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Dieses Kirchspiel ist ohne Vorzüge. Auf den Bergen ist der Boden an vielen Stellen mit Moos bewachsen und zu nichts nutze. Die Luft ist im Allgemeinen feucht. Das wird von der Höhe der Berge verursacht, die unaufhörlich die Wolken anziehen, sowie von dem Dunst, der unaufhörlich aus den Moospolstern aufsteigt . Der nächste Marktflecken ist fünfzehn Meilen weit fort, und die Straßen sind so morastig, dass kaum ein Fortkommen ist. Der Schnee bildet zuzeiten auch eine große Beschwernis, oft haben wir viele Monate lang keinerlei Verbindung zur übrigen Menschheit. Und ein großer Nachteil ist der Mangel an Brücken, so dass der Reisende aufgehalten wird, wenn die Flussläufe Hochwasser führen . Gerste, Hafer und Kartoffeln sind das Einzige, was angepflanzt wird. Weizen, Roggen, Rüben und Kohl wollen nicht gedeihen . Es gibt zehn Grundbesitzer in diesem Kirchspiel, von denen nicht einer hier ansässig ist. Es gibt zehn Grundbesitzer in diesem Kirchspiel, von denen nicht einer hier ansässig ist.
Beitrag des Pfarrers der Gemeinde Ettrick in der Grafschaft Selkirk zur Statistischen Erhebung Schottlands, 1799.
Das Ettrick Valley liegt ungefähr fünfzig Meilen südlich von Edinburgh und etwa dreißig Meilen nördlich der englischen Grenze, die sich eng an den Wall hält, den Hadrian errichten ließ, um die wilden Völker aus dem Norden abzuwehren. Unter der Herrschaft von Antoninus drangen die Römer weiter vor und errichteten einen neuen Verteidigungswall zwischen dem Firth of Clyde und dem Firth of Forth, doch der war nicht von Dauer. Das Land zwischen den beiden Wällen ist seit langer Zeit von einem Völkergemisch bewohnt worden - darunter Kelten, wovon einige aus Irland kamen und Skoten genannt wurden, auch Angelsachsen aus dem Süden, Wikinger vom anderen Ufer der Nordsee und vielleicht auch einige übrig gebliebene Pikten.
Der hochgelegene, steinige Bauernhof, auf dem meine Familie eine Zeit lang im Ettrick Valley lebte, trug den Namen Far-Hope. Das Wort hope in Ortsnamen ist ein altes Wort, ein skandinavisches Wort - denn in diesem Teil des Landes sind, wie man es nicht anders erwarten kann, skandinavische, angelsächsische und gälische Worte alle miteinander vermischt, dazu kommt noch ein wenig Altkymrisch, um auf eine frühe walisische Besiedlung hinzuweisen. Hope bedeutet Bucht, aber eine Bucht, nicht mit Wasser, sondern mit Land gefüllt und teilweise von Bergen umschlossen, welches in diesem Falle die hohen, kahlen Berge am östlichen Ende der Southern Uplands sind. Der Black Knowe, der Bodesbeck Law, der Ettrick Pen - das sind drei der hohen Berge, wobei das Wort für Berg aus drei verschiedenen Sprachen kommt. Einige dieser Berge werden jetzt wieder aufgeforstet, mit Sitkafichten, aber im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert waren sie kahl - denn ein oder zwei Jahrhunderte zuvor waren die Wälder von Ettrick, die Jagdgründe der Könige von Schottland, abgeholzt und in Weideland oder braches Heideland verwandelt worden.
Die Wasserscheide, die sich über Far-Hope ganz am Ende des Tales erhebt, ist das Rückgrat von Schottland und teilt die Flüsse, die nach Westen in den Solway Firth und den Atlantik fließen, von jenen, die nach Osten und in die Nordsee fließen. Noch nicht einmal zehn Meilen weiter nördlich befindet sich der berühmteste Wasserfall des Landes, Grey Mare's Tail. Fünf Meilen von Moffat entfernt, damals wohl der Marktflecken für jene, die an diesem Ende des Tals lebten, befindet sich Devil's Beef Tub, eine tiefe Schlucht in den Bergen, die als Versteck für gestohlenes Vieh galt - englisches Vieh natürlich, von den Räuberbanden im gesetzlosen siebzehnten Jahrhundert davongetrieben. Im unteren Ettrick Valley stand Aikwood, die Heimstatt von Michael Scott, dem Philosophen und Magier aus dem zwölften und dreizehnten Jahrhundert, der in Dantes Inferno Eingang gefunden hat. Und als ob das nicht genügte, heißt es von William Wallace, dem Guerillahelden der Schotten, er habe sich hier in der Gegend vor den Engländern versteckt, und ferner gibt es eine Sage, Merlin - Merlin! - sei im alten Wald von Ettricker Schäfern zur Strecke gebracht und erschlagen worden.
(Soweit ich weiß, waren meine Vorfahren viele Generationen lang Ettricker Schäfer. Es mag seltsam klingen, dass Schäfer ihrem Gewerbe zu jener Zeit im Wald nachgingen, aber offenbar gab es in den damaligen Wäldern viele offene Lichtungen.)
Trotzdem hat mich das Tal, als ich es zum ersten Mal sah, enttäuscht. Orte, die man sich zuvor in der Phantasie ausgemalt hat, neigen dazu. Es herrschte gerade Vorfrühling, und die Berge waren braun oder so etwas wie lilabraun und erinnerten mich an die Berge um Calgary. Ettrick Water floss rasch und klar, aber nicht annähernd so breit wie der Maitland River, der an der Farm in Ontario vorbeifließt, auf der ich aufgewachsen bin. Die Steinkreise, die ich anfangs für interessante Überbleibsel keltischer Kultstätten hielt, waren zu zahlreich und wohlerhalten, um etwas anderes zu sein als schlichte Schafpferche.
Ich reiste allein, hatte in Selkirk einen Bus bestiegen, der zweimal wöchentlich für Leute verkehrte, die Einkäufe machen wollten, und mich nicht weiter als bis Ettrick Bridge brachte. Dort lief ich herum und wartete auf den Briefträger. Es hieß, er würde mich ins Tal hineinfahren. Das einzig Sehenswerte in Ettrick Bridge war ein Reklameschild an einem geschlossenen Geschäft, das für Silk Cut, also Seidenschnitt, warb. Ich konnte mir nichts darunter vorstellen. Später erfuhr ich, es handelte sich um eine bekannte Zigarettenmarke.
Nach einer Weile kam der Briefträger und nahm mich mit zur Ettrick Church. Als ich dort aus seinem Auto stieg, hatte strömender Regen eingesetzt. Die Kirche war abgeschlossen. Auch sie bereitete mir eine Enttäuschung. Im Jahre 1824 erbaut, konnte sie es weder an Altertümlichkeit noch an Wehrhaftigkeit mit den Kirchen aufnehmen, die ich bereits in Schottland gesehen hatte. Ich fühlte mich völlig fehl am Platz und fror. Ich suchte an einer ihrer Mauern Schutz, bis der Regen ein wenig nachließ, dann erkundete ich den Friedhof, dessen langes Gras mir Schuhe und Strümpfe durchnässte.
Dort fand ich als Erstes den Grabstein von William Laidlaw, meinem direkten Vorfahren, geboren am Ende des siebzehnten Jahrhunderts und bekannt als Will O'Phaup. Das war ein Mann, der sich zu seiner Zeit so weit hervorgetan hatte, dass ihn zumindest in seinem Teil der Welt ein mythischer Glanz umgab, wobei seine Zeit die letzte in der Geschichte war - der Geschichte der Menschen auf den britischen Inseln -, zu der einem Mann das gelingen konnte. Derselbe Grabstein trägt die Namen seiner Tochter Margaret Laidlaw Hogg, die Sir Walter Scott Vorhaltungen machte, und von Robert Hogg, ihrem Mann, dem Pächter von Ettrickhall. Daneben sah ich den Grabstein des Schriftstellers James Hogg, der deren Sohn und Will O'Phaups Enkel war. Er wurde als der »Schäfer von Ettrick« bekannt. Und nicht weit davon fand sich der Grabstein von Reverend Thomas Boston, einstmals in ganz Schottland für seine Bücher und Predigten berühmt, obwohl ihn sein Ruhm nie in ein höheres geistliches Amt trug.
Inmitten etlicher Laidlaws auch ein Stein mit dem Namen von Robert Laidlaw, der in Hopehouse am 29. Januar 1800 im Alter von zweiundsiebzig Jahren verstarb. Sohn von Will, Bruder von Margaret, Onkel von James, der wahrscheinlich keine Ahnung davon hatte, dass er nur durch diese Verwandtschaft in Erinnerung bleiben würde, ebenso wenig wie von seinem eigenen Todestag.
Mein Ur-ur-ur-urgroßvater.
Während ich diese Inschriften las, setzte der Regen wieder ein, zwar nur leicht, aber ich fand es besser, nach Tushielaw zurückzulaufen, wo ich den Schulbus für die Rückfahrt nach Selkirk erwischen wollte. Ich durfte nicht trödeln, denn der Bus konnte zu früh kommen, und der Regen konnte stärker werden.
Mich überkam ein Gefühl, das viele kennen mögen, deren lange Geschichte in ein Land zurückreicht, weit fort von dem Ort, an dem sie aufgewachsen sind. Ich war eine naive Nordamerikanerin, trotz des Wissens, das ich mir angeeignet hatte. Vergangenheit und Gegenwart, die hier miteinander verknäuelt waren, ergaben eine Wirklichkeit, die alltäglich war und doch weitaus verstörender, als ich mir vorgestellt hatte.
Hier ruhet William Laidlaw, der viel gerühmte Will o'Phaup,
dem es an tollen Streichen, Behändigkeit und Kraft zu Lebzeiten niemand gleichtat .
Gedenkspruch seines Enkels James Hogg auf
Will O'Phaups Grabstein, Kirchhof von Ettrick
Eigentlich hieß er William Laidlaw, aber in die Überlieferung ist er als Will O'Phaup eingegangen, wobei Phaup einfach das in der Gegend gebräuchliche Wort für Far-Hope war, dem Bauernhof am Ende vom Ettrick Valley, den er übernahm. Wie es scheint, hatte der Hof seit Jahren leer gestanden, als Will dort Einzug hielt. Genauer gesagt, das Haus hatte leer gestanden, weil es ganz am Ende des entlegenen Tales in so großer Höhe stand und im Winter von den regelmäßig einsetzenden Schneestürmen so grausam heimgesucht wurde. Das ihm am nächsten und tiefer gelegene Gehöft Potburn galt bis vor Kurzem als das höchste bewohnte Haus in ganz Schottland. Jetzt wohnt niemand mehr darin, und in den Scheunen nisten nur noch Finken und Spatzen.
Das Land selbst dürfte Will nicht gehört haben, es wäre ihm wohl nicht einmal verpachtet...
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