Schweitzer Fachinformationen
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Es war das Jahr 2004, als ich vom Schwarzwald direkt ins Farbfernsehen fiel. Das passierte buchstäblich von heute auf morgen - und schon am Tag nach meinem allerersten Auftritt bei TV total, der an einem Mittwoch stattfand, wurde ich in der Kölner Innenstadt auf der vollkommen überfüllten Schildergasse angesprochen. Ein junger Mann, den ich nie zuvor gesehen hatte, sagte in höflichem Ton: »Hey, Max, ich wünsche dir viel Glück und Erfolg. Mach so weiter! Mega Stimme, aber zieh dir was Vernünftiges an.«
Ich war so was von perplex! Da hat sich dieser Typ unter Hunderten von Gesichtern, die man an einem einzigen Fernsehabend zu sehen bekommt, ausgerechnet meins gemerkt; und erkannte mich tatsächlich auch noch zwischen all diesen vorbeiströmenden Menschen wieder .
Als ich mich gedanklich wieder gefangen hatte, antwortete ich: »Danke, das ist wirklich sehr nett von dir.«
Mega Stimme, hatte er gesagt. Yeah!
Zieh dir was Vernünftiges an, hatte er gesagt. What? Wieso das denn?
Beim Verlassen meiner Heimat hatte ich doch für meinen ersten Fernsehauftritt die beste Hose aus dem Dorf bekommen.
Das Frühjahr 2004 brachte mein Leben ordentlich durcheinander. Ich war da nämlich eigentlich noch Schüler und stand kurz vor meinen Abiturprüfungen. Ich musste also Mathe, Englisch und Geschichte lernen - und gleichzeitig den Text von Can't wait until tonight. Und auch sonst durfte ich viele verrückte und völlig neue Erfahrungen machen, wie zum Beispiel:
Zum ersten Mal meine eigene Stimme im Supermarkt zwischen Nudeln und Dosenfisch aus den Boxen hören.
Bei einer Polizeikontrolle auf der Autobahn gefragt werden, wie Stefan Raab eigentlich privat so ist.
Dass es hinter den Bergen meines Schwarzwalds mindestens noch eine zweite Welt gibt.
Dass der US-amerikanische Blues-Gitarrist Billy Gibbons nicht nur auf der Bühne, sondern auch unter vier Augen in seinem Nightliner die coolste Sau der Welt ist.
Dass es früher lässig war, mit einem Hubschrauber zu einem Konzert geflogen zu werden - und dass man heute aus moralischen Gründen besser gar nicht mehr einsteigt oder zumindest nicht groß darüber redet, wenn es mal gar nicht anders ging.
Und im Grunde geht es seitdem so weiter. Ich mache immer noch ständig verrückte und völlig neue Erfahrungen, wie zu Beispiel:
Wie es sich anfühlt, vom Sohn zum Papa zu werden.
Dass mein Image, das ich seit 2004 in der Öffentlichkeit habe, nämlich ein lieber, netter, ruhiger, ausgeglichener, vernünftiger und intelligenter Mensch zu sein, meinem kompletten Umfeld einen Lachanfall beschert hat, an dem sie fast erstickt wären.
Dass ich in meinem Leben zu viele unvergessliche Momente erleben durfte, um sie alle in dieses Buch zu packen.
Dass mein Leben ein Baum ist, dessen Wurzeln der Schwarzwald ist, der Stamm die Familie und die Musikkarriere allenfalls ein dicker Ast.
Aufgewachsen im Schwarzwald
Der Sommer heiß, der Winter arschkalt
Grüne Wellen. Wenig Asphalt
Wo ein Hochhaus steht
Du bist schöner als die Großstadt
Bäume höher als ein Hochmast
Erinnerungen, die ich nie loslass
Mein Heimatmagnet
Denn du hast mich bewegt, mich geprägt
Gemeinsam haben wir schon so viel erlebt
Und ich weiß, das Band zwischen uns reißt niemals ein
Es wird immer stärker als mein Fernweh sein
Zu dir komm ich heim
Du gibst mir deinen Boden
Du gibst mir deine Luft
Und wir haben uns geschworen, dass es für immer so bleiben muss
Ich tauche in dich ein
Ich rieche dich so gerne
Denn du bist voller Leben, und dein Himmel voller Sterne
Ich suche immer wieder deine Nähe
Du bist mein Herz, ich deine Seele
Du sprichst und ich verstehe
Jede Silbe Magie
Denn du hast mich bemalt
So bunt, wie ich heute bin
Ich bin die Leinwand, du die Farben
Gibst meinem Rahmen einen Sinn
Und der Grund, warum ich sing, bist du
Und dieses Lied reißt niemals ein, nein, nein,
Es wird immer lauter als mein Fernweh sein
War in dir oben und ganz unten
Bin in dir aufgegangen und versunken
In Minuten und Sekunden
Kannst du mich heilen und verwunden
Habe mich in dir gefunden
Wir sind ein Leben lang, ein Leben lang verbunden
Zu dir komm ich heim, 2018
So, und jetzt noch mal von vorn: Ich bin Max Mutzke. Soweit ich weiß, der einzige Max Mutzke, den es bisher gab.
Der Nachname »Mutzke« stammt von meiner Familie väterlicherseits. Die lebte laut Stammbaum vom Anfang des 17. Jahrhunderts bis in die 1950er Jahre in Oberschlesien.
Die Moore dort nannte man Mutzen. Und die dort ansässigen Bauern waren die »Mutzkes«. Daher also der Ursprung unseres Namens: Meine Vorfahren waren ein paar hundert Jahre Bauern. Das zumindest hat mir meine Lieblingstante Hannah erzählt, meine Lieblingstante väterlicherseits. Meine Lieblingstante mütterlicherseits heißt Hanne, zu ihr komme ich später noch.
Die liebe Hannah war eine von fünf Schwestern meines Vaters. Sie starb am Ende ihres 92. Lebensjahrs, und bis kurz vor ihrem Tod war sie unglaublich fit und konnte viel erzählen. Vor allem vom Krieg und der Flucht aus Oberschlesien. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir dieser eine Moment, der meine sowieso schon sehr gläubige Familie noch in ihrem Glauben bestätigen sollte: Der Zweite Weltkrieg stand kurz vor seinem Ende, die russischen Soldaten rückten immer näher, die ganze Familie war (als Deutsche!) ständig auf der Flucht und hatte schon ein paarmal den Wohnort wechseln müssen.
Der Patenonkel meines Vaters war zu der Zeit Pilot. Er flog eine Transportmaschine mit vier Propellern und hatte somit genügend Platz, um meine Familie mitnehmen zu können. Er sollte an dem Tag nach Dresden fliegen und wollte bei der Flucht helfen. Also organisierte er einen LKW, um sie und ihren Hausrat zum Flugplatz zu bringen.
Die Flucht war seit langer Zeit geplant, also waren bereits alle Dinge in Kisten und Koffern verpackt. Endlich war es so weit. Der LKW stand mit laufendem Motor vor dem Haus, der Patenonkel kam herein und rief: »Alle sofort einsteigen! Ich bringe euch jetzt nach Dresden, dann seid ihr endlich weg von hier.«
Meine Großeltern und ihre sieben Kinder - mein Vater war mit zwei Jahren der Jüngste - machten sich samt Hab und Gut auf den Weg. Als sie beim Flughafen angekommen waren und begannen, den LKW abzuladen, bekam der Patenonkel plötzlich den Auftrag, seine Reiseroute zu ändern. Das Ziel war nun nicht mehr Dresden, die Flucht war geplatzt.
Die lang gehegte Hoffnung, endlich die Familie in Sicherheit zu bringen und etwas Neues aufbauen zu dürfen, wurde in einer Sekunde zerschlagen. Es galt, alles wieder auf den LKW zu laden und den Rückweg anzutreten in eine leere Wohnung, die schon lange kein Zuhause mehr war. Es muss ein niederschmetternder Moment für die ganze Familie gewesen sein.
Ein paar Stunden nachdem sie wieder in der Wohnung angekommen waren, erfuhren sie aus dem Radio, dass ein Großteil der Stadt Dresden in einem verheerenden Luftangriff der Alliierten zerstört worden war. Unter anderem der Flughafen, auf dem sie hätten landen sollen. Viele Menschen kamen damals ums Leben. Die Frustration, die meine Familie stundenlang gequält hatte, war auf einen Schlag gewichen. Große Dankbarkeit stärkte sie in ihrem Glauben, dass da jemand war, der sie beschützte.
Die Familie meines Vaters lebte von da an jahrelang auf gepackten Kartons - die wertvollen Möbel in Kisten vernagelt, um jederzeit bereit zu sein, die alte Heimat endlich zu verlassen. Mein Großvater war strikt gegen den Krieg. Er war schon immer ein sehr gläubiger Mensch und lehnte jede Art von Gewalt ab. Er arbeitete in Schweidnitz (heute Swidnica), wo auch seine Familie lebte, als Ingenieur für Dampfmaschinen. Immer wieder sollte mein Opa eingezogen werden, doch der Chef der Fabrik erklärte ihn als unabkömmlich für die deutsche Industrie und bewahrte ihn so vor dem Krieg. Er kannte die Einstellung meines Großvaters und schätzte ihn sehr. Nur am Ende des Krieges, als der Volkssturm aufgestellt wurde, musste mein Opa zur Verteidigung seines Heimatortes eine Waffe in die Hand nehmen. Soviel ich weiß, hat er sie aber nie abgefeuert.
Mein Vater Gottfried Wilhelm August Mutzke wurde 1943 geboren. Er...
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