Schweitzer Fachinformationen
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Mehrfacher Mord in einer Bozener Villa, ein Betrugsfall, der Staub aufwirbelt, und ein scheinbar gewöhnlicher Diebstahl stehen im Mittelpunkt des kriminellen Geschehens. Es zeichnet sich ein undurchsichtiges Gefüge aus Einfluss, Macht und Manipulation ab. Das zwingt die bekannten Figuren, Entscheidungen zu treffen. Die Rollen ändern sich, jeder nimmt eine neue Position ein. Im Finale Curioso bleibt nichts so, wie es war. Das Leben ist wie ein Fluss und das Wasser findet seinen Weg, egal, wie der Untergrund beschaffen ist. Die Figuren des Krimis treiben auf der Wasseroberfläche mit dem Strom. Dieser Krimi spielt an einem fiktiven Ort in Bozen, aber vor allem an authentischen Orten im Dorf Prissian, wo die Krimiserie ihren Anfang genommen hat. Sie endet auch hier.
Wo ist er hin? Was hat er vor? Ist er weg? Ist er unverrichteter Dinge abgehauen? Sie stellte sich diese Fragen nicht bewusst. Im Gegenteil befand sie sich nahe an einer Bewusstlosigkeit. Zu viele Schläge gegen den Kopf, zu viele Fausthiebe in die Rippen, in den Bauch, in die Nieren. Sie hatte sich übergeben, aber er hatte auch dann nicht von ihr abgelassen.
»Rück die Nummer raus!«, hatte er sie angeschrien. »Rück sie raus oder ich schneide dir die Kehle durch!«
Er hatte sie an einen Stuhl gefesselt. Bewegungsunfähig war sie. Ihr Kopf dröhnte, pochte, schmerzte.
Der Mann war reingekommen, hatte ihr keine Sekunde Zeit zum Überlegen gelassen. Sofort war er mit harten Schlägen auf sie losgegangen. Sie wusste nicht gleich, was er meinte. Aber klar, er wollte die Kombination für den Tresor. Gleich hinter ihrem Schreibtisch. Ein Überfall. Sie war allein gewesen. Niemand war da, der ihr hätte beistehen können. Es hätte dieser Brutalität nicht bedurft. Gegen den Mann hätte sie ohnehin keine Chance gehabt, sie hätte ihm den Safe geöffnet.
»Was macht Papa da?« Die Zwillinge Paula und Frieda beobachteten durch die Ritzen des Scheunentores ihren Vater, der unter dem Nussbaum saß und sich nicht rührte.
»Papa meditiert«, sagte Laurin, ihr großer Bruder.
»Was ist das, meditieren?«, fragte Paula und kicherte, weil sie das Wort lustig fand und gleich neue bildete: »Meditieren, medidieren, medidingsen, medisitzen, medimachen.« Lauter lustige Wörter, wie sie fand.
Frieda meinte: »Er sitzt doch nur rum. Warum hat er die Augen dabei zu? Schläft er vielleicht? Aber warum denn im Sitzen? Und warum unter dem Nussbaum? Wenn er müde ist, kann er doch ins Bett gehen? Aber es ist doch noch früh, wir haben noch nicht einmal gefrühstückt. Wieso ist er denn müde? Hat er eigentlich die Semmeln geholt?«
»Die habe ich schon geholt«, sagte Laurin. »Papa hat mich losgeschickt und dann hat er sich unter den Baum gesetzt.«
»Und ist dann eingeschlafen«, meinte Frieda. »Ts, ts, ts, was Mama dazu sagen wird?«
»Er schläft nicht, er meditiert. Hab ich euch doch schon gesagt. Er übt das. Nehm ich an. Er geht doch mit Mama einmal die Woche zu einer Frau in Kaltern. Das üben sie dort. Yoga nennt er das. Mama macht das schon länger. Papa muss das noch üben.«
»Man sitzt da nur so rum? Mit den Augen zu? Was soll das?« Paula wurde neugierig.
»Ich glaube, dass es . « Laurin wusste es nicht, weil es ihn bisher nicht interessiert hatte, was meditieren ist. »Ich glaube, dass er sich ausruht. Einfach eine Weile nichts tun. Ist wohl nicht so leicht. Muss man üben.«
»Au ja! Das kann ich auch. Nichts tun.« Paula setzte sich in den Schneidersitz und schloss die Augen. Es dauerte nicht lange und ihre Mundwinkel zogen sich nach oben. Sie hatte Mühe, ein Kichern zu unterdrücken.
»Du kannst das nicht«, meinte Frieda. »Still sitzen konntest du noch nie.«
»Selber nicht«, konterte Paula und kicherte jetzt laut.
Laurin betrachtete seine Schwestern. Die beiden hatten seit jeher ihren Spaß daran, einander zu überbieten, einander nachzueifern, sich miteinander zu messen. Er überlegte, ob er ihnen erzählen sollte, dass er gehört hatte, wie Mama und Papa gemeinsam einer CD gelauscht hatten. Von dieser CD kam eine Stimme, die ihnen erklärte, wie man atmen solle. Also wie lange man einatmen, wie lange man die Luft anhalten und wie lange man ausatmen solle. Die Stimme sagte: »Jetzt atme ein und zähle bis fünf. Halte die Luft an und zähle bis acht, dann atme langsam aus und zähle bis zwölf. Jetzt atme wieder ein und zähle bis fünf.« So ging das eine Weile. Laurin hatte beobachtet, wie sie sich dabei abwechselnd das eine, dann das andere Nasenloch zugehalten hatten. Er fand das lustig, seine Eltern so dasitzen zu sehen. Ob er seinen Schwestern sagen könnte, dass sie fünf Sekunden einatmen, dann acht Sekunden die Luft anhalten und anschließend zwölf Sekunden ausatmen sollten? Wäre das ein Spaß? Nein. Nicht mit diesen beiden Kichererbsen. Inzwischen hatte sich Frieda hingesetzt, ihre Augen geschlossen und angefangen zu kichern. Laurin spähte wieder durch die Ritze des Scheunentores. Sein Vater saß nicht mehr unter dem Baum.
Er stand vor dem Scheunentor und blinzelte seinerseits durch die Ritze in die Scheune hinein. Ihre Blicke trafen sich. Sein Papa raunte: »Hast du Semmeln geholt?«
Laurin nickte. »Dann ab in die Stube, frühstücken!« Fabio grinste. Er hatte das Kichern seiner Töchter laut und deutlich vernommen. Das Sich-Versenken, der Versuch, die Gedanken loszulassen, schärfte auch die Sinne, kam ihm vor. Außerdem hatte er das Gefühl gehabt, dass hinter seinem Rücken Bewegung war. Da setzten auch schon die Gedanken wieder ein und er kombinierte schnell, wer wohl die Verursacher sein konnten. Ist schon genial, wie viel man wahrnimmt, wenn man die Gedanken ruhen lässt. Hätte ich nicht gedacht. Aber Lissy hat damit wohl recht.
Eduard hatte Bereitschaftsdienst. An den Sonntagen war selten viel los, aber es kam vor, dass Bürger die Questura aufsuchten, um eine Anzeige zu machen oder um sich anderweitig zu äußern. Es war auch die Zeit der Querulanten, der nach Gerechtigkeit Suchenden, der ertappten, aber uneinsichtigen Falschparker, die meinten, ihre Sicht der Dinge ausgerechnet an einem Sonntag einer Amtsperson vortragen zu müssen. In neun von zehn Fällen war die Questura dafür ohnehin nicht die richtige Anlaufstelle. Das musste der Diensthabende, heute Eduard, geduldig den Frage- oder Antragstellern erklären. Und zwar so, dass sie sich nicht abgewiesen, sondern mit ihrem Anliegen ernst genommen fühlten, auch dann, wenn man ihnen nicht im Entferntesten helfen konnte. Solche Wochenenddienste kamen zum Glück nicht allzu häufig vor.
Eduard hatte heute sogar einen interessanten Fall. Obwohl? So interessant auch wieder nicht, wenn er es recht bedachte. Wie dumm doch die Leute manchmal waren. Oder wie sehr auf ihren Vorteil bedacht. Vielleicht auch nur zu gierig. Mitleid hatte er jedenfalls keines. Der Typ kam aus Köln und sagte, er sei wegen einer Uhrenauktion in Bozen, da er Sammler wäre. Paul Ehrlich hieß er, vielleicht knapp 30. Vielleicht auch jünger. Er berichtete, dass er im Hotel Laurin logiere. Gestern, am Samstagmorgen, als er sein Frühstück auf der Terrasse des Hotels einnahm, sprach ihn ein Mann vom Nebentisch an, der Eindruck auf ihn gemacht habe. Auf dem Stuhl neben ihm habe eine Louis-Vuitton-Tasche gestanden - mindestens 5.000 Euro teuer. Der Mann sei sportlich und chic gekleidet gewesen, akkurater Bartschnitt, am Handgelenk eine dicke goldene Uhr, die nicht zu übersehen war. Der Mann habe ihn in ein Gespräch verwickelt und natürlich schnell erfahren, dass er wegen der Uhrenauktion in Bozen war. Im Laufe des Gesprächs habe sein Tischnachbar ihm von seinen Problemen erzählt. Dass er auch wegen der Auktion hier war, daran aber nicht mehr teilnehmen konnte wegen eines Notrufs seiner Familie aus der Heimat, sein Vater liege im Sterben. Dass er nur noch eine komplizierte Flugverbindung bekommen habe, Bozen - Düsseldorf, dann Istanbul, von da in die Emirate. Und dass er zwei wertvolle Uhren dabeihabe, die er eigentlich bei der Auktion verkaufen wollte. Weil ihm aber eine Tasche mit den Frachtpapieren gestohlen worden war, mit denen er nachweisen konnte, dass diese Uhren versteuert worden waren, befürchte er, dass er bei den Kontrollen an den verschiedenen Flughäfen die Uhren erneut versteuern müsse, was sehr teuer sei - ein Dilemma.
Neugierig geworden, habe er, Paul Ehrlich, nachgefragt, um welche Uhren es sich denn handle, woraufhin der Mann aus seiner Tasche zwei Originalverpackungen einer Rolex und einer Audemars Piguet gezogen habe. Dieser Anblick habe ihn begeistert. Der Mann hingegen schien ihm sichtlich mitgenommen zu sein, vor allem wegen des bevorstehenden Ablebens seines Vaters, dann wegen der komplizierten Heimreise, wegen der langen Flugdauer und schließlich auch wegen der Angst vor dem Zoll. Er habe noch gesagt, sie würden ihm die Uhren wegnehmen, wenn er nicht nachweisen könne, dass er sie ordnungsgemäß gemeldet habe, und Ersatzpapiere seien in der Kürze der Zeit nicht zu beschaffen und das Risiko beim Versuch, die Uhren durch den Zoll zu schmuggeln, sei hoch. Falls die Uhren entdeckt würden, könne es sein, dass sie ihn festhalten, er den Anschlussflug verpassen und sein Vater sterben würde, ohne dass er sich von ihm verabschieden könne.
Paul Ehrlich hatte offenbar Mitleid mit dem Mann gehabt, aber dabei auch, so stellte es sich Eduard vor, ein begehrliches Funkeln in seinen Augen. Denn seinem Bericht zufolge fragte er den Mann, was dieser für die Uhren verlangen würde. Daraufhin war der Mann in Tränen ausgebrochen und dankte ihm überschwänglich, dass er ihm aus der Notlage helfen wolle. Schließlich hätten sie sich auf 1.000 Euro pro Uhr geeinigt, was ein schier unglaublicher Schnäppchenpreis für diese Uhren gewesen...
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