1 - Cover [Seite 1]
2 - Zum Inhalt_Autor [Seite 2]
3 - Titel [Seite 3]
4 - Inhaltsverzeichnis [Seite 6]
5 - Vorwort zur 8. Auflage [Seite 4]
6 - Vorwort zur 1. Auflage [Seite 4]
7 - Abkürzungsverzeichnis [Seite 11]
8 - A. Aufgabenbereiche der Wirtschaftspolitik in der Marktwirtschaft [Seite 13]
8.1 - I. Das System der marktwirtschaftlichen Selbstregulierung [Seite 13]
8.1.1 - 1. Kennzeichen eines marktwirtschaftlichen Systems [Seite 13]
8.1.2 - 2. Funktionsschwächen der freien Marktwirtschaft [Seite 15]
8.2 - II. Politikbereiche in der gestalteten Marktwirtschaft [Seite 17]
8.2.1 - 1. Allokationspolitik [Seite 17]
8.2.2 - 2. Humanisierungspolitik [Seite 19]
8.2.3 - 3. Stabilisierungspolitik [Seite 20]
9 - B. Stabilisierungspolitische Konzeptionen [Seite 23]
9.1 - I. Neoklassische stabilisierungspolitische Konzeption [Seite 23]
9.1.1 - 1. Basishypothesen [Seite 23]
9.1.2 - 2. Stabilisierungspolitische Konsequenzen [Seite 26]
9.2 - II. Keynesianische stabilisierungspolitische Konzeption [Seite 27]
9.2.1 - 1. Basishypothesen [Seite 27]
9.2.2 - 2. Stabilisierungspolitische Konsequenzen [Seite 30]
10 - C. Hoher Beschäftigungsstand [Seite 36]
10.1 - I. Begründung der Notwendigkeit eines hohen Beschäftigungsstandes [Seite 37]
10.2 - II. Operationalisierung des Beschäftigungszieles [Seite 38]
10.2.1 - 1. Beschäftigungsindikatoren [Seite 39]
10.2.2 - 2. Aussagefähigkeit der Arbeitslosenquote [Seite 46]
10.2.3 - 3. Ausgewählte Arbeitsmarktdaten [Seite 48]
10.3 - III. Klassifikation der Arten von Arbeitslosigkeit [Seite 49]
10.4 - IV. Friktionelle und saisonale Arbeitslosigkeit: Ursachen und Bekämpfungsmöglichkeiten [Seite 51]
10.5 - V. Konjunkturelle Arbeitslosigkeit: Ursachen und Bekämpfungsmöglichkeiten [Seite 52]
10.5.1 - 1. Ursachen der konjunkturellen Arbeitslosigkeit [Seite 52]
10.5.2 - 2. Bekämpfungsmöglichkeiten der konjunkturellen Arbeitslosigkeit [Seite 55]
10.5.2.1 - a. Expansive Fiskalpolitik der öffentlichen Haushalte [Seite 56]
10.5.2.2 - b. Expansive Geldpolitik der Zentralbank [Seite 64]
10.5.2.3 - c. Expansive Außenwirtschaftspolitik des Staates und der Zentralbank [Seite 70]
10.5.3 - 3. Zusammenfassung [Seite 71]
10.6 - VI. Strukturelle Arbeitslosigkeit: Ursachen und Bekämpfungsmöglichkeiten [Seite 74]
10.6.1 - 1. Strukturelle Arbeitslosigkeit im weiten und engeren Sinn [Seite 74]
10.6.2 - 2. Ursachen und Arten der strukturellen Arbeitslosigkeit [Seite 75]
10.6.2.1 - a. Strukturwandelbedingte Arbeitslosigkeit [Seite 76]
10.6.2.2 - b. Persönliche Eigenschaften von Arbeitslosen [Seite 81]
10.6.3 - 3. Bekämpfungsmöglichkeiten der strukturellen Arbeitslosigkeit [Seite 83]
10.6.3.1 - a. Bekämpfungsmöglichkeiten der sektoralen Arbeitslosigkeit [Seite 83]
10.6.3.2 - b. Bekämpfungsmöglichkeiten der regionalen Arbeitslosigkeit [Seite 86]
10.6.3.3 - c. Bekämpfungsmöglichkeiten der berufs- bzw. qualifikationsspezifischen Arbeitslosigkeit [Seite 87]
10.6.3.4 - d. Weitere Bekämpfungsmöglichkeiten [Seite 89]
10.7 - VII. Wachstumsdefizitäre Arbeitslosigkeit: Ursachen und Bekämpfungsmöglichkeiten [Seite 91]
10.7.1 - 1. Ursachen und Arten der wachstumsdefizitären Arbeitslosigkeit [Seite 91]
10.7.1.1 - a. Technischer Fortschritt und technologische Arbeitslosigkeit [Seite 92]
10.7.1.2 - b. Wachstumsschwäche und Stagnationsarbeitslosigkeit [Seite 95]
10.7.1.3 - c. Bevölkerungsentwicklung und demographische Arbeitslosigkeit [Seite 98]
10.7.2 - 2. Bekämpfungsmöglichkeiten der wachstumsdefizitären Arbeitslosigkeit [Seite 99]
10.7.2.1 - a. Offensive Strategien [Seite 101]
10.7.2.2 - b. Defensive Strategien [Seite 104]
10.8 - VIII. Beschäftigungspolitik im Zeichen einer Verknappung des Arbeitskräfteangebots [Seite 109]
10.8.1 - 1. Künftige Entwicklung des Erwerbspersonenpotenzials [Seite 109]
10.8.2 - 2. Strategische Ansatzpunkte künftiger Beschäftigungspolitik [Seite 111]
10.8.2.1 - a) Offensive Wachstumspolitik [Seite 111]
10.8.2.2 - b) Steigerung der Geburtenrate [Seite 111]
10.8.2.3 - c) Ausschöpfung des vorhandenen Erwerbspersonenpotenzials [Seite 112]
10.8.2.4 - d) Steigerung des technischen Fortschritts [Seite 113]
10.8.2.5 - e) Immigrationspolitik [Seite 114]
11 - D. Preisniveaustabilität [Seite 116]
11.1 - I. Begründung der Notwendigkeit der Preisniveaustabilität [Seite 118]
11.1.1 - 1. Negative Allokations- und Wachstumseffekte [Seite 118]
11.1.2 - 2. Inflation und Beschäftigung [Seite 118]
11.1.3 - 3. Beeinträchtigung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit [Seite 121]
11.1.4 - 4. Negative Umverteilungseffekte [Seite 122]
11.2 - II. Operationalisierung der Preisniveaustabilität [Seite 125]
11.2.1 - 1. Preisindizes [Seite 125]
11.2.2 - 2. Aussagefähigkeit der Preisindizes [Seite 128]
11.2.3 - 3. Empirischer Befund [Seite 131]
11.3 - III. Klassifikation der Ursachen von Inflation [Seite 132]
11.4 - IV. Nachfrageinflation und ihre Bekämpfung [Seite 134]
11.4.1 - 1. Inflation im Konjunkturverlauf [Seite 134]
11.4.2 - 2. Bekämpfungsmöglichkeiten der Nachfrageinflation [Seite 139]
11.4.2.1 - a. Kontraktive Fiskalpolitik [Seite 140]
11.4.2.2 - b. Kontraktive Geldpolitik [Seite 141]
11.4.2.3 - c. Kontraktive Außenwirtschaftspolitik [Seite 141]
11.5 - V. Angebotsinflation und ihre Bekämpfung [Seite 143]
11.5.1 - 1. Inflation und Verteilungskampf [Seite 143]
11.5.1.1 - b. Kostensteuerninflation [Seite 148]
11.5.1.2 - c. Importierte Kosteninflation [Seite 149]
11.5.1.3 - d. Marktmachtinflation [Seite 151]
11.5.2 - 2. Bekämpfungsmöglichkeiten der Angebotsinflation [Seite 151]
11.6 - VI. Geldmengeninflation [Seite 153]
11.6.1 - 1. Quantitätstheorie des Geldes [Seite 153]
11.6.2 - 2. Paradigmawechsel in der Geldpolitik [Seite 156]
11.6.3 - 3. Instrumente der Geldpolitik [Seite 164]
12 - E. Wirtschaftswachstum [Seite 176]
12.1 - I. Begründung des Wachstumsziels [Seite 176]
12.2 - II. Operationalisierung des Wachstumsziels [Seite 180]
12.2.1 - 1. Inlandsprodukt und Produktionspotenzial [Seite 180]
12.2.2 - 2. Methoden zur Schätzung des Produktionspotenzials [Seite 184]
12.2.3 - 3. Aussagefähigkeit der Wachstumsindikatoren [Seite 186]
12.3 - III. Klassifikation der Ursachen von Stagnation [Seite 190]
12.4 - IV. Nachfrageseitige Stagnation [Seite 191]
12.4.1 - 1. Ursachen der nachfrageseitigen Stagnation [Seite 191]
12.4.2 - 2. Nachfrageorientierte Wachstumspolitik [Seite 194]
12.5 - V. Angebotsseitige Stagnation [Seite 197]
12.5.1 - 1. Ursachen der angebotsseitigen Stagnation [Seite 197]
12.5.2 - 2. Basishypothesen der Angebotspolitik [Seite 199]
12.5.2.1 - a. Die Stabilitätshypothese [Seite 199]
12.5.2.2 - b. Das Saysche Theorem [Seite 199]
12.5.2.3 - c. Die Schumpeter-Hypothese [Seite 200]
12.5.2.4 - d. Das Laffer-Theorem [Seite 200]
12.5.2.5 - e. Konstanz der Wirtschaftspolitik [Seite 201]
12.5.3 - 3. Angebotspolitische Empfehlungen [Seite 203]
12.5.3.1 - a. Finanzpolitik [Seite 203]
12.5.3.2 - b. Geldpolitik [Seite 208]
12.5.3.3 - c. Lohnpolitik [Seite 210]
12.5.3.4 - d. Wettbewerbspolitik [Seite 213]
12.5.3.5 - e. Sozialpolitik [Seite 216]
12.5.3.6 - f. Forschungs- und Entwicklungspolitik [Seite 217]
12.5.3.7 - g. Bildungspolitik [Seite 218]
12.5.3.8 - h. Ressourcen- und Umweltpolitik [Seite 219]
13 - F. Außenwirtschaftliches Gleichgewicht [Seite 222]
13.1 - I. Begründung der Notwendigkeit des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts [Seite 222]
13.2 - II. Operationalisierung des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts [Seite 225]
13.2.1 - 1. Aufbau der Zahlungsbilanz [Seite 225]
13.2.2 - 2. Definitionen des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts [Seite 230]
13.2.3 - 3. Empirischer Befund [Seite 232]
13.3 - III. Klassifikation der Ursachen von außenwirtschaftlichen Ungleichgewichten [Seite 235]
13.3.1 - 1. Determinanten von Devisenzuflüssen [Seite 235]
13.3.2 - 2. Determinanten von Devisenabflüssen [Seite 239]
13.4 - IV. Marktmäßige Bekämpfungsmöglichkeiten von Zahlungsbilanzungleichgewichten [Seite 242]
13.4.1 - 1. Beeinflussung des Wechselkurses [Seite 242]
13.4.1.1 - a. Der Devisenmarkt [Seite 242]
13.4.1.2 - b. Das System flexibler Wechselkurse [Seite 244]
13.4.1.3 - c. Das System fester Wechselkurse [Seite 246]
13.4.2 - 2. Beeinflussung des internationalen Preisgefälles [Seite 248]
13.4.3 - 3. Beeinflussung des internationalen Einkommensgefälles [Seite 252]
13.4.4 - 4. Beeinflussung des internationalen Zinsgefälles [Seite 253]
13.5 - V. Dirigistische Ansätze zur Bekämpfung von Zahlungsbilanzungleichgewichten [Seite 255]
13.5.1 - 1. Nicht-tarifäre Handelshemmnisse [Seite 255]
13.5.2 - 2. Devisenbewirtschaftung [Seite 257]
14 - G. Ökologisches Gleichgewicht [Seite 260]
14.1 - I. Begründung und Operationalisierung des Umweltziels [Seite 260]
14.1.1 - 1. Nachhaltige Entwicklung [Seite 260]
14.1.2 - 2. Ursachen des Umweltproblems [Seite 261]
14.2 - II. Externe Effekte in der Umweltökonomie [Seite 263]
14.2.1 - 1. Begriff und Inhalt externer Effekte [Seite 263]
14.2.2 - 2. Produktionsentscheidung und externe Kosten [Seite 264]
14.2.2.1 - a. Produktionsentscheidung ohne Berücksichtigung externer Kosten [Seite 264]
14.2.2.2 - b. Produktionsentscheidung mit Berücksichtigung externer Kosten [Seite 265]
14.2.3 - 3. Theoretische Möglichkeiten zur Internalisierung externer Kosten [Seite 266]
14.2.3.1 - a. Das Internalisierungskonzept nach Pigou [Seite 266]
14.2.3.2 - b. Das Internalisierungskonzept nach Coase [Seite 268]
14.3 - III. Prinzipien der Umweltpolitik [Seite 270]
14.3.1 - 1. Das Verursacherprinzip [Seite 270]
14.3.2 - 2. Das Gemeinlastprinzip [Seite 271]
14.3.3 - 3. Das Vorsorgeprinzip [Seite 272]
14.4 - IV. Ordnungsrechtliche Instrumente der Umweltpolitik [Seite 273]
14.4.1 - 1. Ordnungsrecht bzw. Auflagenpolitik [Seite 273]
14.4.2 - 2. Problematik des Ordnungsrechts [Seite 273]
14.5 - V. Marktwirtschaftliche Anreizinstrumente der Umweltpolitik [Seite 277]
14.5.1 - 1. Kriterien und Anforderungen [Seite 277]
14.5.2 - 2. Umweltabgaben - die Preisvariante der Marktlösung [Seite 277]
14.5.2.1 - a. Der Standard-Preis-Ansatz von Baumol und Oates [Seite 277]
14.5.2.2 - b. Vor- und Nachteile von Umweltabgaben [Seite 279]
14.5.2.3 - c. Ausgestaltungsvarianten von Umweltabgaben [Seite 280]
14.5.2.4 - d. Die deutsche Ökosteuer [Seite 282]
14.5.2.5 - e. Fazit [Seite 285]
14.5.3 - 3. Handelbare Umweltzertifikate - die Mengenvariante der Marktlösung [Seite 286]
14.5.3.1 - a. Funktionsweise von Umweltzertifikaten [Seite 286]
14.5.3.2 - b. Probleme der Umsetzung von Umweltzertifikaten [Seite 289]
14.5.3.3 - c. Der Kyoto-Prozess [Seite 290]
14.5.3.4 - d. Nationaler Allokationsplan in Deutschland [Seite 292]
14.5.3.5 - e. Fazit [Seite 294]
14.5.4 - 4. Umwelthaftungsrecht als Internalisierungsstrategie [Seite 295]
14.5.4.1 - a. Grundgedanke des Umwelthaftungsrechts [Seite 295]
14.5.4.2 - b. Das deutsche Umwelthaftungsrecht [Seite 295]
14.5.5 - 5. Öko-Audit [Seite 296]
14.6 - VI. Ökologische Erweiterung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung [Seite 298]
14.6.1 - 1. Ermittlung eines Öko-Nationalprodukts [Seite 299]
14.6.2 - 2. Satellitenrechnungen [Seite 299]
14.6.3 - 3. Soziale Indikatoren [Seite 300]
14.7 - VII. Umweltschutz und Standortqualität [Seite 300]
15 - Literaturverzeichnis [Seite 302]
15.1 - Internetadressen [Seite 306]
15.1.1 - Wirtschaftsforschungsinstitute [Seite 306]
15.1.2 - Staatliche Institutionen [Seite 307]
15.1.3 - Sachverständigenräte [Seite 307]
15.1.4 - Weitere Internetadressen [Seite 307]
16 - Sachverzeichnis [Seite 308]
17 - Impressum [Seite 312]
1A. Aufgabenbereiche der Wirtschaftspolitik in der Marktwirtschaft
I. Das System der marktwirtschaftlichen Selbstregulierung
1. Kennzeichen eines marktwirtschaftlichen Systems
Wie kaum ein anderer Bereich ragt das Wirtschaftsleben in den menschlichen Alltag hinein. Die Ausübung eines Berufs, der Gebrauch und Verbrauch von Gütern oder Entscheidungen über Geldanlagen – insbesondere in Zeiten krisenhafter Entwicklungen innerhalb des Eurosystems oder globaler Krisen einerseits und inflatorischer Entwicklungen andererseits – bilden nur wenige Beispiele für das äußerst vielfältige Wirtschaftsleben. Die Gesamtheit aller wirtschaftlichen Vorgänge nennt man den Wirtschaftsprozess. Er ist in einer Volkswirtschaft das Ergebnis millionenfacher Einzel- bzw. Gruppenentscheidungen, hinter denen als Träger die Wirtschaftssubjekte stehen.
Das Kernproblem dieses komplexen Wirtschaftsprozesses bildet dessen Koordination. Es geht dabei letztlich um die Abstimmung der Konsumpläne von Haushalten sowie der Produktionspläne von Unternehmungen. Die Wirtschaftswissenschaften bieten zur Lösung dieses Koordinationsproblems zwei idealtypische Wege an: Entweder erfolgt die Organisation der Wirtschaft zentralverwaltungswirtschaftlich (zentralplanwirtschaftlich) oder aber über dezentrale Entscheidungen, d. h. marktwirtschaftlich. Bekanntlich trifft man diese Koordinationsmodelle in den real existierenden Wirtschaftssystemen nirgends in „Reinform“ an. Vielmehr handelt es sich dabei um Mischformen, in denen bestimmte Elemente des einen oder anderen idealtypischen Systems dominieren.
Bei der Zentralverwaltungswirtschaft handelt es sich um eine zentral gelenkte Volkswirtschaft. Die zentrale Planungsbehörde trifft sämtliche für die Güterproduktion relevanten Entscheidungen. Hierzu zählen insbesondere Vorgaben über Niveau und Struktur der Produktion, Zeitvorgaben, anzuwendende Technologien sowie die Festlegung der zum Einsatz vorgesehenen Betriebe, die sich konsequenterweise im Eigentum der zentralen Planungsbehörde befinden müssen (i. d. R. Staatseigentum). Die Verteilung der Produktion erfolgt über die Verteilung von Einkommen, die zugleich Ansprüche auf Güter darstellen.
Um all diese Daten festzulegen, würde die Lenkungsinstanz ein perfektes Informationssystem benötigen. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass die zentralen Instanzen in einer Planwirtschaft nicht über die erforderlichen Informationen verfügen. Die Folge ist eine unzureichende Steuerungsfähigkeit des Systems. Da in der Zentralverwaltungswirtschaft Märkte und Anreizmechanismen fehlen, ist dieses System durch eine im Vergleich zu „westlichen“ Volkswirtschaften geringe Effizienz gekennzeichnet. Wie die Erfahrungen in der jüngeren Vergangenheit 2belegen, sind die bisher installierten Planwirtschaften nicht zuletzt aus ökonomischen Gründen gescheitert.
Kennzeichnend für das Funktionieren einer idealtypischen Marktwirtschaft ist das Fehlen einer staatlichen Planungsinstanz. Die Wirtschaftssubjekte erstellen unabhängig voneinander ihre individuellen Wirtschaftspläne. Voraussetzung für die freie Individualplanung der Produktion ist das Privateigentum an den Produktionsfaktoren. Die Koordination der Wirtschaftspläne findet nicht über zentrale Befehle statt, sondern ausschließlich über Märkte. Hier treffen Angebot und Nachfrage aufeinander. Für den Ausgleich sorgt die freie Preisbildung.
Damit kommt dem Preismechanismus die entscheidende Bedeutung in einer Marktwirtschaft zu. Er liefert den Marktteilnehmern die erforderlichen Kenntnisse über relative Knappheiten von Gütern bzw. Produktionsfaktoren (Informationsfunktion). Daraus ziehen die Unternehmen entsprechende Schlüsse und passen ihre Produktionspläne den sich ändernden Marktsignalen an. Änderungen der Preisverhältnisse, also der relativen Preise, bewirken eine Umstrukturierung der Produktion. Die Produktionsfaktoren werden in die von den Nachfragern gewünschte Verwendung gelenkt. Der Preismechanismus übernimmt sozusagen die Rolle eines „Verkehrsleitsystems“ für die Produktionsfaktoren. Dies ist die Allokationsfunktion der Preise. Schließlich übernehmen Preise auch eine Sanktionsfunktion. Leistungsstarke Anbieter erhalten über höhere Preise eine Belohnung in Form eines Gewinns, leistungsschwache Anbieter werden durch Verluste bestraft. Der Preismechanismus wirkt quasi für die Unternehmen wie „Zuckerbrot oder Peitsche“. Die Gewinnanreize sind zugleich wesentliche Triebfeder für technische und organisatorische Fortschritte.
Die Funktionsweise der Marktwirtschaft erfordert ein System individueller Freiheiten. Dies gilt sowohl im ökonomischen als auch im politischen Sinne. Aus ökonomischer Sicht bedarf es neben des Privateigentums vor allem der Vertrags- und Gewerbefreiheit. Unter politischem Aspekt plädieren Marktwirtschaftler für eine Demokratie, da dieses gesellschaftliche System am ehesten dazu geeignet ist, persönliche Freiheiten zu garantieren. Marktwirtschaft und Demokratie bedingen sich daher gegenseitig.
Basis des marktwirtschaftlichen Systems ist die Mitte des 18. Jahrhunderts geborene sozialphilosophische Idee des klassischen Liberalismus. Der englische Liberalismus forderte vor allem auf Grund des berühmten Werkes von Adam Smith („Wealth of Nations“) die Hinwendung zu einem freiheitlichmarktwirtschaftlichen Wirtschaftssystem. Nach dieser Auffassung stehen einzel- und gesamtwirtschaftliche Ziele keineswegs in Konkurrenz zueinander – im Gegenteil: Das individuelle Streben nach Nutzen- bzw. Gewinnmaximierung (sog. „Utilitarismus“) führt – so die Überzeugung der Klassik – zugleich zur Maximierung des gesamtwirtschaftlichen Nutzens und damit zu einem höchstmöglichen „Wohlstand der Nationen“; Voraussetzung sind allerdings funktionsfähige Märkte.
Die klassischen Nationalökonomen wiesen dem Staat nur begrenzte wirtschaftspolitische Aufgaben zu. Sie waren der Überzeugung, dass die „unsichtbare Hand“ des Wettbewerbs staatliche Interventionen überflüssig machen 3würde. Die Aufgabe des Staates wurde lediglich darin gesehen, die für die Funktionsweise des Systems erforderlichen rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen (Ordnungspolitik), um sicherzustellen, dass sich der freie Wettbewerb auch voll entfalten kann. Ansonsten sollte sich die öffentliche Hand in wirtschaftspolitischer Hinsicht weitgehend neutral und insoweit als „Nachtwächterstaat“ verhalten.
Die wirtschaftliche Entwicklung des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts bestätigte die Hoffnungen, die man mit dem Selbststeuerungssystem „Markt“ verband: Die gesamtwirtschaftliche Produktionsleistung expandierte in bisher unbekanntem Ausmaß. Der Beleg für die Überlegenheit einer Wettbewerbswirtschaft gegenüber den bisherigen Wirtschaftsordnungen war damit erbracht. Im Zuge der Industrialisierung wurden im Wege der Schaffung neuer Sachkapazitäten die Angebotsmöglichkeiten in den marktwirtschaftlich strukturierten Volkswirtschaften stark erhöht. Es gelang in großem Ausmaß, bestehende Engpässe infolge begrenzter Verfügungsmöglichkeit über die Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital zu beseitigen und ungeahnte Leistungsreserven zu mobilisieren. Das Problem einer „resource constraint economy“ war damit weitgehend gelöst.
2. Funktionsschwächen der freien Marktwirtschaft
Unbeschadet dieser wirtschaftlichen Prosperität kam es jedoch auch zu Fehlentwicklungen. Verantwortlich hierfür war in erster Linie der Staat selbst. Er hatte auch nach klassisch-liberaler Auffassung die Aufgabe, das Marktsystem zu erhalten und zu korrigieren. Dieser Aufgabenstellung kam er jedoch nur unzureichend nach. Die Fehlentwicklungen lassen sich auf drei Problemkomplexe reduzieren:
- das Problem der zunehmenden „Ineffizienz der Marktwirtschaft“ infolge von Kartellbildungen und Monopolisierungstendenzen,
- das Problem der „Inhumanität der Marktwirtschaft“ infolge einer als ungerecht empfundenen Einkommens- und Vermögensverteilung, und
- das Problem der „Instabilität der Marktwirtschaft“ infolge von Konjunktur- und Strukturkrisen.
Diese Problembereiche sollen im Folgenden etwas genauer skizziert werden.
Ineffizienzen können in einer sich selbst überlassenen Marktwirtschaft vor allem dadurch auftreten, dass der Wettbewerb infolge von Monopolisierung und Kartellierung beeinträchtigt wird. Sie bedeuten eine Gefährdung des marktwirtschaftlichen Systems schlechthin, das ja auf der Funktionsfähigkeit des Preis- und Wettbewerbsmechanismus basiert. Infolge einer wettbewerbspolitischen Zurückhaltung des Staates im klassischen Liberalismus und der immanenten Kartellierungs- und Monopolisierungstendenzen wurde der Allokations- und Anreizmechanismus „Markt“ zunehmend außer Kraft gesetzt. Dabei begünstigte auch ein einseitig interpretiertes Recht auf Privateigentum die Bildung von Kartellen und das Entstehen wirtschaftlicher Macht. Folge der wirtschaftspolitischen Zurückhaltung des Staates war die Kartellierungs- und 4Monopolisierungswelle der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts und die Aushöhlung des Wettbewerbssystems. Der klassische Liberalismus degenerierte mehr und mehr zum Kartell- und Monopolkapitalismus. Es ist daher in der Marktwirtschaft unzweifelhaft Aufgabe des Staates, durch eine entsprechende Wettbewerbspolitik dafür Sorge zu tragen, dass das Marktsystem funktionsfähig bleibt.
Obwohl die ökonomischen Erfolge der Marktwirtschaft in Gestalt einer stark gestiegenen Produktion...