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Für meine Studenten der Filmschulen, an denen ich unterrichtet habe, habe ich die gängigen dramaturgischen Konzepte und Begriffe sowie einige meiner eigenen Überlegungen auf einer Seite zusammengefasst, die ich kurz "Das Blatt" nenne. Sie können "Das Blatt" ( Abbildung 3) als Roadmap der Dramaturgie nutzen.
Das Blatt | Download!
Quelle: eigene Darstellung
Das Blatt besteht im Wesentlichen aus zwei Komponenten: dem Rahmen mit Pfeilen und Kästen sowie den vier Blöcken innerhalb des Rahmens.
Im obersten Block stehen die Begriffe der klassischen Filmdramaturgie ausgehend vom Drei-?Akt-?Paradigma, auf die ich im Laufe des Buches Schritt für Schritt eingehen werde. Zwei Anmerkungen dazu vorweg: Sie beziehen sich auf das Verhältnis von Plot und Subplots sowie auf die acht Sequenzen. Die Akte des Drei-?Akt-?Paradigmas unterteilen eine Geschichte grob in Anfang, Mitte und Ende. Die acht Sequenzen sind Unterabschnitte dieser Akte, die auf das erzählerische Ziel der Akte hin ausgerichtet sind. Im Hinblick auf die Funktion von Geschichten, also dass wir nach den Bedeutungen von Ereignissen suchen, die einen Sinn ergeben sollten, drückt die Haupthandlung die Idee des Autors aus, klassisch verkörpert durch den Protagonisten. Die erzählte Handlung dient dem Autor als Mittel zum Zweck, durch die er seine Haltung zum Leben darstellt. Das Gleiche gilt für die Nebenhandlungen, allerdings in Bezug auf die Haltung, die durch die Haupthandlung zum Ausdruck gebracht wird. Nebenhandlungen können dazu ergänzend, bestätigend, widersprechend, relativierend, kontrapunktisch, komplementär, kontrastierend oder komplett konträr sein. Nebenhandlungen können dabei auch eine eigene, ausgeprägte Storyline entwickeln, für die die gleichen Strukturmerkmale gelten wie für die Haupthandlung, aber letztlich immer im Hinblick auf die Haupthandlung. Oft genug sind Nebenhandlungen allerdings beiläufig und beliebig und dienen nur dazu, 'etwas Butter bei die Fische' zu geben. Sie haben dann eine atmosphärische Funktion. Manchmal sind sie auch notwendig, um Storyinformationen zu vergeben oder eine Szene vor- oder nachzubereiten. Dagegen ist nichts einzuwenden, wenn sie ergänzend oder auf einer assoziativen Ebene funktionieren. Sie sollten zwar Sinn machen, aber nicht alles in einem Film muss unter der Prämisse des Themas stehen. Manchmal reicht es auch, dass es nur Spaß macht oder dass es nur schön ist.
Der zweite Block betrifft die Figurendramaturgie, auf die ich in Abschnitt 2.8 "Charaktere" noch zu sprechen komme, sodass ich hier nur kurz auf die Begriffe eingehe, die nach klassischer Auffassung grundlegend für die Entwicklung einer Handlung sind. Die beiden Begriffe, um die es wesentlich geht, sind Want und Need. Als Want bezeichnet man das Ziel, das der Protagonist im Laufe der Geschichte verfolgt und zu erreichen versucht. Als Need seinen inneren Antrieb, seine innere Motivation, die nicht identisch sein muss mit seinem Ziel, sondern, im Gegenteil, diesem sogar widersprechen kann. Während das Want mit der sogenannten dramatischen Frage verbunden ist, also der Frage auf der Handlungsebene, ob der Protagonist sein Ziel erreicht und wie oder ob nicht, ist das Need mit der zentralen Frage verbunden, also mit dem Thema, von dem die Geschichte handelt und das sich im Charakter des Protagonisten spiegelt. Das würde dann aber bedeuten, dass das Thema an den Charakter gebunden ist, was nicht notwendigerweise der Fall sein muss. Es gibt genügend gute Geschichten, die ohne ein Need des Protagonisten auskommen. Problematischer ist allerdings, dass mit der Erwähnung der zentralen Frage in der dramaturgischen Literatur das Problem erledigt zu sein scheint und weiter keine große Beachtung findet. Dabei ist die zentrale Frage der Grund, warum man überhaupt eine Geschichte erzählt.
In den beiden folgenden Blöcken, Spannungsdramaturgie und Dramaturgie der Moral und der Emotionen, erwähne ich drei Basisszenarien, auf die ich am Ende dieses Kapitels ausführlich eingehen werde. Erläuterungen zu den anderen Begriffen, finden Sie in den folgenden Abschnitten, sofern ich sie nicht hier beschreibe.
Zu den klassischen dramaturgischen Begriffen gehört die Fallhöhe (What's at stake?). Je mehr der Held zu verlieren hat, desto mehr fiebern wir mit ihm mit, Identifikation natürlich vorausgesetzt. Das Foreshadowing (Telegraphing bei Frank Daniel) deutet ein zukünftiges Ereignis an, auf dessen Eintreffen der Zuschauer wartet, diesen also in die Geschichte einbindet, ebenso wie eine Enthüllung, die dem Zuschauer eine Information gibt, die der Held nicht hat. Allerdings muss dem Helden diese Information in Form einer Entdeckung später gegeben werden, was zu einem starken emotionalen Moment beim Zuschauer führt. Eine Entdeckung kann auch unabhängig von einer vorherigen Enthüllung erfolgen. Andeuten und Ausführen (Planting/Set-?up und Pay-?off) bezeichnet eine Information, die zunächst beiläufig gegeben wird und dann später in anderem Zusammenhang eine neue Bedeutung erhält. Am stärksten funktioniert das, wenn die Andeutung durch ein starkes Bild erfolgt, da sich der Zuschauer leichter an ein Bild als an einen Dialog erinnert. Eine Andeutung kann notwendig sein, um einen Gag einzuführen. Die Pointe ist in diesem Fall die Ausführung.
Die Wirkungsebene der zuletzt genannten dramaturgischen Mittel entspricht der Strukturebene eines Stoffes. Allerdings handelt die klassische Dramaturgie sie auf der Handlungsebene ab. Wie ich später zeigen werde, können diese Wirkungen, ebenso wie Tension, Surprise, Mystery und Suspense auch allein durch Montage erzeugt werden. Es müssen dafür nicht extra Szenen gebaut werden.
Darüber hinaus erwähne ich auf dem Blatt noch ein ABACA-?Modell und weiter unten ein ABC-?Modell. Der Ausdruck ABACA-?Modell bezieht sich auf Aristoteles' Forderung, eine interessante Geschichte müsse wider Erwarten, aber folgerichtig verlaufen. Das scheint zunächst widersprüchlich, erklärt sich aber, wenn wir den Blick nicht auf die Handlung, sondern auf den Zuschauer lenken. Überraschende Wendungen können entstehen durch äußere Einflüsse (Umstände, Parallelhandlungen, Vorgänge im Off, Backstory), innere Einflüsse (komplexe Charaktere) oder durch das Auftauchen neuer Informationen, die bisher Gezeigtes in einem neuen Licht erscheinen lassen. Entscheidend dabei ist die Erwartung des Zuschauers, seine sogenannte Antizipation über den Fortgang der Handlung. Diese Erwartung leitet sich einerseits natürlich aus dem bereits Erzählten her, also der inneren Logik der erzählten Handlung, die der Zuschauer für sich fortschreibt, bevor sie eintrifft. Andererseits leitet sie sich aus Erzählkonventionen ab. Das lässt sich formalisiert leicht darstellen, wenn man eine Handlungsfolge in ihre Handlungsschritte oder Teilhandlungen auflöst. So folgt auf eine Handlung A zwangsläufig eine Handlung B. Danach könnte die Erzählung mit der Handlung C fortgesetzt werden, die eine neue Information liefert. Sie könnte aber auch zu Handlung A zurückkehren und das Gezeigte relativieren, abhängig von den erwähnten äußeren und inneren Einflüssen, um dann zu C überzugehen oder gleich auf C zu springen. Das bringt formalisiert das ABACA-?Modell zum Ausdruck, eine Abfolge von Handlungsschritten, die nicht dem alphabetischen Muster folgen. Wichtig dabei ist, dass die Überraschung also nicht nur in dem liegt, was gezeigt wird, sondern auch in der Erwartung seiner Abfolge, was für die Montage eines Films entscheidend ist.
Beim...
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