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Ich brauche einen Moment, muss dann aber so lachen, dass mir fast das Milchkännchen aus der Hand rutscht.
Das war echt frech, aber sie hat recht. Keine Ahnung, warum ich sie so volltexte. Oder . doch? Sie ist hier wirklich eine willkommene Abwechslung, dazu einfach süß. Gerade jetzt. Sie versucht angestrengt, nicht mitzulachen, schafft es aber nicht.
»Das Schweige-Einhorn also.« Ich nicke grinsend, greife nach dem Milchaufschäumer neben mir und . Fuck! Feuer auf meiner Haut! Sofort lasse ich los - aber zu spät. Meine komplette Handinnenfläche ist knallrot. Nur mit Mühe unterdrücke ich ein Stöhnen. Doch es tut so höllisch weh, dass mir die Knie wegsacken.
»Ach du Scheiße!«, höre ich ihre Stimme hinter mir. Sie muss um den Tresen gekommen sein, doch ich will sie hier nicht haben. Mir ist das so schon krass peinlich. Das Hocken hier, die Schmerzen, mein beschissener Fehler! Ich muss voll danebengegriffen haben.
»Hey, komm. Steh auf!« Ihre Hand berührt meine Schulter, doch ich schüttele sie ab.
»Geht schon, ich hab mich nur ein bisschen ver.«
»Das ist kein bisschen. Los! Du musst deine Hand kühlen.« Da ich nicht sofort reagiere, greift sie nach meinem Arm und hilft mir hoch.
»Oh, shit!« Ruben taucht aus der Küche auf, genau in dem Moment, als sie den Hahn aufdreht, um meine Hand unters Wasser zu halten. »Der kaputte Milchaufschäumer?«
Ich nicke nur, sagen kann ich nichts. Würde ich meinen Mund öffnen, käme nur wieder ein Stöhnen heraus.
»Habt ihr in der Küche was gegen Verbrennungen? BurnJel oder so was?«, fragt sie.
»Äh . nee!«, antwortet Ruben.
»Solltet ihr aber!«
Vorwürfe kann ich jetzt nicht gebrauchen, genauso wenig wie die Aufmerksamkeit, die wir mittlerweile auf uns lenken. Ich will meine Hand wegziehen, doch sie drückt sie mit strafendem Blick wieder unters Wasser. »Die bleibt da drunter. Mindestens noch zehn Minuten. Sonst zieht die Verbrennung tiefer ins Gewebe.«
»Bist du etwa Ärztin?«
»Nein, aber Rettungssanitäterin.«
»Echt?« Skeptisch mustere ich sie. Komisch, Ärztin hätte ich ihr irgendwie zugetraut. Aber Rettungswagen fahren? Unfallopfer einsammeln?
Ruben unterbricht unser Blickduell. »Wir haben aber einen Erste-Hilfe-Kasten.«
»Na, das ist doch schon mal was. Und wo?«
»Oben im Büro.« Ich nicke zur Treppe. »Aber .«
»Ich weiß«, unterbricht sie mich spöttisch. »Du denkst, du brauchst nichts.« Sie schaut zu Ruben. »Holst du den Kasten?«
»Klar!« Er wendet sich ab, doch ich erwische gerade noch seinen Arm.
»Ich kann selbst hoch.«
Mein Fehler, mein Problem. Außerdem tut es schon gar nicht mehr so weh.
Aus dem Augenwinkel nehme ich ihr Kopfschütteln wahr, als ich die Hand wegziehe, um meinen Schlüsselbund aus der Schublade zu holen.
»Hältst du hier so lange die Stellung?«, bitte ich Ruben und sehe zu, dass ich wegkomme.
»Wie heißt du eigentlich?«, höre ich ihn im Weggehen noch fragen und erwische mich dabei, wie ich aufhorche.
»Jonna. Und ich geh besser mal mit hoch.«
Nein!, schreit es in mir, doch da ich es mit der linken Hand alleine nicht mal schaffe, die Schlüssel am Bund zu sortieren, um den richtigen rauszusuchen, schlucke ich meinen Protest runter. Eine weise Entscheidung, wie sich herausstellt, denn oben angekommen, gelingt es mir trotz mehrerer Versuche nicht, die Tür aufzuschließen. Dafür kehren die Schmerzen zurück - schlimmer noch als vorhin.
Jonna übernimmt. Den Schlüssel, das Türaufschließen und alles Weitere im Büro. Ich soll mich auf die Holzbank setzen und ihr erklären, wo sie alles findet.
»Erste-Hilfe-Kästen einzuschließen, ist keine so gute Idee«, höre ich sie vom Schrank her schimpfen, hab aber keinen Nerv, mich zu verteidigen. Auf meiner Stirn sammelt sich Schweiß, mein Körper weiß anscheinend nicht mehr, wohin mit dem Feuer, das sich unaufhörlich tiefer in meine Hand zieht.
Ich lehne mich zurück und schließe die Augen. Höre das Rascheln von Folie, dann einen Stuhl, der über den Boden schrappt. Jonna muss jetzt ganz nah sein, ich spüre ihre Bewegungen, den leichten Lufthauch, den sie verursachen, lasse die Augen aber zu.
»Ich nehme mir jetzt deine Hand, okay?«
»Mach das«, antworte ich, zucke aber dennoch zusammen, als sich ihre Finger um mein Handgelenk schließen. Vorsichtig, fast zaghaft dreht sie meine Hand leicht hin und her.
»Wie zu erwarten: Es bilden sich schon Blasen. Ich weiß, Ratschläge magst du nicht. Aber aufstechen solltest du sie nicht, sonst holst du dir noch 'ne Infektion.«
»Alles klar.«
»Sicher?«
Ich öffne die Augen und sehe, wie sie spöttisch die Lippen verzieht. Lippen, die auch dabei noch lächeln.
»Keine Sorge. Ich weiß, dass man das nicht machen soll.«
»Ja? Super! Dann hab ich es ja heute doch nicht nur mit Volldeppen zu tun.«
»Du meinst deinen Vat.«
»Nee, gerade meinte ich eigentlich dich.«
Ich gebe mich geschlagen, fühle mich zu fertig, um verbal mit ihr mithalten zu können, und beobachte sie deshalb lieber einfach nur wortlos. Sie legt mir einen Verband an, dabei fällt ihr eine Locke ins Gesicht, die sie immer wieder wegzupusten versucht. Meine gesunde Hand zuckt schon, und ich schiebe sie mir lieber unter den Oberschenkel. Nicht, dass ich noch was Dummes mache.
Jonna ist aber auch echt verdammt hübsch. Und ich glaube, sie weiß es nicht mal. Den Kopf nach unten geneigt, wickelt sie den Verband konzentriert um meine Hand bis über das Gelenk. Doch als sie ihn dann mit einer Klammer fixiert, schaut sie plötzlich auf. Unsere Blicke begegnen sich, und ich weiß nicht, wie sie das macht, aber wenn sie mich ansieht, setzt irgendwas in mir aus. Wie vorhin schon. Man guckt doch weg, wenn man beim Starren erwischt wird! Kann ich aber nicht. Und blöderweise macht meine Atmung beim Aussetzen gleich mit. Es ist nicht nur das Grün ihrer Augen, das mich fasziniert. Es ist diese Tiefe, die in ihnen liegt und die mich .
»Fertig.« Jonna steht etwas unvermittelt auf und dreht sich weg. Dabei knüllt sie die Verbandsverpackung in ihrer Hand zusammen - und zwar ganz schön fest.
»Ja, dann . danke.« Ich stehe ebenfalls auf und versuche dabei, meine verletzte Hand so ruhig wie möglich zu halten. Trotz des Verbands bestrafen die Schmerzen jede noch so kleine Bewegung.
»Arbeiten kannst du damit jetzt aber nicht mehr.«
»Mal sehen .«
Sie zieht eine Augenbraue hoch, öffnet den Mund, um etwas zu sagen, schüttelt dann aber nur resigniert den Kopf.
Und geht.
Sie geht!, warnt mich eine Stimme in meiner Brust.
Gut so, entscheidet mein Kopf. Und er hat recht, denn das würde sie eh, spätestens dann, wenn sie von der Schuld erfährt, die ich auf mich geladen habe.
So wie Lale.
Ich kann das nicht mehr, Mads. Ich halte das mit dir nicht mehr aus .
Die Erinnerung an Lales Worte zieht mich runter, zurück auf die Bank. Nach allem, was passiert war, auch noch sie zu verlieren - an dem Schmerz wäre ich fast erstickt.
Deswegen: keine Beziehungen, kein Fallen mehr!
Einen weiteren Absturz überlebe ich nicht.
Ich stütze meine Ellbogen auf den Knien ab und vergrabe meinen Kopf in den Händen. Keine gute Idee. Der Schmerz schießt mir bis in den Magen. Stöhnend richte ich mich auf und würde mir die brennende Hand am liebsten abreißen.
Arbeiten kann ich so definitiv nicht mehr. Linda kann heute nicht, Maja kommt erst um drei, und bis dahin schafft das Ruben unmöglich allein.
Nicolaj? Er hat hier ganz am Anfang schon mal ausgeholfen, und heute ist Samstag - also keine Uni. Seine Nummer ist hier oben noch im alten Festnetztelefon eingespeichert. Ein Überbleibsel aus der Zeit, als das Café noch Knud gehört hat.
»Hey, Mann, das ist ja 'ne Überraschung!«, begrüßt er mich. »Hätte nicht gedacht, dass du dran denkst!«
»Äh . doch, klar!«, erwidere ich, ohne auch nur den leisesten Schimmer zu haben, an was ich gedacht haben soll.
»Wir sind in einer knappen Stunde dran. Der Wind ist super. Stabile zehn Knoten. Und Felix ist gut drauf.«
Die Segel-Regatta!
Plötzlich gehen die Flammen von meiner Hand auf meinen ganzen Körper über, und mir bricht der Schweiß aus.
»Er ist kein Ersatz für dich«, höre ich Nicolajs Stimme nach einem zögerlichen Moment des Schweigens. »Das weißt du, oder?«
»Ja, alles gut«, antworte ich.
Doch gut ist gar nichts. Regatta, Segeln, Boote, Meer - die Assoziationskette landet wie immer, egal, wer oder wo sie startet, beim Tod.
Ich sehe die Wrackteile. Und ich sehe Körperteile. Zerrissen, zertrümmert. Entstellt.
»Ist wirklich alles gut bei dir?«
»Doch. Ich . Ich hab mir nur gerade die Hand verbrannt. Nicht schlimm. Doch ich denke, ich sollte sie mal kühlen. Euch aber viel Glück, haut rein!«
»Machen wir. Und Mads? Danke. Ehrlich! Ist krass, dass du dich gemeldet hast. Und denk an dein Versprechen, ja? Wenn du wieder so weit bist, bin ich der Erste, mit dem du rausfährt.«
»Hab ich nicht vergessen.«
Nur wird das nicht passieren. Für mich gibt es keine Boote mehr, keine Regatten, keine Speedrennen. Das alles ist mit Anders gestorben.
Mein Blick bleibt an dem Schlüsselbrett über dem Schreibtisch hängen, genauer gesagt, an dem kleinen Anhänger, dem bunten Hausboot. Einer geschnitzten Kopie des Originals. Ich sollte es endlich freigeben.
Und . ich sollte dringend runtergehen....
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