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Geheimnisvolle Leichenfunde in der Bergwelt Südtirols geben Rätsel auf.
In Bozens Questura werden neue Akzente gesetzt, die Commissario Fabio Fameo nicht gefallen können. Er gerät in Gefahr. »Ötzi 2« nennt eine Zeitung die Leiche, die in der Nähe des eisigen Fundortes der echten Gletschermumie gefunden wurde. Geben die Berge durch die Auswirkungen des Klimawandels noch mehr Urzeit-Leichen frei? Der Kleidung nach zu urteilen, könnte der aktuell Ermordete ein Zeitgenosse von Ötzi sein. Bald wird klar, dass der Tote kein archäologischer Fund ist. Nicht weit von diesem Fundort entdecken Fabio und Tommaso eine weitere Leiche - übel zugerichtet. Sicher kein natürlicher Tod. Was geschieht dort in den Bergen? Gibt es noch andere Opfer?
Der Krimi führt die Leser in das einsame Pfossental, einem Seitental des Schnalstals, spielt aber auch in Bozen, Brixen, Naturns und im Dorf Tisens.
Nach dem Schuss ging alles sehr schnell. Sepp rief: »Kimm, Iro!«, nahm seine Büchse, den leeren Rucksack und marschierte los. Fabio musste den vollen, schweren Rucksack und die Lodenmäntel aufnehmen. Sepp und Iro waren schon Hunderte Meter voraus, als Fabio ihnen schwer bepackt folgte. Sie nahmen den direkten Weg. Zunächst steil hinunter, quer durch einen Bach, der in der Furche des Taleinschnitts zu Tal stürzte, und dann steil bergan, über felsiges Gelände. Luftlinie und somit Schussdistanz waren es rund 300 Meter gewesen. »Ein toller Schuss«, hatte Fabio gedacht. Aber das Bergen der Gams war dann in diesem schwierigen Gelände eine komplizierte Aufgabe. Zumindest für Fabio, der es nicht gewohnt war, sich wie Sepp schnell und behände im Gebirge zu bewegen. Sepp und sein Hund Iro hatten die Gams bereits erreicht, als Fabio, bepackt wie ein Lastesel, die steil aufragende Wand hinaufkletterte. Kurz vorher war er im Wildbach ausgerutscht und bis zu den Oberschenkeln ins kalte Wasser getaucht. Bei der Gams angekommen, glaubte er ein kleines Grinsen in Sepps Gesicht zu bemerken.
»Gamsjagen ist schon anstrengend«, meinte er trocken. »Aber wir haben heute Glück. Das Tier ist uns nicht abgestürzt. Das hätte dann schon arg Arbeit gegeben.« Er blickte den Abhang hinunter.
Jetzt erst wurde Fabio bewusst, dass sie sich auf einem kleinen Plateau befanden, das sich wie ein Balkon an die Felsen schmiegte. An der Kante ging es steil bergab, viele hundert Meter tief, dem Rauschen des zu Tal stürzenden Bergbachs folgend. Wäre die Gams da hinuntergefallen, hätten sie mehr Arbeit mit der Suche gehabt. »Von der Schussposition aus hat das gar nicht so dramatisch ausgesehen«, dachte Fabio.
Sepp schaute zum Himmel und sagte trocken: »Wir kommen in die Dunkelheit. Lass uns schauen, dass wir vorher von hier weg sind.« Fabio schaute auf die Uhr. Es war kurz nach acht. Gegen neun, halb zehn wurde es finster hier oben. Sepp hatte inzwischen sein Messer gezogen und damit begonnen, der Gams den Bauch aufzuschneiden. Fabio schaute mit Interesse zu. So etwas hatte er noch nie vorher gesehen. Mit einem schnellen Schnitt war die Bauchdecke geöffnet. Sepp griff in das dampfende Innere, holte alle Innereien mit einem kräftigen Griff heraus und legte sie neben der erlegten Gams ab.
*
Fabio hatte das Gefühl, sein Rücken würde niemals wieder gerade werden. Alles tat ihm weh. Jede Faser seines Körpers schrie nach Ruhe. »Eigentlich bin ich doch ein sportlicher Typ«, dachte er. Aber dieser Gewaltmarsch zurück zur Hütte hatte ihn geschafft. Die schwere Gams auf dem Rücken, das Tempo, das Sepp vorlegte, der mühsam zu begehende Weg über Almen, Geröll und später dann durch das Unterholz, sowie die einbrechende Dunkelheit, das alles war ungewohnt für ihn. Schweißgebadet hatte er die Hütte erreicht. Den letzten Kilometer waren sie beim letzten Licht gegangen. Den Weg mehr erahnend, denn zu sehen war er nicht mehr. Sepp hatte in der Hütte gleich eine Petroleumlampe angezündet und Fabio gefragt, ob er noch »aufs Häusel« müsse.
Fabio verstand den Sinn der Frage erst, als Sepp die Gams aus dem Rucksack holte und sie im Inneren des Häuschens mit den Vorderläufen aufängte. In die Körperöffnung steckte er ein dickes Holzscheit, so dass die Hinterläufe auseinandergespreizt wurden. Fabios fragenden Blick beantwortete er mit: »Damit die Gams ausschweißen kann.« »Ausschweißen?« Sepp schaute Fabio an, wie ein Lehrer einen Schulbuben anschaut, der eine dumme Frage gestellt hat. Dann überzog ein leichtes Lächeln sein Gesicht. »Wir Jäger haben halt eine eigene Sprache. Wir sagen Schweiß und meinen Blut.« Sepp erläuterte: »Die Gams hängt jetzt hier über Nacht und das Blut kann abfließen. Ich hänge sie ins Häusel, damit die Füchse nicht an sie rankönnen. Sonst hätte ich morgen nur noch eine halbe Gams. Alles klar?« Fabio nickte. »Komm jetzt.« Damit verschloss er das Häusel mit dem Herzen in der Tür und ging in die Hütte.
Fabio kannte die Hütte. Hier hatte er zauberhafte Stunden mit Elisabeth erlebt. Die Hütte gehörte zum Hof ihrer Eltern und wurde vornehmlich von Viehhirten genutzt - und von Sepp, wenn er in den Bergen jagte, wie Fabio nun wusste. Jetzt spürte er seinen Magen und erinnerte sich, dass seine letzte Mahlzeit ein Apfel gewesen war. Gegen Mittag hatten die beiden die Hütte erreicht, um ihren Proviant abzuladen und von dort aus gemeinsam auf die Pirsch zu gehen. Sepp hatte Fabio einen Apfel in die Hand gedrückt. Sein Kommentar war: »Ein voller Bauch jagt nicht gut.« Und dann waren sie losmarschiert.
Sepp war ein prima Koch - so viel stand schon mal fest. Er hatte die Gamsleber in kleine Streifen geschnitten und in Olivenöl gebraten. Salz, Pfeffer und einige Kräuter, ein Schuss Sahne gaben diesen frischen Zutaten einen besonderen Pfiff. Vielleicht war es aber auch die Atmosphäre. Sepp hatte den mit Holz befeuerten Herd der Hütte in Betrieb genommen. Die Pfanne, in der er das Gericht zubereitete, war aus geschmiedetem Eisen und schwarz wie die Nacht. Von vielen Feuern durchglüht. Außerdem hatte Sepp als Beilage Graupen aufgesetzt, die er mit wildem Thymian würzte. Ein Gedicht! Zum Essen holte Sepp aus seinen Vorräten, die sie am Mittag zur Hütte heraufgetragen hatten, eine Flasche dunklen Rotwein.
Fabio griff kräftig zu. Sepp schien es mit einem leichten Lächeln zu quittieren. »Nun, wie war das für dich?«, fragte er Fabio, nachdem sie sich satt gegessen hatten. Sie saßen einander gegenüber. Fabio blickte im flackernden Schein der Petroleumlampe in das wettergegerbte Gesicht seines zukünftigen Schwiegervaters. Er war ein Mann in den Sechzigern, wirkte aber jünger. Eine drahtige Erscheinung, kein Gramm Fett zu viel, wie es schien. Eine kräftige Armmuskulatur wies darauf hin, dass dieser Mann zupacken konnte. Das Haar war voll und streng nach hinten gekämmt. Die Schläfen waren grau.
»Du bist ein guter Schütze«, lobte Fabio. »Das waren doch mindestens 300 Meter?«
»Gut geschätzt. Das waren ziemlich genau 300 Meter«, sagte Sepp. »Und du bist ein guter Jagdbegleiter. Das war schon anstrengend, mit der Gams auf dem Rücken.« Sepp musterte Fabio interessiert. »Ist ein guter Anfang für dich. Schließlich willst du meine Tochter heiraten. Da will ich schon wissen, mit wem ich es zu tun habe.«
»Aha«, dachte Fabio, »jetzt kommt er auf den Punkt.«
»Wie findest du eigentlich die Jagd?« Dabei machte Sepp ein neutrales Gesicht.
»Jetzt will er nicht hören, dass ich es unsinnig finde, Wild zu jagen, wo es doch in jeder Metzgerei genug Fleisch zu kaufen gibt«, dachte Fabio. Er sagte: »Die Jagd hat Ähnlichkeit mit meinem Beruf«, und war froh über diesen gelungenen Themenwechsel. Sepps Augenbrauen gingen nach oben. »Wie du das Rudel Gämsen ausgemacht hast und wie du den einen Gamsbock beobachtet hast, um dann zu entscheiden: >Der ist es!<, hat mich an meinen Beruf erinnert. Auch ich muss viel beobachten, analysieren und dann entscheiden, was ich tue. So wie der Jäger sich zum Schuss bereit macht und auf den Moment wartet, bis das Wild in der richtigen Position steht, so muss auch ich mich manchmal gedulden und warten. Und im passenden Moment muss ich agieren, ohne zu zögern, sonst stellt sich der Erfolg nicht ein.«
Sepp hörte interessiert zu. »Du meinst, wir sind im Grunde beide Jäger?«
»Na ja, der Vergleich hinkt natürlich. Aber in gewisser Hinsicht sehe ich da Parallelen. Zumindest was die Mühen, die Analyse, das Treffen von Entscheidungen angeht.«
Sepp nickte. »Kann sein, dass da was dran ist. Wen jagst du denn im Moment? Wieder einen Mörder?«
Fabio lehnte sich zurück. Sein erster Fall als Commissario in Südtirol war in der Tat ein Mord. Eigentlich gar nicht seine Spezialität. War auch mehr Zufall, dass er dahintergekommen war. Und richtig, während der Ermittlungen hatte er Elisabeth kennengelernt. Das hatte ihn damit versöhnt, dass er sich aus Rom abgeschoben gefühlt hatte. Zu Sepp gewandt sagte er: »Wen jage ich im Moment? Ich weiß es nicht. Wir haben da ein paar arme Wichte in der Mangel. Einfache Leute. Kommen möglicherweise aus Rumänien. Typische Armutskriminelle. Die reisen in ein wohlhabendes Land ein, begehen Eigentumsdelikte und verschwinden, wenn sie genug beisammenhaben. Aber irgendetwas ist da komisch. Die Typen sind für mich die klassischen Einbrecher. Irgendwo hinein, zusammenraffen, was herumliegt, und schnell wieder hinaus. Wenn die am Tag 200 Euro geklaut haben, ist das mehr, als sie im Monat in der Heimat verdienen können. Wenn sie dort überhaupt Arbeit haben. Aber die beiden machen es kompliziert. Brechen nur in Tankstellen ein. Beim ersten Mal manipulieren sie das Zahlungsterminal. Beim zweiten Einbruch holen sie aus dem Zahlungsterminal eine Chipkarte heraus. Und die Verwertung der darauf gespeicherten Daten ist der eigentliche Gewinn. Und genau diese Verwertung, die traue ich den beiden nicht zu. Also müssen andere dahinterstecken. Und da bin...
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