Schweitzer Fachinformationen
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Die ganze Welt ist Bühne,
Und alle Fraun und Männer bloße Spieler.
Sie treten auf und gehen wieder ab,
Sein Leben lang spielt einer manche Rollen.
Durch sieben Akte hin. Zuerst das Kind,
das in der Wärtrin Armen greint und sprudelt;
Der weinerliche Bube, der mit Bündel
Und glattem Morgenantlitz, wie die Schnecke,
Ungern zur Schule kriecht; dann der Verliebte,
Der wie ein Ofen seufzt, mit Jammerlied
Auf seiner Liebsten Braun; dann der Soldat,
Voll oller Flüch und wie ein Pardel bärtig,
Auf Ehre eifersüchtig, schnell zu Händeln,
Bis in die Mündung der Kanone suchend
Die Seifenblase Ruhm. Und dann der Richter,
In rundem Bauche, mit Kapaun gestopft,
Mit strengem Blick und regelrechtem Bart,
Voll weiser Sprüch und neuester Exempel
Spielt seine Rolle so. Das sechste Alter
Macht den besockten hagern Pantalon,
Brill auf der Nase, Beutel an der Seite;
Die jugendliche Hose, wohl geschont,
`ne Welt zu weit für die verschrumpften Lenden;
Die tiefe Männerstimme, umgewandelt
Zum kindischen Diskante, pfeift und quäkt
In feinem Ton. Der letzte Akt, mit dem
Die seltsam wechselnde Geschichte schließt,
Ist zweite Kindheit, gänzliches Vergessen
Ohn Augen, ohne Zahn, Geschmack und alles.
William Shakespeare (Wie es euch gefällt)
»Im Leben geht es nicht darum, sich selbst zu finden. Im Leben geht es darum, sich selbst zu erschaffen.«
George Bernard Shaw
Anfang 2007 bat mich die Frankfurter Allgemeine Zeitung für die Rubrik »Pro und Contra« um eine Stellungnahme zu der Frage: »Müssen Manager authentisch sein?« Während der Unternehmensberater Peter Fischer die These uneingeschränkt bejahte, lautete meine (Contra-) These: »Erfolg hat, wer die Rolle des Authentischen glaubhaft spielt.« Dieses Statement polarisierte heftig - von abgeklärter oder bedauernder Zustimmung, die Welt sei halt leider so, bis zu vehementer Ablehnung. Die Vorwürfe reichten von »Verantwortungslosigkeit« bis hin zur Unterstellung einer »Aufforderung zur Körperverletzung«. Offensichtlich hatte ich einen sehr wunden Punkt getroffen. Warum diese besondere Sensibilität beim Thema »Authentizität«? Dass sozial erwünschtes und belohntes Rollenkalkül seine Grenzen hat, nämlich dort, wo ein Akteur dauerhaft eine Rolle spielt, die nicht von seiner Persönlichkeit abgedeckt wird, war auch in dem Artikel zu lesen. Doch das ging in der allgemeinen Aufregung fast vollständig unter.
Die Frage der Authentizität berührt Grundsätzliches: Es geht darum, wie wir der Welt gegenübertreten, im beruflichen, aber auch im privaten Kontext. Wie viel von uns selbst geben wir wann preis? Was macht den unantastbaren, »harten« Kern unserer Persönlichkeit aus? Wie begegnen wir den vielfältigen Ansprüchen unserer Umgebung? Wo geht notwendige Anpassung in schalen Opportunismus oder sogar selbstzerstörerische Verbiegung über? En vogue ist es zurzeit, solche Fragen gar nicht erst zu stellen, sondern mit einem einfachen - allzu simplen und daher gefährlichen - Rat aufzuwarten: Sei authentisch! Gib dich, wie du bist!
»Authentizität« gilt in vielen Managementseminaren und auf manchen Führungsetagen inzwischen als das Allheilmittel gegen Frust, Führungsprobleme und stockende Change-Prozesse. Sie wird in Internetforen und Fachzeitschriften als »Erfolgsgarant Nr. 1« gepriesen und zur Quelle diverser Managementqualitäten verklärt: ohne Authentizität keine »Überzeugungskraft«, kein »Charisma«, keine »kreativen Ideen und neuen Perspektiven«, ja nicht einmal die »Nutzung von Synergien in Teams und Unternehmen«. Authentizität hat es damit geschafft, die würdige Nachfolge anderer Managementmythen anzutreten - denken Sie etwa an den Mythos Motivation, den Reinhard K. Sprenger vor Jahren entzauberte, oder den inzwischen ebenfalls erschütterten Glauben an die Unschlagbarkeit des »Teams«.
Misstrauen ist also angebracht, bei vermeintlichen Allheilmitteln wie auch gegenüber Mythen. Wer fragt, was »Authentizität« eigentlich ausmache, wird stereotyp mit dem Hinweis auf die »Echtheit« der Person abgespeist. Bei nüchterner Betrachtung müssen da Zweifel aufkommen. »Sei du selbst (und alles Weitere wird sich finden)!« klingt in Zeiten von Lean Management und Shareholder-Value wie ein echter Kamikaze-Ratschlag. Mehr noch: Ungefilterte »Echtheit« in jeder Lebenslage würde selbst im sozialpädagogisch geprägten Kuschelmilieu auf Befremden stoßen. Manch einem mögen da studentische WG-Erlebnisse in den Sinn kommen, wenn (immer) der(selbe) Mitbewohner gerade dann »echt nicht gut drauf war«, wenn es galt, das Problem der defizitären Haushaltskasse zu diskutieren. Und der Arzt oder Managementcoach, der ausgiebig von seiner momentan pressierenden Befindlichkeit berichten würde, bevor er sich dem Patienten oder Klienten zuwendete, wäre zwar authentisch, binnen Kürze aber auch bankrott.
Selbst wenn man den Anspruch der »Echtheit« vorläufig ernst nähme, drängt sich die Frage auf, welche Facette einer komplexen Persönlichkeit denn die echte sein soll. Wann ist ein Pfarrer »authentisch«- beim Trösten am Krankenbett, in der kontroversen Diskussion um die notwendige Kirchenrenovierung oder wenn er in der Freizeit kickboxt? Wann sind es Führungskräfte oder Manager? Als aktive Zuhörer im Mitarbeitergespräch, als engagierte Vermarkter ihrer Dienstleistung in der Kundenpräsentation oder als durchsetzungsstarke Verfechter ihrer Position in der Vorstandssitzung? Oder doch eher als Vater, als Segelkumpan oder Hobbymusiker? Es wäre überraschend, wenn Sie darauf eine rasche Antwort hätten.
Bei nüchterner Betrachtung stellt sich schnell heraus: Die Theatralisierung prägt das gesamte gesellschaftliche Leben, somit auch Wirtschaft und Politik. Der inszenatorische Charakter wird deutlich in Bildwelten und Dramen eines mehr oder weniger gekonnten »Impression Management«, also bewussten, auf eine bestimmte Wirkung angelegten Inszenierungen. Das wird besonders augenfällig, wenn der amerikanische Präsident zum richtigen Zeitpunkt in Pilotenuniform einen Flugzeugträger besucht, prägt aber längst auch unseren eigenen medial gesteuerten Alltag. Ein Ex-Kanzler zog zum richtigen Zeitpunkt die Gummistiefel an und besuchte Flutgebiete, und auch unsere Wirtschaftslenker müssen telegen die Rolle des souveränen Machers verkörpern, wenn sie sich an der Spitze behaupten wollen. Die Theaterwissenschaftlerin Brigitte Biehl bringt es auf den Punkt: Der typische Manager heute »setzt eine krampfhaft selbstsichere Maske auf, um für das Publikum sowohl bestätigend als auch erträglich zu wirken. Sein Spiel ist ohne Tiefgang«. Was wie eine provokante Überspitzung wirkt, lässt sich auch in Zahlen belegen. Ob man einem Vorstandsvorsitzenden »seine Rolle abkauft«, schlägt sich unmittelbar im Aktienkurs nieder.
Die These von der allein selig machenden »Authentizität« simplifiziert also die vielfältigen Herausforderungen in Beruf wie Privatleben in fahrlässiger Weise und fällt hinter sozialpsychologische Ansätze der Fünfzigerjahre zurück. Wir alle spielen Theater heißt es schlicht und bündig 1956 bei Erving Goffman, der frühere Überlegungen von George Herbert Mead aufgriff. Unser Auftreten und Handeln ist davon bestimmt, wie wir wirken wollen. Das beginnt schon beim samstäglichen Brötchenholen, wenn Sie statt der ausgebeulten Jogginghose doch lieber die Designerjeans wählen, und führt geradewegs zu taktischen Überlegungen, durch welches Verhalten Sie Ihre Position im Unternehmen stärken und den widerstreitenden Ansprüchen von Vorgesetzten, Kollegen und Mitarbeitern gerecht werden können. Wir alle spielen stets Rollen, wenn auch unbewusst.
Die Botschaft dieses Buches lautet: Nehmen Sie die strategische Herausforderung der Rollenvielfalt bewusst an, statt dem Mythos Authentizität aufzusitzen. Als reflektierender Profischauspieler werden Sie erfolgreicher - und zufriedener - sein denn als dilettierender Laiendarsteller, den ein naiver Kinderglaube an die Überzeugungskraft einer »authentischen« Wirkung auf die Bühne gelockt hat. Dass sich auch die Rollen eines Profis auf Dauer mit seiner Persönlichkeit, seinen Werten und Ansprüchen an sich selbst decken müssen, versteht sich von allein. Auch das mag man »Authentizität« nennen. Das ist dann aber ein anderes, reflektierteres Begriffsverständnis dieses längst zur leeren Hülse verkommenen Modewortes.
Die Herausforderungen, die die Einsicht bereithält, dass Authentizität eben nicht der Schlüssel zu schnellem Erfolg ist, sind mannigfaltig und komplex. Dementsprechend kann das letzte Kapitel nur ein erster, klar definierter Wegweiser sein, sich dem persönlichen Umgang mit dem Rollendschungel zu nähern.
»Körperverletzungen« sind also nicht zu befürchten, wenn Sie sich auf dieses Buch einlassen. Im Gegenteil: Es könnte manchen Leser, manche Leserin möglicherweise vor Blessuren im Businessalltag bewahren, die auf das Konto falsch verstandener Authentizität gehen. Wie schätzen Sie die Rollenerwartungen, die an Sie gestellt werden, adäquat ein? Wie können Sie in einer Welt der »Industrieschauspieler« bestehen, ohne zur bloßen Marionette anderer zu werden? Wie gestalten Sie Ihr Rollenportfolio so, dass Sie die Rollenangebote, die die Gesellschaft für Sie bereithält, auch als Bereicherung erfahren können? Und was können wir alle von den Profidarstellern auf...
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