Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Katz beugte sich zu Danis Ohr. »Ich sag nur Zitrone.«
»Hm?« Sie ließ ihren Blick weiter über die Köpfe im Foyer des Akzent-Theaters1 schweifen.
Katz stellte sich so knapp vor sie hin, dass sie ihn ansehen musste. »Sehr geehrte Frau Mayer, Sie ähneln mit Ihrer in Falten gelegten Stirn und den nach unten hängenden Mundwinkeln einem Menschen, der in mindestens ein Dutzend Zitronen gebissen hat. Das ist für ein erstes Date nicht gerade förderlich.«
Danis grüne Augen blitzten ihn an. »Sehr geehrter Herr Chefinspektor - halt bitte einfach deinen Mund, ja?«
Katz grinste seine Lieblingskollegin an. »Kann ich nicht, dafür liegt mir dein Wohlergehen viel zu sehr am Herzen.« Er zog ihren Kopf am Kinn hoch. »Ehrlich jetzt, was ist los? Glaubst du, dass sie uns sitzen lässt? Sie hat uns eingeladen, sie hat die Karten. Und nach dem, wie du sie mir beschrieben hast, wird sie nicht kneifen.«
Die Klingel, die den Vorstellungsbeginn ankündigte, ertönte. Bereits mit einem Doppelton. Es war also bald so weit. Und prompt irrlichterte Danis Blick wieder über die Menge der Zuschauer, die sich nun zusehends in den Theatersaal begaben.
»Sie kommt sicher gleich, Dani. Und außerdem tritt ihre Schwester auf, zu so etwas kommt man nicht zu spät, da bleibt man nicht einfach daheim.«
»Weiß ich.«
»Ich weiß, dass du das weißt. Ich wollte nur Ausreden vorbeugen. Also, was ist dann los?«
Dani streckte den Rücken durch, ließ den Blick wieder über die anderen Theaterbesucher schweifen, dann zur Tür des Saals. »Ich - schlaf im Theater immer ein.« Dani schloss die Augen. »Vor allem bei Tanztheater.«
»Das ist Flamenco.«
»Noch schlimmer. Und noch dazu eine Tanzschulaufführung. Also irgendwelche Hausfrauen mit zu vielen Speckröllchen auf den Hüften, die auf rassige Südländerinnen machen.«
Katz war über Danis bissige Bemerkung froh, denn sie erlaubte ihm, seine eigenes Unwohlsein wegzulachen. Was er auch tat. »Aber Schulaufführungen sind immer sehr .« Er umfasste die Gäste mit einem weiten Bogen des Arms. »Die werden alle vor Begeisterung ausrasten. Es wird lustig. Also komm, keep smiling. Und das Getanze ist ja nicht der Hauptgrund, warum wir da sind. Also zumindest wir beide.«
Dani sah ihn an. »Ich bin eine Vollidiotin. Man sollte auch bei einer ersten Verabredung nie etwas tun, was man sonst nicht auch tun würde. Jetzt bildet sich Laura dann vielleicht ein, dass ich mit ihr immer zu so was latsche. Und wenn ich dann verweigere, ist sie grantig.«
»Wer ist grantig?«, flötete es rechts neben Katz.
Es war sein Freund Alex, der einen dunkelroten Fächer vor das Gesicht hielt. Nur mehr die Augen waren sichtbar. Er klimperte mit den Wimpern. »Schönes Ding, oder? Gibt's da hinten bei dem Stand. Bei diesem«, er gurrte, »netten Cornetto.«
Katz folgte dem Blick seines Buddys. Der Verkäufer von Kastagnetten, Videos, Fächern und dergleichen war der klassische Typ Hüne, der es Alex seit seiner Pubertät angetan und ihn immer wieder enttäuscht hatte. Dieses Mal in der Ausführung blauäugig und kinnlange blonde Locken. Katz sah seinen Freund an und zog die Augenbraue hoch.
Alex hob die Handflächen. »Nein, ich hab gar nichts gemacht. Ich hab nicht einmal seine Telefonnummer. Je jure2!« Erneut klimperte er mit dem Wimpern. Dann streckte er den ausgebreiteten Fächer von sich und betrachtete ihn, während er mit der Hand kreisende Bewegungen vollzog. »Ich werd bei meiner Show so eine Nummer einbauen. Spanisch kommt immer gut. Und du machst den Torero mit Bolerojäckchen, Charles.«
Ja, im Gegensatz zu Dani und ihm war Alex definitiv vor allem wegen des Getanzes da. Ständig suchte er nach Inspirationen für seine Travestieshow. »Du im Rüschenkleid?«, flachste Katz.
Alex ließ den Fächer so gekonnt zusammenklappen, als hätte er diesen Handgriff schon als Baby gelernt. »Ja, ich weiß, diese Volants tragen auf. Aber noch, ich betone noch, kann ich es mir leisten.« Er lächelte Dani an. »Also, ma chère, wer ist auf meine Lieblingsuntermieterin grantig?«
»Laura. Wenn sie draufkommt, dass ich Tanztheater nicht mag.«
»Wirklich? Oh, ich finde es magnifique. Hast du so viele schlechte Erfahrungen gemacht?«
Dani wiegte den Kopf. »Nur einmal. So Figuren in weißen Strampelhosen im Serapions3.«
Alex klopfte ihr mit dem Fächer auf die Brust. »Ja, aber das heute ist Flamenco. Und außerdem hast du immer noch die Ausrede, dass du mitgegangen bist, weil du Lauras Schwester als Familienmitglied die Ehre erweisen wolltest.«
»Hi.«
Sie wandten sich alle drei zu der Grüßenden um. Katz sah sich einer Endzwanzigerin gegenüber, naturkrause, schwarze kurze Haare, blitzblaue Augen, weiße Haut und ein Puppenmund. Ganz okay, hatte Dani auf seine Frage nach Lauras Aussehen geantwortet, an das er sich nur mehr schemenhaft erinnern hatte können. Die Untertreibung des Jahres. Die neue Flamme seiner Kollegin könnte als Model durchgehen, wenn sie nicht diese gschmackigen Kurven hätte, sondern ein Hungerhaken wäre. Sie erinnerte ihn irgendwie an . Er spürte, wie er schlaff und zugleich angespannt wurde. Noch immer machte ihn jeder Gedanke an Regina Haas unrund. Ungefähr ein Jahr war es jetzt her, dass er sie im Zuge der Ermittlungen am Golfplatz kennengelernt hatte. Zu Silvester hatte er sich geschworen, sie nicht mehr zu erreichen zu versuchen. Denn die vielen Auslandsaufträge als Model für die reifere Dame waren offensichtlich nur eine Ausrede. Wenn sie Kontakt zu ihm haben wollte, hätte sie ihn angerufen, er hatte öfter als für den Selbstwert zuträglich seine Nummer in ihrer Agentur hinterlassen.
Wenigstens hatte Dani Glück. Ihre Laura hatte damals mit dem Fall in der Bundesliga nichts zu tun gehabt, sie konnte sich also frank und frei in eine Affäre - oder auch mehr - mit der angehenden Fußballtrainerin stürzen. Wobei das Wort stürzen ebenfalls eine Übertreibung des Jahres war, denn Dani hatte in den letzten sechs Monaten viele Abende mit Alex, ihm selbst und einer gedopten Wasserpfeife benötigt, um sich den Ruck zu einer verbindlichen Verabredung zu geben. Zu sehr saß ihr noch das miese Verhalten ihrer Ex im Nacken.
»Mais certainement! Pas vrais, Charles4?« Alex stieß ihm mit dem Ellenbogen in die Seite.
»Was?« Verdammt, immer, wenn er an Regina Haas dachte, verschwand die Welt um ihn herum.
»Wir lieben Flamenco!« Sein bester Freund funkelte ihn an.
»Ja - also - ich hab's erst einmal gesehen, bei einem Urlaub in Málaga. Ist ewig her. Da haben ein paar Frauen im Restaurant - ja.«
Laura lächelte ihn an. »Verstehe. Aber das heute ist ein bissel was anderes. Nora, meine Schwester, kommt vom Ballett. Und auch die Leiterin der Flamencoschule, Irana, ist ausgebildete Tänzerin.«
»Aha«, brachte sich nun Dani in ihrer bekannt eloquenten Art ein.
Aber auch Katz wäre nichts Aussagekräftigeres eingefallen, denn Tanzausbildung musste ja nicht zwingend ein Weniger an Kitsch bedeuten.
Die Pausenklingel ertönte nun drei Mal.
Laura seufzte, presste kurz die Lippen zusammen und setzte dann ein breites Lächeln auf. »Ich hoff nur, dass alles glattgeht. Eine von den Einser-Fortgeschrittenen, eine Freundin von der Nora, ist bis vor ein paar Minuten noch nicht aufgetaucht gewesen. Aber die Gruppe kommt erst als Dritte dran. Wird sich schon alles ausgehen.«
Dani klopfte sich mit dem Zeigefingerknöchel auf die Stirn und grinste Laura an. Diese Geste, um etwas nicht zu verschreien, wirkte so süß unbedarft und ungelenk. Am liebsten hätte Katz seinen Arm um die Schultern seiner Kollegin gelegt. In ihrem sonstigen Leben war sie bei Weitem nicht derart unsicher und hilfsbedürftig. Flirten und Charmieren gehörten eindeutig nicht zu ihren herausragendsten Fähigkeiten.
Sie drängten mit der Meute in den Saal, und Laura strebte zur zweiten Reihe. Beste Kategorie. Naja, wenn man Angehörige war. Alex schlüpfte als Erster auf seinen Platz, Katz folgte ihm, dann zwängte sich Dani zu ihrem Sitz, und Laura schloss die Lücke. Es war zumindest in der vorderen Hälfte ausverkauft, dahinter wurde es etwas schütterer, der Balkon war fast leer. Katz schätzte auf vierhundert Besucher. Immerhin.
Laura, die ihn offensichtlich beobachtet hatte, lehnte sich über Dani hinweg zu ihm. »In Düsseldorf oder Berlin oder sonst wo in Deutschland wäre die Bude knackevoll. Die haben da eine ganz andere Flamencoszene, sagt Nora immer.« Und dann mit einem Lächeln zu Dani: »In Österreich ist sie erst im Aufbau. Zusammengezählt vielleicht dreihundert Aktive, vielleicht noch einmal so viele Aficionados.«
»Aha.«
Laura sah Dani eine Spur zu lange in die Augen, worauf die äußerst konzentriert in ihrer Handtasche nach dem Handy suchte und es dann auf lautlos schaltete. Was sie allerdings schon im Foyer, so wie auch Alex und er selbst, gemacht hatte. Mein Gott, wenn das in dem Tempo weiterging, war Dani Polizeipräsidentin und Laura Nationalelfcoach, bis sie endlich miteinander im Bett landeten. Katz beschloss, in der Pause und danach helfend einzugreifen, auch wenn er noch nicht wusste, wie.
Das Saallicht dimmte aus. Auf die Bühne, die zu Katz' Erleichterung frei von überdimensionalen Fächern, Palmen, künstlichen Bougainvilleas oder sonstigen spanischen Kitschutensilien, sondern mit Paneelen in einfachem Schwarz gehalten war, kamen...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.
Dateiformat: PDFKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Das Dateiformat PDF zeigt auf jeder Hardware eine Buchseite stets identisch an. Daher ist eine PDF auch für ein komplexes Layout geeignet, wie es bei Lehr- und Fachbüchern verwendet wird (Bilder, Tabellen, Spalten, Fußnoten). Bei kleinen Displays von E-Readern oder Smartphones sind PDF leider eher nervig, weil zu viel Scrollen notwendig ist. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.