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deren 333 bei Issos Keilerei ihr unverwüstliches verbales Gedenken beschert hat. Nachdem, zeitlich möglicherweise viel früher, Albrecht Altdorfer (um 1482 - Regensburg 1538) ihr 1529 seine Alexanderschlacht5 als einer Auftragsarbeit für Herzog Wilhelm IV. von Bayern widmete. Heute ein Glanzstück der Münchner Alten Pinakothek - großer Dank für liberalste Reproduktionserlaubnis -, qualifizierte sie schon 1835 Nagler als ein »wahres Wunderwerk der Kunst«. Und als solches es denn auch als geradezu ein Synonym für die Issos-Verbildlichung die Literatur bestimmt. Bei 400jähriger Vorwegnahme eines expressionistischen Himmels sondergleichen (Pia F. Cuneo6). Und generell Kenneth Clark zu Altdorfer, Grünewald und Bosch:
» Sie sind das, was wir heute >expressionistische< Künstler nennen, ein Begriff, der nicht so wertlos ist wie er klingt, weil die Symbole des Expressionismus tatsächlich bemerkenswert konsistent sind und wir in den Werken dieser Landschaftsmaler des frühen 16. Jahrhunderts nicht allein denselben Geist, sondern auch dieselben Formen und ikonographischen Motive finden, die in den Werken von so modernen Expressionisten wie van Gogh [sic!, bis hin zu Walt Disney] wiederkehren «7
Die Sonne dieses Himmels indes, gleich einem in einem Trichter befangenen Auge, analog zur neueren Literatur unter Ausschluß von selbst noch Wolfgang Schöne8 auch hiesigerseits als unter-, nicht aufgehend gesehen. Und damit bezuglos zum Siege Alexander's bleibend. Eben nicht goldglühend aufgehend »während der Mond erblaßt, Sinnbilder des Sieges Alexanders und der Niederlage der Orientalen«, wie beispielhaft etwa Wilhelm Schmidt 1875.9 Denn bei aufgehender Sonne hätte die Schlacht gerade erst begonnen und damit Dareios noch keinen Grund zur Flucht samt nachsprengendem Alexander gehabt, wie vom Bild dominant geschildert. Friedrich Schlegel, der das Bild 1803 als französische Kriegsbeute im Louvre sah, war dies als »historische Unrichtigkeit« durchaus bewußt, doch schenkte er zugunsten einer imaginierten Allegorie der von ihm als das Weltmeer gedeuteten »phantastische(n) Landschaft« (Schmidt) nicht die gebotene Aufmerksamkeit.10 Denn der in Einklang mit der Weltkarte aus Hartmann Schedels Nürnberger Chronik (1493) stehende, südwärts gelenkte Blick auf das Mittelmeer mit Zypern und dahinter siebenarmigem Nildelta nebst Rotem Meer11 erhärtet die Abendstimmung. Mit der Sonne entsprechend zur Rechten als im Untergangs-Westen stehend. Konträr hierzu weit oben links die zunehmende Mondsichel der Nordhalbkugel. Wie in dieser Konstellation seitens der Sonne eben auch nur erreichbar.
Nach hiesiger Einschätzung könnte der gerade auch im Landschaftsfach so große, teils geradezu vorreitende Altdorfer ikonologisch gar nicht so interpretationsentgegenkommend gedacht, vielmehr einfach ausgeführt haben, was er groß dachte. Denn was er unter diesem Himmel sonst noch malte, war letztlich Auftragsvorgabe, grandios ausgeführte Fleißarbeit. Doch Vorsicht! Denn zeitgleich zur Ausführung des Bildes standen die Türken vor Wien. Als eine abendländisch existentielle Bedrohung par excellence! Nicht ausschließbar, daß Altdorfer derselben in Umkehr von Issos für jetzt und hier per Sonne und Mond Ausdruck verlieh, ja, gleich obiger vorweggenommener expressionistischer Pinselführung gar Spengler's Untergang des Abendlandes (1918/22) zuvorgekommen wäre.
Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Alte Pinakothek München, Inv.-Nr. 688 (CC BY-SA 4.0)
photo courtesy Jean-Pol Grandmont
Letzteres zu denken durchaus Sinn hätte als die Alten den Untergang des Perserreiches vor dem Hintergrund der auf den Traumdeutungen des Buches Daniel fußenden christlichen Vier-Reiche-Lehre sahen. Als ein Auf und Ab von Weltreichen, hier Babylon - Persien - Alexander/Griechenland - Rom. Letzterem das Reich Gottes folgen würde. Woraus sich für Altdorfer's Issos-Himmel als eines kosmischen Ereignisses12 eine aufgehende Sonne und ein abnehmender Mond ableiten mußte. Stehend für den Sieg des Christentums über den Islam der Ottomanen. Daß Altdorfer dem nicht folgte, ist umso bemerkenswerter, als er ein praktizierender Katholik war. Dessen damit geistige Größe eine angepaßte Literatur klein machte. Ein dito Verharmloster Ridinger läßt grüßen, siehe unten.
Interessant in diesem Zusammenhang die Behandlung desselben Themas seitens des älteren Jan Brueghel (Brüssel 1568 - Antwerpen 1625)13 73 Jahre später und querformatig zeigt es analog zu schon Klaus Ertz14 bei aller Eigenständigkeit sichtbar Verwandtschaft. In Behandlung des Himmels, im Focus Fliehender/Verfolger. Fast schon aufregend bemerkenswert indes, und solchermaßen gegenübergestellt, die hinter einen Baum plazierte und eher verschleiert strahlende Sonne. Zufall hin, Zufall her, drängt sich förmlich die Annahme auf und läßt Ertz denn auch von Inspiration sprechen, Jan könnte den Altdorfer gekannt und sich über dessen Sonne/Mond-Konstellation hiesige Gedanken gemacht haben, doch ohne sich seinerseits festzulegen.
Und um auf letzteres zurückzukommen, so ließe sich die von Alters beflissene Umkehr der Stellung von Sonne und Mond in ein Positivum dahingehend erklären, obrigkeitlichem Was nicht sein darf, kann auch nicht sein, zu entsprechen. Wie Künstler den Mächtigen schon immer geistig um Längen voraus waren und verstanden, eine Verpackung notfalls in sich selbst noch einmal zu verpacken.15 Nicht von ungefähr denn auch lautete der Titel des hiesigen kunsthistorischen Beitrags auf dem Festakt der TU Dresden zum 300. Ridinger-Geburtstag Der verharmloste Ridinger. Mehr dazu als eben seinen Alexander-Arbeiten entspringend weiter unten. Für die zeitumspannende Aktualität dieses Themas seien für die unmittelbaren Jahrzehnte um/nach Altdorfer für die Niederlande und deren künstlerische Begegnung mit der spanischen Schrekkensherrschaft des Herzogs von Alba nur beispielsweise Maarten van Heemskerck, Vredeman de Vries und Bauern-Brueghel Pieter I., des Samt-Brueghel's16 Jan Vater, genannt, denen ein Dirk Coornhert philosophisch/literarisch ebenso und bis regelrecht mitwirkend zur Seite stand wie Barthold Heinrich Brockes seinem Freunde Ridinger. Generierend bleibende Ergebnisse intellektueller Zusammenarbeit.
Jan Brueghel der Ältere, Die Schlacht von Issos, 1602 (Paris, Musée du Louvre)
Der sich abendländisch verabschiedenden Altdorfer-Sonne eine vor-ort-orientalische siegreiche des expressionistischen Urgesteins Franz Heckendorf (1888-1962) gegenüberstellen zu können, ermöglicht der Zufall händlerischen Lagers, siehe eingangs. Und interessiert umsomehr, als nicht nur die Ägypter in Alexander einen Sonnengott sahen.17
Gérard Edelinck, Charles Le Brun, nach Nicolas de Largillière (1656 Paris 1746)
photo courtesy The Art Institute of Chicago, Elizabeth Hammond Stickney Collection, 1887.276
5 Öl auf Lindenholz. 1529. 158,4 × 120,3 cm (62? × 47? in). - München, Alte Pinakothek, Inv.-Nr. 688.
6 »Altdorfers Landschaftsgestaltung in kosmischem Maßstab [in der Schlacht von Alexander bei Issos und seine] geistige und ästhetische Affinität zu Romantik und moderner Kunst (insbesondere deutscher Expressionismus) . wurden besonders lobend hervorgehoben« (Pia F. Cuneo, Art and politics in early modern Germany: Jörg Breu the Elder and the fashioning of political identity, ca. 1475-1536, Leiden/Boston/Köln, Brill Publishers, 1998, S. 186).
7 Kenneth Clark, Landscape into Art (Neudruck), Alcester, Warwickshire, Read Books, 2007, S. 36.
8 Wolfgang Schöne, Über das Licht in der Malerei, 6. Aufl. Bln., Gebr. Mann, 1983, S. 163.
9 Allgemeine Deutsche Biographie I, S. 358.
10 »Es ist das Weltmeer; mit einer historischen Unrichtigkeit wenn man will, die aber doch eine sehr bedeutende und wahre Allegorie enthält . links . der untergehende Mond, rechts die aufgehende Sonne; ein eben so deutliches als großes Sinnbild der dargestellten Geschichte« (Gemäldebeschreibungen aus Paris und den Niederlanden, Vierte Sendung, in Friedrich Schlegel, Sämmtliche Werke, 2. Ausg., Wien 1846, Bd. VI, S. 131).
11 Rose-Marie und...
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