Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Die Systeme/Applikationen einer Firma in die Cloud zu verschieben oder MS-Teams für das Homeoffice einzuführen, hat jedoch mit einer digitalen Transformation sehr wenig zu tun. Leider wird der Begriff heute viel zu oft als Schlagwort verwendet und jedes Unternehmen, das eine neue Mobile-App lanciert oder interne Prozesse mit einem ERP-System automatisiert, brüstet sich heute damit, sie hätten eine digitale Transformation vollzogen.
Vor ein paar Jahren erzählte mir ein CIO eines grösseren US-amerikanischen Industrieunternehmens, er hätte die digitale Transformation in seinem Unternehmen schon abgeschlossen, indem er alle Systeme in die Cloud verschoben und allen Mitarbeitenden einen iPad gegeben hätte.
Nun, für mich braucht es für eine digitale Transformation schon etwas mehr. Vor allem müsste die digitale Transformation - wie es der Name ja schon sagt - einen transformativen Charakter haben, der Geschäftsmodell, Wertschöpfungs-Prozesse, Vertriebskanäle oder die eigentlichen Produkte und Dienstleistungen verändert oder eben transformiert.
Ich habe mir deshalb ein 4-Stufen-Modell der Digitalen Transformation überlegt, eine Art «maturity model» (Maturitätsmodell), also quasi ein Reifegrad. Ich weiss, die meisten Maturitätsmodelle, wie sie von Beratungsfirmen propagiert werden, bestehen aus fünf Stufen, wie z. B. CMMI, CMMC, ITIL etc. Würde ich für eines der grossen Beratungshäuser arbeiten, hätte ich mir auch noch eine weitere Stufe einfallen lassen, aber ich mag es einfach und bleibe lieber bei meinen vier Stufen.
Das ist die Stufe, die ich leider sehr oft sehe. Unternehmen machen Digitalisierung der Digitalisierung wegen, weil es zum guten Ruf gehört und weil man heute sagen muss, dass man ein digitales Unternehmen ist. Meistens wird irgendwo im Unternehmen etwas Innovatives mit Technologie eingeführt, um es dann marketingmässig auszuschlachten, ohne dass es in die Geschäftsprozesse eingebettet wird und schon gar nicht in die angestammten Back-end-Systeme integriert ist. Das oben erwähnte Beispiel eines CIO-Kollegen, der einfach alle Systeme in die Cloud verschoben und allen Mitarbeitenden ein iPad ausgeteilt hat, ohne sich zu überlegen, was genau der Mehrwert davon ist, gehört zu dieser Stufe 1. Es ging einfach darum, sagen zu können, sie hätten in die Cloud migriert und nutzen modernere Endgeräte wie iPads. Im Geschäftsmodell oder in den Prozessen hat sich gar nichts geändert, geschweige denn bei deren Produkten und Dienstleistungen.
Ein anderes Beispiel einer vermeintlichen digitalen Transformation der Stufe 1 habe ich vor ein paar Jahren erlebt. Während eines Fluges von Dubai nach Frankfurt las ich einen Artikel über eine grosse US-amerikanische Hotelkette, die - laut Artikel - eine digitale Transformation vollzogen hatte. Es wurde beschrieben, wie eine neue personalisierte Buchungsseite für die Kunden entwickelt wurde, zusammen mit einer entsprechenden Mobile-App. Zudem beschrieb der Artikel den Einsatz von Robotern in den Eingangshallen der Hotels, die die Kunden begrüssen und einchecken sollten. Des Weiteren wurde im Artikel das neue Treueprogramm gelobt, welches auf eine neue Plattform migriert wurde und nun einen hohen Grad an Personalisierung ermöglichen würde, usw.
Der Zufall wollte es, dass ich in einem Hotel eben dieser Hotelkette ein Zimmer im Flughafenhotel in Frankfurt reserviert hatte, weil ich dort auch Mitglied des Treueprogramms bin. Ich hatte das Zimmer online auf deren Webseite gebucht, wo auch meine Informationen und Präferenzen wie Nichtraucher-Zimmer, Zahlungsmittel, Passdetails etc. in meinem Profil abgelegt sind. Bei der Buchung konnte ich den Flug angeben, mit dem ich nach Frankfurt reisen würde. Als ich nun aber nach meiner Ankunft vom Terminalgebäude her über eine Passerelle in die Eingangshalle des Hotels kam, war nichts von diesem personalisierten Service zu sehen. Vor den Rezeptionsschaltern waren lange Warteschlangen, in die ich mich einreihte. Nach etwa 20 Minuten Wartezeit war ich an der Reihe, erklärte der freundlichen Dame hinter dem Schalter, dass ich bereits ein Zimmer gebucht hätte, und zeigte ihr die Mitgliedskarte des Treueprogramms. Dann fragte sie mich nach einer Buchungsbestätigung, nach meinem Ausweis und meiner Kreditkarte. Sie tippte ein paar Minuten auf der Tastatur ihres Computers, wohl um mir ein passendes Zimmer zuzuteilen, händigte mir die Schlüsselkarte aus und wünschte mir einen guten Aufenthalt. Überrascht stellte ich dann allerdings fest, dass sie mir ein Raucher-Zimmer zugeteilt hatte. Dass ich Nichtraucher bin, ist eigentlich in meinem Profil des Treueprogramms festgehalten. Daher war es doch sehr ärgerlich, dass ich mich nun wieder unten an der Rezeption in der Warteschlange einreihen musste, um ein Nichtraucher-Zimmer zu bekommen.
Was ich mit dieser Geschichte aufzeigen will, ist, dass bei dieser digitalen Transformation wohl so einiges schiefgelaufen, respektive auf der Strecke geblieben ist. Schauen wir uns mal an, wie in der digital vernetzten Welt, in der wir heute leben, mein Kundenerlebnis hätte ablaufen können:
Ich hatte mein Zimmer online gebucht, hatte meinen Flug angegeben, mit dem ich in Frankfurt ankommen würde. Meine Kreditkartennummer ist im System hinterlegt sowie meine Handynummer, meine E-Mail-Adresse und weitere Daten wie z. B. meine Präferenz für ein Nichtraucher- Zimmer. Das Hotel hätte also sehr einfach ihr System mit dem System des Flughafens verbinden können (z. B. über ein Messaging System), um die Information zu bekommen, dass mein Flug aus Dubai in Frankfurt gelandet ist. Es gäbe auch genügend öffentlich zugängliche Quellen, Webseiten, Apps etc., die diese Information zur Verfügung stellen. Mit einem simplen Algorithmus hätte man mir zu diesem Zeitpunkt ein freies und bezugsbereites Zimmer zuteilen können, unter Berücksichtigung meiner Präferenzen, d. h. ein Nichtraucher-Zimmer.
Das Hotel hätte mir per SMS, WhatsApp, E-Mail oder direkt über deren App eine Nachricht schicken können, welches Zimmer sie mir zugeteilt haben, und mein NFC-Chip in meinem Handy könnte direkt als Schlüssel zum Zimmer dienen. Und im Falle von weiteren Ausgaben meinerseits im Hotel wäre meine Kreditkartennummer bereits im System hinterlegt, um diese problemlos abbuchen zu können. D. h., keine weiteren Schritte, respektive kein mühsames Check-in wären nötig gewesen, hätte das Hotel die Informationen sinnvoll verwendet, die ihnen zur Verfügung stehen oder sie sich über Systeme von Partnerfirmen hätten beschaffen können. Der Prozess des Check-ins wäre schlicht überflüssig geworden, denn auch das Aushändigen einer physischen Schlüsselkarte ist obsolet in einer Welt von virtualisierten «Dingen».
Warum hat es diese Hotel-Kette nicht geschafft, einen so simplen Prozess sinnvoll zu digitalisieren?
Ich denke, es liegt genau daran, dass sie nicht wirklich verstehen, was eine Digitale Transformation bedeutet und was deren Potential ist. Es reicht eben nicht aus, ein paar sexy Projekte mit Robotern, KI, einer mobilen App oder eine neue Webseite etc. isoliert durchzuführen, um den Schein zu wahren, man sei «digital». Es ging dieser Hotel-Kette wohl viel mehr um den Marketing-Effekt als um den Mehrwert, den sie für den Kunden hätten erreichen können. Roboter-Männchen in der Check-in-Halle einzuführen, um den Check-in-Prozess zu automatisieren, macht wenig Sinn, wenn man den ganzen Check-in-Prozess im traditionellen Sinne eigentlich nicht braucht, wenn man digitale Technologien sinnvoll nutzt.
Ähnlich verhält es sich bei Airlines, die noch lange grosse physische Check-in-Kioske an Flughäfen aufstellen, um die Check-in-Schalter und Beamten abzulösen. Beim Check-in bestätigt der Kunde gegenüber der Airline, dass man nun am Flughafen ist und tatsächlich die Reise antreten will. Damit wurde ursprünglich das Flugticket mit einer Bordkarte ausgetauscht. Dies stammte noch aus der Zeit, als die physischen Flugtickets einen Coupon (Voucher) für jedes der gekauften Flugsegmente beinhaltete. Die älteren unter uns können sich vermutlich noch an die roten Durchschlagsblätter erinnern, die damals in den Flugtickets waren, und die jeweils am Check-in aus den Tickets (damals kleinere Büchlein) herausgelöst wurden, um mit einer Bordkarte ausgetauscht zu werden. Diese Flight-Coupons waren eigentliche Wertdokumente, ähnlich einem Check. Das Reisebüro oder die Airline, die das Ticket an den Kunden verkaufte, hatte ja auch das Geld dafür eingezogen. Nun ist aber die Partei, die die Flugreise tatsächlich durchführt und den Passagier befördert, oft nicht dieselbe Partei, die das Ticket verkauft hat. Deshalb übergibt man als Passagier der Airline den entsprechenden Flight-Coupon beim Check-in, womit die Airline dann nach erbrachter Transportdienstleistung ihren Anteil am Ticketpreis über ein Clearinghouse bei der Partei einfordern kann, die das Geld für das Ticket entgegengenommen hat. Dieser Prozess läuft heute noch weitgehend gleich ab, mit dem...
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