wie vollkommene Körperbeherrschung. Das würde sie niemals lernen.
"Und irgendwas stimmt auch mit Fairy nicht", brummte Michel.
"Ach was", meinte Jakob, der neben ihnen stand und Michels letzte Bemerkung offenbar gehört hatte. "Fairy muss sich erst wieder an das Training gewöhnen. Das wird schon!"
Mila dachte an die letzten Wochen zurück. Da hatte sie herausgefunden, dass Neles Eltern ihr Pferd vor einigen Monaten wegen finanzieller Probleme hatten verkaufen müssen. Daher hatte es lange in einem Gestüt auf dem Festland gestanden, wo es nicht geritten worden war, weil es niemanden an sich herangelassen hatte. Fairy hatte unter der Trennung ebenso sehr gelitten wie Nele, die sich aus Verzweiflung verschlossen und unfair verhalten hatte. Als Mila und Charly Fairy entdeckt hatten, war sie vor Kummer ganz abgemagert gewesen. Der neue Besitzer hatte die Stute gern zur Pflege an das Pferdeinternat gegeben, wo sie schnell aufblühte. Da dies jedoch erst ein paar Wochen her war, hatte Fairy natürlich noch nicht zu ihrer ursprünglichen Topform zurückgefunden.
Doch Michel wiegelte ab. "Nein, da ist noch etwas anderes mit Fairy. Ich weiß nur grad nicht was ."
Jakob klopfte ihm lachend auf den Rücken. "Du bist und bleibst ein Pessimist, Kumpel!"
Michel sah ihn genervt an. "Vielleicht ist es einfach ein bisschen viel des Guten. So ein Pferd kann ja nicht nach zwei Wochen schon wieder olympische Leistungen bringen - man muss auch Rücksicht auf die Tiere nehmen!", sagte er laut.
In diesem Moment tauchte Nele neben ihm auf. Sie hatte den Parcours beendet und Michels letzte Worte gehört. Nun lächelte sie spöttisch und meinte: "Weil du ja auch so ein Experte für Springpferde bist. Hast du überhaupt jemals ein Hindernis übersprungen?"
Michel wurde rot. Mila schaute ihn mitfühlend an. Er sah aus, als wisse er nicht, ob er wütend oder beschämt sein sollte. Nach einem kurzen Moment wandte er sich einfach um und ging weg. Dabei streifte er Mila mit einem Seitenblick, der sie zusammenzucken ließ. Sie wollte ihm nachlaufen, aber aus irgendeinem Grund blieben ihre Füße stehen. War er nicht tatsächlich sehr anmaßend gewesen? Er nahm gar nicht an den Reitstunden teil und wusste nicht, wie es war, mit einem Pferd zu springen. Wie konnte er da Nele so kritisieren? Aber Nele hatte sich dennoch fies verhalten und eigentlich wusste Mila nur zu genau, dass sie Michel hätte beistehen müssen. Sie seufzte. Musste denn immer alles so kompliziert sein?
Erst als die Reitstunde vorbei war, alle ihre Pferde versorgt hatten und der Stall sich langsam leerte, machte Mila sich auf, um Michel zu suchen. Ganz am Ende des Stalls gab es einen kleinen Büroraum, in dem Michels Vater sich oft aufhielt. Mila sah Licht und ging darauf zu. Da entdeckte sie Michel, der neben der Tür stand. Warum ging er nicht hinein? Er stand mit dem Rücken zu Mila, sodass sie seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen konnte, aber es wirkte, als ob er lauschte. Jetzt hörte auch Mila die Wortfetzen aus dem Büro. Anscheinend telefonierte Herr Gründgen.
"Nein, kein Problem . die Rate wird bald überwiesen . ja, ich stehe dafür ein . nein . muss erst auf den Geldeingang warten . in zwei Tagen . bitte nicht . ich brauche das aber ."
Milas Magen zog sich zusammen. Das hörte sich nicht gut an. Es ging offenbar um Geldschwierigkeiten. Sie wollte nicht lauschen und trat...
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