Schweitzer Fachinformationen
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Nur auf Drängen seines besten Freundes Maxime kehrt der erfolgreiche Schriftsteller Thomas anlässlich einer Jubiläumsfeier ihrer alten Schule aus den USA in seine französische Heimatstadt Antibes zurück - an den Ort, an dem vor fünfundzwanzig Jahren Vinca, seine große Liebe, spurlos verschwand. Damals beging Thomas mit Maximes Hilfe aus Liebe und Verzweiflung ein grausames Verbrechen. Nun droht die Vergangenheit sie einzuholen, denn jemand ist hinter ihr Geheimnis gekommen und will nur eines: Rache. Um sich und ihre Familien zu schützen, müssen Thomas und Maxime herausfinden, warum Vinca damals das Internatsgelände verließ.
Doch je näher sie der Wahrheit kommen, desto größer wird die Gefahr..
"Ein Mix aus Thriller und Liebesgeschichte.", Ruhr Nachrichten, 06.06.2019
Das Mädchen:Vorüber! Ach vorüber! Geh wilder Knochenmann! Ich bin noch jung, geh Lieber! Und rühre mich nicht an. Der Tod:Gib deine Hand, du schön und zart Gebild! Bin Freund, und komme nicht, zu strafen: Sei guten Muts! Ich bin nicht wild, Sollst sanft in meinen Armen schlafen.[2]
Matthias Claudius, Der Tod und das Mädchen
Südspitze des Cap d'Antibes. 13. Mai.
Manon Agostini parkte ihren Dienstwagen am Ende des Chemin de la Garoupe. Die Polizistin schlug die Tür des alten Kangoo zu und fluchte innerlich über die Verkettung der Umstände, die sie hierher geführt hatte.
Gegen einundzwanzig Uhr abends hatte der Hausmeister eines luxuriösen Anwesens am Cap im Kommissariat von Antibes angerufen, um einen Knall oder Schuss zu melden - auf jeden Fall ein auffälliges Geräusch -, den er auf dem Felsweg neben dem Park der Villa gehört hatte. Im Kommissariat hatte man nicht viel Aufhebens um den Anruf gemacht und ihn an die Stadtpolizei weitergeleitet, der nichts Besseres eingefallen war, als sie zu kontaktieren, obgleich ihr Dienst bereits beendet war.
Als ihr Vorgesetzter sie angerufen und gebeten hatte, einen Blick auf den Küstenweg zu werfen, trug Manon schon Abendkleidung und war ausgehfertig. Am liebsten hätte sie ihm geantwortet, er könne sie gernhaben, aber sie konnte ihm diesen Gefallen nicht abschlagen. Denn am Vormittag hatte er genehmigt, dass sie den Kangoo auch nach Dienstschluss nutzen durfte. Manons Privatwagen hatte den Geist aufgegeben, und an diesem Samstagabend brauchte sie unbedingt ein Auto, um zu einem Treffen zu gelangen, das ihr sehr am Herzen lag.
Das Lycée Saint-Exupéry, wo sie zur Schule gegangen war, feierte sein fünfzigjähriges Bestehen, und aus diesem Anlass kamen am Abend die ehemaligen Schüler ihrer Klasse zusammen. Manon hoffte insgeheim, dort einen Jungen wiederzusehen, der sie einst sehr beeindruckt hatte. Er war anders als die anderen, aber sie hatte ihn damals dummerweise ignoriert und ältere Jungs ihm vorgezogen, die sich alle als Vollidioten entpuppt hatten. Ihre Hoffnung entbehrte jeglicher Vernunft - sie war sich nicht einmal sicher, ob er überhaupt zu dem Treffen kommen würde, und wahrscheinlich hatte er sie ohnehin vergessen -, doch sie wollte glauben, dass in ihrem Leben endlich etwas passierte. Maniküre, Friseur, Shoppen: Manon hatte sich den ganzen Nachmittag über vorbereitet. Sie hatte dreihundert Euro in ein schmal geschnittenes Kleid aus nachtblauer Spitze und Seidenjersey investiert, bei ihrer Schwester eine Perlenkette ausgeliehen und bei ihrer besten Freundin Pumps - ein Paar Wildlederschuhe von Stuart Weitzman, die höllisch drückten.
Manon schaltete die Taschenlampe ihres Smartphones ein und stöckelte über den schmalen Weg, der mehr als zwei Kilometer bis zur Villa Eilenroc an der Küste entlangführte. Sie kannte diesen Ort gut. Als sie noch ein Kind war, hatte ihr Vater sie zum Angeln in die kleinen Buchten mitgenommen. Früher nannten die Einheimischen diesen Bereich den Zöllner- oder Schmugglerpfad. Heute hörte er auf den nichtssagenden Namen »Küstenweg«.
Nach rund fünfzig Metern stieß Manon auf eine Absperrung, die mit einem Warnschild versehen war: »Gefährlicher Bereich - Zugang verboten«. Bei dem schweren Unwetter Mitte der Woche hatten anbrandende Wellen zu Erdrutschen geführt, die den Weg auf einigen Abschnitten unpassierbar machten.
Manon zögerte einen Moment, dann entschied sie sich, über die Absperrung zu steigen.
Südspitze des Cap d'Antibes. 1. Oktober.
Fröhlich und beschwingt sprang Vinca Rockwell an der Plage de la Joliette vorbei. Es war zweiundzwanzig Uhr. Um vom Lycée hierherzukommen, hatte sie eine ihrer Klassenkameradinnen aus dem ersten Jahr der zweijährigen Vorbereitungsklasse für die École Normale Supérieure, die einen Motorroller besaß, überreden können, sie am Chemin de la Garoupe abzusetzen.
Als sie sich auf den Schmugglerpfad begab, spürte sie Schmetterlinge in ihrem Bauch. Sie würde Alexis wiedersehen. Sie würde ihre große Liebe wiedersehen!
Es wehte ein sehr starker Wind, aber die Nacht war derart schön und der Himmel so klar, dass man beinahe so gut sah wie am Tag. Vinca liebte diese Gegend, weil sie noch unberührt war und so gar keine Ähnlichkeit mit dem abgenutzten Sommerklischee der Französischen Riviera hatte. Schien die Sonne, wurde man überwältigt von den weiß und ockerfarben leuchtenden Kalkfelsen und den unendlichen Variationen des Azurblaus, in dem die kleinen Buchten badeten. Einmal hatte Vinca, als sie in Richtung der Îles de Lérins blickte, sogar Delfine gesehen.
Bei heftigem Wind, wie an diesem Abend, veränderte sich die Landschaft radikal. Die zerklüfteten Felsen wurden gefährlich, die Olivenbäume und Pinien schienen sich vor Schmerz zu winden, als versuchten sie krampfhaft, sich gegen den Sturm zu stemmen. Aber Vinca kümmerte das nicht. Sie würde Alexis wiedersehen. Sie würde ihre große Liebe wiedersehen!
Verfluchter Mist!
Ein Absatz von Manons Pumps war abgebrochen. Verflixt! Vor ihrer Abendveranstaltung würde sie noch einmal zu Hause vorbeischauen müssen, und morgen würde ihre Freundin ihr Vorhaltungen machen. Sie zog die Schuhe aus, steckte sie in ihre Handtasche und lief barfuß weiter.
Sie folgte dem schmalen, betonierten Pfad, der sich oben an den Felswänden entlangzog. Die Luft war klar und belebend. Der Mistral hatte den wolkenlosen Nachthimmel mit Sternen übersät.
Die beeindruckende Aussicht reichte von den Befestigungsmauern des alten Antibes über die Berge des Hinterlandes bis zur Bucht von Nizza. Im Schutz der Pinien lagen die sicherlich nobelsten Anwesen der Côte d'Azur. Man hörte die Gischt der Wellen an den Felsen aufspritzen und spürte die ganze Kraft und Gewalt der Wogen.
In der Vergangenheit war der Ort wiederholt Schauplatz tragischer Unfälle gewesen. Die Brandung hatte bereits Fischer, Touristen oder Verliebte mit sich gerissen, die sich am Ufer trafen. Im Kreuzfeuer der Kritik stehend, waren die Behörden gezwungen gewesen, den Weg abzusichern, indem sie stabile Treppen und Geländer bauten und Abgrenzungen errichteten, die den übermütigen Spaziergänger daran hinderten, sich dem Ufer zu sehr zu nähern. Doch sobald der Wind auch nur für wenige Stunden auffrischte, wurde dieser Ort trotzdem gefährlich.
Manon erreichte eine Stelle, wo eine Aleppo-Kiefer umgestürzt war, dabei das Geländer der Brüstung niedergerissen hatte und den Durchgang versperrte. Man kam unmöglich weiter. Sie überlegte umzukehren. Hier war keine Menschenseele. Der starke Mistral hatte die Spaziergänger abgeschreckt.
Geh zurück, Mädchen!
Sie blieb stehen und lauschte dem Heulen des Windes. Er trug eine Art Klage mit sich, zugleich nahe und doch fern. Eine dumpfe Drohung.
Obgleich sie barfuß war, kletterte sie auf einen Felsen, um das Hindernis zu umgehen, und setzte ihren Weg fort, nur beleuchtet von der Taschenlampe ihres Handys.
Ein dunkler Schatten zeichnete sich am Fuß der Felswand ab. Manon kniff die Augen zusammen. Nein, sie war zu weit entfernt, um etwas erkennen zu können. Sie versuchte, mit größter Vorsicht hinabzusteigen. Sie hörte ein leises Geräusch. Der Saum ihres Spitzenkleides war aufgerissen, aber sie achtete nicht darauf. Sie konnte jetzt erkennen, was sie stutzig gemacht hatte. Es war ein Körper, eine Frau, die auf den Felsen lag. Je näher sie kam, desto mehr wurde sie von Entsetzen ergriffen. Das sah nicht nach einem Unfall aus. Das Gesicht der Frau war nur noch blutiger Brei. Mein Gott! Manon spürte, wie ihr die Knie weich wurden. Sie entsperrte ihr Handy, um den Rettungsdienst zu alarmieren. Sie hatte kein Netz, aber auf dem Display war dennoch zu lesen: Nur Notrufe möglich. Sie wollte gerade den Notruf absetzen, als sie bemerkte, dass sie nicht allein war. Ein in Tränen aufgelöster Mann saß ein Stück weiter entfernt. Vornübergesunken, den Kopf zwischen den Händen, schluchzte er.
Manon bekam es mit der Angst zu tun. In diesem Moment bedauerte sie, nicht bewaffnet zu sein. Vorsichtig näherte sie sich. Der Mann richtete sich auf. Als er den Kopf hob, erkannte Manon ihn.
»Ich war das«, sagte er und deutete auf die Leiche.
Leicht und anmutig sprang Vinca Rockwell über die Felsen. Der Wind blies immer stärker. Vinca liebte die Brandung, die Gefahr, den Rausch der Seeluft, die schwindelerregenden Steilwände. Nichts war in ihrem Leben berauschender gewesen als die Begegnung mit Alexis. Überwältigend und unauslöschlich. Eine Verschmelzung der Körper und Seelen. Selbst wenn sie hundert Jahre leben sollte, könnte niemals etwas dieser Erinnerung den Rang ablaufen. Die Aussicht, Alexis heimlich wiederzusehen und zwischen den Felsen zu lieben, ließ sie vor Wonne erschauern.
Sie spürte den warmen Wind, der sie umhüllte und um ihre Beine strich, ihren Rock anhob wie ein Vorspiel zur lang ersehnten Vereinigung ihrer Körper. Das Herz, das entbrennt, die Hitze, die einen ergreift und davonträgt, das Blut, das pulsiert und jeden Zentimeter des Körpers beben lässt.
Sie würde endlich ihre große Liebe wiedersehen.
Alexis war der Sturm, die Nacht, der Augenblick. Im Grunde ihres Herzens wusste Vinca, dass sie im Begriff war, eine Dummheit zu machen, und dass die Sache schlecht ausgehen würde. Aber sie hätte die Erregung dieses...
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