Schweitzer Fachinformationen
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Die Dröhnung schlug ein, als ich auf die Dachterrasse stieg. Ich hatte zwei Power Ups eingeschmissen. Doppelte Dosis. Genau das, was ich heute brauchte. Ich setzte mich. Musste runterkommen. Mein Körper zappelte, alles krabbelte. Ich wollte tanzen. Doch mein Kopf gab noch keine Ruhe. Immer wieder Flashbacks zu vorhin, gerade eben, vor zwei Tagen, Monaten, Stunden - die Zeit ist nicht mehr anwesend. Kein Raum, keine Zeit.
Die volle Wirkung durchströmt meine Venen. Herzrasen. Flashback. Rahel auf mir. Nackt. Zum ersten Mal in meinem Leben ficke ich meine Traumfrau. Meine beste Freundin, meine Seelenverwandte. Es ist heiß. Also jetzt. Ich stehe auf. Natürlich nicht, als sie mich fickt. Da bleibe ich sitzen. Ich genieße und weine. Sie auch. Wir liegen nebeneinander. Irgendetwas stimmt nicht. Wir sind glücklich, aber irgendetwas passt nicht.
"Wir passen nich', Bac", sagt sie. "Das geht einfach nich'."
Ich werde von einem Typen, der mich angrabscht, zurück auf die Dachterrasse katapultiert. Ich schubs ihn weg. Nicht jetzt. Jetzt versuche ich, zu verstehen, was zwischen meiner besten Freundin und mir nicht passt. Was da nicht geht. Ich verstehe das nicht. Ich habe nie so empfunden. Diese Liebe für Rahel ist einzigartig. Sie ist perfekt. Exzess in Person. Wild, unbändig, krass und unfassbar scharf. Ich will sie. Immer schon. Immer sagt sie nein. Nicht mal Sex. Sie will das nicht kaputt machen. Was soll das heißen? Ich verstehe das nicht. Niemand versteht das. Sie vögelt jeden, nur mich nicht. Was passt denn da nicht? Wir haben fantastischen Sex. Brillant.
Das ist gelogen. Ich habe ihn irgendwann nicht mehr hochbekommen. Druck. Traumfrau. Da hilft auch kein Steifmacher. "Zu viel Alk", rede ich mir ein.
"Von wegen unfassbar scharf", redet sie sich ein.
Wir weinen vor Glück, vor Wut, vor Verzweiflung. Glaube ich. Warum fickt sie auf einmal mit mir? Sonst nein, jetzt ja? Warum? Sie fängt sogar an. Gibt mir einen Smiley und einen Steifmacher. Die Sache ist klar. Sie zieht sich aus. Glasklar. Ich frage nicht lang. Wie lange wir es tun, weiß ich nicht. Immer wieder hören wir auf. Weinen. Lachen. Liegen einander in den Armen. Oder bilde ich mir das nur ein?
Ich schreie. Zünde mir eine Zigarette an. Warum sind meine Gedanken immer noch bei dieser Scheiße? Raus da! Aber es hat sich eingebrannt. Meine dritte Zigarette verraucht. Ich schnippe den Filter weg.
Sie will ihre Ruhe. Sie will, dass ich sie nicht mehr frage. Sie bringt es hinter sich.
Es ist Mitleid.
Nicht mehr und nicht weniger. Danach geht sie. Wir küssen uns zum Abschied. Fast so, als wäre es normal. Es ist der erste Abschiedskuss, seit ich sie kenne. Und mit Sicherheit der letzte.
Ich schreie nochmal. Ich will doch nur steilgehen. Tanzen. Ficken. Vergessen. Wir tun so, als wäre alles normal, wenn wir uns sehen. Reden nicht darüber. Wiederholen es nicht. Alles nie passiert. Zurück auf Anfang. Ich will tanzen. Doch mein Kopf gibt keine Ruhe. Ich stehe in einer Masse aus schweißnassem, tanzendem Fleisch. Ich bewege mechanisch meine Beine, aber mein Blick ist irgendwo im Nirgendwo. Bei Rahel. Meine beste Freundin, die aus Mitleid mit mir fickt.
"Es passt nich', Bac."
Ich gebe Gas. Zappel wie verrückt. Verrückt nach meiner besten Freundin. Alles, was ich mir immer gewünscht habe, war Erlösung. Endgültige Glückseligkeit. Befreiung. Ich finde kein Wort. Es ist eine stetige Unbekannte in meinem Leben, die ich nie zu sehen bekomme, aber ständig fühle. Ein konstanter Drang nach ...
Ich hatte immer gedacht, Sex mit ihr würde mich von dieser unbändigen Lust befreien. Diese lodernde Liebe löschen. Doch sie flammt nur noch wilder. Ich fühle nur noch mehr. Mehr Schmerz. Mehr Hingabe. Mehr Aufgabe.
Rahel. Der Exzess in Person. Ich will mich hingeben, aufgeben.
Ich schreie. Schmeiße die Arme in die Luft. Der dumpfe Beat übertönt allmählich meine Gedanken. Die Nebelmaschinen lassen alles verschwimmen. Ich verschwinde in der wabernden Masse um mich herum. Bin ein Teil des tanzenden Kollektivs mit dem Konsens, vergessen zu wollen. Genießen zu wollen. Leben zu wollen.
Langsam drifte ich weg. Endlich.
Es war gut einen Monat her und ich dachte dennoch unentwegt an die Nacht mit Rahel. Der Dunst der Pillen ließ mich langsam vergessen und vernebelte meine immer wieder aufploppenden Erinnerungen, doch von Konzentration bei der Arbeit konnte noch lange nicht die Rede sein.
Nur gut, dass diese in meinem Beruf ohnehin nicht nötig war. Ich war dem Beispiel meines Kumpels Pierre gefolgt und war mit fünfzehn in die Einheit der Experimentellen, kurz EdE, eingetreten. Es handelte sich dabei um eine Partei, die er nach seiner Zeit am Abgrund ins Leben gerufen hatte.
Die Einheit der Experimentellen engagierte sich hauptsächlich dafür, unsere Truppen zu unterstützen. Dabei war es völlig gleichgültig, welcher Miliz sie angehörten. Wir verschickten Carepakete, organisierten Treffen zwischen Angehörigen und Soldaten und hauten ohne Ende Werbung raus, um auf die Opfer aufmerksam zu machen, die diese Helden für uns erbrachten.
Außerdem ließen wir ihnen kleine Clips zukommen. Grußbotschaften, Pornos, was auch immer das Leben für sie ein wenig normaler machte. Sie sollten einfach sehen, dass wir alle hinter ihnen standen. Auch kümmerten wir uns um die Hinterbliebenen. Riefen für sie zu Spendenaktionen auf und organisierten Treffen für Veteranen und Kriegsopfer.
Mein Job in der EdE bestand hauptsächlich darin, Grafiken für die Werbung zu entwerfen. Kurz gesagt, ich hing die meiste Zeit vor einem Computer herum und versuchte, auf möglichst spannende und kreative Art und Weise zu sagen, wie stolz wir auf unsere Leute im Abgrund waren.
Es war die mit Abstand lässigste Arbeit in der ganzen EdE. Ich musste nur, wenn ich mal wieder vor Ort war, ein bis zwei Entwürfe einreichen und das war's. So konnte ich seltener als alle anderen kommen und sogar kürzer bleiben. Das schlug sich zwar auch in meinem Gehalt nieder, aber ich kam trotz allem gut über die Runden. Mitunter deshalb, weil mir Pierre, wann immer ich ihn darum bat, Geld lieh. Seit ich denken konnte, hatte er es nie zurückverlangt.
"Sind die Flyer fertig?", hörte ich ihn hinter mir.
In der Hand hielt er einen seiner geliebten Notizblöcke, in denen er kleine vierfenstrige Comics zeichnete. Der Clue dabei war, dass er das vierte Fenster freiließ. Er nannte dieses Ewigkeitsprojekt "Pointenless". Dass das Zeichnen von Comics natürlich verboten war, hinderte ihn nicht daran, stets einen ganzen Block vollzukritzeln, um ihn anschließend zu verbrennen. Allerdings nicht, ohne mir und einigen engen Freunden vorher die Ergebnisse gezeigt zu haben.
"Musst dich nur noch für 'n Motiv entscheiden", antwortete ich.
"Sehr gut. Lass das morgen machen", sagte er und versteckte den Block in seiner schwarzen Lederweste. "Ich hab' Hunger. Wohin willste? Burger? Lass Burger nehmen. Was meinste, Burger okay?"
"Burger okay", grinste ich.
Pierre war ein Mann, der ohne Weiteres als außerordentlich dick bezeichnet werden konnte. Alles andere hätte aber auch nicht zu seiner hünenhaften Statur gepasst, die gleichzeitig Autorität und Gemütlichkeit ausstrahlte. Er hatte große, tattooübersäte Pranken und stämmige Beine, mit denen er immer ein wenig zu breit dastand. Er trug seine langen, inzwischen eher grauen als blonden Haare zu einem schlichten Zopf gebunden, während sein Bart wie ein unordentliches Buschwerk zu seiner Brust hinab wucherte.
Wir verließen das alte Eckhaus mit den großen Fensterfronten und gingen Richtung Stadtmitte. Ecstacity war die letzte Großstadt, bevor man den Abgrund erreichte, weshalb die EdE hier Stellung bezogen hatte.
Wir streiften durch die spärlich beleuchteten Straßen, vorbei an den Fressbuden, Kneipen, Clubs und den vielen leer stehenden Gebäuden. Die Fassaden abgefuckt, wie überall. Bröckelnder Putz, verschmierte Wände, verdreckte, wenn nicht gar zersplitterte Scheiben. Das ganze Erscheinungsbild meiner Geburtsstadt war dreckig und rau - eine absolut durchschnittliche Stadt des Exzesses und damit ganz nach meinem Geschmack.
Ich war nie ein großer Fan der Technologie gewesen. Selbstfahrende Autos, grell blinkende Städte, riesige Bildschirme. Das war was für die Städte weiter hinten, aber nichts für mich. Ich suhlte mich gerne im Dreck.
Der Exzess wird erst im Kaffeesatz sichtbar, wie man so schön sagt. Alles andere war nur polierte Scheiße.
"Schon mit Rahel geredet?", fragte Pierre und schnippte dabei seine glühende Zigarette in die laue Sommernacht.
Ich antwortete nicht. Das war Antwort genug. Er nickte.
"Ich versteh' dein Problem nich'."
"Musst du auch nich'."
Er brummte und schüttelte den Kopf.
"Als du klein warst, haste ständig aufs Maul bekommen. Du warst nich'...
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